Okzipitalneuralgie: Ursachen, Diagnose und Therapie

Die Okzipitalneuralgie ist ein chronisches Schmerzgeschehen im Bereich des Hinterkopfes, das von den Okzipitalnerven ausgeht. Bei der Okzipitalis-Neuralgie sind die beiden Hinterhauptnerven beteiligt. Bei der Okzipitalis-Neuralgie kommt es durch Irritationen oder Reizung eines der beiden Hinterhauptnerven (Occipitalnerven, Nervus occipitalis major und Nervus occiptalis minor) zu scharfen, einschießenden und stechenden Schmerzen im Bereich von Hinterhaupt (Os occipitale) und Nacken. Manchmal strahlt der Schmerz auch in Richtung Auge aus.

Anatomie der Hinterhauptsnerven

Der große Hinterhauptnerv (Nervus occipitalis major) ist ein peripherer Nerv, der aus der Halswirbelsäule stammt. Dieser Nerv dient der motorischen Steuerung der Nackenmuskulatur sowie der sensiblen Versorgung der Haut am Hinterkopf. Der kleine Hinterhauptnerv (Nervus occipitalis minor) hingegen ist für die nervale Versorgung der Haut in der unteren und seitlichen Hinterkopfregion zuständig. Der große Hinterhauptnerv verläuft wie der kleine Hinterhauptnerv und der große Ohrnerv am Hinterhaupt. Alle Nerven stehen in enger Verbindung mit verschiedenen Halsmuskeln und können bei verspannter Muskulatur gereizt werden.

Ursachen der Okzipitalneuralgie

Die Ursachen einer Occipitalis-Neuralgie sind vielfältig. In den meisten Fällen ist die Ursache einer Occipitalisneuralgie eine Einklemmung des Nervens durch Muskelverspannungen der darüber liegenden Nackenmuskeln. Diese tritt v. a. bei Personen auf, die viel Zeit im Sitzen verbringen. Durch eine stundenlange Sitzhaltung kann eine dauerhafte Steifheit der Nacken- und Hinterkopfmuskulatur entstehen. Die Hinterhauptsnerven können so dauerhaft gereizt und sogar eingeklemmt werden. Auch bei Personen mit schwerer körperlicher Arbeit kann es durch häufige Wiederholung belastender Bewegungen zu einer Nervenreizung kommen.

So können die Nervenwurzeln, aus denen die Hinterhauptnerven hervorgehen, durch arthrotische Veränderungen an der Halswirbelsäule (Spondylarthrose) eingeengt werden. Weitere Ursachen sind Verletzungen der Nerven, Tumoren im Bereich des Nervens oder Infektionen. Manchmal wird der Nerv in seinem Verlauf auch durch benachbarte Arterien komprimiert und geschädigt.

Auch nach Operationen an der Halswirbelsäule oder nach Schädeloperationen sowie nach Frakturen des Schädels oder der Schädelbasis können die Hinterhauptsnerven durch Narben eingeklemmt werden und den Hinterhauptkopfschmerz auslösen.

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Sogar Stoffwechselerkrankungen wie Gicht oder Diabetes können einen negativen Effekt auf die Gelenke der Halswirbelsäule haben und dadurch die Halsnerven in Mitleidenschaft ziehen. Zusätzlich haben Patienten mit Diabetes ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Neuralgien im Allgemeinen, da durch die erhöhten Blutzuckerwerte die Nerven im ganzen Körper geschädigt werden können.

In seltenen Fällen können durch raumfordernde Prozesse im Austrittsbereich der Nerven in der oberen Halswirbelsäule die Nerven eingeklemmt und gereizt werden. Hierzu gehören neben Infektionen auch Tumore oder Metastasen.

Häufig kann jedoch keine eindeutige Ursache ausgemacht werden. Dies ist aber auch in den meisten Fällen und sofern schwerwiegendere Erkrankungen ausgeschlossen werden können, auch nicht für eine erfolgreiche Therapie erforderlich.

