Neurologisch bedingte Rückenschmerzen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, das fast jeden Menschen mindestens einmal im Leben betrifft. Die Ursachen für Rückenschmerzen sind vielfältig und reichen von Muskelverspannungen über Bandscheibenvorfälle bis hin zu neurologischen Erkrankungen. In vielen Fällen sind die Ursachen jedoch nicht bedrohlich und lassen sich gut behandeln.

Was sind Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen sind ein vielfältiges Leiden und haben diverse Bezeichnungen wie sich Verheben, Kreuzschmerzen, Hexenschuss, steifer Rücken oder einfach "es im Rücken haben". Die Beschwerden können im oberen, mittleren oder unteren Rücken auftreten und in den seitlichen Rücken, die Arme oder Beine ausstrahlen. Sie können anhaltend oder nur zeitweise auftreten und in ihrer Intensität variieren. In manchen Fällen sind die Schmerzen so stark, dass Bewegungen kaum noch möglich sind.

Ärzte teilen Rückenschmerzen nach unterschiedlichen Faktoren ein, wie unter anderem Lokalisation, Dauer und Ursache. Chronische Rückenschmerzen sind in der Regel mehr als nur Schmerzen im Rücken und können mit zusätzlichen Erkrankungen (Komorbiditäten) wie verschleißbedingten (degenerativen) und entzündlichen Gelenkerkrankungen, Osteoporose, Schlaganfall, Herzschwäche, Schmerzmittelmissbrauch, starkem Übergewicht oder chronischer Bronchitis einhergehen.

Ursachen neurologisch bedingter Rückenschmerzen

Neurologisch bedingte Rückenschmerzen werden durch Erkrankungen oder Schädigungen des Nervensystems verursacht. Dazu gehören unter anderem:

  • Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall entsteht, wenn der Gallertkern einer Bandscheibe austritt und auf Nervenwurzeln drückt. Dies kann zu Schmerzen, Taubheitsgefühlen und Lähmungen führen, die vom Rücken in die Beine oder Arme ausstrahlen.
  • Ischialgie: Die Ischialgie ist eine Entzündung des Ischiasnervs, die durch Reizung verursacht wird. Die häufigste Ursache sind Bandscheibenvorwölbungen oder -vorfälle, die auf die Nervenwurzeln des Ischias drücken.
  • Spinalkanalstenose: Bei einer Spinalkanalstenose ist der Wirbelkanal verengt, wodurch Druck auf das Rückenmark und die Nervenwurzeln ausgeübt wird. Dies kann zu Schmerzen, Taubheitsgefühlen und Schwäche in den Beinen führen.
  • Wirbelgleiten (Spondylolisthesis): Beim Wirbelgleiten verrutscht ein Wirbel gegenüber dem angrenzenden Wirbel. Dies kann durch einen Spalt in den Wirbelbögen ausgelöst sein (Spondylolyse) oder aufgrund einer einfachen Verschleißerkrankung. Diese Veränderung zeigt sich in der Regel an der unteren Lendenwirbelsäule, weshalb es zu chronischen, tief sitzenden Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich kommen kann.
  • Gürtelrose (Herpes Zoster): Die Gürtelrose ist eine Erkrankung, die durch reaktivierte Windpockenviren verursacht wird. Typische Symptome sind ein bläschenartiger Ausschlag im „Gürtelbereich“ des Körpers sowie Schmerzen in dieser Zone (Zoster-Neuralgie).
  • Polyneuropathie: Rund fünf bis acht Prozent der erwachsenen Menschen leiden an einer so genannten Polyneuropathie.
  • Weitere neurologische Erkrankungen: Auch neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Rheuma können Nervenschmerzen samt Symptomen im Rücken nach sich ziehen.

Risikofaktoren für Rückenschmerzen

Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko für Rückenschmerzen erhöhen. Dazu gehören vor allem:

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  • Arbeitsbezogene Faktoren: Das Tragen und Heben schwerer Lasten, Vibrationen sowie Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen belasten Wirbelsäule, Gelenke und Muskeln.
  • Arbeitsbezogene psychosoziale Bedingungen: Wer mit seinem Arbeitsplatz unzufrieden ist oder ganztägig monotone Arbeiten verrichtet, ist anfälliger für Rückenschmerzen. Auch soziale Konflikte am Arbeitsplatz und hoher Arbeitseinsatz ohne angemessene Belohnung begünstigen Rückenschmerzen.
  • Sozialstatus: Bei Menschen mit niedrigem Sozialstatus treten Rückenschmerzen häufiger auf als bei Menschen mit hohem Sozialstatus.
  • Psychische Faktoren: Unrealistische Befürchtungen bezüglich der Rückenschmerzen, Depressivität sowie passive oder überaktive Verhaltensweisen können den Verlauf bestehender Rückenschmerzen beeinflussen.
  • Fehlender Stressabbau: Fehlender Stressabbau kann zu Muskelverspannungen führen.
  • Unachtsamkeit: Ein weiterer häufiger Ursprung von psychischen Verspannungen ist unter anderem Unachtsamkeit. Der Mensch macht und denkt an immer mehrere Dinge gleichzeitig.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Rückenschmerzen sind nicht immer das Anzeichen einer ernsten Erkrankung, die einen Arztbesuch erfordert. Oft stecken harmlose Ursachen dahinter, zum Beispiel Muskelverspannungen durch mangelnde Bewegung oder falsche Körperhaltung. In folgenden Fällen ist es jedoch wichtig, dass Sie sicherheitshalber zum Arzt gehen:

