Epilepsie: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können sich auf unterschiedliche Weise äußern, von unauffälligen Absencen bis hin zu schweren tonisch-klonischen Anfällen mit Bewusstseinsverlust und Muskelzuckungen. Die Diagnose und Behandlung von Epilepsie sind komplex und erfordern eine sorgfältige Abklärung der Ursachen sowie eine individuelle Anpassung der Therapie.

Was ist Epilepsie?

Bei Epilepsie sind bestimmte Bereiche des Gehirns oder das gesamte Gehirn überaktiv. Es werden zu viele Signale abgegeben, was die sogenannten epileptischen Anfälle auslösen kann. Manchmal zucken dann nur einzelne Muskeln - es kann aber auch der gesamte Körper bis zur Bewusstlosigkeit krampfen. Eine Epilepsie kann in jedem Alter auftreten. Manche Menschen haben bereits als Kind ihren ersten Anfall, andere erst in höherem Alter. Zwischen den Anfällen sind meist keine körperlichen Beschwerden spürbar. Von Epilepsie spricht man erst dann, wenn es öfter zu Anfällen kommt. Laut Statistiken kommt dies bei knapp einem von 100 Menschen vor.

Ursachen von Epilepsie

Epilepsien können sehr viele verschiedene Ursachen haben. Daher ist es wichtig, die genaue Ursache zu diagnostizieren, denn diese ist die Basis für die erfolgreiche Therapie. Die Ursachen reichen von strukturellen Hirnschäden (z. B. durch Trauma, Schlaganfall, Entzündung) bis zu genetischen Veränderungen. Auch metabolische und immunvermittelte Störungen können zugrunde liegen.

Strukturelle Ursachen

Strukturelle Veränderungen am Gehirn, wie sie beispielsweise durch Schlaganfälle, Tumore, Hirnblutungen oder Verletzungen entstehen können, sind eine häufige Ursache für Epilepsie. Narben im Gehirn, beispielsweise nach einem Schlaganfall oder einer Entzündung, können ebenfalls zu einer Übererregbarkeit führen und fokale Anfälle auslösen.

Genetische Ursachen

Genetisch bedingt haben manche Menschen eine stärkere Veranlagung zu epileptischen Anfällen als andere. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden.

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Metabolische Ursachen

Veränderungen im Stoffwechsel (Metabolismus) können ebenfalls Epilepsie verursachen. Seltene Stoffwechselerkrankungen wie die Phenylketonurie können beispielsweise zu epileptischen Anfällen führen.

Immunologische Ursachen

In seltenen Fällen liegt der Epilepsie eine chronische Entzündung des Gehirns zugrunde, die durch eine Autoimmunkrankheit verursacht wird. Dabei greift das Immunsystem den eigenen Körper an und schädigt das Hirngewebe.

Infektiöse Ursachen

Infektiöse Erkrankungen des Gehirns, die durch Viren oder Bakterien verursacht werden, können ebenfalls Epilepsie auslösen.

Kryptogene Epilepsien

Bei einigen Patienten lässt sich trotz umfassender Diagnostik keine eindeutige Ursache für die Epilepsie finden. Diese Fälle werden als kryptogene Epilepsien bezeichnet.

Symptome von Epilepsie

Epilepsien äußern sich durch wiederkehrende epileptische Anfälle, die ganz verschieden ablaufen können: Von einer „Aura“ mit Angst oder Geruchswahrnehmungen bis zu Muskelzuckungen, Bewusstseinsverlust oder schweren tonisch-klonischen Anfällen. Manche Anfälle verlaufen so unauffällig, dass sie erst spät erkannt werden.

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Ein epileptischer Anfall kann sich auf verschiedene Arten zeigen. Es kann lediglich ein Arm oder Bein zucken, aber auch der gesamte Körper. Das kann nach wenigen Sekunden vorbei sein oder sogar unbemerkt bleiben. Während des Anfalls können Menschen bei vollem Bewusstsein bleiben oder nur kurz abwesend sein. Manche werden jedoch auch bewusstlos. Ein epileptischer Anfall hält selten lange an. Bei einer Dauer von mehr als fünf Minuten spricht man von einem „Status epilepticus“. Dann handelt es sich um einen Notfall, der zügig mit Medikamenten behandelt werden muss.

Fokale Anfälle

Beim fokalen Anfall befindet sich die Störung in einem kleinen Bereich in einer der beiden Hirnhälften. Die Symptome hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist.

  • Motorische Symptome: Muskelzuckungen, Verkrampfungen, Muskelschwäche, Automatismen (unkontrollierte Bewegungen wie Schmatzen oder Nesteln)
  • Sensorische Symptome: Kribbeln, Taubheitsgefühle, Lichtblitze, ungewöhnliche Geräusche oder Gerüche
  • Psychische Symptome: Plötzliche Angst, kurze Aussetzer in Sprache oder Gedächtnis
  • ** vegetative Symptome:** Herzrasen, Schweißausbrüche, Speichelfluss, Übelkeit

Generalisierte Anfälle

Generalisierte Krampfanfälle können im Erscheinungsbild sehr unterschiedlich sein. Teilweise handelt es sich um kurze „Aussetzer“ (sogenannte Absencen oder Bewusstseinsstörungen). Die betroffene Person kann auch länger ohnmächtig werden und stürzen. Es folgt eine Verkrampfung am ganzen Körper mit Zuckungen der Arme und der Beine. Am häufigsten ist ein tonisch-klonischer Anfall. Durch die Anspannung aller Muskeln wird der Körper plötzlich steif (tonische Phase). Es folgt ein Bewusstseinsverlust - und danach kommt die klonische Phase. Dabei zucken die Muskeln krampfartig durch abwechselndes An- und Entspannen. Beim tonisch-klonischen epileptischen Anfall kommt es manchmal zu Zungen- oder Wangenbiss und Einnässen.

