Palliative Versorgung nach Schlaganfall: Eine Notwendigkeit für eine umfassende Schlaganfallmedizin

Die Fortschritte in der Schlaganfalldiagnostik und Akutbehandlung haben dazu geführt, dass viele Patienten vor dem Tod oder einer dauerhaften Behinderung bewahrt werden konnten. Es ist jedoch wichtig, patientenorientierte Behandlungsziele zu definieren und umzusetzen, insbesondere bei schwerstbetroffenen Patienten. Die palliativmedizinische Betreuung von schwer betroffenen Patienten im Krankenhaus muss als Therapieziel und Kernkompetenz einer fortschrittlichen Schlaganfallmedizin anerkannt werden.

Die Notwendigkeit einer patientenorientierten Versorgungsqualität

Mit der Diskussion über die Sterblichkeitsrate als vermeintlich aussagekräftigem Schlüsselindikator für die Qualität der stationären Behandlung wird der Öffentlichkeit ein Parameter für gute oder schlechte Behandlung suggeriert. Dies könnte Anreize für eine Behandlungskultur setzen, in der Fehlindikationen für lebensverlängernde Therapien bei schwerstbetroffenen Schlaganfallpatienten gestellt werden und diese nicht mehr ihrem erklärten oder mutmaßlichen Willen entsprechend palliativmedizinisch begleitet im Krankenhaus sterben dürfen.

Vor dem Hintergrund dieser drohenden Fehlentwicklung ist es notwendig, den Qualitätsbegriff in der Schlaganfallmedizin aus verschiedenen Perspektiven kritisch zu beleuchten und eine patientenorientierte Versorgungsqualität zu definieren. Diese Qualität ergänzt die Ergebnisqualität der Akutphase durch eine kompetente Palliativmedizin für diejenigen Patienten, die von der zunächst initiierten lebenserhaltenden und behinderungsreduzierenden Therapie nicht profitieren. Sie impliziert auch eine engagierte Sterbebegleitung für schwerbetroffene Schlaganfallpatienten im Krankenhaus. Damit würde ein kombinierter Qualitätsindikator für eine vertrauenswürdige Schlaganfallmedizin geschaffen.

Fortschritte in der Schlaganfallversorgung

Mit der Etablierung und flächendeckenden Verbreitung von zertifizierten Stroke Units wurde in Deutschland eine qualitativ hochwertige und evidenzbasierte Krankenversorgung umgesetzt, die das funktionelle Outcome von Schlaganfallpatienten mit einer Senkung von schweren Verläufen drastisch verbessert hat. Moderne neuroradiologische Diagnostik, kardiologische Untersuchungen und labordiagnostische Abklärung tragen dazu bei, die Pathogenese des Schlaganfalls im Einzelfall zu erfassen und somit eine zielgerichtete Sekundärprophylaxe einzuleiten.

Die systemische Thrombolyse-Behandlung des ischämischen Insultes ist seit 1995 fest etabliert. Diese medikamentöse Behandlung wird durch kathetergestützte mechanische Thrombektomie-Verfahren ergänzt, die bei frühzeitiger Anwendung durch die Rekanalisation verschlossener hirnversorgender Gefäße mit eindrucksvollen Ergebnissen selbst bei initial schwerstbetroffenen Schlaganfallpatienten zu sehr guten funktionellen Ergebnissen führen. Aufgrund neuester Studienergebnisse wird diese Methode jetzt als evidenzbasierte Behandlung in einer zunehmenden Anzahl von Schlaganfallzentren angeboten und erfolgreich angewendet. Von diesen Entwicklungen profitieren auch und insbesondere ältere Patienten. Wissenschaftlich fundierte und hochspezialisierte Konzepte in der Rehabilitationsbehandlung - insbesondere im Bereich der neurologischen Frührehabilitation und geriatrischen Komplextherapie - haben in den letzten Jahren ebenfalls maßgeblich dazu beigetragen, dass viele Schlaganfallpatienten wieder in ihr häusliches und berufliches Umfeld zurückfinden.