Symptome der Okzipitalneuralgie

Bei einer Okzipitalneuralgie stehen stechende, teils erhebliche Schmerzen im Vordergrund, die hauptsächlich im Bereich des Hinterkopfes lokalisiert sind. Sie können sich aber auch auf den oberen Nacken und den oberen Kopfbereich ausdehnen. Eine Ausbreitung der Schmerzen entlang des Verlaufs der Nerven bis hin zur Stirn und Schläfe ist auch möglich. Da für die Entstehung einer Okzipitalneuralgie mehrere Hinterhauptsnerven verantwortlich sein können, hängt der Bereich der Schmerzen stark von dem jeweiligen Nerven ab. Diese Nerven stammen aus dem Rückenmark der Halswirbelsäule, deshalb kann es an den Austrittpunkten am Übergang von Nacken zum Hinterkopf zu einer Druckempfindlichkeit kommen. Die Schmerzen können teilweise anfallsartig auftreten und über mehrere Minuten anhalten. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass eine Okzipitalneuralgie u. a. mit Migräne verwechselt werden kann. Typisch ist eine einseitige Ausprägung der Schmerzen, selten auch beidseitig. Bei einer Reizung des kleinen Hinterhauptsnervens kann es sogar zu Schmerzen bis hin zu den Augen kommen. Daneben kommt es auch zu Missempfindungen in der Kopfhaut. Zu den auftretenden Sensibilitätsstörungen zählen Kribbeln, Jucken, Überempfindlichkeit, aber auch Taubheit der betroffenen Hautareale.

Eine Reizung der Nervenstrukturen am Hinterkopf führt zu Schmerzen im Ausbreitungsgebiet dieser Nerven, die jeweils vom Hinterkopf in Richtung Stirn, Schädelseite oder Schläfenbereich führen, je nachdem welcher der drei Hinterkopfnerven (Okzipitalnerven) betroffen ist. Meistens sind die sogenannten Nervenaustrittspunkte am Hinterkopf sehr druckempfindlich und verstärken die Schmerzen am Hinterhaupt. Gelegentlich führt der Druck auf diese Stellen aber auch zu einer Verminderung der Kopfschmerzen.

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Differenzialdiagnosen

  • Migräne, Cluster- oder Spannungskopfschmerzen bei starken, anfallsartigen Schmerzen
  • andere sekundäre Kopfschmerzen, die von Störungen, Verletzungen etc. ausgelöst werden
  • postherpetische Neuralgie bei Schmerzen an der Kopfhaut
  • bei starken Schmerzen im Nackenbereich auch Bandscheibenvorfälle oder andere Störungen in der oberen Halswirbelsäule

Diagnose der Okzipitalneuralgie

Bei plötzlich auftretenden, starken Schmerzen im Bereich des Hinterkopfes sollte unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Wenn das Schmerzgeschehen immer wieder ohne erkennbare Ursache auftritt, sollte ebenfalls ein Arzt zur Diagnostik und Therapie hinzugezogen werden. Auch zum Ausschluss von anderen chronischen Erkrankungen wie Migräne ist eine genaue Abklärung empfehlenswert. Generell handelt es bei einer Okzipitalneuralgie um eine eher seltene Diagnose, die nicht immer zweifelsfrei gestellt werden kann. Der Fokus des behandelnden Arztes liegt deshalb hauptsächlich auf dem Ausschluss anderer Erkrankungen und der erfolgreichen Linderungen der Schmerzen durch eine geeignete Therapie.

Als Erstes werden Lokalisation und Ausprägung der Schmerzen erfragt. Wenn der Arzt bei der anschließenden körperlichen Untersuchung des Hinterkopfes einen Druckschmerz feststellen kann, ist dies ein Hinweis auf eine Okzipitalneuralgie. In der weiteren Anamnese, der Befragung des Patienten zum Krankheitsgeschehen, werden weitere Symptome wie Missempfindungen oder Überempfindlichkeiten erfasst. Um mögliche Ursachen abzuklären, erkundigt sich der Arzt nach früheren Verletzungen oder weiteren Erkrankungen, die ursächlich für die Symptomatik sein können.

