Demenzielle Erkrankungen stellen eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen dar, die durch die Alterung der Bevölkerung in den Industrienationen entstehen. Bisher gibt es keine erfolgreichen medikamentösen Ansätze zur Prävention und Therapie der Demenz, insbesondere der Alzheimer-Demenz. Daher rücken präventive Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Ernährung, immer stärker in den Fokus.
Zusammenhang zwischen Ernährung und Demenzrisiko
Studien zeigen, dass eine ausgewogene und bewusste Ernährung das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer senken kann. Ein bewährtes Vorbild ist die traditionelle Mittelmeerküche mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, fettem Seefisch und Olivenöl. Diese Ernährungsweise kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes senken und gleichzeitig die Hirngesundheit verbessern.
Schädliche Einflüsse von stark verarbeiteten Lebensmitteln
Aktuelle Studien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zeigen, dass der Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln das Risiko, an Demenz zu erkranken, deutlich erhöht. Dazu zählen unter anderem Fast Food, Fertigpizza, Dosenravioli, Instantsuppen oder Mikrowellengerichte. Diese Lebensmittel können auf verschiedene Arten ungesund für das Gehirn sein:
- Übergewicht: Häufiger Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel führt zu Übergewicht, was Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes begünstigen kann.
- Gestörte Darmflora: Essen mit vielen gesättigten Fetten, Salz und wenig Ballaststoffen kann die mikrobielle Vielfalt im Darm verändern und via Darm-Hirn-Achse krankmachende Veränderungen im Gehirn nach sich ziehen.
- Geschädigte Nervenzellen: Manche Stoffe wie künstliche Aromen oder andere Zusatzstoffe können Nervenzellen schädigen.
Fachleute empfehlen daher, so oft wie möglich frisch zu kochen und industriell hergestellte Produkte zu meiden.
Die Rolle des Fastens für die Gehirngesundheit
Professor Dr. Mattson konnte zeigen, dass das Fasten nicht nur beim Abnehmen hilft, sondern auch für das Gehirn eine Wohltat darstellt. Dabei ist nicht einmal ein echtes Heilfasten erforderlich. Schon seit vielen Jahrzehnten weiß man, dass es einen Zusammenhang zwischen den Gehirnfunktionen und der Kalorienaufnahme gibt.
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"Das Fasten ist eine Herausforderung für das Gehirn, und wir glauben, dass das Gehirn auf das Fasten reagiert, indem es bestimmte Funktionen aktiviert, die ihm nicht nur helfen, mit weniger Nahrung zurecht zu kommen, sondern sich auch vor Krankheiten zu schützen", erklärt Mattson. "Dies macht auch aus entwicklungsgeschichtlicher Sicht Sinn, denn gerade wenn Nahrung knapp wird, sollte das Gehirn umso besser in der Lage sein, gut zu arbeiten, damit der jeweilige Mensch rasch eine Lösung bzw. Nahrung findet."
Stoffwechselprozesse beim Fasten
Bei jeder Mahlzeit wird Glucose in der Leber in Form von Glykogen gespeichert. Glykogen kann dann - sobald der Blutzuckerspiegel sinkt - zu Glucose zurück verwandelt werden. Anschliessend beginnt der Körper damit, Fette zu verbrennen. Dabei entstehen u. a. sog. Ketonkörper, die wiederum von den Nervenzellen als Brennstoff verwendet werden können. Ketonkörper beeinflussen die Struktur der Synapsen (Nervenverbindungen) sehr positiv. Wer jedoch drei Mahlzeiten pro Tag isst und womöglich noch Zwischenmahlzeiten einschiebt, kann seine Glykogenvorräte in der Leber nie aufbrauchen.
Natürlich kann man auch verstärkt Sport treiben oder körperlich hart arbeiten (Holz hacken, Garten umgraben, Bauarbeiten etc.), um die Glykogenvorräte möglichst schnell aufzubrauchen. Denn dann treten ganz ähnlich positive Effekte auf die Gehirngesundheit ein wie beim Fasten.
Formen des Intermittierenden Fastens
Es gibt verschiedene Strategien des Intermittierenden Fastens:
- 5:2-Diät: An zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen pro Woche wird die tägliche Kalorienzahl auf 500 Kilokalorien reduziert.
- Intermittierendes Fasten (16:8-Methode): Man isst nur innerhalb eines Zeitfensters von acht Stunden und fastet in den übrigen sechzehn Stunden des Tages.
Das Intermittierende Fasten wird jeden Tag praktiziert, also nicht nur - wie die 5:2-Diät - an zwei Tagen pro Woche.
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Autophagie: Die zelleigene Müllabfuhr
Beim Fasten wird im Körper die interne Müllabfuhr, die sogenannte Autophagie, aktiviert. "Dabei werden defekte oder schadhafte Moleküle abgebaut oder kleingehäckselt", erklärt der Biologe Stephan Herzig. Autophagie spielt wahrscheinlich eine bedeutende Rolle bei der Verhinderung von Alterungsprozessen, Krankheiten und auch der Demenz. Schadhafte Zellorganellen, wie z.B. alte Mitochondrien, sind oft „Giftschleudern“ für die Zelle. Defekte Mitochondrien produzieren vermehrt hoch reaktive Sauerstoffradikale, die Proteine, Membranen und sogar die DNA der Zellen schwer schädigen können und so die Zellalterung beschleunigen. Ein frühzeitiger Abbau alternder Mitochondrien verhindert so eine übermäßige Radikalbildung und damit die Schädigung der Zelle. Bei vielen Krankheiten, so auch bei der Alzheimer Demenz, kommt es zu einer verstärkten Ablagerung von Proteinen im Gehirn. Durch den rechtzeitigen Abbau z.B. durch Autophagie bleibt die Zelle länger jung und die Bildung von Ablagerungen wird verhindert.