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Die Rolle der Palliativmedizin bei Schlaganfall

Idealerweise steht beim Schlaganfall die kurative Therapie mit dem Ziel einer vollständigen Genesung oder einer möglichst gering ausgeprägten Behinderung mit erhaltener Selbstständigkeit im Vordergrund. Dieses ärztliche Bestreben sollte unter Ausschöpfung der genannten modernen Diagnostik- und Therapieoptionen unbedingt umgesetzt werden. Komplizierter wird es, wenn sich im Verlauf der Krankenhausbehandlung eine ungünstige Prognose mit bleibender schwerer Behinderung abzeichnet. Epidemiologische Zahlen belegen eine Gesamtsterblichkeit von 30 Prozent im ersten Jahr nach einem Schlaganfall. Daher ist bei einer erheblichen Zahl von Betroffenen eine Entscheidung notwendig, ob die kurative beziehungsweise rehabilitative Therapie fortgesetzt wird oder eine Palliativbehandlung indiziert ist. Wichtig ist, dass in solchen Situationen überhaupt ein ärztliches Bewusstsein für die Notwendigkeit einer kritischen Indikationsstellung und Therapieentscheidung vorhanden ist.

Bei der modernen Schlaganfallversorgung ist die ungünstige oder infauste Prognose schwer definierbar, weil viele vitalbedrohliche Situationen intensivmedizinisch gut beherrscht werden und so auch massiv betroffene Patienten zunächst am Leben bleiben. Eine am Patienten orientierte prognostische Einschätzung muss sich deshalb am Ausmaß der zu erwartenden bleibenden Behinderung und somit an der prospektiven Lebensqualität orientieren und nicht am bloßen Mortalitätsrisiko. Mit dieser Sichtweise kann eine ungünstige Prognose in verschiedenen Phasen und unter individuellen Rahmenbedingungen erkennbar werden. Folgende klinische Konstellationen gehen mit einer ungünstigen Prognose einher - das heißt, die Patienten sind vital bedroht oder können nur mit schweren neurologischen Defiziten überleben:

  • ausgedehnte Hirnstamminfarkte
  • raumfordernde Mediainfarkte
  • multilokuläre große Hirninfarkte
  • große und/oder multilokuläre intracerebrale Blutungen
  • massive Subarachnoidalblutungen
  • schwere Begleiterkrankungen
  • hohes Lebensalter

Im Einzelfall kann es sehr schwierig sein, eine Prognose über bleibende Behinderungen zu treffen.

Herausforderungen bei der Entscheidung für palliative Therapie

Bei Patienten, bei denen die modernen Therapiemaßnahmen (etwa Thrombolyse, Thrombektomie, Entlastungsdekompression) aufgrund von Kontraindikationen, überschrittenem Zeitfenster oder Multimorbidität primär nicht durchgeführt werden können und schwere neurologische Defizite bestehen, wird die Entscheidung für ein palliatives Therapieziel im Allgemeinen als einleuchtend und folgerichtig empfunden.

Wenn die genannten Interventionen zum Einsatz kommen, aber hinsichtlich des klinischen Befundes erfolglos bleiben und sich ein Verlauf mit bleibenden schweren Behinderungen abzeichnet, kann die Entscheidung für ein palliatives Therapieziel intuitiv weitaus schwerer fallen. Grund dafür ist, dass es sich um eine „Kursänderung“ von maximal kurativer Therapie zu palliativem Vorgehen handelt, die von Ärzten und Angehörigen zuweilen als Versagen oder Scheitern betrachtet wird. In solchen Situationen wird unter Umständen an der unreflektierten Perpetuierung des kurativen Ansatzes einschließlich intensivmedizinischer Behandlung festgehalten. Die Therapie droht zum Selbstläufer zu werden - nach der Devise „jetzt nur nicht aufgeben“.

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Die vor kurzem publizierte Destiny-II-Studie hat gezeigt, dass ältere Patienten mit malignem Mediainfarkt nach Hemikraniektomie weitaus häufiger überleben als nach konservativer Behandlung, allerdings meist mit bleibender schwerer Behinderung. In einer aktuellen Diskussion über „Pro und Contra“ der Hemikraniektomie bei älteren Menschen wurde die Meinung vertreten, dass der Tod grundsätzlich als „schlechtes klinisches Ergebnis“ beim schweren Schlaganfall zu werten sei; eine Auffassung, die aus medizinethischer und juristischer Sicht nicht ohne weiteres haltbar ist.