Eine Option zur Diagnose kann eine anästhetische Blockade des Okzipitalnervens sein. Dabei wird der Nerv durch lokale Betäubungsmittel betäubt. Wenn dadurch eine deutliche Schmerzlinderung erzielt werden kann, liegt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Okzipitalneuralgie vor. Um mögliche Ursachen abzuklären, erkundigt sich der Arzt nach früheren Verletzungen oder weiteren Erkrankungen, die ursächlich für die Symptomatik sein können. Zum Ausschluss von Tumoren in der Halswirbelsäule oder Ursachen, die im Kopf lokalisiert sind, kann als weitere Untersuchung ein MRT oder CT sinnvoll sein.

Wenn wir den Verdacht auf eine entsprechende Ursache der Hinterkopfschmerzen haben, fordern wir die Patienten auf, sich während einer Kopfschmerzattacke am Hinterkopf notfallmäßig in unserer Praxis vorzustellen, damit wir durch eine Nervenblockade der Okzipitalnerven mit einem örtlichen Betäubungsmittel die Schmerzen ausschalten können. Wenn durch diese Blockade die Schmerzen am Hinterkopf um mehr als 80% zu reduzieren sind, spricht das für die Diagnose eines durch die Reizung der Hinterkopfnerven (Nervi okzipitales) ausgelösten Kopfschmerz.

Therapie der Okzipitalneuralgie

Leider spricht die Occipitalis-Neuralgie auf eine medikamentöse Behandlung oft nicht an.

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Konservative Therapie

Zunächst versuche ich den gesamten Kopf- /Halsbereich manualtherapeutisch zu behandeln und eine gute Funktion aller Bestandteile der Halswirbelsäule einschliesslich des Atlas herzustellen. Dazu kommt eine Überprüfung der Kiefergelenke und der oberen Rippen, sowie der Übergang zur Brustwirbelsäule. Begleitend kann mit Neuraltherapie oder kleinen Injektionen eine bestehende Reizung adressiert werden. Daneben können Eigenübungen oder Anpassungen im Alltag maßgebliche sein.

Bei positivem Ergebnis der Okzipitalnerven Blockaden - die Hinterkopfschmerzen verschwinden innerhalb weniger Minuten- lassen sich wiederholte Nervenblockaden mit Zusatz eines Corticoidpräparates durchführen.

Sowohl Akupunktur als auch Triggerpunktbehandlung können gezielt die Muskelanspannung bei Schmerzen am Hinterkopf reduzieren. Chirotherapie setzen wir an der HWS ausschliesslich mit sanften Techniken ein. Wenn der erhöhte Muskeltonus auf Grund von Fehlhaltung oder als Stressreaktion erhöht ist, kann mit Hilfe einer Biofeedback Behandlung ein gutes Therapieergebnis in der Behandlung von Hinterkopfschmerzen erzielt werden.

Die Infiltration des großen und kleinen Hinterhauptnerven (N. occipitalis major (GON) und minor (LON)) kann eine Therapiemaßnahme bei der Behandlung von schweren Kopfschmerzen sein.

Invasive Therapie

Therapeutisch wird dann eine lokale Nervenblockade empfohlen. Sollte hier kein langanhaltendes Ergebnis in der Reduktion der Hinterkopfschmerzen erreicht werden, bietet sich idealerweise eine Kryoneurolyse der Hinterkopf - Nerven an, die in der Regel zu einer mehrmonatigen bis mehrjährigen Schmerzfreiheit führen. In der Durchführung diese Verfahrens in der Behandlung der Okzipitalisneuralgie verfügen wir über eine mehr als 20 jährige Erfahrung. Wenn Sie einen Spezialisten für die Okzipitalisneuralgie / Hinterkopfschmerzen suchen, sollte er / sie über die Zusatzqualifikation in der speziellen Schmerztherapie verfügen. Auch Neurochirurgen ist die Austestung der Hinterkopfnerven meist geläufig.

