Neurologisch-psychiatrisches Gutachten: Kosten, Überblick und wichtige Aspekte

Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten ist eine umfassende Beurteilung des Zustands eines Patienten, die sowohl neurologische als auch psychiatrische Aspekte berücksichtigt. Diese Gutachten spielen in verschiedenen Bereichen eine wichtige Rolle, von Sozialgerichtsverfahren bis hin zu privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen. Im Folgenden werden die Kosten, die Erstellung und die Bedeutung dieser Gutachten detailliert beleuchtet.

Einführung

Neurologisch-psychiatrische Erkrankungen nehmen in der Bevölkerung zu und verursachen erhebliche direkte und gesamtwirtschaftliche Kosten. Ihr Anteil an den gesamten Krankheitskosten wird auf mindestens 20 % geschätzt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Kosten und den Nutzen von neurologisch-psychiatrischen Gutachten zu verstehen.

Ein solches Gutachten liefert eine empirisch fundierte Darstellung des Behandlungsgeschehens im Bereich der ambulanten Versorgung von Patienten mit neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen. Es dient dazu, eine analytische Grundlage für Diskussionspunkte zu schaffen und zu Fortschritten der Erkenntnis über die Situation der neurologisch-psychiatrischen Versorgung und ihrer Finanzierung beizutragen.

Bedeutung neurologisch-psychiatrischer Gutachten

Neurologisch-psychiatrische Gutachten sind in verschiedenen Kontexten von Bedeutung:

  • Sozialgerichtsverfahren: In Verfahren mit medizinischem Bezug, wie Rentenverfahren oder Verfahren zur Feststellung des Grades der Behinderung (GdB), ist die medizinische Bewertung entscheidend. Ein Gutachten kann die Rechtsposition des Klägers stärken.
  • Berufsunfähigkeitsversicherung: Bei Leistungsanträgen in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung spielen psychiatrische Gutachten eine große Rolle, insbesondere bei psychischen Erkrankungen.
  • Erbrecht: Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit einer Person kann ein neurologischer Gutachter eine entscheidende Rolle spielen, um den geistigen Zustand des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu bewerten.
  • Fahrtauglichkeit: Gutachten zur Frage der Fahrtauglichkeit bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen werden von den Straßenverkehrsbehörden anerkannt.
  • Betreuungsrecht: Auf Anforderung von Vormundschaftsgerichten werden Gutachten zu betreuungsrechtlichen Fragestellungen erstellt.

Kosten neurologisch-psychiatrischer Gutachten

Die Kosten für ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten können variieren und hängen von verschiedenen Faktoren ab:

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  • Art des Gutachtens: Die Kosten für ein MPU-Gutachten (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) sind je nach Anlass unterschiedlich. Beispielsweise sind die MPU-Drogen-Kosten höher als die MPU-Kosten bei Alkohol.
  • Umfang der Untersuchung: Die durchschnittliche Leistungsmenge je Fall ist in den Fachgruppen der Nervenärzte, Neurologen, Psychiater sowie Kinder- und Jugendpsychiater geringer als bei ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten.
  • Honorare der Ärzte: Das Honorar je Arzt ist in den Fachgruppen der Nervenärzte, Neurologen, Psychiater sowie Kinder- und Jugendpsychiater höher als in den Fachgruppen der ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten.
  • Zusätzliche Untersuchungen: In Abhängigkeit von der Fragestellung und vom Befund können Zusatzuntersuchungen erforderlich werden, z.B. EEG, EMG, Evozierte Potentiale, neuropsychologische Testuntersuchungen oder Laboruntersuchungen. Selten können radiologische Zusatzuntersuchungen erforderlich werden, z.B. eine Kernspintomografie des Gehirns.
  • Begutachtungsstelle: Die MPU Begutachtungsstellen können die Kosten für die Medizinisch Psychologische Begutachtung selbst bestimmen. Es kann sich also lohnen, die Preise im Vorfeld zu vergleichen.
  • Gerichtliche vs. private Gutachten: Bei Sozialgerichtsverfahren übernimmt die Staatskasse die Kosten für das erstellte Gutachten, wenn dieses im Verlauf des Prozesses relevant wird. Privatgutachten dienen der Feststellung des Gesundheitszustandes, um beispielsweise von einer Versicherung bestimmte Leistungen zugesprochen zu bekommen.