Palliativmedizin bedeutet in diesem Kontext keine „Kapitulation“, sondern bestmögliche Behandlung im Sinne des Patienten, wenn kurative oder rehabilitative Ziele nicht mehr erreichbar sind. Auch wenn der Tod nicht unmittelbar bevorsteht, kann Palliativbehandlung in der Schlaganfallmedizin indiziert sein.

Andererseits besteht in der Akutphase des schweren Schlaganfalls auch die Gefahr, dass die Prognose zu pessimistisch gesehen und insbesondere das Rehabilitationspotenzial unterschätzt wird; dies kann zur Entwicklung einer self fulfilling prophecy und einer therapeutischen Abwärtsspirale führen. Die ärztliche Verantwortung ist in solchen Entscheidungssituationen mit einem unauflösbaren Dilemma behaftet. Bei wirklich unklarer Prognose ist es in der Frühphase des schweren Insultes medizinisch richtig und ethisch absolut legitim, kurative Behandlungsmaßnahmen konsequent einzusetzen und fortzuführen.

Palliativmedizinische Kompetenzen für Neurologen

Jeder Neurologe, der Patienten mit Schlaganfall betreut, muss über palliativmedizinische Kernkompetenzen verfügen und benötigt nicht sofort den palliativmedizinischen Spezialisten. Die American Heart Association hat hierzu eine ausführliche palliativmedizinische Leitlinie konsentiert. So wie in der Onkologie inzwischen Standard, schließt der palliativmedizinische Ansatz das kausaltherapeutische Vorgehen keineswegs aus; den Patienten wird also nichts „vorenthalten“, was medizinisch sinnvoll sein könnte. Palliativmedizinisches Denken bedeutet jedoch, vor Einleiten, aber auch Fortführen jeder weiteren (intensiv)medizinischen Maßnahme, nach dem realistisch zu erreichenden Therapieziel, der daraus abgeleiteten medizinischen Indikation und natürlich dem Patientenwillen zu fragen und diesem zu entsprechen.

Das erfordert ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit der eigenen Tätigkeit, gefolgt von hoher Kommunikationsfähigkeit, um diese entscheidenden Fragen mit allen Betroffenen, Patienten, Angehörigen und Kollegen besprechen zu können. Therapieentscheidungen unter Berücksichtigung eventuell vorliegender Patientenverfügungen oder Vorsorgevollmachten festzulegen und kompetent umzusetzen, gehört genauso zum palliativmedizinischen Ansatz wie optimale Symptomkontrolle und schließlich auch eine optimale Begleitung von Patient und Angehörigen in der Sterbephase. Die palliativmedizinische Versorgung sollte bereits auf der Stroke Unit eingeleitet und nicht an weiterversorgende Einheiten delegiert werden. Für besonders komplexe palliativmedizinische Konstellationen sollte jede Schlaganfallstation auch spezialisierte palliativmedizinische Expertise vorhalten können, zumindest in Form eines entsprechenden Konsiliardienstes.

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Die kürzlich vorgelegte S3-Leitlinie für Patienten mit einer nicht heilbaren Tumorerkrankung hat zehn palliativmedizinisch relevante Qualitätsindikatoren formuliert und konsentiert. Von diesen wären die meisten auch auf Patienten mit schwerem Schlaganfall übertragbar, da sie sich zumeist patientenbezogen auf Symptomerkennung und -therapie konzentrieren und Qualitätsindikatoren für die Sterbephase definieren. Allerdings ist die Wahrnehmung palliativer Bedürfnisse bei schwer betroffenen Schlaganfallpatienten durch die oft stark eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit erschwert, so dass Leidenszustände nicht immer auf Anhieb erkennbar sind.

Fehlanreize durch Vergütungssysteme

Zunehmend wird seit Jahren eine niedrige Mortalitätsrate beim Schlaganfall als ergebnisorientierter Qualitätsindikator angepriesen; dabei wird das Überleben grundsätzlich als glücklicher Ausgang und als Ergebnis einer guten medizinischen Versorgungsqualität propagiert, unabhängig davon, welches Ausmaß an Behinderung und welche tatsächliche Lebensqualität dem Patienten nach Ausschöpfung aller Maßnahmen verbleibt. In dieser Logik wird das Sterben als unglückliches Ende gewertet, welches zumindest einer Rechtfertigung bedarf („Wie konnte es dazu kommen?“).

