Neurotransmitter-Tests: Erfahrungen, Sinnhaftigkeit und Alternativen

Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und GABA spielen eine entscheidende Rolle für unser emotionales Befinden, unser Denken und unsere Reaktionen. Ein Neurotransmitter-Test soll Aufschluss über die eigene emotionale Balance und mentale Leistungsfähigkeit geben, insbesondere bei Erschöpfung, Schlafproblemen, Stimmungsschwankungen oder in belastenden Lebensphasen. Doch wie sinnvoll sind solche Tests wirklich? Welche Erfahrungen gibt es damit und welche Alternativen stehen zur Verfügung?

Was ist ein Neurotransmitter-Test und wie funktioniert er?

Einige Anbieter werben mit Testsets, die bequem von zu Hause aus durchgeführt werden können. Dabei wird in der Regel eine Urin- oder Speichelprobe entnommen und an ein Labor geschickt. Die Analyse soll dann Aufschluss über die Konzentration verschiedener Neurotransmitter geben, darunter:

  • Cortisol (Tagesprofil: morgens, mittags, nachmittags, abends)
  • Melatonin (nachts)
  • Serotonin
  • Dopamin
  • Noradrenalin
  • Adrenalin

Die Probenentnahme erfolgt meist unkompliziert:

  1. Die Auffanghilfe wird in die Toilettenschüssel gelegt.
  2. Eine Probe des Stuhls wird mit dem Dosierstab an drei Stellen entnommen.
  3. Der Dosierstab wird zurück in das Proberöhrchen gegeben, zugedreht und gut geschüttelt.
  4. Das Proberöhrchen wird in das Transportröhrchen gesteckt und zusammen mit dem Anforderungsbogen in die Versandtasche gelegt.
  5. Die Versandtasche wird in den nächsten Briefkasten geworfen.

Die Anbieter versprechen eine schnelle, unkomplizierte und diskrete Auswertung ohne Arzttermin.

Warum einen Neurotransmitter-Test in Erwägung ziehen?

Ein solcher Test kann aus verschiedenen Gründen in Betracht gezogen werden:

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  • Interesse an der eigenen emotionalen Balance und mentalen Leistungsfähigkeit: Viele Menschen möchten mehr über die biochemischen Grundlagen ihrer Stimmung und ihres Verhaltens erfahren.
  • Chronische Erschöpfung oder Depression: Wenn herkömmliche Behandlungen nicht ausreichend helfen, suchen Betroffene nach alternativen Erklärungen und Therapieansätzen.
  • Medikamentenunverträglichkeit: Bei multiplen Unverträglichkeiten kann ein Test helfen, individuelle Besonderheiten im Neurotransmitterhaushalt aufzudecken.
  • Der Wunsch nach einer individualisierten Therapie: Einige Anbieter versprechen, dass die Testergebnisse die Grundlage für eine gezielte Behandlung mit Nahrungsergänzungsmitteln oder anderen Präparaten bilden können.

Kritik und Kontroversen

Die Sinnhaftigkeit von Neurotransmitter-Tests ist jedoch umstritten. Es gibt mehrere Kritikpunkte:

  • Aussagekraft der Messungen: Es ist fraglich, inwieweit die Messung von Neurotransmittern im Urin oder Speichel tatsächlich den Neurotransmitterstatus im Gehirn widerspiegelt. Die Blut-Hirn-Schranke kann die Übertragung von Neurotransmittern aus dem Körper in das Gehirn und umgekehrt beeinflussen.
  • Fehlende einheitliche Sollwerte: Es gibt keine allgemeingültigen Normwerte für Neurotransmitter, da die Konzentrationen stark von individuellen Faktoren und der Tageszeit abhängen.
  • Momentaufnahme: Ein Test liefert nur eine Momentaufnahme, da die Neurotransmitterspiegel ständig schwanken.
  • Umstrittene Hypothesen: Die Hypothese, dass Depressionen durch einen Mangel an bestimmten Neurotransmittern verursacht werden, ist wissenschaftlich umstritten. Studien haben gezeigt, dass beispielsweise SSRIs (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) nur bei einem Teil der Patienten wirken und der Placebo-Effekt eine erhebliche Rolle spielen kann.
  • Kosten: Die Tests sind oft teuer und müssen selbst bezahlt werden.

Alternativen und ergänzende Ansätze

Bevor man sich für einen Neurotransmitter-Test entscheidet, sollten alternative und ergänzende Ansätze in Betracht gezogen werden:

  • Ärztliche Untersuchung: Bei Beschwerden sollte immer zuerst ein Arzt aufgesucht werden, um organische Ursachen auszuschließen und eine umfassende Diagnose zu stellen.
  • Psychotherapie: Eine Psychotherapie kann helfen, die Ursachen von Depressionen, Angststörungen oder Erschöpfung zu erkennen und zu bewältigen.
  • Lichttherapie und Bewegungstherapie: Diese Therapien können die körpereigene Produktion von Neurotransmittern anregen.
  • Ernährungsumstellung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren kann die Neurotransmitterproduktion unterstützen.
  • Stressmanagement: Chronischer Stress kann den Neurotransmitterhaushalt negativ beeinflussen. Stressbewältigungstechniken wie Meditation, Yoga oder autogenes Training können helfen, Stress abzubauen.

Erfahrungen von Betroffenen

Die Erfahrungen mit Neurotransmitter-Tests sind unterschiedlich. Einige Betroffene berichten von wertvollen Erkenntnissen und einer erfolgreichen Behandlung auf der Grundlage der Testergebnisse. Andere sind skeptisch und sehen keinen Nutzen in den Tests.

Einige Stimmen aus Foren und Communities:

  • "Ich bin nicht davon überzeugt, dass mein Serotonin zu niedrig ist und Defacto haben mir SSRIs nich nie geholfen und gingen meist mit immensen Nebenwirkungen einher."
  • "Wenn solche Messungen aussagekräftig wären, dann hätten sie vielleicht grössere Bedeutung in der Behandlung von Depressionen. Oder ist das durchaus üblich?"
  • "So ein Test würde nur eine Momentaufnahme liefern - und zwar die eines sehr kurzen Moments, denn die Spiegel schwanken ununterbrochen."
  • "Ich habe gelesen, das Neurotransmitter von der so genannten Blut-Hirn-Schranke nicht durchgelassen werden. Und diese Testergebnisse daher nichts über die Neurotransmitterkonzentration im Gehirn aussagen würden/könnten."

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