Bei starken Beschwerden und einem nachgewiesenen Gefäß-Nerv-Kontakt kann eine mikrochirurgische Operation zur Entlastung des Nerven (Neurolyse) helfen.

Neuromodulation

Die Neuromodulation ist ein seit den 80er Jahren etabliertes therapeutisches Verfahren zur Behandlung schwerer chronischer Schmerzen und Durchblutungsstörungen. Die Neuromodulationstherapie beeinflußt die Weitergabe von Nervenimpulsen. Im Gegensatz zu früheren Verfahren (z.B. Nervendurchtrennungen) handelt es sich um nicht destruktive und reversible Verfahren. Bei der Rückenmarksstimulation werden Elektroden in der Nähe des Rückenmarks plaziert, die schwache elektrische Impulse an die Eintrittsstelle der Nervenwurzeln abgeben. Diese Impulse überlagern die bisherige Schmerzweiterleitung und führen dadurch zur Schmerzreduktion.

Neurovaskuläre Kompressionssyndrome

Neurovaskuläre Kompressionssyndrome sind klinisch gekennzeichnet durch Funktionsstörungen einzelner Hirnnerven. Den Kompressionssyndromen liegt die gleiche pathophysiologische Ursache zugrunde. Im Bereich der Nervenaustritts-/Eintrittszone am Hirnstamm („root entry“/„root exit zone“ [REZ]) kommt es zu einem Kontakt zwischen dem Hirnnerven und einem arteriellen oder, seltener, einem venösen Blutgefäß. An dieser „natürlichen Schwachstelle“, an der zentrales Myelin in peripheres Myelin übergeht, ist der Nerv besonders anfällig für mechanische Irritationen, die dann die Symptomatik hervorrufen.

Bei Verdacht auf ein Nervenkompressionssyndrom sollte immer eine Bildgebung mit der Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. Neben hochauflösenden 3D-T2-gewichteten Sequenzen, wie zum Beispiel der CISS-Sequenz („constructive interference in steady-state“) sollte auch eine 3D-TOF(„time of flight“)-Angiografie durchgeführt werden, um sicher zwischen arterieller und venöser Kompression unterscheiden zu können (Abbildung 1) (1, 2, e1). Außerdem dient die MRT auch dazu, andere Prozesse auszuschließen, die ursächlich für die Symptomatik sein könnten, wie zum Beispiel Tumore oder Aneurysmen.

Trigeminusneuralgie

Die Trigeminusneuralgie ist mit einer Inzidenz von 4-5/100 000 (> 60 Jahre bis 20/100 000) das häufigste neurovaskuläre Kompressionssyndrom (3, 4). Auf der Grundlage dieses Wertes kann man für Deutschland von einer Inzidenz von rund 4 200 ausgehen. Die Schmerzsymptomatik tritt meist streng einseitig für wenige Sekunden bis Minuten auf und geht mit anfallsartig auftretenden, lanzinierenden Schmerzen im Gesicht einher und betrifft zumeist den zweiten oder dritten Nervenast. Die Attacken können spontan auftreten, aber auch durch äußere Reize (unter anderem Kauen, Berührung) getriggert werden. Sie können phasenweise über Wochen oder Monate vorhanden sein. Eine spontane Remission für Monate oder Jahre ist möglich. Im zeitlichen Verlauf kann die Frequenz der Attacken zunehmen und der Schmerz dauerhafter sein (5). Unterschieden werden die klassische (idiopathische) von der symptomatischen Neuralgie, wobei letztere wesentlich seltener auftritt. Der klassischen Trigeminusneuralgie liegt meist ein neurovaskulärer Konflikt zugrunde, der durch die Kompression des Nervus trigeminus an der REZ durch ein Blutgefäß hervorgerufen wird. Häufig komprimiert die obere Kleinhirnarterie den Nervus trigeminus (e2). Die symptomatische Trigeminusneuralgie findet man unter anderem bei Patienten mit Multipler Sklerose, wobei typische Entmarkungsherde im Hirnstamm sichtbar sein können (e3, e4). Außerdem kann sie durch Tumore verursacht werden.