MPU-Gutachten Kosten

Die MPU-Kosten setzen sich aus verschiedenen Teilen zusammen:

  • Leistungsteil: Hier müssen Aufgaben am Computer erledigt werden. Ein Arzt (meist Psychiater oder Neurologe) führt eine Untersuchung durch.
  • Psychologischer Teil: Ein MPU-Psychologe führt ein Explorationsgespräch.
  • Bürokratische Bearbeitung: Von der Anmeldung zur MPU bis zum Versand des Gutachtens.

Es ist ratsam, sich vor der Auswahl der Begutachtungsstelle mit einem MPU-Berater abzustimmen. Die MPU Kosten sind in den letzten Jahren gestiegen, was unter anderem auf die Inflation zurückzuführen sein könnte.

Kostenübernahme durch die Staatskasse

In Sozialgerichtsverfahren kann es vorkommen, dass die Staatskasse die Kosten für ein psychiatrisches Gutachten übernimmt, wenn dieses für den Ausgang des Verfahrens relevant ist. Ein aktuelles Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht verdeutlicht diese Regelung. In diesem Fall führte das Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie zu einem Vergleich zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung.

Kosten im Erbrecht

Im Erbrecht können die Kosten für Gutachten zur Testierfähigkeit ebenfalls erheblich sein. Diese Kosten umfassen unter anderem die Honorare für den Neurologen und eventuelle Zusatzuntersuchungen.

Die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens

Die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens umfasst mehrere Schritte:

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  1. Beauftragung: Die Beauftragung erfolgt in der Regel durch Gerichte, Versicherungen, Ämter oder in Ausnahmefällen durch Privatpersonen.
  2. Aktenstudium: Der Gutachter studiert die Akten und prüft, ob alle Unterlagen vollständig vorliegen.
  3. Anamnese und Untersuchung: Der Proband wird untersucht und befragt. Es ist sinnvoll, wenn der Proband im Vorfeld bestimmte Dinge schriftlich festhält und zur Begutachtung mitbringt.
  4. Zusatzuntersuchungen: In Abhängigkeit von der Fragestellung und vom Befund können Zusatzuntersuchungen erforderlich werden.
  5. Gutachtenerstellung: Der Gutachter erstellt das Gutachten und teilt das Ergebnis dem Auftraggeber mit.

Inhalt eines psychiatrischen Gutachtens

Ein psychiatrisches Gutachten muss den Menschen immer ganzheitlich in Betracht ziehen. Es basiert auf:

  • Gründlicher Anamnese
  • Darstellung des Patienten
  • Chronologisch aufgeführten Befunden (Röntgenaufnahmen, MRT, CT)
  • Sonstigen den Fall betreffenden Unterlagen

Die Aufgabe des medizinischen Sachverständigen ist es, sich als neutrale Instanz mit allen Angaben der Versicherten, den Untersuchungsbefunden und Akteninhalten auseinanderzusetzen, um herauszufinden, ob es objektiv möglich ist, hieraus ein Krankheitsgeschehen zu rekonstruieren, das als Beleg für eine nachweisbare Leistungseinschränkung im Sinne der jeweiligen Versicherungsbedingungen geeignet ist. Hierbei müssen sämtliche Angaben kritisch hinterfragt und auf Plausibilität geprüft werden. Entscheidend ist am Ende eine wertfreie und objektive Diagnose, die sich an wissenschaftlichen Maßstäben orientiert.

Testierfähigkeit und neurologische Beurteilung

Im Hinblick auf eine neurologische Beurteilung der Testierfähigkeit sind Aussagen wichtig, die im Zusammenhang zu Veränderungen der Persönlichkeit, des Gedächtnisses, der Orientierung und des Denkvermögens stehen. Zudem sollte in diesem Zusammenhang die Intensität und der Schweregrad der Einschränkungen berücksichtigt werden.

