Die neuromuskuläre Synapse: Funktion, Aufbau und Bedeutung

Die neuromuskuläre Synapse, auch motorische Endplatte genannt, ist eine spezialisierte chemische Synapse, die die Kommunikation zwischen dem Nervensystem und den Muskeln ermöglicht. Sie ist die Kontaktstelle zwischen einer motorischen Nervenzelle (alpha-Motoneuron) und einer Muskelfaser und spielt eine entscheidende Rolle bei der willkürlichen Steuerung von Muskelbewegungen. An der motorischen Endplatte erfolgt die Umwandlung eines elektrischen Signals vom Nerv in ein chemisches Signal, das dann in der Muskelzelle eine Kontraktion auslöst.

Grundlagen der synaptischen Übertragung

Eine Synapse ist generell eine Struktur, die die Reizweiterleitung von einem Neuron zum nächsten ermöglicht, wobei eine Umwandlung von elektrischer in chemische Information stattfindet. Sie bildet das Verbindungsstück, über das eine Nervenzelle mit anderen Zellen in Kontakt steht, einschließlich weiterer Nervenzellen, Sinneszellen, Drüsenzellen und Muskelzellen.

Je nach Funktionalität werden im Allgemeinen zwei Typen von Synapsen unterschieden:

  • Chemische Synapse: Die Übertragung der Erregung erfolgt durch einen Neurotransmitter, einem chemischen Botenstoff. Die Erregungsweiterleitung kann nur in eine Richtung erfolgen. Diese Synapse herrscht bei Säugetieren vor.
  • Elektrische Synapse: Die Übertragung der Erregung erfolgt an zwei eng aneinanderliegenden Membranen über spezielle Ionenkanäle, den Konnexionen. Es findet ein direkter Austausch von Ladungsträgern statt, die zur Erzeugung eines Aktionspotentials führen. Die Erregungsweiterleitung kann in beide Richtungen erfolgen. Diese Synapsen finden sich überall dort, wo eine besonders rasche Reizübertragung notwendig ist.

Die neuromuskuläre Synapse ist ein Beispiel für eine chemische Synapse.

Aufbau der neuromuskulären Synapse

Die motorische Endplatte setzt sich aus drei Hauptkomponenten zusammen:

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  1. Präsynaptische Membran: Dies ist der Teil der Nervenzelle (Axon), der an der Synapse endet. Das Endknöpfchen des Axons enthält Vesikel (Bläschen) mit dem Neurotransmitter Acetylcholin (ACh). Die Membran des Endknöpfchens ist mehrmals eingefaltet, um die Oberfläche zu vergrößern und mehr Vesikel andocken zu lassen.
  2. Synaptischer Spalt: Dies ist der schmale Raum zwischen der präsynaptischen und der postsynaptischen Membran. Der Neurotransmitter muss diesen Spalt überwinden, um zur Muskelzelle zu gelangen. Im synaptischen Spalt befindet sich auch das Enzym Acetylcholinesterase (ACh-Esterase), das Acetylcholin abbaut.
  3. Postsynaptische Membran: Dies ist der Teil der Muskelzelle (Sarkolemm), der an der Synapse liegt. Die postsynaptische Membran ist ebenfalls gefaltet, um die Oberfläche zu vergrößern. Sie enthält Rezeptoren für Acetylcholin, die sogenannten nikotinergen Acetylcholin-Rezeptoren. Diese Rezeptoren sind gleichzeitig Ionenkanäle.

Funktion der neuromuskulären Synapse

Die Funktion der motorischen Endplatte besteht darin, Nervensignale in Muskelkontraktionen umzuwandeln. Der Ablauf der Signalübertragung lässt sich in folgende Schritte unterteilen:

  1. Ankunft eines Aktionspotentials: Ein Aktionspotential erreicht das Endknöpfchen der Nervenzelle.
  2. Calcium-Einstrom: Die Spannungsänderung durch das Aktionspotential öffnet spannungsabhängige Calciumkanäle in der präsynaptischen Membran. Calcium-Ionen strömen in das Endknöpfchen.
  3. Ausschüttung von Acetylcholin: Der Calcium-Einstrom löst die Fusion der synaptischen Vesikel mit der präsynaptischen Membran aus. Acetylcholin wird in den synaptischen Spalt freigesetzt.
  4. Bindung an Rezeptoren: Acetylcholin diffundiert durch den synaptischen Spalt und bindet an die Acetylcholin-Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran.
  5. Öffnung von Ionenkanälen: Die Bindung von Acetylcholin öffnet ligandengesteuerte Natriumkanäle. Natrium-Ionen strömen in die Muskelzelle ein.
  6. Depolarisation der Muskelzelle: Der Natrium-Einstrom depolarisiert die postsynaptische Membran. Es entsteht ein sogenanntes Endplattenpotential (EPP).
  7. Auslösung eines Aktionspotentials: Wenn das Endplattenpotential einen Schwellenwert erreicht, wird ein Aktionspotential in der Muskelzelle ausgelöst.
  8. Muskelkontraktion: Das Aktionspotential breitet sich über die Muskelzelle aus und löst eine Kontraktion aus. Hierbei öffnen sich zur Erregungsweiterleitung weitere Natriumkanäle. Diese Ausbreitung wird auch als elektromechanische Kopplung bezeichnet, da hierbei ein elektrisches Signal in eine mechanische Aktion umgewandelt wird.
  9. Abbau von Acetylcholin: Das Enzym Acetylcholinesterase spaltet Acetylcholin im synaptischen Spalt in Acetat und Cholin.
  10. Wiederaufnahme und Recycling: Acetat und Cholin werden von der präsynaptischen Membran wieder aufgenommen und zur Synthese von neuem Acetylcholin verwendet. Das Acetylcholin wird wieder in Vesikel verpackt.

