Die Occipitalisneuralgie ist eine Schmerzerkrankung, die sich durch Schmerzen im Bereich des Hinterkopfes und des oberen Nackens äußert. Die Schmerzen werden durch eine Reizung oder Schädigung der Occipitalnerven verursacht, die vom oberen Nacken bis zum Hinterkopf verlaufen. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für die Occipitalisneuralgie, die von Medikamenten bis hin zu invasiven Verfahren reichen.
Ursachen der Occipitalisneuralgie
Im Bereich des Hinterhauptes verlaufen in der Regel drei Nerven: Occipitalis major, Occipitalis minor und Occipitalis tertius. Eine Reizung dieser Nerven kann die Occipitalisneuralgie auslösen. Häufig wird diese Neuralgie durch eine Einengung (Entrapment) aufgrund einer erhöhten Muskelverspannung im Hinterhauptbereich verursacht, da diese Occipitalnerven durch tiefe Muskelschichten hindurch müssen. Auch nach Operationen an der Halswirbelsäule oder nach Schädeloperationen sowie nach Frakturen des Schädels oder der Schädelbasis können die Hinterhauptsnerven durch Narben eingeklemmt werden und den Hinterhauptkopfschmerz auslösen.
Weitere Ursachen können sein:
- Arthrotische Veränderungen an der Halswirbelsäule (Spondylarthrose)
- Verletzungen der Nerven
- Tumoren im Bereich des Nervens
- Infektionen
- Komprimierung des Nervs durch benachbarte Arterien
- Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus
- Gicht
Symptome der Occipitalisneuralgie
Eine Reizung der Nervenstrukturen am Hinterkopf führt zu Schmerzen im Ausbreitungsgebiet dieser Nerven, die jeweils vom Hinterkopf in Richtung Stirn, Schädelseite oder Schläfenbereich führen, je nachdem, welcher der drei Hinterkopfnerven (Okzipitalnerven) betroffen ist. Meistens sind die sogenannten Nervenaustrittspunkte am Hinterkopf sehr druckempfindlich und verstärken die Schmerzen am Hinterhaupt. Gelegentlich führt der Druck auf diese Stellen aber auch zu einer Verminderung der Kopfschmerzen.
Typische Symptome sind:
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- Stechende, ziehende oder brennende Schmerzen im Hinterkopf, oberen Nacken und/oder oberen Kopfbereich
- Anfallsartige Schmerzen, die einige Minuten andauern können
- Druckempfindlichkeit an den Nervenaustrittspunkten am Hinterkopf
- Missempfindungen wie Kribbeln, Jucken oder Taubheit der Kopfhaut
- Schmerzausbreitung bis zur Stirn oder Schläfe
- Verstärkung der Schmerzen bei Kopfbewegungen
Diagnose der Occipitalisneuralgie
Die Diagnose der Okzipitalisneuralgie / Hinterkopfschmerzen wird in der Regel anhand der Anamnese und einer körperlichen Untersuchung gestellt. Wenn wir den Verdacht auf eine entsprechende Ursache der Hinterkopfschmerzen haben, fordern wir die Patienten auf, sich während einer Kopfschmerzattacke am Hinterkopf notfallmäßig in unserer Praxis vorzustellen, damit wir durch eine Nervenblockade der Okzipitalnerven mit einem örtlichen Betäubungsmittel die Schmerzen ausschalten können. Wenn durch diese Blockade die Schmerzen am Hinterkopf um mehr als 80% zu reduzieren sind, spricht das für die Diagnose eines durch die Reizung der Hinterkopfnerven (Nervi okzipitales) ausgelösten Kopfschmerz.
Zusätzlich können bildgebende Verfahren wie MRT oder CT eingesetzt werden, um andere Ursachen für die Kopfschmerzen auszuschließen, wie z.B. Tumore oder Veränderungen der Halswirbelsäule.
Medikamentöse Behandlung
Die primäre Behandlung von Schmerzen jeglicher Art erfolgt pharmakologisch, physikalisch medizinisch oder verhaltenstherapeutisch. Leider spricht die Occipitalis-Neuralgie auf eine medikamentöse Behandlung oft nicht an. Die medikamentöse Therapie der Occipitalisneuralgie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Entzündung der Nerven zu reduzieren. Folgende Medikamente können eingesetzt werden:
- Schmerzmittel: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei leichten bis mittelschweren Schmerzen helfen.
- Muskelrelaxantien: Bei Muskelverspannungen können Muskelrelaxantien wie Tizanidin oder Baclofen eingesetzt werden.
- Antikonvulsiva: Medikamente wie Carbamazepin oder Gabapentin, die eigentlich zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt werden, können auch bei Nervenschmerzen wirksam sein.
- Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin oder Nortriptylin können ebenfalls bei Nervenschmerzen helfen.
Invasive Behandlungsverfahren
Versagen diese konservativen Therapiemaßnahmen, geraten Therapeutinnen und Patientinnen schnell in große Not. Invasive Verfahren dienen zur vorübergehenden oder dauerhaften Ausschaltung oder zur Modulation schmerzauslösender und/oder schmerzleitender Strukturen. Zu den invasiven Verfahren zur Behandlung der Occipitalisneuralgie gehören:
Nervenblockaden
Bei positivem Ergebnis der Okzipitalnerven Blockaden - die Hinterkopfschmerzen verschwinden innerhalb weniger Minuten- lassen sich wiederholte Nervenblockaden mit Zusatz eines Corticoidpräparates durchführen. Eine Nervenblockade ist eine Injektion eines Lokalanästhetikums in die Nähe des betroffenen Nervs, um die Schmerzleitung zu unterbrechen. Bei der Umspritzung von Rückenmarksnerven (Nervenwurzeln im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule) erfolgt die Injektion des Lokalanästhetikums an die Austrittsstelle des Nerven. Hierbei wird durch eine Kanüle ein Betäubungsmittel in die Nähe einer Nervenwurzel injiziert, um die Schmerzleitung zu unterbrechen bzw. die ausstrahlenden Schmerzen zu lindern. Diese Behandlung kann unter Zusatz von Cortison wiederholt werden, um eine Linderung der Nervenreizung zu erzielen.