Anforderungen an die Qualität von Gutachten

Es ist entscheidend, dass Gutachten von hoher Qualität sind. Folgende Fragen sollten berücksichtigt werden:

  • Sind alle Anforderungen an die erforderliche Qualität von Gutachten erfüllt worden?
  • Gibt es Zweifel an der ärztlichen oder fachlichen Qualifikation des Gutachters?
  • Erfolgte das gutachterliche Vorgehen anhand medizinisch - wissenschaftlich fundierter Methoden, Leitlinien und Standards?
  • Ist das gesamte diagnostische Vorgehen stets logisch nachvollziehbar und stets umfassend dargestellt worden?
  • Gibt es irgendwelche Hinweise auf Befangenheit des Gutachters?
  • Führt am Ende die Begutachtung stets zu einer adäquaten und nachvollziehbaren logischen Antwort auf die gerichtlichen Fragestellungen und Beweisanodnungen?
  • Gibt es irgendwelche Widersprüche im Gutachten?
  • Wurden irgendwelche relevante Fakten im Detail ignoriert oder vergessen?
  • Sind irgendwelche Kompetenzüberschreitungen und Fachgebietsüberschreitungen des Gutachters erkennbar?
  • Können aus der Aktenlage heraus andere oder bessere Alternativen zu den sachverständigen Empfehlungen an das Gericht gerichtet werden?

Kritik an Beschwerdevalidierungstests

Seit einiger Zeit werden im Rahmen der neurologisch-psychiatrischen Begutachtung in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung sogenannte Beschwerdevalidierungstests (BVT) eingesetzt. Diese Tests sollen ein angebliches suboptimales Leistungsverhalten und negative Antwortverzerrungen durch den Probanden nachweisen. Der flächendeckende Einsatz dieser Tests ist jedoch umstritten.

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Es gilt in der psychiatrischen Wissenschaft als gesichert, dass die Beschwerdeschilderung durch Probanden, welche eine Leistungserwartung an einen Versorgungsträger haben, nicht selten von Überhöhungstendenzen geprägt ist. Die Möglichkeit dieses Verhaltens (Aggravation, Simulation) muss vom Gutachter prinzipiell in seine Bewertung mit einbezogen werden und er hat diese im Rahmen einer sog. Konsistenzprüfung zur würdigen. Innerhalb der Konsistenzprüfung kann die Durchführung von Beschwerdevalidierungstests unter bestimmten Voraussetzungen angezeigt sein.

Es gibt jedoch keine interdisziplinären Begutachtungsleitlinien zum Einsatz von Beschwerdevalidierungstests, so dass diese nicht generell, sondern nur im begründeten Ausnahmefall zur Anwendung kommen dürfen.

Die Rolle des Neurologen im Erbrecht

Die Testierfähigkeit ist entscheidend, um sicherzustellen, dass ein Testament gültig ist. Sie bedeutet, dass eine Person die Konsequenzen ihrer letztwilligen Verfügung verstehen muss. Zweifel entstehen oft bei Erkrankungen wie Demenz, aber nicht jede Beeinträchtigung führt automatisch zur Unfähigkeit. Rechtsprechung betont eine individuelle Prüfung zum Zeitpunkt der Erstellung.

Nach ständiger Rechtsprechung lässt sich die fehlende Testierfähigkeit grundsätzlich nur mit Hilfe eines neurologischen Sachverständigen ermitteln. Ein neurologischer Gutachter wird herangezogen, um festzustellen, ob beim Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung neurologische Erkrankungen vorlagen, die seine Testierfähigkeit beeinträchtigen konnten. Solche Erkrankungen umfassen unter anderem Demenz, Alzheimer, Schlaganfälle und andere neurodegenerative Erkrankungen.

Typische Fehler bei neurologischen Gutachten

Es gibt einige typische Fehler, die bei neurologischen Gutachten im Erbrecht auftreten können:

  • Fehlende standardisierte Tests
  • Mangel an Objektivität
  • Fehlende Berücksichtigung rechtlicher Kriterien
  • Fehlende Differentialdiagnostik
  • Unterbewertung von Symptomen
  • Formale Mängel

Es ist wichtig, dass diese Fehler vermieden werden, um ein valides und aussagekräftiges Gutachten zu erhalten.

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