Spezifische Nahrungsmittel und ihre Wirkung auf die Hirngesundheit
Einige spezifische Nahrungsmittel und Nährstoffe scheinen besonders relevant für die kognitive Hirnfunktion zu sein:
- Polyphenole: Diese natürlichen Stoffe, die Pflanzen ihre Farbe geben, sind in Obst, Gemüse und kaltgepresstem Olivenöl enthalten. Sie wirken gegen sogenannten „oxidativen Stress“ - also gegen Stoffe, die Zellen schädigen und Alterungsprozesse beschleunigen können.
- Omega-3-Fettsäuren: Sie sind in fettem Seefisch wie Thunfisch, Dorade oder Sardelle enthalten und unterstützen die Zellgesundheit. Sie sind auch in Walnüssen, Chiasamen, Leinsamen und Avocados enthalten.
- Nüsse: Sie liefern wichtige pflanzliche Proteine, viele Mineralstoffe und Vitamine.
- Grünblättriges Gemüse: Es ist eine der Hauptquellen für Folsäure. Die reichliche Aufnahme von Folsäure durch die Ernährung kann zu einer Absenkung von erhöhtem Homocystein im Blut führen und dies konsekutiv das Demenzrisiko senken.
- Kreuzblütler: Gemüsesorten wie Brokkoli, Kohl, Rosenkohl, Blumenkohl, Rucola oder Grünkohl sind mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden.
- Kaffee und Tee: Das regelmäßige Trinken sowohl von Kaffee als auch von grünem Tee ist mit einer Schutzwirkung auf die Demenz verbunden.
- Heidelbeeren und andere Beeren: Der Verzehr von in Blaubeeren sowie anderen dunklen Beeren und Obst enthaltenen Anthozyanen ist mit einer niedrigen Alzheimer-Rate verbunden.
Safran als vielversprechendes Gewürz
Das bestuntersuchte Gewürz im Bereich der Alzheimer-Forschung ist Safran. Hier fanden insgesamt 4 randomisierte Studien einen günstigen Effekt der Einnahme bzw. des Verzehrs von Safran auf die kognitive Funktion.
Komplexe Ernährungsformen: Mittelmeerdiät und MIND-Diät
Einzelne Nährstoffe oder spezifische Nahrungsmittel spiegeln nicht die komplexe Wirksamkeit dessen wider, was im vielschichtigen Ernährungsalltag mit seinen individuellen Verdauungs- und Stoffwechselprozessen, dem Mikrobiom mit prä- und postbiotischen Wechselwirkungen und der Interaktion mit dem übrigen Lebensstil stattfindet. Daher ist es medizinisch von herausgehobener Bedeutung, die Wirksamkeit von komplexen Ernährungsformen auf das Risiko, an Demenz zu erkranken, und/oder die Wirkung auf die kognitive Funktion und beginnende demenzielle Prozesse in der Bildgebung zu evaluieren.
Die MIND-Diät
Auf Basis der bestehenden Evidenz zur mediterranen Ernährung und der sogenannten DASH-Ernährung wurde vor einigen Jahren eine Best-Practice-Ernährung zur möglichen Prävention der Demenz an der Universität Chicago entwickelt, die MIND-Diät. Die MIND-Diät ist diätetisch intensiver konzipiert als die Finger-Diät. Der Verzehr von Bohnen und Nüssen wird betont, mindestens 6-mal pro Woche soll grünblättriges Gemüse gegessen werden. Beim Obst stehen Beeren im Vordergrund. Zudem sollen Frittiertes und Fastfood reduziert werden.
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Intervallfasten und zirkadianer Rhythmus
Forscher der Universität von Kalifornien haben in einer Studie herausgefunden, dass sich Intervallfasten möglicherweise auf das Risiko auswirken kann, an Alzheimer zu erkranken. Demnach spielt der sogenannte zirkadiane Rhythmus eine mögliche Rolle bei der Entstehung dieser Form der Demenz. Der zirkadiane Rhythmus ist die innere Uhr, die unseren Tagesablauf in 24 Stunden einteilt und in Schlaf- und Wachphasen unterteilt. Die ständige Unterbrechung des zirkadianen Rhythmus, beispielsweise durch Schlafstörungen, kann laut der Studie das Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung steigern. Intervallfasten, bei dem auf das Abendessen verzichtet wird, kann hingegen für einen besseren Schlaf sorgen und somit förderlich für einen stabilen zirkadianen Rhythmus sein.
Studienergebnisse zum Intervallfasten
Durch das Intervallfasten zeigten die Mäuse im Experiment bessere kognitive Testresultate, hatten einen besseren Schlaf und einen verbesserten zirkadianen Rhythmus. Außerdem hatten sie weniger Proteinablagerungen, als diejenigen, die nicht gefastet hatten. Proteinablagerungen im Gehirn kommen bei Alzheimer besonders stark vor. Laut der Studie verbessert Intervallfasten also den Schlaf und den zirkadianen Rhythmus, was gleichzeitig auch das Risiko senken kann, an Alzheimer zu erkranken.