Die neurologische Rehabilitation ist ein spezialisierter Bereich der medizinischen Versorgung, der sich auf die Behandlung von Patientinnen mit Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns, des Nervensystems oder des Rückenmarks konzentriert. Ein wichtiger Bestandteil der neurologischen Reha ist das Phasenmodell, welches die verschiedenen Stadien der Rehabilitation von der Akutbehandlung bis zur Langzeitversorgung unterteilt. Dieser Artikel widmet sich der Phase F, der Langzeitrehabilitation, und beleuchtet ihre Definition, Ziele und die spezifischen Bedürfnisse der Patientinnen in dieser Phase.
Das Phasenmodell der neurologischen Rehabilitation
In der neurologischen Reha, beispielsweise nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder Schlaganfall, wird ein Phasenmodell angewendet, das die verschiedenen Rehabilitationsphasen von A (Akutbehandlung) bis F (Langzeitrehabilitation) umfasst. Dazwischen liegen die Frührehabilitation (Phase B), die weiterführende Rehabilitation (Phase C), die medizinische Reha und Nachsorge (Phase D) sowie die berufliche Reha (Phase E). Dieses Modell dient dazu, die Behandlung und Betreuung der Patient*innen optimal auf ihre individuellen Bedürfnisse und Fortschritte abzustimmen.
Phase F: Langzeitrehabilitation
Phase F richtet sich an Patientinnen, die trotz intensiver Behandlung und Rehabilitation dauerhafte schwere Beeinträchtigungen und bleibende Behinderungen aufweisen, beispielsweise aufgrund schwerer Hirnschäden. Diese Patientinnen benötigen langfristige Unterstützung und Betreuung, um eine Verschlechterung ihres Zustands zu verhindern und ihre Lebensqualität bestmöglich zu erhalten.
Definition und Zielgruppe
Patient*innen in Phase F sind aufgrund schwerer und schwerster Schädigungen des zentralen Nervensystems (ZNS) stark in ihrer Unabhängigkeit und Integration beeinträchtigt. Sie sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, und benötigen spezielle Betreuung, Pflege oder sogar Intensivbetreuung. Oftmals liegen Fähigkeitsstörungen in verschiedenen Kombinationen vor, und lebenserhaltende Hilfsmittel wie Ernährungssonden oder Beatmungsgeräte werden eingesetzt.
Ziele der Phase F
Das Hauptziel der Phase F ist die Verbesserung der Teilhabe am sozialen Leben durch die Reduzierung von Beeinträchtigungen. Im besten Fall reduziert Phase F die Einschränkungen der Betroffenen, sodass sie wieder mehr am sozialen Leben teilhaben können. Dies beinhaltet die Verminderung von Pflegebedürftigkeit, die Verhütung einer Verschlimmerung des Zustands und die Förderung der größtmöglichen Selbstständigkeit und Lebensqualität.
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Schwerpunkte der Behandlung
In der Phase F liegt der Behandlungsschwerpunkt auf der aktivierenden Langzeitpflege. Diese beinhaltet:
- Erhaltung und Förderung des individuellen Potenzials: Durch gezielte Therapiepflege soll das individuelle Potenzial des Menschen erhalten und weiterentwickelt werden.
- Individuelle und angemessene Leistungen: Die Leistungen müssen stets individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt und angemessen sein.
- Umfassende Pflegebedürftigkeit: Bei Patient*innen mit anhaltenden schweren Bewusstseinsstörungen steht die umfassende Pflegebedürftigkeit im Vordergrund.
- Teilmobilisierung: Patient*innen mit Teilmobilität (z.B. Rollstuhlmobilität) sollen diese erhalten oder wiedererlangen.
- Förderung der Kommunikationsfähigkeit: Eine verbesserte Kommunikationsfähigkeit wird angestrebt, um die soziale Interaktion zu ermöglichen.
Versorgungsmöglichkeiten
Die Versorgung in Phase F kann sowohl stationär als auch ambulant erfolgen.
- Stationäre Versorgung: Ist eine Pflege zuhause nicht möglich, können Einrichtungen mit aktivierender Langzeitpflege in Frage kommen. Diese Einrichtungen bieten eine umfassende Betreuung und Pflege, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Phase F-Patient*innen zugeschnitten ist.
- Ambulante Versorgung: Die PatientInnen werden ambulant oder in Wohneinrichtungen gepflegt. AnsprechpartnerInnen sind behandelnde ÄrztInnen, Pflegepersonal sowie andere Behandelnde (z.B. PhysiotherapeutInnen).
Therapieansätze in der Phase F
In der Phase F kommen verschiedene Therapieansätze zum Einsatz, um die Lebensqualität und Teilhabe der Patient*innen zu verbessern. Dazu gehören:
- Physiotherapie: Verbesserung des Bewegungssystems und Bewegungsverhaltens, Regulierung von Funktionsstörungen innerer Organe, Förderung von Eigen- und Fremdwahrnehmung, Schmerzlinderung, Förderung der Eigenständigkeit und Aktivierung der Selbstheilungskräfte.
- Physikalische Therapie: Lymphdrainage, Massagen, Wärmetherapie, Kältetherapie, Elektrotherapie.
- Ergotherapie: Behandlung motorischer, sensibler und sensorischer Funktions- und Fähigkeitsstörungen, Abbau pathologischer Haltungs- und Bewegungsmuster, Aufbau physiologischer Muskelfunktionen und -koordinationen, Verbesserung fein- und grobmotorischer Funktionen, Koordination von Bewegungsabläufen.
- Logopädie: Behandlung von Sprach- und Sprechstörungen sowie Schluckstörungen.
- Neuropsychologie: Beurteilung und Behandlung kognitiver und emotionaler Defizite, Unterstützung beim Umgang mit der Erkrankung.
Herausforderungen und Perspektiven
Die Versorgung von Patientinnen in Phase F stellt eine besondere Herausforderung dar. Es bedarf einer engen Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen, Therapeut*innen, Pflegekräften, Angehörigen und anderen Beteiligten, um eine individuelle und bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten.
Ethische Aspekte
Die Versorgung von Menschen mit schweren neurologischen Behinderungen wirft ethische Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der Menschenwürde und die Autonomie der Patient*innen. Es ist wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen zu berücksichtigen und ihnen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
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Rechtliche Grundlagen
Im demografischen Sozialstaat gilt auch für Menschen, die Risiken und Folgen von Behinderung oder schwerer Krankheit (er)tragen, ein allgemein gültiger Konsens über die unantastbare Menschenwürde, die jedem Individuum voraussetzungslos zukommt und die vom Gemeinwesen unbedingt zu schützen ist. Dieser Konsens ist niedergelegt in der zentralen deutschen Rechtsnorm - im Artikel 1 des Grundgesetzes.
Angehörigenarbeit
Ein wesentlicher Bestandteil der Versorgung, Pflege und Betreuung von Phase F - Einrichtungen sollte die Angehörigenarbeit sein. Praktisch sieht diese Arbeit sehr unterschiedlich aus. Die Angehörigen sind ein wichtiger Teil des Betreuungsteams und sollten in die Entscheidungen einbezogen werden.
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