Die primäre Therapie beider Formen der Trigeminusneuralgie ist medikamentös und beruht auf der Gabe von Natriumkanalblockern, die auch in der Epilepsiebehandlung eingesetzt werden. Evidenzbasiert steht die Gabe von Carbamazepin als Mittel der Wahl an erster Stelle der Behandlung (6, 7). Bei der symptomatischen Neuralgie wird, wenn möglich, auch die Grunderkrankung therapiert, zum Beispiel durch Tumoroperation. Bei Versagen der Pharmakotherapie oder bei Nebenwirkungen (zum Beispiel Müdigkeit, Schwindel, kognitive Probleme) können die mikrovaskuläre Dekompression (MVD), perkutane Verfahren (Thermokoagulation, Glyzerinrhizolyse, Ballonkompression des Ganglion Gasseri) oder eine radiochirurgische Behandlung empfohlen werden (e5, e6). Die perkutanen Verfahren sollten unseres Erachtens nur in Betracht gezogen werden, wenn kein neurovaskulärer Konflikt vorliegt, da die MVD bei einem vorliegenden Konflikt einen besseren und längerfristigen Erfolg garantieren kann und mit weniger Komplikationen einhergeht (8-10).

Die MVD nach Jannetta hat als kausale Therapie der klassischen Trigeminusneuralgie die höchste Langzeiterfolgsrate (11). In größeren Fallstudien erreicht die MVD eine Schmerzfreiheit/Schmerzlinderung von 68 % bis über 90 % (12-15, e7-e9). Des Weiteren ist die MVD der radiochirurgischen Behandlung bezüglich der frühen als auch Langzeit-Schmerzfreiheit klar überlegen, wie Metaanalysen zeigen (16, 17). Nach fünf Jahren sind noch weit über 80 % der Patienten nach MVD schmerzfrei. Selbst nach zehn Jahren wird noch von einer Erfolgsrate von über 70 % berichtet (14, 15). Unsere Erfahrungen zeigen bisher vergleichbar gute bis sehr gute Ergebnisse (Tabelle 1) (e10). Eine Altersbeschränkung bezüglich der MVD gibt es nicht, da auch bei älteren Patienten (> 75 Jahre) sehr gute Ergebnisse erzielt werden (e11). Komplikationen der Operation sind selten und schließen das Risiko der Hörminderung/Anakusis und sensible Defizite ein. Im Langzeitverlauf wurde in verschiedenen Studien zum Beispiel eine dauerhafte Beeinträchtigung des Hörnerven von 0,1-3 % angegeben (18). Das Risiko, einen Kleinhirninfarkt zu erleiden, wird in der Mehrzahl der Fallstudien mit unter 1 % angegeben (12, 15, 19). Die Mortalitätsrate liegt im Vergleich verschiedener Studien bei 0,3 % (12, 15, 18).

