Fasten erfreut sich wachsender Beliebtheit, unterstützt durch wissenschaftliche Erkenntnisse über seine positiven Auswirkungen auf die Gesundheit. Andreas Michalsen betont, dass Fasten keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern eine seit Jahrhunderten in verschiedenen Kulturen und medizinischen Traditionen verankerte Praxis ist. Vegane, zuckerarme Ernährung, leichte Gemüsesuppen, nur Nüsse oder Oliven: Fasten liegt im Trend.
Fasten als medizinische Therapie
Eine interessante Anwendung des Fastens zeigt sich in medizinischen Therapien, insbesondere bei Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und entzündlichen Erkrankungen. Michalsen weist darauf hin, dass sogar bei Chemotherapie Fasten eine positive Rolle spielen kann. Studien an der Charité deuten darauf hin, dass Intervallfasten bei Multipler Sklerose (MS) einen gewissen Effekt zeigt.
Der mögliche Einfluss von Fasten auf Parkinson-Patienten
Der Berliner Experte diskutiert auch die möglichen Auswirkungen des Fastens auf Parkinson-Patienten. Eine Studie, durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Charité, der Universität Luxemburg, der Universität Göttingen und der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel, unterzog Parkinson-Patienten sieben Tage lang einem Heilfasten. Eine Studie prüft derzeit, ob sich das Darmmikrobiom durch sogenanntes Intervallfasten normalisieren lässt. Eine Woche essen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur Gemüsebrühe, danach machen sie ein Jahr lang große Pausen zwischen den Mahlzeiten. Viele Teilnehmer berichten über vorübergehend nachlassende Symptome und eine bessere Lebensqualität.
Aktuelle Forschung in Kassel
2021 startete die weltweit erste wissenschaftliche Studie über die Wirkung des Heilfastens bei Parkinson in der Paracelsus-Elena-Klinik in Kassel - gemeinsam mit dem Berliner Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Michalsen und dem Luxemburger Spezialisten für die Erforschung der Darmflora Prof. Dr. „Wir möchten in der Studie untersuchen, wie sich das Fasten auf das Mikrobiom im Darm und etwaige Entzündungsprozesse im Blut auswirkt“, sagt Brit Mollenhauer. Ziel ist es mittels gezieltem Fasten das Mikrobiom im Darm und Entzündungsprozesse im Blut so zu verändern, dass die Erkrankung positiv beeinflusst wird,“ erklärt die Studienleitung Prof. Dr. Brit Mollenhauer. Malteser Klinik von Weckbecker Rupprechtstr. Gemeinsam mit Fasten-Experte Andreas Michalsen von der Berliner Charité und mit Forschenden der Universität Luxemburg will sie herausfinden, ob sich der zeitweilige Verzicht auf Essen positiv auf den Verlauf einer Parkinson-Erkrankung auswirkt. Dafür haben vor zwei Jahren 30 Parkinson-Patientinnen und -Patienten und noch einmal genauso viele Gesunde als Kontrollgruppe in der Elena-Klinik gefastet sowie Stuhl- und Blutproben abgegeben. Die Wissenschaftler der Universität Luxemburg untersuchen zurzeit die Proben. Sie analysieren, wie das Fasten die komplexe Lebensgemeinschaft der Mikroorganismen, die den Darm besiedeln - auch Mikrobiom genannt - beeinflusst und ob dadurch Entzündungsprozesse im Blut abklingen. Der Europäische Forschungsrat fördert die Studie.
Der Darm als Ausgangspunkt?
Es gilt als gesichert, dass zumindest bei einem Teil der Menschen Parkinson im Darm beginnt. Forschende gehen mittlerweile davon aus, dass Parkinson zumindest bei einem Teil der Menschen mit Veränderungen im Darm beginnt. Eine Erklärung könnte sein, dass Stoffe aus dem Darm ins Gehirn wandern und dort eine oder schädliche Wirkung entfalten können. Auch wenn vieles noch unklar ist, gilt der Austausch von Botenstoffen zwischen Darm und Gehirn als sicher. Sie können über das Blut oder Nervenbahnen aus dem Darm bis ins Gehirn wandern. Bisher ist bekannt: Der Darm von Parkinsonpatientinnen und -patienten ist verändert. Auch die Zusammensetzung des Mikrobioms, also der Gemeinschaft der Darmbakterien, ist bei Menschen mit Morbus Parkinson verändert, zeigen Studien. Normalerweise verwandeln die nützlichen Darmbewohner unser Essen in Nährstoffe, aber es gibt auch Darmbakterien, die krank machen können, wenn das Gleichgewicht gestört ist. Bei Menschen mit Parkinson überwiegen zum Beispiel oft Bakterien, die die Darmwand durchlässig machen. Ein möglicher Behandlungsansatz ist, den Darm mit einer bestimmten Ernährung so früh wie möglich wieder ins Lot zu bringen und so das Darmmikrobiom gewissermaßen umzuprogrammieren.
