Manche Lebenssituationen können belastend sein. Fast jeder Mensch kennt das Gefühl, "ausgebrannt" zu sein, besonders bei hohem Arbeitsaufkommen, herausfordernden Umständen im Privatleben oder andauerndem Zeitdruck. Wenn diese Zustände jedoch über längere Zeit anhalten, kann dies zu einem Burnout-Syndrom führen. Dieses Syndrom kann Menschen unabhängig von ihrer beruflichen Tätigkeit betreffen, besonders wenn sie sich am Arbeitsplatz und möglicherweise auch privat überlastet fühlen und chronischem, nicht erfolgreich verarbeitetem Stress ausgesetzt sind.
Was ist Burnout?
Der Begriff Burnout, wörtlich übersetzt "ausgebrannt sein", wurde in den 1970er Jahren von dem Psychotherapeuten Herbert Freudenberger geprägt. Ursprünglich ging Freudenberger davon aus, dass Burnout vor allem Menschen in helfenden Berufen betrifft, die sich stark engagieren und dann aufgrund von Stress und fehlender Anerkennung ein Gefühl von Leere und Erschöpfung entwickeln. Diese Annahme wurde jedoch überholt, da Burnout nicht auf eine bestimmte Berufsgruppe beschränkt ist.
Wichtig zu beachten ist, dass Burnout keine eigenständige Krankheit darstellt, sondern eher einen Zustand oder eine Risikosituation beschreibt, aus der sich psychische oder psychosomatische Störungen entwickeln können.
Neurologe und Psychiater Mimoun Azizi erklärt, dass das Burnout-Syndrom eine Ansammlung verschiedener Symptome ist, die hauptsächlich durch Erschöpfung gekennzeichnet sind. Es steht in engem Zusammenhang mit anhaltenden emotionalen und zwischenmenschlichen Belastungen am Arbeitsplatz und entsteht oft, wenn eine Dysbalance zwischen den beruflichen Anforderungen und der eigenen Fähigkeit besteht, diese zu bewältigen.
Symptome eines Burnouts
Ein Burnout-Syndrom kann sich durch unterschiedliche Beschwerden äußern, die sich oft über einen längeren Zeitraum entwickeln und verändern können. Die Symptome lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen:
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Erschöpfung
Betroffene berichten von einem starken Gefühl der Belastung, das sich sowohl emotional als auch physisch äußert. Sie beschreiben eine andauernde Müdigkeit und Schwäche, oft begleitet von körperlichen Anzeichen wie Unwohlsein und Verdauungsbeschwerden. Ständige Müdigkeit und Erschöpfung können Anzeichen für ein Burnout sein. Das Kernsymptom ist die emotionale Erschöpfung, die sich in Niedergeschlagenheit, Kraftlosigkeit und Lustlosigkeit äußert. Betroffene berichten oft von einer tiefen inneren Müdigkeit.
Distanzierung zur beruflichen Tätigkeit (Depersonalisation)
Betroffene empfinden ihre beruflichen Aufgaben als besonders herausfordernd, was zu einem emotionalen Rückzug von der Arbeit und den Kollegen führen kann. Das Engagement für die Arbeit schwindet. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist die Depersonalisation, die sich in Gefühlslosigkeit und Gleichgültigkeit äußert. Der Kommunikationsstil der Betroffenen wird zynisch und sarkastisch, und das Engagement für Mitmenschen nimmt ab.
Reduzierte Leistungsfähigkeit
Menschen mit Burnout haben oft das Gefühl, weniger kreativ und motiviert zu sein. Es fehlt ihnen an Antrieb, Aufgaben zu erledigen und souverän zu bewältigen. Dies kann sich in verschiedenen Lebensbereichen zeigen, wie im Beruf, im Haushalt oder bei der Fürsorge für Angehörige. Das dritte typische Symptom ist eine abnehmende Leistungsfähigkeit. Aktive und engagierte Menschen erkennen sich selbst nicht wieder, da sie ein Gefühl der Wirkungslosigkeit und reduzierten Leistungsfähigkeit verspüren.
Zusätzlich zu diesen Hauptsymptomen können psychosomatische Beschwerden wie Schlafstörungen, Schmerzen (z.B. Tinnitus, Migräne, Rückenschmerzen) und eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte auftreten. Ein Burnout kann auch den Gesundheitszustand beeinflussen und als Risikofaktor für Depressionen, Sucht oder Angststörungen gelten. Zu den möglichen Anzeichen gehören: Erschöpfung, Energiemangel, Schlafstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Insuffizienzgefühle, Entscheidungsunfähigkeit, verringerte Initiative und Fantasie, Gleichgültigkeit, Langeweile, Desillusionierung, Neigung zum Weinen, Schwächegefühl, Ruhelosigkeit, Verzweiflung, Vorwürfe gegen andere, Verlust an Empathie, Zynismus, Verlust von Idealismus und Bitterkeit.
Burnout oder Depression?
Bestimmte Symptome eines Burnouts ähneln denen einer Depression, wie z.B. verminderte Leistungsfähigkeit, Niedergeschlagenheit und Erschöpfung. Andere Beschwerden unterscheiden sich jedoch. Während Burnout oft durch beruflichen Stress ausgelöst wird und sich auf andere Lebensbereiche auswirken kann, verändert eine Depression die Stimmung, den Antrieb und die Motivation unabhängig von bestimmten Situationen.
