Wer mit Alzheimer oder einer anderen Demenzform lebt, hat oft nicht nur mit Gedächtnisproblemen zu kämpfen, sondern auch mit einem nachlassenden Geschmackssinn und einem verminderten Gefühl von Hunger und Durst. Um körperliche Schwäche und eine ernährungsbedingte Verschlechterung der Demenz zu vermeiden, ist eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr essenziell. Feste Essenszeiten können dabei eine wertvolle Unterstützung bieten.
Gesunde Ernährung als Basis
Im Alter sinkt der Energiebedarf in der Regel auf etwa 1.700 bis 1.900 Kalorien pro Tag. Der Bedarf an wichtigen Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Vitaminen, Fetten und Eiweiß bleibt jedoch unverändert hoch. Daher ist es auch bei Menschen mit Demenz wichtig, auf eine möglichst abwechslungsreiche Ernährung zu achten. Empfehlenswert sind beispielsweise Brot, Kartoffeln, Reis, Obst und Gemüse, Fisch, etwas Fleisch, Eier, Joghurt, Milch oder Käse. Gelegentlich darf es auch ein Glas Wein oder Bier sein. Reichhaltige Obstsäfte können die Ernährung zwischen den Mahlzeiten ergänzen. Bei Unruhe, Anspannung oder starkem Umherwandern ist der Energiebedarf erhöht, sodass die Speisen beispielsweise durch Sahne in der Bratensoße oder fetthaltigen Käse angereichert werden können.
Verlockende Zubereitungsmethoden
Viele Menschen mit Demenz verlieren das Interesse am Essen, selbst an ihren Lieblingsgerichten, und entwickeln eine Vorliebe für Süßes. Dies liegt daran, dass ihr Geschmackssinn abstumpft und sie andere Geschmacksrichtungen als süß immer schlechter wahrnehmen. Bewegung, wie regelmäßige Spaziergänge vor dem Essen, kann den Appetit anregen. Auch die Zubereitungsart spielt eine wichtige Rolle: Die Beteiligung an der Nahrungszubereitung, selbst wenn es nur das Schnippeln von Obst oder Gemüse ist, kann durch die entstehenden Düfte den Appetit steigern.
Speisen sollten intensiver gewürzt und gegebenenfalls mit aromatischen Ölen und Fetten angereichert werden. Oftmals wird deftige Hausmannskost, die aus der Kindheit bekannt ist, besser angenommen als internationale Küche. Die Vorliebe für Süßes kann beim Kochen berücksichtigt werden, ohne ausschließlich Milchreis und Pudding anzubieten. Es gilt, auszuprobieren, wie herzhafte Gerichte bei Bedarf nachgesüßt werden können - eine Prise Zucker über dem Kartoffelbrei oder ein Löffel Honig im Möhreneintopf können Wunder wirken. Auch Salate schmecken oft besser mit sahnigen oder süßlichen Dressings anstelle von sauren Essigdressings. Das Süßen von Mahlzeiten, wie Schokopudding zum Gulasch, sollte akzeptiert werden, wenn es den Appetit fördert.
Appetitanregende Darreichungsformen
Das Auge isst mit: Bei Schluckbeschwerden sollte pürierte Kost ansprechend angerichtet werden, indem die einzelnen Bestandteile wie Fleisch, Kartoffeln, Brokkoli und Karotten separat auf dem Teller präsentiert werden. Die Erkennbarkeit der Speisen durch ihre Farben kann ebenfalls hilfreich sein. Kleine, hübsch angerichtete Portionen animieren eher zum Probieren und Essen als überladene Teller.
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Geselligkeit beim Essen
Ob Menschen mit Demenz lieber in Gesellschaft oder alleine essen, hängt von der Schwere der Demenz und ihrer Persönlichkeit ab. Gesellige Personen genießen es oft bis in spätere Stadien der Demenz, gemeinsam mit anderen zu essen und eventuell Restaurant- oder Café-Besuche zu unternehmen. Introvertierte Personen und Menschen mit fortgeschrittener Demenz können durch Umgebungsgeräusche gestresst werden und sollten ihre Mahlzeiten ungestört in ruhiger Umgebung einnehmen. Es gibt kein Patentrezept, daher ist es wichtig, durch Beobachtung und Ausprobieren herauszufinden, was den Appetit anregt oder ablenkt, und die Erkenntnisse regelmäßig zu überprüfen.
Kleine Appetitanreger
Kleine Schälchen mit Obst-, Gemüse- oder Schokoladenstückchen, die in der Wohnung verteilt werden, können dazu verführen, zusätzlich zu den Mahlzeiten Vitamine und Nährstoffe zu sich zu nehmen.