Zuletzt soll die partielle sensorische Rhizotomie (PSR) erwähnt werden, die aus unserer Sicht eine „ultima ratio“-Therapieoption bei therapierefraktärer Trigeminusneuralgie darstellt. Patienten, die bereits verschiedenste Therapieoptionen ohne dauerhafte Schmerzlinderung durchlaufen haben, können von diesem operativen Eingriff profitieren. Wir hatten unter anderem erfreuliche Ergebnisse bei Patienten mit Multipler Sklerose. Bei der Operation können bis zu 2/3 der sensiblen Fasern des Trigeminusnerven durchtrennt werden (13, e12). Da der erste Trigeminusast wegen der Gefahr der Keratitis neuroparalytica nicht durchtrennt werden darf, kann nur die Neuralgie im 2. und 3. Ast behandelt werden. Im Rahmen der Operationsaufklärung sollte darauf hingewiesen werden, dass nach einer PSR eine Taubheit im entsprechenden Gesichtsbereich auftreten wird, die von unseren Patienten jedoch nicht als störend empfunden wurde. Es besteht ein Risiko, nach PSR brennende Missempfindungen im betroffenen Hautareal (Anästhesia dolorosa) oder Probleme beim Essen/Kauen zu entwickeln (20). Diese negativen Erfahrungen haben wir bisher nicht gemacht. Die Anästhesia dolorosa gilt eher als seltene Komplikation der ablativen Verfahren und ist schwer zu behandeln (6).

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass ein direkter Vergleich der invasiven oder operativen Methoden der Behandlung der Trigeminusneuralgie nicht zufriedenstellend, evidenzbasiert durchgeführt werden kann (21). Eine ausführliche Cochrane Analyse von 2011 belegt diesen Fakt zusätzlich (22).

Hemispasmus facialis

Epidemiologisch ist der Hemispasmus facialis kaum erfasst worden. In einer Studie aus Olmsted County, Minnesota wurde die mittlere jährliche Inzidenz mit 0,81 pro 100 000 bei Frauen und 0,74 pro 100 000 bei Männern angegeben. Die mittlere Prävalenz betrug 11/100 000 Einwohner (23). Damit ist in Deutschland derzeit von etwa 9 000 Erkrankten auszugehen. Der Hemispasmus facialis ist gekennzeichnet durch unwillkürliche tonische und/oder klonische Kontraktionen der Gesichtsmuskulatur, welche streng einseitig auftreten. Typischerweise ist das Platysma mitbetroffen (e13). Die Spasmen können willkürlich nicht unterdrückt werden und persistieren während des Schlafes. Klinisch findet sich das „Babinski 2-Zeichen“ . Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass sich während der Spasmen die Augenbraue hebt, während das Auge geschlossen wird (Abbildung 2). Beim Gesunden lässt sich ein solches Bewegungsmuster nicht reproduzieren (e14). Der Hemispasmus ist in der Regel eine Blickdiagnose, kann allerdings elektrophysiologisch durch die Ableitung einer pathologischen Erregungsausbreitung („lateral spreads“) bestätigt werden (24). Besonders belastend ist, dass die Gesichtsspasmen auch als psychogene Erkrankung verkannt werden (e15). Differenzialdiagnosen zum Hemispasmus facialis sind unter anderem der Blepharospasmus, faciale Dystonien, die tardive Dyskinesie, motorische Tics sowie Synkinesien nach Verletzungen des N. facialis (25, 26, e16, e17).

Die Evidenz der Daten zur Behandlung des Hemispasmus facialis ist gering. Zur medikamentösen Behandlung des Hemispasmus facialis werden vor allem Antikonvulsiva empfohlen, deren Wirksamkeit häufig nicht zufriedenstellend ist. Die Behandlung mit Botulinum-Neurotoxin (BTX) hat sich als Standard in der symptomatischen Therapie etabliert. Die Wirksamkeit von BTX beruht auf der Blockade der kalziumabhängigen Acetylcholinfreisetzung an den Synapsen, woraus eine reversible Lähmung der betroffenen Muskulatur resultiert (e18). Die Injektion erfolgt direkt in die betroffene Muskulatur. Der klinische Effekt setzt nach 3-6 Tagen ein. Die Wirkdauer ist auf etwa drei Monate begrenzt. Transiente Nebenwirkungen treten bei etwa 20 % der Patienten auf. Dazu zählen unter anderem Ptosis, Facialisparese, selten Doppelbilder und Kopfschmerzen (e19).