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Biochemische Vorgänge während des Fastens
Denn bei Erkrankungen, die mit Entzündungsprozessen einhergehen, kann das ärztlich begleitete Heil- oder Intervallfasten sogar zu einer Linderung der Beschwerden beitragen. Der Darm sollte einmal komplett „resettet“ werden, der Körper schaltet auf einen anderen Stoffwechselmodus und dies wirkt wie ein Korrektiv für den gesamten Körper und vor allem auf das Gehirn. Bei ständiger Lebensmittelzufuhr gewinnt der Körper seine Energien insbesondere aus der zugeführten Glucose, beim Fasten zieht er die benötigte Energie aus den bestehenden Fettreserven und bildet sogenannte Ketonkörper, die wiederum Gehirnfunktionen positiv beeinflussen,“ skizziert Prof. Mollenhauer die biochemischen Vorgänge der veränderten Ernährungsweise während des Studienzeitraumes.
Wie Fasten wirkt: Mechanismen und Effekte
Der Mechanismus hinter diesen positiven Effekten liegt im Winterschlafmodus einiger Körperzellen während des Fastens. Mollenhauer ist von dem Erfolg des Forschungsansatzes überzeugt: „Mit Essen kann mal viel erreichen. Heilfasten fördert die Autophagie, einen natürlichen Prozess, bei dem der Körper beschädigte Zellen und Proteine abbaut und recycelt. Dies könnte dazu beitragen, die Ansammlung von schädlichen Proteinen im Gehirn, die bei Parkinson eine Rolle spielen, zu reduzieren. Das Kasseler Studienteam deckt dabei vielfältige Facetten in der persönlichen Begleitung der Teilnehmer ab. Denn mit dem Kernteam rund um Dr. med. Sebastian Schade als medizinischer Fastenbegleiter, Grit Langhans als erfahrener Studienschwester und Ursula Reuß, Diätassistentin und Fastenberaterin, verantwortlich für die Fastenbegleitung und persönliche Ernährungsberatung sowie Prof. Dr.
Mögliche Vorteile des Heilfastens bei Parkinson
Heilfasten kann dazu beitragen, ein gesundes Körpergewicht aufrechtzuerhalten, was für Parkinson-Patienten wichtig ist, um das Gleichgewicht und die Mobilität zu verbessern. Heilfasten reduziert Entzündungsprozesse im Körper, die bei Parkinson eine Rolle spielen könnten. Eine geringere Entzündungsbelastung kann zu einer Linderung der Symptome beitragen. Durch das Heilfasten werden die Stoffwechselprozesse im Körper optimiert. In vielen Fällen mindert sich die Muskelsteifigkeit (Rigor) und die allgemeine Vitalität kann gesteigert werden. Der veränderte Stoffwechsel unterstützt die Wirkung manueller Therapien, die - begleitend eingesetzt - Einzelsymptome gezielt lindern können. Es besteht eine starke Verbindung zwischen dem Darm und dem Gehirn (Darm-Hirn-Achse). Heilfasten kann das Mikrobiom des Darms positiv beeinflussen und die Darmgesundheit fördern, was sich möglicherweise günstig auf Parkinson auswirken kann. Auch begleitende Verdauungsprobleme können sich bessern. Heilfasten hat das Potenzial, die Neuroplastizität zu fördern. Hierbei handelt es sich um die Fähigkeit des Gehirns, sich anzupassen und neue Verbindungen zu bilden. Heilfasten kann auch neuroprotektive Effekte haben, die die Nervenzellen vor Schäden schützen.
Intervallfasten als Alternative
Neben dem Heilfasten kann auch das Intervallfasten positive Auswirkungen auf neurologische Erkrankungen haben. Michalsen hebt hervor, dass neben dem Heilfasten auch das Intervallfasten positive Auswirkungen auf neurologische Erkrankungen haben kann. Abschließend betont Michalsen, dass das klassische Intervallfasten, bei dem kalorienfreie Getränke erlaubt sind, eine realistische und nachhaltige Methode ist.