Die Frequenz des Aktionspotentials und damit die Stärke des ursprünglichen Reizes wird durch die Konzentration der Neurotransmitter weitergegeben.

Motorische Einheit

Ein alpha-Motoneuron innerviert eine bestimmte Anzahl an Muskelzellen und Muskelfasern. Diese Gesamtheit der Muskelzellen, die von einem Nerv innerviert werden, wird als die motorische Einheit dieses Neurons bezeichnet.

Unterschiede zur interneuronalen Synapse

Obwohl die motorische Endplatte eine Synapse ist, gibt es einige wichtige Unterschiede zur interneuronalen Synapse (Synapse zwischen zwei Nervenzellen):

MerkmalMotorische EndplatteInterneuronale Synapse
ErregungsübertragungElektrisch, dann chemischElektrisch, dann chemisch, in seltenen Fällen nur elektrisch
NeurotransmitterAcetylcholin (erregend)Viele unterschiedliche (hemmend und erregend)
AktionspotentialStark positivPositiv
Beteiligte ZellenAlpha-Motoneuron und MuskelzelleZwei Neurone

Beeinflussung der neuromuskulären Synapse

Die Funktion der motorischen Endplatte kann durch verschiedene Substanzen und Faktoren beeinflusst werden:

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  • Nikotin: Nikotin, das beispielsweise in Tabakrauch enthalten ist, kann an die Acetylcholin-Rezeptoren binden und diese blockieren. Dadurch wird die Erregungsübertragung verlangsamt oder verhindert. Nikotin bleibt, im Gegensatz zu ACh, länger im synaptischen Spalt, was zu einer längeren Erregung der Muskelzelle führt.
  • Botulinumtoxin (Botox): Botulinumtoxin verhindert die Freisetzung von Acetylcholin aus den Vesikeln. Dies führt zu einer Hemmung der Erregungsweiterleitung und damit zur Entspannung des Muskels.
  • Curare: Curare blockiert Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatten, was zu Atemlähmung führen kann.
  • Alkylphosphate: Organische Phosphorverbindungen, die als Insektizide eingesetzt werden, hemmen die Acetylcholinesterase. Dadurch reichert sich Acetylcholin im synaptischen Spalt an, was zu einer Dauererregung der Muskelzelle führt.

Krankheiten der neuromuskulären Synapse

Störungen der neuromuskulären Synapse können zu verschiedenen Erkrankungen führen:

  • Myasthenia gravis: Bei dieser Autoimmunerkrankung werden Autoantikörper gegen die Acetylcholin-Rezeptoren gebildet. Die Antikörper blockieren oder zerstören die Rezeptoren, was zu einer Muskelschwäche führt. Merkmale für die Erkrankung sind in der Folge eine Belastungsschwäche der Muskeln. Dabei ist oftmals die Muskulatur der Mimik früh betroffen.
  • Lambert-Eaton-Syndrom: Bei dieser Autoimmunerkrankung richten sich Antikörper gegen Calciumkanäle in der präsynaptischen Membran. Dadurch wird die Freisetzung von Acetylcholin behindert, was ebenfalls zu einer Muskelschwäche führt.
  • Botulismus: Das Botulinumtoxin verhindert die Freisetzung von Acetylcholin und führt zu einer Lähmung der Muskulatur.
  • Tetanus: Das Tetanustoxin verhindert die Freisetzung des hemmenden Neurotransmitters GABA, was zu Muskelkrämpfen führt.

Bedeutung für die Forschung

Das Verständnis der Funktion der neuromuskulären Synapse ist nicht nur für die Behandlung von Erkrankungen wichtig, sondern auch für die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien. Darüber hinaus dient sie als Modellsystem für die Erforschung grundlegender Mechanismen der synaptischen Übertragung.

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