Die einzige Möglichkeit einer kausalen Therapie ist die MVD. Bei Patienten mit ausgeprägter Symptomatik empfehlen wir eine frühzeitige Operation, da einige unserer Patienten bereits strukturelle Schäden am N. facialis aufwiesen, und die Rückbildung der Spasmen nicht zufriedenstellend war. Größere Studien zeigen sehr gute Erfolgsraten nach Operation mit 85-90 % Spasmusfreiheit (27). Dies deckt sich auch mit unseren Ergebnissen (Tabelle 2). Hauptrisiko der MVD beim Hemispasmus facialis ist eine Hörminderung beziehungsweise Anakusis. In größeren Studien wird eine Rate von 1,5-8 % angegeben (28, 29, e20). Bei unseren Patienten beobachteten wir eine Ertaubungsrate von 3 %. Eine permanente hochgradige Fazialisparese wurde unsererseits im Langzeitverlauf noch nie gesehen. Allerdings konnten auch wir eine verzögerte Fazialisparese innerhalb von 10-14 Tagen nach der Operation bei 7 % unserer Patienten beobachten (30, 31, e20). Möglicherweise spielt hier die Reaktivierung eines Herpes zoster eine Rolle. Die genaue Ätiologie ist noch nicht eindeutig geklärt (31). Erfreulicherweise bildet sich diese Symptomatik meist vollständig zurück. Aktuelle Übersichtsarbeiten mit großen Patientenzahlen geben das Risiko für einen Schlaganfall mit 0,1 % und auch die Mortalitätsrate mit 0,1 % an (27, 32, e21).

Mikrovaskuläre Dekompressionsoperation

Die mikrovaskuläre Dekompression wird an unserer Klinik als endoskopisch-assistierte mikrochirurgische Operation durchgeführt (33). Das bedeutet, dass die wesentlichen operativen Schritte unter dem Operationsmikroskop durchgeführt werden. Das Endoskop wird an bestimmten Punkten der Operation zu Hilfe genommen, um die lokale Anatomie an der REZ besser beurteilen zu können, die vor allem beim Hemispasmus facialis häufig mit dem Mikroskop nicht gut einsehbar ist (Abbildung 3). Ziel der mikrovaskulären Dekompressionsoperation ist die Beseitigung des Gefäß-Nerven-Kontaktes durch Trennung der Strukturen voneinander und das langfristige Verhindern der Neuentstehung einer neurovaskulären Kompression.

Der Eingriff erfolgt unter Allgemeinanästhesie über eine retrosigmoidale Kraniotomie. Obligat ist ein kontinuierliches Neuromonitoring mit Facialis-EMG und akustisch-evozierten Potenzialen (26). So können Alterationen des Nervus facialis oder cochlearis frühzeitig erkannt und darauf reagiert werden. Unter mikroskopischer Sicht wird der Kleinhirnbrückenwinkel freigelegt und der entsprechende Hirnnerv dargestellt. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt die endoskopische Inspektion, die die vaskuläre Kompression hervorragend zeigt (Abbildung 4). Nach Mobilisation des Gefäßes vom betroffenen Nerven wird, um die Distanz zwischen dem komprimierenden Gefäß und Nerven aufrecht zu erhalten, Teflonwatte zwischen diesen Strukturen platziert (Abbildung 4). Manchmal wird das komprimierende Gefäß auch mit einer Teflonschlinge an die harte Hirnhaut genäht (Abbildung 4 d).