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Es ist wichtig, Burnout und Depression voneinander abzugrenzen, um eine angemessene Therapie zu gewährleisten. Allerdings können Burnout-Symptome das Risiko erhöhen, eine Depression zu entwickeln.
Ursachen und Risikofaktoren
Personalmangel, Zeitdruck und sich verschlechternde Arbeitsbedingungen sind signifikante Faktoren, die das Burnout-Syndrom begünstigen können. Diese externen Anforderungen können die Kompensationsfähigkeit und Resilienz der Betroffenen übersteigen und ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und individuellen Fähigkeiten verursachen.
Die Ursachen für Burnout sind jedoch nicht nur externer Natur, sondern auch in der Persönlichkeitsstruktur verankert. Hohe Selbstansprüche, ausgeprägter Ehrgeiz und Perfektionismus können dazu beitragen. Viele Betroffene berichten, dass sie es anderen recht machen wollten und dabei ihre eigenen Bedürfnisse unterdrückt haben. Einige hielten sich für unersetzbar und suchten durch übermäßiges Engagement nach Anerkennung, während andere Schwierigkeiten hatten zu delegieren oder ihre eigenen Fähigkeiten überschätzten. Für einige war der Beruf die einzige sinnstiftende Aufgabe im Leben.
Weitere Risikofaktoren können sein:
- Perfektionistische Einstellung
- Hohes Harmoniebedürfnis
- Geringe Kompetenzerwartung
- Permanente berufliche Überforderung
- Permanenter Zeitdruck
- Hohe Arbeitsbelastung
- Schlechte Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz
- Wachsende Verantwortung
- Schwierigkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren
- Nacht- und Schichtarbeit
- Hohe Erwartungen an sich selbst
- Abhängigkeit von Sympathie & Anerkennung
- Vermeidung von sozialer Unterstützung
- Misserfolge auf die eigene Person beziehen
- Risikovermeidung
Diagnose eines Burnouts
Die Diagnose eines Burnout-Syndroms kann eine Herausforderung darstellen, da die Symptome vielfältig und unspezifisch sind. Erschöpfung kann auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten, und im fortgeschrittenen Stadium ist Burnout von einer Depression kaum zu unterscheiden.
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Der Arzt oder die Ärztin berücksichtigt bei der Diagnosestellung die Krankheitsgeschichte der Patient:innen, führt Gespräche und untersucht die Betroffenen körperlich, um andere Erkrankungen auszuschließen. Spezielle Fragebögen können die Diagnose vereinfachen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, einen Burnout frühzeitig zu erkennen und geeignete Therapiemaßnahmen einzuleiten.
Therapieoptionen
Die Behandlung von Burnout erfordert eine umfassende Herangehensweise, die sowohl auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen als auch auf individuelle Strategien zur Stressbewältigung abzielt.
Mögliche Therapieoptionen sind:
- Stressmanagement: Erlernen von Strategien zur Bewältigung von Stressoren und Integration in den Alltag.
- Tiefenpsychologische Verfahren und Psychoanalyse: Untersuchung des Einflusses der Vergangenheit auf die aktuelle Situation.
- Kognitive Verhaltenstherapie: Stärkung gesundheitsförderliches Verhalten durch Veränderung der Einstellung zur Arbeit und des Umgangs mit Stressoren.
- Entspannungsmethoden: Erlernen von Entspannungstechniken wie progressiver Muskelrelaxation oder autogenem Training.
- Einzel- oder Gruppentherapie: Verständnis der eigenen Persönlichkeit, Erarbeitung von Methoden zur Konflikt- und Problemlösung und Austausch mit anderen Betroffenen.
- Ergotherapie: Hilfe bei der Gestaltung eines eigenständigeren und kontrollierteren Alltagslebens.
- Sporttherapie: Steigerung der körperlichen Fitness und positiver Effekt auf die Psyche.
- Auszeit von der Arbeit: Phase der Erholung und Betrachtung der eigenen Situation mit Abstand.
- Medikamentöse Behandlung: In einigen Fällen können Antidepressiva in Betracht gezogen werden.
- Psychosomatische Rehabilitation: Arbeit an stressverstärkenden Gedanken und Gefühlen, Klärung eigener Werte und Entwicklung neuer Leitsätze.
Eine Optimierung der Arbeitsbedingungen kann durch ein Gesundheitsförderprogramm für Mitarbeiter erreicht werden. Auf individueller Ebene muss der Mitarbeiter lernen, sich selbst zu schützen. Das kann durch Arbeitsschutzmaßnahmen, sportliche Aktivitäten, den Besuch von Seminaren zur Stressbewältigung, die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Pflege einer Work-Life-Balance erreicht werden. Diese Maßnahmen sind Teil der sogenannten Verhaltensprävention und helfen dem Mitarbeiter dabei, Strategien wie Achtsamkeit zu entwickeln.
Prävention
Es gibt verschiedene Methoden und Tätigkeiten, die dabei helfen, einem Burnout vorzubeugen:
- Regelmäßige Bewegung und Sport
- Auszeiten nehmen und Stress reduzieren
- Persönliche Werte und Prioritäten reflektieren
- Aufgabenpensum reduzieren
- Hobbys und soziale Kontakte pflegen
- Ausreichend Schlaf
- Gesunde Ernährung
- Aktive Entspannung (z.B. Meditationen oder Entspannungstechniken)
- Verzicht auf Sucht- und Genussmittel
- Coaching
Um einem Burnout-Syndrom entgegenzuwirken, ist es wichtig, auf die eigenen Ressourcen zu achten und achtsam mit diesen umzugehen.