Wer sollte nicht fasten?
Der Berliner Experte warnt jedoch davor, dass Fasten nicht für alle geeignet ist. Menschen mit Untergewicht, Essstörungen, Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und stillenden Frauen wird davon abgeraten. Auch bei Gallensteinen sollte man auf das Fasten verzichten.
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Die Bedeutung der Ernährung bei Parkinson
Neben dem Thema der Parkinson-Früherkennung ist das Thema Ernährung zentraler Bestandteil bei der Parkinson-Forschung. Verschiedene Studien der Parkinsonforschung lassen die Schlussfolgerung zu, dass eine mediterrane Ernährung das Risiko für Symptome des Vorstadiums der Parkinson-Krankheit reduziert.
Die mediterrane Ernährung
Insbesondere die mediterrane Ernährung ist in den Mittelpunkt verschiedener Parkinsonstudien gerückt. Zu dieser Ernährungsform ist bereits bekannt, dass sie verschiedene Zivilisationskrankheiten positiv beeinflusst: Diabetes, Herzgefäßerkrankungen, Fettleibigkeit u.v.a.. Viel frisches Grünzeug und andere gesunde Zutaten: Rund um das Mittelmeer weckt die Küche nicht nur Urlaubsgefühle, sondern ist mit viel Gemüse, Öle mit ungesättigten Fettsäuren, Fisch, Hülsenfrüchten und wenig Fleisch auch besonders gesund. Unsere Paracelsus-Elena-Klinik kocht, auch ohne aktuelle Parkinsonstudie, für alle Patientinnen und Patienten täglich frisch eine abwechslungsreiche und ausgewogene mediterrane Kost. Hierbei handelt es sich um eine genussvolle und gesundheitsfördernde Ernährung und nicht um eine Diät. Das Ziel ist eine ausgewogene und ballaststoffreiche Kost mit viel Gemüse, Vollkornprodukten sowie „guten Proteinen” und „guten Fetten”, bspw. aus Olivenöl, Nüssen, Bohnen und Fisch. Die mediterrane Ernährung ist so vielfältig, dass sie sich gut an jeden Alltag und Geschmack anpassen lässt. Sie ist auch nicht so streng wie manch andere Diät, sodass man fast auf jeder Speisekarte im Restaurant etwas für sich findet.
Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme
Aber nicht nur das, was man isst, ist wichtig. Auch der Zeitpunkt ist von Bedeutung, denn einige Parkinson-Medikamente dürfen nicht mit bestimmten Lebensmitteln zusammen eingenommen werden. Wer das Standardmedikament gegen Morbus Parkinson, L-Dopa, einnimmt, darf das nicht zusammen mit eiweißhaltigen Speisen tun, denn dann wirkt das Medikament schlechter.
Präventive Strategien und zukünftige Forschung
Bislang steht uns noch kein Medikament gegen Parkinson zur Verfügung, um den Prozess zu stoppen. Studien laufen, doch verfügen wir bereits jetzt über zielführende präventive Strategien. Einen Hauptbaustein davon bildet die Bewegung - zur Verhinderung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und des metabolischen Syndroms. Den zweiten Baustein bildet die Ernährung. Mollenhauer ist sich mit ihrem Forschungskollegen Prof. Michalsen einig: Die Erkenntnisse, die aus der ersten wissenschaftlichen Fastenstudie mit Parkinson-Erkrankten gewonnen werden, haben auch für gesunde Menschen ihre Gültigkeit, denn: “Wir wissen, dass viele Beschwerden und Erkrankungen heutiger Menschen ihre Ursache in einer falschen, mindestens ungünstigen Ernährungsweise haben. Deshalb meine ich, dass nicht nur erkrankte Personen dringend über ihre Ernährung nachdenken sollten, sondern ein Großteil der Menschheit in Essgewohnheiten verfallen ist, die den menschlichen Körper negativ beeinflussen“, so Prof. Michalsen.
Forschungswünsche für die Zukunft
Mollenhauer: Ich wünsche mir mitzuerleben, dass wir Parkinson heilen oder zumindest präventiv behandeln können. Aber erst einmal hoffe ich, dass es uns gelingen wird, die sog. altersassoziierten Erkrankungen aus der Nische zu führen. Das würde das Bewusstsein dafür stärken, mitten im Leben gegen einen schweren Verlauf im Alter selbst aktiv werden zu können.
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