Feste Essenszeiten
Um zu verhindern, dass Menschen mit Demenz das Essen vergessen, sind feste Essenszeiten wichtig. Ein Stundenplan mit den Zeiten für Frühstück, Mittagessen und Abendbrot kann helfen, den Tag zu strukturieren. Unterstützung von außen, wie regelmäßige Anrufe von Kindern oder Freunden zur Erinnerung an die Mahlzeiten, kann ebenfalls motivierend sein. "Essen auf Rädern" oder ein "Fahrbarer Mittagstisch" kann für zusätzliche Regelmäßigkeit sorgen. Wenn das Alleine-Essen keinen Spaß macht, kann ein ehrenamtlicher Besuchsdienst angefragt werden, der gelegentlich gemeinsam isst.
Ausreichend trinken
Ausreichendes Trinken ist für jeden Menschen wichtig, besonders aber für Menschen mit Demenz, die oft ein vermindertes Durstgefühl haben. Mindestens 1,5 Liter täglich sollten getrunken werden, was etwa acht großen oder zehn kleinen Tassen Wasser, Saft oder Tee entspricht. Flaschen mit Getränken sollten an verschiedenen Stellen in der Wohnung platziert werden, um zum Trinken zu animieren. Süßere oder buntere Getränke wie Früchte- und Kräutertees, Saftschorlen oder Malzbier können attraktiver sein als farbloses Wasser.
Nahrungsverweigerung
Im Verlauf einer Demenz kann es aus verschiedenen Gründen zur Nahrungsverweigerung kommen. Zahnschmerzen, schlecht sitzende Zahnprothesen oder Entzündungen im Mund-Rachen-Raum können dazu führen, dass das Essen abgelehnt wird. Auch Schluckstörungen, die durch ein verlangsamtes Schließen des Kehldeckels entstehen, können Angst vor dem Ersticken auslösen und zur Nahrungsverweigerung führen. In solchen Fällen sollte eine logopädische Behandlung in Betracht gezogen werden.
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Weitere Ursachen für Nahrungsverweigerung können Depressionen sein. Es ist wichtig, Betroffene niemals zum Essen zu zwingen, sondern ihnen Lebensmittel und Getränke immer wieder ohne Druck anzubieten. Die Entscheidung für oder gegen eine künstliche Ernährung, wie eine PEG-Magensonde, sollte individuell und unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Betroffenen getroffen werden.
Individuelle Tischkultur
In fortgeschrittenen Stadien der Demenz können Betroffene möglicherweise nicht mehr mit Messer und Gabel umgehen und essen mit den Händen. In solchen Fällen sollte Fingerfood angeboten werden. Es sollte nur das Besteck aufgedeckt werden, das für die jeweilige Mahlzeit benötigt wird, und es sollte immer nur ein Teller mit Essen auf dem Tisch stehen, um Überforderung zu vermeiden. Unterstützung beim Essen sollte behutsam und unter vorheriger Ankündigung erfolgen.
Horten von Nahrungsmitteln
Manche Menschen mit Demenz horten Essen für Notzeiten. Anstatt dies zu unterbinden, kann man versuchen, das Sammeln zu kontrollieren, indem man eine Absprache trifft, die es erlaubt zu horten, aber einmal in der Woche gemeinsam die Lebensmittel auf ihre Genießbarkeit hin kontrolliert. Dabei ist es wichtig, Verdorbenes durch Frisches zu ersetzen.
Brainfood: Ernährung zur Unterstützung der Gehirnfunktion
Eine gesunde Ernährung kann das Gehirn unterstützen und sogar das Risiko für Alzheimer reduzieren. Nüsse, Haferflocken, Beeren und Kichererbsen liefern B-Vitamine, Flavonoide und Eiweiß. Das Gehirn verbraucht ein Fünftel unserer Energie, daher ist es wichtig, es ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen.
Die wichtigsten Nährstoffe für das Gehirn
- Wasser: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell für die Funktion der Gehirnzellen.
- Glukose: Das Gehirn benötigt 120 bis 140 Gramm Glukose pro Tag, um ausreichend mit Energie versorgt zu werden.
- Haferflocken: Sie lassen den Blutzuckerspiegel langsam steigen und beugen Nervosität, Stress und Konzentrationsproblemen vor.
- Nüsse: Sie sind reich an ungesättigten Fettsäuren und B-Vitaminen. Walnüsse liefern zusätzlich Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß und die Vitamine B1, B2, B6 und E.
- Eiweiß: Aminosäuren aus Eiweiß, zum Beispiel aus Eiern, Quark oder Kichererbsen, sind wichtig für den Informationsaustausch im Gehirn.