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, neurologischen Untersuchung und verschiedenen technischen Untersuchungen.

Anamnese und neurologische Untersuchung

Wichtig für die Diagnose ist vor allem die Vorgeschichte der Betroffenen: Wann und in welcher Situation ist der Anfall aufgetreten? Wie ist er verlaufen? Oft können sich Betroffene selbst nicht gut an den Anfall erinnern. Dann ist es hilfreich, wenn jemand, der den Anfall miterlebt hat, den Betroffenen zur Untersuchung begleitet. Die Begleitperson kann beschreiben, wie und mit welchen Symptomen der Anfall aufgetreten ist.

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Elektroenzephalogramm (EEG)

Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Hirnströme und kann epilepsietypische Auffälligkeiten zeigen. Bestimmte Muster deuten hier auf ein erhöhtes Anfallsrisiko hin. Ein EEG allein reicht allerdings nicht aus, um eine Epilepsie festzustellen.

Magnetresonanztomographie (MRT)

In der Regel kommt eine Magnetresonanztomographie (MRT) hinzu. Sie hilft herauszufinden, ob sich im Gehirn Veränderungen zeigen, die die Anfälle auslösen könnten.

Blutuntersuchungen

Neben der körperlichen und neurologischen Untersuchung wird Blut zur Untersuchung entnommen. Auch die Blutuntersuchung kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren.

Lumbalpunktion

Falls sinnvoll, wird das Hirnwasser (Liquor) durch eine Spritze im Bereich der Lendenwirbelsäule entnommen und untersucht (Lumbalpunktion).

Genetische Testung

Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst.

Behandlung von Epilepsie

Erste Wahl ist die medikamentöse Therapie mit Antiepileptika. Bei Therapieversagen können chirurgische Eingriffe (z. B. Entfernung des Herds), Vagusnerv-Stimulation oder spezielle Diäten helfen.

Medikamentöse Therapie

Die Behandlung ist von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf abhängig. Meist werden Betroffene mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Hier gibt es unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen. Wenn eine niedrige Dosierung keine ausreichende Wirkung zeigt, kann zunächst die Dosis des Medikaments erhöht werden. Stellt sich auch dann kein Erfolg ein, kombiniert man unterschiedliche Wirkstoffe oder testet ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe.

Da oft nur ein einziger Anfall auftritt, ist nicht sofort eine Behandlung erforderlich. Normalerweise fängt man erst nach einem zweiten Anfall mit einer Behandlung an. Ist das Risiko für erneute Anfälle erhöht, wie etwa bei einer Gehirnerkrankung, kann auch nach dem ersten Krampfanfall schon eine Behandlung angebracht sein. Wichtig ist, mit der Ärztin oder dem Arzt die persönliche Situation ausführlich zu besprechen.

Bei einer Behandlung mit Medikamenten werden diese meist mehrere Jahre lang eingenommen.

Chirurgische Eingriffe

Kommt es trotz Medikamenten weiter zu Anfällen, ist ein Eingriff eine Alternative. Zu den Möglichkeiten zählen:

  • Operation: Wenn sich herausfinden lässt, dass ein bestimmter Teil des Gehirns fokale Anfälle auslöst, kann dieser unter Umständen entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
  • Vagusnerv-Stimulation: Hier soll die Überaktivität der Nervenzellen gehemmt werden. Ein Schrittmacher wird im Brustbereich unter der Haut eingesetzt und gibt elektrische Impulse ab. Das geschieht über Kontakte am Halsbereich, die mit dem sogenannten Vagusnerv verbunden sind. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien.

Spezielle Diäten

Bei einigen Epilepsieformen kann eine spezielle Diät, wie beispielsweise die ketogene Diät, helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.

Psychotherapie

Außerdem kann eine begleitende Psychotherapie sinnvoll sein. Sie kann dabei helfen, mit der Erkrankung zurechtzukommen und die Lebensqualität zu verbessern.

Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helferinnen und Helfer Betroffene vor Verletzungen schützen und ruhig bleiben. Hält der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle in geringem zeitlichem Abstand auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

Im Vordergrund steht, dass sich der Betroffene während eines Anfalls nicht verletzt. Wenn er oder sie bereits auf dem Boden liegt, zucken häufig Arme und Beine oder sie wirken versteift. Auch der Kopf kann zucken und dabei immer wieder auf den Boden aufschlagen. Manchmal kommt es zu einem Zungenbiss, dennoch sollte man niemals versuchen, während des Anfalls etwas in den Mund zu schieben. Der Blutverlust beim Zungenbiss ist sehr gering, durch die Verdünnung mit Speichel wirkt es mehr, als es ist. Daher gilt: Ruhe bewahren. Der Anfall selbst ist meist nach ungefähr einer Minute vorbei. Um die Zeit sicher zu messen, lohnt ein Blick auf die Uhr. Die Beobachtungen der Augenzeugen liefern später oft entscheidende Informationen bei der Diagnosefindung.

Leben mit Epilepsie

Epilepsie beeinflusst den Alltag: Beruf, Mobilität und soziale Aktivitäten. Wichtig ist es, Auslöser zu kennen und zu meiden. Fahreignung und Arbeitssicherheit müssen ärztlich geprüft werden.

Etwa 50 Prozent der Betroffenen gelten nach 10 Jahren ohne Anfall und 5 Jahren ohne Medikamente als geheilt.

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