  • Wenn die Rückenschmerzen untypisch sind und beispielsweise nicht auf eine falsche Bewegung oder schweres Heben zurückzuführen sind.
  • Wenn die Rückenschmerzen nicht weggehen und anhalten.
  • Wenn die Schmerzintensität der Rückenschmerzen zunimmt.
  • Wenn Begleitsymptome wie Taubheitsgefühle, Lähmungen, Kontrollverlust der Blasen- und Mastdarmfunktion oder sexuelle Störungen auftreten.

Erwachsene mit Rückenschmerzen wenden sich am besten als erstes an ihren Hausarzt. Dieser leitet Sie dann weiter an entsprechende Fachärzte wie Orthopäden, Radiologen oder Neurologen sowie an Therapeuten für Physiotherapie, Schmerztherapie oder Psychotherapie, sofern notwendig.

Diagnose neurologisch bedingter Rückenschmerzen

Zur Abklärung von Rückenschmerzen unterhält sich der Arzt zuerst ausführlich mit Ihnen, um Ihre Krankengeschichte zu erheben (Anamnese). Mögliche Fragen dabei sind:

  • Wo treten die Rückenschmerzen auf?
  • Strahlen die Rückenschmerzen in andere Körperregionen aus?
  • Wie lange dauert die aktuelle Schmerzepisode bereits an?
  • Gab es frühere Episoden von Rückenschmerzen?
  • Gibt es Faktoren, welche die Rückenschmerzen auslösen, verstärken oder lindern?
  • Wie wurden die Rückenschmerzen bisher behandelt?
  • Wie sieht der (tages-)zeitliche Verlauf der Rückenschmerzen aus?
  • Wie stark sind Ihre Rückenschmerzen? Beeinträchtigen sie Alltagsaktivitäten?
  • Haben Sie Begleitbeschwerden oder Begleiterkrankungen seelischer oder körperlicher Natur?

Nach dem Anamnese-Gespräch führt der Arzt gegebenenfalls verschiedene Untersuchungen durch, um den Ursachen der Rückenschmerzen auf den Grund zu gehen. Dazu gehören:

  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt achtet dabei zum Beispiel auf Fehl- oder Schonhaltungen.
  • Orthopädische Untersuchung: Sie ist vor allem zur näheren Abklärung von Kreuzschmerzen angezeigt.
  • Neurologische Untersuchung: Hier untersucht der Arzt den Funktions- und Leitungszustand von Nervenbahnen, falls die Ursache der Rückenschmerzen auf eine Einengung von Rückenmark oder Nervenwurzeln zurückzuführen wäre.
  • Bildgebende Verfahren: Mithilfe von Röntgen, Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) lassen sich verschiedene mögliche Ursachen von Rückenschmerzen wie Bandscheibenvorfälle, Wirbelsäulenabnutzung, Entzündungen oder Tumore darstellen.
  • Elektroneurografie (ENG): Die Untersuchung der Nervenleitung an Armen und/oder Beinen liefert unter Umständen Hinweise auf einen Bandscheibenvorfall.
  • Elektromyografie (EMG): Die Messung der elektrischen Aktivität eines Muskels dient ebenfalls zur Abklärung eines Bandscheibenvorfalls als mögliche Ursache von Rückenschmerzen.

Behandlung neurologisch bedingter Rückenschmerzen

Die Behandlung neurologisch bedingter Rückenschmerzen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. In vielen Fällen können konservative Maßnahmen wie Schmerzmittel, Physiotherapie und Entspannungsübungen die Beschwerden lindern. In manchen Fällen ist jedoch eine Operation erforderlich, um beispielsweise einen Bandscheibenvorfall zu beheben oder den Wirbelkanal zu erweitern.