Dies wäre prinzipiell nicht verwerflich, wenn es darum ginge, unerwartete letale Verläufe bei Schlaganfallpatienten zu hinterfragen, die ohne tödliche Komplikation eine Chance auf eine Erholung mit guter Lebensqualität gehabt hätten. Suboptimale oder gar fehlerhafte Abläufe in der Krankenversorgung aufzudecken, selbstkritisch zu diskutieren und künftig zu vermeiden, sind sicher erstrebenswerte Ziele. Allerdings fordert die primäre und isolierte Betrachtung der Mortalitätsrate als Qualitätsindikator die behandelnden Ärzte gerade dazu auf, dem Überleben von Schlaganfallpatienten grundsätzlich die höchste Priorität einzuräumen und sämtliche Entscheidungen danach auszurichten, da ein Zulassen des Sterbens qualitätsabträglich erschiene. Der in diesem Szenario generierten Überlebensrate wird gewissermaßen die Rolle des Qualitätsstandards und -indikators zugewiesen; lebenserhaltende und vermeintlich kurative Therapie wird so zum exklusiven und übergeordneten Prinzip. Palliativmedizin mit Sterbebegleitung im Krankenhaus wird zur negativen „Qualitätsauffälligkeit“, die einer Rechtfertigung in einem Peer-Review-Verfahren bedarf.

Unter solchen Bedingungen kann unreflektierte kurative Therapie beim Schlaganfall eine Eigendynamik entwickeln, die durch finanzielle Fehlanreize des gegenwärtigen Vergütungssystems begünstigt wird. Unnötig lange Aufenthalte auf der Stroke Unit oder gar intensivmedizinische Behandlungen mit Beatmung von schwer betroffenen Schlaganfallpatienten, die keine Chance haben, eine für sie akzeptable Lebensqualität wiederzuerlangen, können die Folge sein. Eine niedrige Mortalitätsrate in der Statistik soll dann den Anschein einer guten Versorgungsqualität erwecken; die behandelnden Ärzte haben dann das Gefühl, für den Patienten „alles getan zu haben“ und gleichzeitig die Gewissheit, im ökonomischen Interesse des Krankenhauses gehandelt zu haben. Es wäre moralisch inakzeptabel und ein Vertrauensbruch gegenüber den Patienten, wenn sich im Rahmen der jetzt angesagten Qualitätsoffensive unter den Leistungsanbietern in der Schlaganfallmedizin auf dieser Basis ein Wettbewerb entwickeln würde.

Die Grenzen der Risikoadjustierung

Zwar sollen durch eine statistische Risikoadjustierung sterblichkeitsbehaftete Faktoren wie Alter, Geschlecht und Komorbidität der Patienten bei der „Kalkulation“ des Qualitätsmerkmals „Sterblichkeit“ berücksichtigt werden. Allerdings ist eine statistische Risikoadjustierung nicht in der Lage, vermeintlich bessere Sterblichkeitszahlen durch inadäquate Behandlungskultur aufzudecken. Schwerstbetroffene Schlaganfallpatienten, die einer palliativmedizinischen Behandlung im Krankenhaus bedürfen, lassen sich nicht risikoadjustieren; Patienten im jungen oder mittleren Lebensalter mit extrem schlechter Prognose oder Patienten, die mit Beatmung auf Intensivstation am Leben erhalten werden, sind in der Logik der Risikoadjustierung nicht berücksichtigt. Denn bei der Entscheidung für ein palliatives Therapieziel spielen individuelle Faktoren eine entscheidende Rolle.

Palliativpflege: Umfassende Betreuung in der letzten Lebensphase

Palliative Care stellt Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener, unheilbarer Erkrankung sowie deren Angehörige in den Mittelpunkt. Das Palliative Care Team wird von einem Facharzt für Innere Medizin mit spezialisierter Ausbildung in Palliativmedizin geleitet. Das Team ermöglicht eine umfassende und ganzheitliche Betreuung und unterstützt Patienten und deren Angehörige in der letzten Phase einer schweren Erkrankung. Die Leistungen umfassen:

  • Schmerztherapie
  • Behandlung von erkrankungsbedingten Symptomen
  • Fortsetzung einer begonnenen onkologischen Behandlung
  • Palliativpflege
  • Wundbehandlung
  • Psychologische Beratung und Betreuung
  • Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Lebensqualität

Erkrankte, die nach langer Behandlung in einem vertrauten Umfeld mit Ärzten und Schwestern verbleiben möchten, können so auch in dieser Phase ihrer Erkrankung optimal betreut werden. Die enge Verbindung von stationärer Behandlung durch das Palliativteam zur ambulanten Weiterbetreuung dieser Patienten in ihrem häuslichen Umfeld berücksichtigt alle Belange und wird intensiv gestaltet, was für die Betroffenen ein großer Gewinn ist.