(Vagus-)Glossopharyngeusneuralgie

Die (Vagus-)Glossopharyngeusneuralgie ist selten und stellt etwa 0,2-1,3 % aller „Gesichtsschmerz-Syndrome“ (34, e22). Ihre Inzidenz wird mit etwa 0,7/100 000 angegeben (4). Kommt es im Bereich der REZ des N. glossopharyngeus zu einem neurovaskulären Konflikt, kann dies plötzlich auftretende, lanzinierende Schmerzen im Bereich der von den auriculären beziehungsweise pharyngealen Ästen des IX. (Glossoparyngeus) und X. (Vagus) Hirnnerven sensibel versorgten Areale hervorrufen. Der Schmerz ist typischerweise im hinteren Bereich der Zunge, den Tonsillen, dem Pharynx, Larynx sowie dem Mittelohr und dem Kieferwinkel lokalisiert. Die Symptomatik kann durch Trigger (zum Beispiel Schlucken, Kauen) ausgelöst werden. Vereinzelt kann es aufgrund der Vagus-Beteiligung zusätzlich zu Bradycardien, Asystolien, Krämpfen oder synkopalen Episoden kommen (35). Ähnlich der Trigeminusneuralgie kann es Phasen der Remission sowie ein erneutes Auftreten der Symptome geben (36).

Es handelt sich bei der Erkrankung um eine klinische Diagnose. Sie kann erhärtet werden, wenn eine lokale Anästhesie der Rachenregion während des Anfalles eine sofortige Schmerzlinderung bewirkt. Differenzialdiagnostisch kann vor allem die Abgrenzung zur Trigeminusneuralgie schwierig sein, da die betroffenen Areale eng benachbart sind und der Schmerzcharakter ähnlich.

Kopfschmerzen und Nackenschmerzen

Kopfschmerzen und Nackenschmerzen treten häufig gemeinsam auf. Nackenschmerzen mit Kopfschmerzen werden medizinisch als oberes Zervikalsyndrom bezeichnet. Es betrifft vor allem Menschen, die viel Zeit am Computer verbringen. Umgekehrt können Nackenschmerzen als Folge von Kopfschmerzen auftreten. Bei Verspannungen im Nacken kann der Schmerz bis in den Kopf ausstrahlen und Kopfschmerzen verursachen, die den Kopf helmartig bis zur Stirn umfassen. Die verkrampfte Muskulatur drückt auf Nerven, die das Hinterhaupt (Os occipitale) versorgen.

Nackenschmerzen zusammen mit Kopfschmerzen können nach übermäßigem Alkohol- und Nikotingenuss auftreten. Nacken- und Kopfschmerzen sind eher seltene Symptome nach dem übermäßigen Genuss von Alkohol oder Nikotin. Alkohol wirkt entwässernd und mit der Flüssigkeit verliert der Körper auch wichtige Elektrolyte wie Kalium, Kalzium und Magnesium. Der Elektrolytmangel führt zu einer Übersäuerung der Muskulatur, wodurch es zu Kopf- und Nackenschmerzen. Nikotin reizt das Gehirn in Arealen, die für die Schmerzempfindung zuständig sind.

Trigeminusneuralgie

Bei einer Reizung des Trigeminusnervs entstehen meist einseitige Schmerzen, die sich bis hin zu den Augen, den Zähnen und dem Kiefer ziehen. Bei einer Trigeminus-Neuralgie lösen bereits leichte Berührungen des Gesichts wie ein Luftzug oder Kaubewegungen stärkste Gesichtsschmerzen aus. Für eine adäquate Behandlung müssen die Schmerzen einer Trigeminus-Neuralgie diagnostisch von anderen Formen des Kopfschmerzes unterschieden werden.

Bruxismus

Stress gilt als Hauptauslöser für Zähneknirschen, medizinisch als Bruxismus bezeichnet. Schätzungen zufolge leidet jeder Fünfte einmal in seinem Leben an Bruxismus. Das unbewusste Aufeinanderreiben der Zähne kann am Tag oder - häufiger - in der Nacht auftreten. Auf Kiefergelenk und Zähnen lastet dann der bis zu 10-fache Druck, wie er beim Zerkauen von Nahrung entsteht. Durch das Zähneknirschen nehmen nicht nur die Zähne und das Kiefergelenk Schaden.

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