Der Zusammenhang zwischen Borreliose und Parkinson-Symptomen: Eine umfassende Betrachtung

Die Borreliose, eine durch Zecken übertragene Multisystemerkrankung, kann vielfältige Symptome verursachen und verschiedene Organe befallen. Aufgrund der unspezifischen und oft wechselnden Symptomatik wird sie häufig als "der große Imitator" bezeichnet, was die Diagnose erschwert. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein Zusammenhang zwischen Borreliose und Parkinson-Symptomen besteht. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte dieser möglichen Verbindung und bietet eine umfassende Betrachtung des Themas.

Verlauf und Symptome der Borreliose

Die Borreliose verläuft in mehreren Stadien, die fließend ineinander übergehen oder durch lange beschwerdefreie Intervalle getrennt sein können. Diese Intervalle, in denen Betroffene völlig beschwerdefrei sein können, sind charakteristisch für die Erkrankung. Die Symptomvielfalt ist enorm und kann viele andere Krankheiten imitieren.

Häufige Fehldiagnosen der Borreliose sind:

  • Psychosomatische Störungen
  • Arthritis, Gelenkrheuma, Polyarthritis
  • Bursitis (Schleimbeutelentzündung)
  • Bandscheibenvorfall
  • Bindehautentzündung, Entzündungen aller Augenteile
  • Gefäßbeschwerden (Thrombose)
  • Hirnhautentzündung
  • Karpaltunnelsyndrom
  • Gelenkentzündungen (alle großen Gelenke, auch Kiefergelenk)
  • Multiple Sklerose
  • Fibromyalgie
  • Sehnenscheidenentzündung
  • HWS-Syndrom (Hals-Wirbelsäulen-Syndrom)
  • Schlaganfall

Stadium 1: Lokale Infektion der Haut

Nach der Übertragung der Borrelien kommt es zunächst zu einer lokalen Infektion der Haut. Nach einigen Tagen bildet sich um die Einstichstelle eine sich ringförmig ausbreitende Rötung (Erythema migrans, Wanderröte). Diese kann jedoch auch unauffällig sein oder fehlen. Des Weiteren können Ansammlungen weißer Blutkörperchen (Knötchen, Lymphozytome) an Ohrläppchen, Brustwarze, Hoden, Ellenbogen und anderen Stellen auftreten.

Grippeähnliche Symptome wie erhöhte Körpertemperatur, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Muskel-, Bänder- und Faserschmerzen können ebenfalls auftreten.

Stadium 2 und 3: Streuung des Erregers

In diesen Stadien kommt es zur Streuung des Erregers und es kann ein buntes Symptombild auftreten:

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  • Gelenkentzündungen, Gelenksteifigkeit
  • Starkes Schwitzen (besonders nachts)
  • Muskelschmerzen, Nervenschmerzen, Kopfschmerzen
  • Schmerzen in der Wirbelsäule
  • Gehirnfunktionsstörungen (Lähmungen, Doppelbilder, Verlust des Gehörs oder Geruchssinns, Verwirrtheit, Apathie, Sensibilitätsstörungen)
  • Herz (Herzbeutelerguss, Herzentzündung, Herzrhythmusstörungen)
  • Sprech-, Schreib-, Wortfindungsstörungen
  • Haut (Ekzeme, Entzündungen, Knötchen, Schwellungen, Mundschleimhaut-Entzündungen)
  • Auge (Entzündungen an allen Teilen)
  • Depression, Erschöpfung, Müdigkeitssyndrom, Fibromyalgien
  • Frösteln vor und nach Schweißausbrüchen, Gereiztheit, Gesichtsrötungen, Haarausfall, Halsschmerzen, Konzentrationsstörungen, Desorientierung, Lichtempfindlichkeit, Lymphknotenvergrößerung, Ohrgeräusche
  • Parkinson-Symptome
  • Persönlichkeitsveränderungen, Potenzstörungen, Psychische Störungen, Pulsfrequenzerhöhung, Schilddrüsenunter- oder -überfunktion, Schwindelattacken, Sehstörungen, Spasmen, Traurigkeit, Wundgefühl über den Rippen

Diagnose der Borreliose

Die Diagnose der Borreliose kann schwierig sein, insbesondere wenn der Zeckenstich nicht erinnerlich ist und die typischen Krankheitsmerkmale fehlen. Laboruntersuchungen des Blutes (Serologie) helfen in schwierigen Fällen die Diagnose zu sichern, sind jedoch nicht hundertprozentig sicher. Zu den Methoden der Borrelien-Labordiagnostik gehören u.a. der Borrelien-Suchtest (ELISA oder IFT) und der Borrelien-Bestätigungstest-Test (Western- oder Immunoblot).

Es gibt verschiedene Gründe, warum keine Antikörper messbar sind, obwohl eine Borrelieninfektion vorliegt. Borrelien sind u.a. in der Lage sich vor dem Immunsystem zu tarnen. Auch eine frühe Gabe von Antibiotika oder der Einsatz von Kortison oder Immunsuppressiva kann den Test negativ beeinflussen. Des Weiteren kann der Suchtest durch Kreuzreaktion mit anderen Erregern auch falsch positive Ergebnisse liefern.