- Fisch: Omega-3-Fettsäuren aus Fisch wirken entzündungshemmend und halten die Wände unserer Zellen geschmeidig.
- Beeren: Sie sind reich an Antioxidantien, die unsere grauen Zellen vor Stress schützen.
Die Rolle des Darm-Mikrobioms
Die Wirkung von Nahrungsmitteln auf die Gehirngesundheit wird maßgeblich über das Darm-Mikrobiom vermittelt. Die Darmbakterien verarbeiten Nahrungsreste und produzieren Stoffwechselprodukte, die direkt ins Gehirn gelangen oder den Vagusnerv beeinflussen.
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Ernährungsempfehlungen zur Risikoreduktion
Auch wenn einzelne Lebensmittel die Entstehung von Demenzerkrankungen nicht unbedingt verhindern können, so kann eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung doch das Risiko reduzieren. Ziel ist, Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes zu vermeiden, was auch der Widerstandsfähigkeit des Gehirns zugutekommt.
Alzheimer: Fakten und Behandlungsansätze
Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz. In Deutschland leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, die meisten davon an Alzheimer erkrankt. Die Erkrankung verläuft oft jahrelang unbemerkt und äußert sich durch Gedächtnisprobleme, Veränderungen im Denkvermögen, Wortfindungsprobleme, Desorientierung, Probleme bei Alltagsaufgaben und Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit.
Ursachen und Risikofaktoren
- Amyloid-Klümpchen und Tau-Protein-Verwicklungen: Sie schädigen die Nervenzellen im Gehirn.
- Infektionen: Verschiedene Viren und Bakterien könnten an der Entstehung von Alzheimer beteiligt sein.
- Genetische Faktoren: Bestimmte Genvarianten, wie der ApoE4-Genotyp, erhöhen das Risiko.
- Alter: Das Alter ist der wichtigste Risikofaktor.
- Geschlecht: Männer haben möglicherweise ein höheres Risiko als Frauen.
- Durchblutungsstörungen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, hoher Blutdruck und hohe Cholesterinwerte sind weitere Risikofaktoren.
- Umwelt und Lebensweise: Eine gesunde Lebensweise kann das Risiko verringern.
Früherkennung und Behandlung
Eine frühzeitige Diagnose soll die Behandlungsmöglichkeiten verbessern und Betroffenen und ihren Familien ermöglichen, rechtzeitig Unterstützung zu suchen. Es gibt verschiedene Medikamente zur Behandlung der Alzheimer-Demenz, wie Cholinesterase-Hemmer und Glutamat-Antagonisten, die Symptome lindern und das Fortschreiten leicht verzögern können. Mittlerweile gibt es auch erste Medikamente, die die schädlichen Prozesse im Gehirn direkt beeinflussen sollen, wie der Antikörper-Wirkstoff Lecanemab und der Antikörper Donanemab.
Ernährung als Schutzfaktor
Studien zeigen, dass bestimmte Stoffe aus der Nahrung das Gehirn vor Demenz schützen können. Eine besondere Bedeutung haben Omega-3-Fettsäuren, die der Körper nicht selbst produzieren kann und daher über die Nahrung aufnehmen muss. Als flankierende Kost eignet sich Gemüse der mediterranen Küche. Gesättigte Fettsäuren und fettes Fleisch sind dagegen schädlich für Herz, Gefäße und Gehirn.
Phytosterole
Pflanzliche Cholesterine (Phytosterole) können die Bildung von Plaques im Gehirn bremsen. Sie sind zum Beispiel in Roggen, Dinkel, Soja und vielen Obst- und Gemüsesorten enthalten.
Empfehlungen für eine gehirngesunde Ernährung
- Fleisch nur in Ausnahmefällen, idealerweise Wildfleisch oder Bio-Weiderind.
- Omega-3-Kapseln als Nahrungsergänzung für Menschen über 60 Jahren, besonders bei Unverträglichkeit oder Abneigung gegen Fisch.
- Traditionelle Mittelmeerküche mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, fettem Seefisch und Olivenöl.
- Polyphenole aus Obst, Gemüse und kaltgepresstem Olivenöl.
- Nüsse als Quelle für pflanzliche Proteine, Mineralstoffe und Vitamine.
MIND-Diät
Die MIND-Diät kombiniert Elemente der mediterranen Diät und der DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension) und legt den Fokus auf Lebensmittel, die besonders gut für das Gehirn sein sollen.
Stark verarbeitete Lebensmittel meiden
Aktuelle Studien zeigen, dass der Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln das Risiko für Demenz erhöhen kann. Diese Lebensmittel können Übergewicht, eine gestörte Darmflora und Schädigungen der Nervenzellen begünstigen.
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