Epilepsie ist keine Kontraindikation für Impfungen. Impfungen sind besonders für Kinder mit Epilepsie wichtig. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Auslösung von Anfällen durch die Impfung selbst oder durch das dabei auftretende Fieber. Es kursieren immer wieder Gerüchte über Epilepsien als Folge von Impfschäden.
Epilepsie und Impfungen: Eine generelle Betrachtung
In den letzten Jahren hat die Besorgnis über schwere Infektionskrankheiten wie Masern zugenommen, die ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen mit sich bringen. Angesichts der Tatsache, dass es keinen sicheren Schutz mehr durch eine gut geimpfte Umgebungsbevölkerung gibt, ist das Impfen umso wichtiger geworden.
Impfschäden waren zum Glück früher schon selten und sind durch eine zunehmende Verbesserung der Impfstoffe noch viel seltener geworden. Die meisten dieser vermeintlichen Impfschäden sind keine. Sehr häufig wurde mit verbesserter Diagnostik bei Menschen mit einem „Impfschaden“ später eine genetische Veränderung gefunden welche die Epilepsie erklärt. Dennoch ist jede Impfung eine individuelle Nutzen- und Risikoabwägung für jeden Patienten und sollte mit einem Facharzt besprochen werden. Dieser kann Sie auch individuell beraten welche Impfungen für Ihr Kind sinnvoll sind und wie.
Pneumokokken: Eine Gefahr für Risikogruppen
Pneumokokken sind Bakterien, die verschiedene, zum Teil lebensbedrohliche Infektionskrankheiten auslösen können, insbesondere Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen und Blutvergiftungen. Sie besiedeln den Nasen-Rachen-Raum und können sich bei einem geschwächten Immunsystem übermäßig vermehren. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion.
Das Risiko für eine schwer verlaufende Pneumokokken-Infektion ist altersabhängig. Neben Säuglingen sind besonders ältere Menschen über 60 Jahre und Menschen mit chronischen Erkrankungen gefährdet.
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Pneumokokken-Impfung: Schutz vor schweren Infektionen
Eine Pneumokokken-Impfung bietet Schutz vor diesen gefährlichen bakteriellen Infektionen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung nicht nur für Senioren ab 60 Jahren, sondern auch für Risikogruppen, zu denen auch Menschen mit Epilepsie gehören.
Indikation für Pneumokokken-Impfung bei Epilepsie
Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Epilepsie haben ein erhöhtes Risiko für schwere Pneumokokken-Infektionen. Die Impfung ist daher für diese Personengruppe besonders wichtig.
Impfempfehlungen und Impfstoffe
Für Kinder über zwei Jahren und Jugendliche bis 17 Jahren empfiehlt die STIKO zunächst eine Impfung mit PCV13 oder PCV15, gefolgt von einer Impfung mit PPSV23 nach sechs bis zwölf Monaten. Aufgrund der begrenzten Wirkdauer sollte die PPSV23-Impfung bis zum Erwachsenenalter alle sechs Jahre wiederholt werden. Personen über 18 erhalten eine Impfung mit PCV20. Sofern zuvor bereits eine Impfung mit PCV13 und PPSV23 erfolgt ist, sollte zur PCV20-Impfung ein Abstand von mindestens 6 Jahren bestehen. Menschen einer Risikogruppe, die ausschließlich mit PCV13 oder mit PPSV23 vorgeimpft sind, können die PCV20-Impfung bereits nach einem Jahr erhalten.
Für Säuglinge empfiehlt die STIKO eine Impfung mit den Impfstoffen PCV13 oder PCV15 ab dem zweiten Lebensmonat. Um einen ausreichenden Impfschutz aufzubauen, sind drei Impfungen im Alter von zwei, vier und elf Monaten vorgesehen. Frühgeborene erhalten eine zusätzliche Impfung mit drei Monaten. Die Pneumokokken-Impfungen erfolgen in der Regel zusammen mit der Sechsfach-Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und Hämophilus influenzae Typ b (Hib). Eltern, die ihre Kinder im Säuglingsalter nicht gegen Pneumokokken impfen lassen, können dies bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr nachholen. Für Kinder über zwei Jahre empfiehlt die STIKO keine Nachholimpfung. Eine Auffrischimpfung hält die STIKO bei Kindern nur für notwendig, wenn sie zu einer der Risikogruppen gehören, und erfolgt bei Bedarf sechs Jahre nach der Grundimmunisierung.