Der Fachbereich Hämatologie und Internistische Onkologie wurde erstmals 2018 von der European Society for Medical Oncology (ESMO) als ausgewiesenes Zentrum für ganzheitliche Onkologie und Palliativmedizin zertifiziert und ausgezeichnet.

Die Grundlagen der Palliativpflege

Palliativpflege begleitet Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen in ihrer letzten Lebensphase. Ziel ist es, Schmerzen zu lindern, Lebensqualität zu bewahren und persönliche Wünsche zu berücksichtigen. Die moderne Palliativpflege geht auf Cicely Saunders zurück, die 1967 das erste moderne Hospiz in London gründete. Ihr Konzept legte den Grundstein für Palliative Care weltweit. In Deutschland sorgen Expertenstandards seit 2004 für Qualität.

Die Palliativpflege verfolgt das Ziel, die Lebensqualität schwer kranker Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu verbessern. Im Mittelpunkt stehen die Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen, der Erhalt von Selbstbestimmung und Würde sowie eine individuelle, an den Wünschen des Patienten orientierte Betreuung.

Palliativmedizin vs. Palliativpflege

Palliativmedizin behandelt vor allem medizinische Aspekte wie Schmerztherapie. Palliativpflege übernimmt die pflegerische Versorgung und berücksichtigt individuelle Bedürfnisse. Gemeinsam bieten sie eine ganzheitliche Betreuung, die medizinische, pflegerische und psychosoziale Unterstützung vereint.

Entscheidungen am Lebensende

Palliativpflege kommt zum Einsatz, wenn ein Patient an einer unheilbaren, fortschreitenden Erkrankung leidet und keine Aussicht mehr auf Heilung besteht. Nicht immer ist es möglich, frühzeitig über Wünsche am Lebensende zu sprechen. Wenn der Betroffene sich noch äußern kann, sollten seine Vorstellungen in die Versorgung einfließen. Solche Fragen lassen sich nur gemeinsam klären - im Austausch mit Pflegekräften, Ärzten, Familie oder einem rechtlichen Betreuer.

Es ist wichtig, mit den Liebsten auch in guten Zeiten im Austausch zu bleiben, sich gemeinsam und frühzeitig wichtigen Vorsorgedokumenten zu widmen und bewusst über die individuellen Wünsche zu sprechen. Dies gibt Sicherheit in der akuten Situation, welche viel Kraft fordern wird. Es ist ratsam, sich über die Bedeutung von lebensverlängernden Maßnahmen und intensivmedizinischer Behandlung zu informieren und zu bedenken, dass sich Wünsche und Bedürfnisse auch im Laufe der Jahre noch verändern können.

Organisationsformen der Palliativpflege

Palliativpflege kann auf verschiedene Weise organisiert werden - abhängig von Krankheitsverlauf, individueller Situation und Wunsch des Patienten. Viele schwerkranke Menschen wünschen sich, die letzte Lebensphase im vertrauten Umfeld zu verbringen. In vielen Regionen werden mittlerweile ,,Letzte Hilfe Kurse“ angeboten. Die Kurse helfen dabei, einen guten Umgang mit der Situation zu schaffen. Die Teilnehmer lernen, wie sie die letzte Zeit einer sterbenden Person so angenehm wie möglich machen. Neben praktischen Hilfen geht es in den Kursen auch um Vorsorgedokumente und Trauerbewältigung. Die Kurse richten sich nicht nur an Betroffene mit schwerkranken Angehörigen, sondern an alle Menschen, die sich mit den Themen Vorsorge, Tod und Abschiednehmen auseinandersetzen möchten. Es gibt zudem spezielle Kurse für Kinder und Jugendliche.

