Neurologie Forschung an der Universität zu Lübeck: Fortschritte und Schwerpunkte

Die Universität zu Lübeck (UzL) und ihre Universitätsklinik für Neurologie sind ein bedeutender Standort für neurologische Forschung in Deutschland. Die Forschungsschwerpunkte sind vielfältig und reichen von der Entwicklung innovativer Behandlungsmethoden wie Hirnschrittmachern bis hin zur Erforschung der neuronalen Grundlagen von Kognition, Verhalten und Stoffwechsel. Ein besonderer Fokus liegt zudem auf der Gesundheit von Musizierenden, ein in Deutschland bislang wenig beachtetes Feld.

Innovative Hirnschrittmacher für die Parkinson-Behandlung

Ein aktuelles Forschungsprojekt der Universität Lübeck befasst sich mit der Verbesserung von Hirnschrittmachern zur Behandlung der Parkinson-Krankheit. Hirnschrittmacher werden bei Parkinson-Patienten eingesetzt, wenn eine medikamentöse Therapie nicht mehr ausreichend wirksam ist. Dabei werden elektrische Impulse über dünne Drähte in bestimmte Hirnregionen gesendet, um die für die Krankheit typischen Fehlimpulse zu unterdrücken.

Das Projekt "BiCIRTS" zielt darauf ab, Hirnschrittmacher deutlich zu verkleinern und besser verträglich zu machen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Geräten, die eine Dauerstimulation erzeugen, sollen die in BiCIRTS entwickelten Biosonden eine bedarfsabhängige Stimulation ermöglichen. Dies könnte die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern und Nebenwirkungen reduzieren.

Die flexiblen Mikrosonden, die im Rahmen des Projekts entwickelt werden, sind mechanisch an die Elastizität des Gehirngewebes angepasst. Ein besonderer Vorteil dieser neuen Sonden ist ihre Oberfläche mit zwei Arten von Edelmetall-Mikroelektroden in hoher Zahl, die zu einer Minimierung der gehirneigenen Abwehrreaktion führt.

Experimente in Lübeck werden es durch eine ko-lokalisierte Platzierungstechnik von Biosonden und Mikrodialyse-Sonden ermöglichen, die neurochemischen Effekte der Stimulation wie auch der Biosonden selbst zu verfolgen. Leiter des Projektes sind Priv.-Doz. Dr. Ulrich Hofmann vom Institut für Signalverarbeitung und Prozessrechentechnik der Universität Lübeck und Prof. Dr. Andreas Moser aus der Lübecker Universitätsklinik für Neurologie.

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Neue Professur für Musizierendengesundheit: Einzigartig in Deutschland

Ein weiterer wichtiger Forschungsschwerpunkt der Neurologie in Lübeck ist die Gesundheit von Musizierenden. Mit einer neuen Professur, die gemeinsam von der Musikhochschule Lübeck (MHL) und der Universität zu Lübeck (UzL) eingerichtet wurde, rückt dieses Thema stärker in den Fokus. Daniel Sebastian Scholz wird ab Wintersemester 2022 die neue Stelle besetzen, die beide Hochschulen gemeinsam für Forschung, Lehre und Beratung geschaffen haben. Die Possehl-Stiftung fördert die Professur mit 600.000 Euro.

Die MHL und die UzL möchten mit der neuen Professur für Musizierendengesundheit, dem steigenden Bedarf an Beratung und Behandlung für Musikschaffende gerecht werden. Bundesweit gibt es bisher rund zehn musikermedizinische Einrichtungen, Lübeck ist jedoch bislang der einzige Standort mit einer Spezialisierung auf neurologische, psychologische und psychotherapeutische Themen.

Daniel Sebastian Scholz ist Neurowissenschaftler, Diplom Psychologe, Verhaltenstherapeut und Musiker. Er bringt langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Musizierendengesundheit mit: „Der Bedarf an qualifizierter Beratung ist enorm und in den letzten Jahren auch stark angestiegen. Rund 50 Prozent der Musikerinnen und Musiker leidet beispielsweise zeitweise unter Lampenfieber. Immer mehr Hochschulen erkennen die Notwendigkeit hier vorzubeugen und zu unterstützen. Unser Schwerpunkt wird auf Prävention und der psychischen Gesundheit Musizierender liegen.“

Scholz wird in enger Zusammenarbeit mit der Neurologie der UzL auf dem Unicampus im Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM) forschen. Hier sind bereits erste Forschungsprojekte zu den Themen mentale Belastung und zur neuronalen Plastizität Musikstudierender in Planung.

Prof. Dr. Thomas Münte, Vizepräsident Medizin der Universität Lübeck: „Wir begrüßen die neue Professur außerordentlich. Sie wird nicht nur einen oft unterschätzten klinischen Bedarf abdecken, sondern auch zu einer weiteren Vernetzung der Lübecker Hochschulen beitragen. Die Forschungsthemen von Daniel Scholz sind unmittelbar anschlussfähig und es gibt schon sehr gute Kontakte in die hiesige Psychologie und Neurologie.“

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Für die Studierenden der MHL und der UzL plant Scholz zunächst Vorlesungen zu den Grundlagen gesunden Musizierens, zu den Neurowissenschaften der Musik sowie ein Lampenfieber-Behandlungs-Seminar. Im neuen Büro der MHL im Lübecker Tesdorpfhaus wird er ab Oktober eine Beratungsstelle für Musikstudierende und Lübecker Musikprofis und Laien einrichten.

Viele Musizierende leiden unter gesundheitlichen Problemen wie schmerzhaften Verspannungen, eingeschränkter Bewegungsfähigkeit, Lampenfieber und Versagensängsten. Sie können gravierende Folgen für das Musizieren haben und im schlimmsten Fall das Ende der Karriere bedeuten. Ursachen sind Überbelastung, die durch zu viel Üben entsteht, psychischer Stress, Leistungsdruck oder die Handhabung des Instruments.

Weitere Forschungsschwerpunkte der Klinik für Neurologie

Die Klinik für Neurologie der Universität zu Lübeck betreibt ein breites Spektrum an Forschung. Die Forschung konzentriert sich auf die neuronale Basis von kognitiven, sozialen und affektiven Prozessen, sowie auf sensomotorische Systeme und Neurobiochemie. Die verschiedenen Forschungsgruppen verwenden unterschiedlichste Methoden und Techniken. Diese reichen von der Tierforschung und experimenteller Neurochemie hin zu funktioneller und struktureller Magnetresonanztomographie (MRT), Elektroenzephalographie (EEG), transkranieller Magnetstimulation (TMS) und Videookulographie, um nur einige zu nennen.

Die Klinik für Neurologie kooperiert eng mit dem Institut für Klinische und Molekulare Neurogenetik, das gleichzeitig Sektion der Neurologie ist. Die Klinik für Neurologie ist eingebunden im Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM), einer interdisziplinären Einrichtung zur Erforschung der gegenseitigen Steuerung von Gehirn, Verhalten und Stoffwechselprozessen und der Anwendung der Forschungsergebnisse in experimenteller und klinischer Medizin.

Das Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM): Interdisziplinäre Forschung

Das CBBM ist ein wichtiger Baustein der neurologischen Forschung in Lübeck. Es handelt sich um eine interdisziplinäre Einrichtung, die die gegenseitige Steuerung von Gehirn, Verhalten und Stoffwechselprozessen erforscht. Ziel ist es, die Forschungsergebnisse in experimenteller und klinischer Medizin anzuwenden. Die Einbindung der Klinik für Neurologie in das CBBM ermöglicht eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen und fördert innovative Forschungsansätze.

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