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Konservative Behandlung

  • Schmerzmittel: Zur Schmerzlinderung können nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac sowie Opioide eingesetzt werden. Bei Nervenschmerzen können spezielle Schmerzmittel wie Antikonvulsiva oder Antidepressiva helfen.
  • Physiotherapie: Physiotherapeuten erstellen ein individuelles Übungsprogramm, welches auf das Beschwerdebild des Patienten abgestimmt ist. Ziel ist es, verspannte Muskelgruppen zu lockern, die Haltung zu verbessern und bestimmte Muskelpartien gezielt zu kräftigen.
  • Entspannungsübungen: Gezielte Entspannungstechniken helfen, muskuläre Anspannung zu lösen und innere Unruhe zu reduzieren. Bewährt hat sich die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, bei der einzelne Muskelgruppen systematisch angespannt und wieder gelockert werden. Auch ruhige Bewegungsformen wie Yoga, Qigong oder Tai-Chi wirken positiv.
  • Wärme- und Kälteanwendungen: Wärme kann bei Muskelverspannungen helfen, während Kälte bei Entzündungen lindernd wirken kann.
  • Kräuterwickel: Ein Kräuterwickel mit Kümmel-Samen kann auf die von Nervenschmerzen betroffene Stelle gelegt werden.
  • Kräutertees: Brennnessel-Tee oder Ingwer-Tee haben eine entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung.

Operative Behandlung

Eine Operation ist in der Regel nur dann erforderlich, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend helfen oder neurologische Ausfälle wie Lähmungen auftreten. Mögliche Operationsverfahren sind:

  • Bandscheibenoperation: Bei einem Bandscheibenvorfall wird der ausgetretene Gallertkern entfernt, um den Druck auf die Nervenwurzel zu beseitigen.
  • Dekompression des Spinalkanals: Bei einer Spinalkanalstenose wird der Wirbelkanal erweitert, um mehr Platz für das Rückenmark und die Nervenwurzeln zu schaffen.
  • Stabilisierungsoperation: Bei Wirbelgleiten oder Instabilität der Wirbelsäule können die betroffenen Wirbel miteinander versteift werden, um die Stabilität wiederherzustellen.

Psychische Aspekte bei Rückenschmerzen

Nicht immer lässt sich für Rückenschmerzen eine klare körperliche Ursache finden, besonders dann nicht, wenn die Beschwerden über längere Zeit bestehen. Chronische Rückenschmerzen belasten nicht nur den Körper, sie wirken sich häufig auch auf die seelische Gesundheit aus. Umgekehrt können psychische Erkrankungen den Verlauf und die Intensität der Schmerzen deutlich beeinflussen. Angst, Überforderung, anhaltender Stress oder depressive Verstimmungen können Rückenschmerzen verstärken oder überhaupt erst entstehen lassen.

Bleiben Rückenschmerzen, bei denen seelische Faktoren eine Rolle spielen, unbehandelt, können sie sich verfestigen und zu einer eigenständigen Störung entwickeln. Die Beschwerden beeinflussen dann nicht nur den Körper, sondern auch das seelische Wohlbefinden und den Alltag.

Behandlung psychisch bedingter Rückenschmerzen

Rückenschmerzen, bei denen seelische Belastungen eine Rolle spielen, lassen sich nicht mit einer einzigen Methode behandeln. Entscheidend ist ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl körperliche als auch psychische Faktoren in den Blick nimmt. Dafür können u. a. folgende Maßnahmen eingesetzt werden:

  • Psychotherapie: Wenn sich belastende Gedanken, Sorgen oder negative Denkmuster dauerhaft auf den Körper auswirken, kann eine psychotherapeutische Begleitung hilfreich sein.
  • Verhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation (VOR): Sie richtet sich gezielt an Menschen mit chronischen Beschwerden, die durch psychische Belastungen, Stress oder innere Anspannung verstärkt werden. Ein zentrales Ziel der VOR ist es, Patientinnen und Patienten zu mehr Selbstwirksamkeit zu führen.
  • Schmerztagebuch: Ein Schmerztagebuch kann helfen, Zusammenhänge zwischen Schmerzen und seelischen Belastungen aufzudecken.
  • Änderungen im Tagesablauf: Betroffene sollten langsamer und achtsamer mit Entspannungspausen umgehen. Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation oder Qigong sollten fest in den Alltag eingeplant werden. Gleichzeitig ist auch eine körperliche Aktivität sehr wichtig.

Prävention von Rückenschmerzen

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um Rückenschmerzen vorzubeugen:

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  • Ergonomischer Arbeitsplatz: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes, insbesondere wenn Sie viel sitzen.
  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt die Rückenmuskulatur und beugt Verspannungen vor. Empfohlen werden zwei bis drei Stunden Bewegung pro Woche, angepasst an die eigenen Möglichkeiten.
  • Richtiges Heben und Tragen: Heben Sie schwere Lasten immer aus den Beinen und vermeiden Sie ruckartige Bewegungen.
  • Stressmanagement: Lernen Sie, mit Stress umzugehen und bauen Sie regelmäßig Entspannungsphasen in Ihren Alltag ein.
  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung trägt zur Gesundheit Ihrer Knochen und Muskeln bei.
  • Vermeidung von Übergewicht: Übergewicht belastet die Wirbelsäule und kann Rückenschmerzen begünstigen.

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