Wenn eine besonders intensive Betreuung erforderlich ist, kommt die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) zum Einsatz. Seit 2007 haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf SAPV (§ 37b SGB V). Die Verordnung erfolgt durch einen Arzt und muss vorab von der Krankenkasse genehmigt werden. Die Leistungen sind für die Patienten kostenlos.

Stationäre Palliativpflege kommt infrage, wenn eine Versorgung zuhause nicht möglich ist. Ein Kinderhospiz ist eine spezialisierte Einrichtung, die unheilbar kranken Kindern und ihren Familien Unterstützung, Pflege und Begleitung bietet.

Sowohl Hospize als auch Palliativstationen bieten spezialisierte Betreuung am Lebensende. Eine Palliativstation ist Teil eines Krankenhauses, medizinisch ausgerichtet, mit dem Ziel, akute Symptome zu stabilisieren. Der Aufenthalt ist meist zeitlich begrenzt. Ein Hospiz ist eine eigenständige Einrichtung für Menschen in der letzten Lebensphase, mit wohnlicher Atmosphäre und ganzheitlicher Begleitung bis zum Lebensende. Beide Versorgungsformen arbeiten multiprofessionell, entlasten Angehörige und bieten emotionale wie medizinische Unterstützung.

Palliative Therapien und ihre Anwendung

Palliative Therapien sollen Betroffenen den Alltag erleichtern: Sie lindern Schmerzen, Atemnot oder Übelkeit und geben mehr Lebensqualität. Auch bei einer fortgeschrittenen Demenz kann Palliativpflege eine große Entlastung sein - sowohl für die Erkrankten als auch für ihre Angehörigen.

Bei einer palliativen Chemotherapie stehen nicht Heilung oder Tumorentfernung im Vordergrund, sondern die Linderung von Beschwerden und die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs. Eine palliative Chemotherapie kann Schmerzen lindern, Metastasen verkleinern und das Tumorwachstum bremsen. Da Nebenwirkungen die Lebensqualität beeinträchtigen können, sollten Nutzen und Risiken stets individuell und sorgfältig mit den behandelnden Ärzten abgewogen werden.

Finanzierung der Palliativpflege

Die Kosten für Palliativpflege werden in vielen Fällen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen - sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Kostenfrei sind außerdem Beratungsangebote und die psychosoziale Begleitung durch ambulante Hospizdienste. Liegt außerdem eine Pflegebedürftigkeit nach Sozialgesetzbuch Elf (SGB XI) vor, stehen Personen mit anerkanntem Pflegegrad auch Leistungen aus der Pflegekasse für die ambulante Palliativpflege zu.

Der Aufenthalt auf einer Palliativstation im Krankenhaus wird vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen (SGB V). Zusätzlich übernimmt die Pflegekasse Leistungen, die sich aus dem anerkannten Pflegegrad ergeben. Der Bewohner trägt - wie bei regulärer Heimunterbringung - lediglich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung.

Der Aufenthalt in einem stationären Hospiz ist für gesetzlich Versicherte ebenfalls kostenfrei. Die Finanzierung erfolgt zu 95 Prozent über die Krankenkasse - fünf Prozent müssen durch Spenden gedeckt werden.

Pflegegeld ist eine Geldleistung der Pflegeversicherung, die Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 erhalten, wenn sie zu Hause von Angehörigen, Freunden oder Bekannten betreut werden. Es soll helfen, die häusliche Pflege finanziell zu unterstützen und kann frei verwendet werden.

Palliativpatient und Pflegegrad

Ein Palliativpatient erhält nicht automatisch einen bestimmten Pflegegrad. Der Pflegegrad bei einem Palliativpatienten kann völlig unterschiedlich sein, da er davon abhängt wie viel Unterstützung der Betroffene im Alltag benötigt. Auf eine Palliativstation werden Patienten aufgenommen, die an einer unheilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden und deren Symptome - etwa starke Schmerzen, Atemnot oder schwere Übelkeit - ambulant nicht mehr ausreichend behandelt werden können. Die Krankenkasse bezahlt den Aufenthalt so lange, wie es medizinisch nötig ist und vom Arzt verordnet wurde. Es ist üblich, dass die Krankenkassen regelmäßig überprüfen, ob der Aufenthalt auf der Palliativstation noch medizinisch notwendig ist.

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