In Deutschland sind verschiedene Pneumokokken-Impfstoffe zugelassen, die sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden. Welcher der Impfstoffe am besten geeignet ist, um einen zuverlässigen Impfschutz zu erreichen, hängt von Alter und Gesundheitszustand der zu impfenden Person ab: So benötigen Kinder, deren Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist, eine andere Impfstoff-Zusammensetzung als Erwachsene. Alle Pneumokokken-Impfstoffe sind Totimpfstoffe. Sie enthalten also keine abgeschwächten Krankheitserreger, sondern lediglich einzelne Erregerbestandteile. Somit ist eine Impfung auch für Personen möglich, die aufgrund einer Schwangerschaft oder einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche keinen Lebendimpfstoff erhalten dürfen.
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Die Pneumokokken-Impfung ist für alle Menschen, die sich gemäß STIKO-Empfehlungen impfen lassen, eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.
Mögliche Nebenwirkungen
Schwere Nebenwirkungen bei Erwachsenen sind bei einer Pneumokokken-Impfung selten. Typische Impfreaktionen wie Rötungen und Schwellungen treten allerdings häufiger auf. Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen oder Abgeschlagenheit sind in den ersten Tagen nach der Impfung möglich. Sie sind jedoch in der Regel harmlos und lediglich ein Zeichen dafür, dass das Immunsystem aktiv ist und ein Impfschutz aufgebaut wird.
Kinder zeigen nach der Pneumokokken-Impfung oft leichte Allgemeinsymptome wie Fieber, Schläfrigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden. Diese klingen fast immer nach ein bis drei Tagen wieder ab. Bei Säuglingen und Kleinkindern kommt es gelegentlich zu einem Fieberkrampf, der aber in der Regel ohne Folgen bleibt. Selten verlieren Kinder nach der Pneumokokken-Impfung für einen kurzen Moment die Muskelspannung und sind nicht ansprechbar. Dieser schockähnliche Zustand bleibt ohne Folgen und bildet sich sehr schnell wieder zurück. Im Zweifel unbedingt die Kinderärztin oder den Kinderarzt kontaktieren.
Meningokokken-Impfung
In Deutschland ist seit 2013 eine Impfung gegen Meningokokken der Gruppe B zugelassen. Nach mehr als einem Jahr kann nun diese Impfung endlich auch ohne Zwischenfinanzierung durch die Eltern allen gesetzlich versicherten Kindern vor Erreichen des 5. Wir empfehlen die Impfung aller Kinder mit erhöhtem Risiko, also Kinder mit Asthma, Diabetes, Epilepsie, neurologische Grunderkrankung/Behinderung, Niereninsuffizienz, relevante Herzfehler oder sonstigen chronischen Grunderkrankungen.
Epilepsie bei Kindern: Ein Überblick
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch vorübergehende Störungen der Hirnfunktion. Es gibt verschiedene Formen von Epilepsie, die sich im Kindesalter manifestieren können:
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Formen der Epilepsie im Kindesalter
- Absence-Epilepsie des Schulkindalters (Pyknolepsie): Diese Form tritt meist im Alter von fünf bis acht Jahren auf und äußert sich durch kurze Bewusstseinspausen (Absencen).
- Juvenile Absence-Epilepsie: Diese Form beginnt zwischen dem neunten und 15. Lebensjahr und ist oft mit tonisch-klonischen Krampfanfällen verbunden.
- Rolando-Epilepsie: Eine häufige Form von Kinderepilepsie, die sich durch oft nächtliche Anfälle äußert.
- Primäre Lese-Epilepsie: Diese Form beginnt meist im Alter von 17 bis 18 Jahren oder bei Kindern vor der Pubertät. Die epileptischen Anfälle werden hier durch lautes oder leises Lesen ausgelöst.
- West-Syndrom (BNS-Epilepsie): Eine seltene, aber ernst zu nehmende Epilepsie bei Babys, die meist im Alter von zwei bis acht Monaten beginnt und mit charakteristischen Krampfanfällen (Blitz-, Nick- und Salaam-Anfälle) einhergeht.
- Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS): Eine weitere seltene Form von Epilepsie bei Kindern, die meist zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr auftritt und mit verschiedenen Anfallsformen einhergehen kann.
- Juvenile myoklonische Epilepsie: Diese Form tritt typischerweise im Alter von zwölf bis 18 Jahren auf und ist durch Muskelzuckungen (Myoklonien) gekennzeichnet.
- Dravet-Syndrom: Eine sehr seltene und schwere Form der Epilepsie bei Kindern, die meist im ersten Lebensjahr auftritt und mit Fieberkrämpfen und später auch mit Anfällen ohne Fieber einhergeht.
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