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Die Infiltration des großen und kleinen Hinterhauptnerven (N. occipitalis major (GON) und minor (LON)) kann eine Therapiemaßnahme bei der Behandlung von schweren Kopfschmerzen sein. Um eine gute Wirkung zu entfalten, sollte die Medikation möglichst nah an den Nerven injiziert werden, natürlich ohne diesen zu verletzen. Eine hervorragende Methode der Injektionskontrolle, gerade wenn es um so kleine und empfindliche Strukturen wie Nervengewebe geht, bietet der Nervenultraschall. Während der Injektion können die ganze Zeit über die genaue Lage der Nadelspitze und der „Zielnerv“ visualisiert werden. Das Medikament kommt dorthin wo es hin soll, die Nadel bleibt fern von Strukturen, wo sie nicht hin soll.
Kryoneurolyse
Sollte durch wiederholte Nervenblockaden kein langanhaltendes Ergebnis in der Reduktion der Hinterkopfschmerzen erreicht werden, bietet sich idealerweise eine Kryoneurolyse der Hinterkopf - Nerven an, die in der Regel zu einer mehrmonatigen bis mehrjährigen Schmerzfreiheit führen. Bei der Kryoneurolyse werden die Nerven durch Kälte gezielt verödet, um die Schmerzleitung zu unterbrechen.
Thermodenervierung
Die Behandlung von Schmerzen in wirbelsäulennahen Gelenken kann mit Hilfe einer Kälte- oder Hitzebehandlung kleinster Nerven im Bereich der Wirbelgelenke komplettiert werden und zu einer längerfristigen Schmerzreduktion führen. Bei der Thermodenervierung werden die Nerven durch Hitze gezielt verödet, um die Schmerzleitung zu unterbrechen.
Neuromodulation
Die Neuromodulation ist ein seit den 80er Jahren etabliertes therapeutisches Verfahren zur Behandlung schwerer chronischer Schmerzen und Durchblutungsstörungen. Die Neuromodulationstherapie beeinflußt die Weitergabe von Nervenimpulsen. Im Gegensatz zu früheren Verfahren (z.B. Nervendurchtrennungen) handelt es sich um nicht destruktive und reversible Verfahren.
Bei der Rückenmarksstimulation werden Elektroden in der Nähe des Rückenmarks plaziert, die schwache elektrische Impulse an die Eintrittsstelle der Nervenwurzeln abgeben. Diese Impulse überlagern die bisherige Schmerzweiterleitung und führen dadurch zur Schmerzreduktion. Ein weiterer Effekt besteht in der Erweiterung von verengten Gefäßen am Herzen und in den Extremitäten (z.B. Indikation zur Neurostimulation: Chronischer Rücken-Beinschmerz, Sympathisch vermittelte Schmerzsyndrome (CRPS, M. Sudeck), Phantomschmerzen, Polyneuropathie (z.B.
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Mikrochirurgische Dekompression
Bei starken Beschwerden und einem nachgewiesenen Gefäß-Nerv-Kontakt kann eine mikrochirurgische Operation zur Entlastung des Nerven (Neurolyse) helfen.
Weitere Behandlungsansätze
Häufig ist zusätzlich eine Behandlung des muskulären Strukturen und der in der Regel bestehenden Blockierungen im atlanto-occipitalen Übergangsbereich und im Bereich der Halswirbelsäule notwendig, um den Druck von den Okzipitlalnerven zu nehmen. Sowohl Akupunktur als auch Triggerpunktbehandlung können gezielt die Muskelanspannung bei Schmerzen am Hinterkopf reduzieren. Chirotherapie setzen wir an der HWS ausschliesslich mit sanften Techniken ein. Wenn der erhöhte Muskeltonus auf Grund von Fehlhaltung oder als Stressreaktion erhöht ist, kann mit Hilfe einer Biofeedback Behandlung ein gutes Therapieergebnis in der Behandlung von Hinterkopfschmerzen erzielt werden.
Weitere Therapieformen:
- Manuelle Therapie: Zur Behandlung von Muskelverspannungen und Blockierungen im Bereich der Halswirbelsäule
- Physiotherapie: Zur Stärkung der Nackenmuskulatur und Verbesserung der Haltung
- Akupunktur: Zur Schmerzlinderung und Entspannung der Muskulatur
- Triggerpunkttherapie: Zur Behandlung von Muskelverhärtungen (Triggerpunkten)
- Biofeedback: Zur Reduktion von Muskelspannung und Stressreaktionen
- Neuraltherapie: Eine regulative Methode, die die Mikrozirkulation in verletztem Gewebe wiederherstellen und so den Selbstheilungsvorgang aktivieren soll.
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, andere Ursachen für Kopfschmerzen auszuschließen, wie z.B.:
- Migräne
- Cluster-Kopfschmerzen
- Spannungskopfschmerzen
- Andere sekundäre Kopfschmerzen, die von Störungen, Verletzungen etc. ausgelöst werden
- Postherpetische Neuralgie
- Bandscheibenvorfälle oder andere Störungen in der oberen Halswirbelsäule
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