Um der Borreliose auf die Spur zu kommen, ist das Gesamtbild aus Vorgeschichte, Verlauf, Krankheitssymptomen und Laborergebnissen zu betrachten.

Therapie der Borreliose

Die Therapie erfolgt stadien- und symptomgerecht mit wirksamen Antibiotika. Je früher therapiert wird, umso größer sind die Chancen auf eine vollständige Heilung. Ein Hauptproblem bei der Therapie ist, dass die Borrelien sich in Körperregionen zurückziehen können und dort vom Antibiotikum schlecht erreichbar sind. Dadurch können ruhende Erreger (Persister) eine Therapie überdauern und später wieder aktiv werden. Deshalb sollte das verwendete Antibiotikum nicht unterdosiert und ausreichend lange verabreicht werden.

Borreliose als Ursache von Parkinson-Symptomen

Einige Studien deuten darauf hin, dass Borreliose Parkinson-ähnliche Symptome auslösen kann. Es gibt Fallberichte von Patienten, bei denen nach einer Borrelieninfektion Symptome wie Tremor, Rigor, Bradykinese und posturale Instabilität auftraten, die typisch für die Parkinson-Krankheit sind.

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Mögliche Mechanismen

Es gibt verschiedene Hypothesen, wie Borrelien Parkinson-Symptome verursachen könnten:

  1. Direkte Schädigung von Nervenzellen: Borrelien können in das zentrale Nervensystem eindringen und dort Nervenzellen schädigen, insbesondere die dopaminproduzierenden Neuronen in der Substantia nigra, die bei der Parkinson-Krankheit betroffen sind.
  2. Indirekte Schädigung durch Entzündungsreaktionen: Die Immunantwort auf die Borrelieninfektion kann zu Entzündungsreaktionen im Gehirn führen, die Nervenzellen schädigen und die Funktion der dopaminergen Systeme beeinträchtigen.
  3. Autoimmunreaktionen: In einigen Fällen kann die Borrelieninfektion Autoimmunreaktionen auslösen, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift, einschließlich der Nervenzellen im Gehirn.

Differentialdiagnose

Es ist wichtig zu beachten, dass Parkinson-Symptome viele verschiedene Ursachen haben können und nicht immer auf die Parkinson-Krankheit zurückzuführen sind. Andere mögliche Ursachen sind:

  • Atypische Parkinson-Syndrome (z.B. Multisystematrophie, progressive supranukleäre Blicklähmung)
  • Medikamente (z.B. Neuroleptika)
  • Strukturelle Hirnschäden (z.B. Schlaganfall, Hirntumor)
  • Andere Infektionen (z.B. Enzephalitis)
  • Autoimmunerkrankungen
  • Metabolische Störungen

Daher ist eine sorgfältige differentialdiagnostische Abklärung erforderlich, um die Ursache der Parkinson-Symptome zu ermitteln.

Fallbeispiel

Ein Fallbeispiel verdeutlicht die Problematik: Ein Patient entwickelte nach einer Borrelieninfektion Parkinson-ähnliche Symptome. Die Neurologen vermuteten zunächst Morbus Parkinson, aber die Dopaminübertragung im Gehirn war normal. Nach weiteren Untersuchungen wurde eine Neuroborreliose diagnostiziert. Nach einer entsprechenden antibiotischen Behandlung verbesserten sich die Symptome des Patienten deutlich.

Fehldiagnosen und alternative Diagnosen

Es ist wichtig zu beachten, dass chronische Beschwerden, die irrtümlich einer Borrelieninfektion zugeschrieben werden, in vielen Fällen auf andere Erkrankungen zurückzuführen sind. Eine Studie der Johns Hopkins University in Baltimore ergab, dass bei etwa zwei Drittel der Patienten mit unzutreffender Lyme-Diagnose andere Erkrankungen die Beschwerden verursachten. Insgesamt wurden 139 unterschiedliche Diagnosen gestellt, darunter schwerwiegende Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Krebs, Parkinson, Sarkoidose und Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).

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Die Studienautoren befürchten, dass die Lyme-Erkrankung häufig als Sündenbock für unklare Probleme herangezogen wird, was dazu führen kann, dass schwerwiegende Krankheiten verzögert erkannt und behandelt werden.

Therapieansätze bei Borreliose-bedingten Parkinson-Symptomen

Die Therapie bei Borreliose-bedingten Parkinson-Symptomen zielt darauf ab, die Borrelieninfektion zu behandeln und die Symptome zu lindern.

Antibiotische Therapie

Die antibiotische Therapie ist die wichtigste Maßnahme zur Behandlung der Borrelieninfektion. Es werden in der Regel Antibiotika wie Doxycyclin, Ceftriaxon oder Cefotaxim eingesetzt. Die Therapiedauer richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und der Schwere der Symptome.

Symptomatische Therapie

Zusätzlich zur antibiotischen Therapie können Medikamente eingesetzt werden, um die Parkinson-Symptome zu lindern. Dazu gehören:

  • Levodopa: Ein Medikament, das im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird und den Dopaminmangel ausgleicht.
  • Dopaminagonisten: Medikamente, die an Dopaminrezeptoren binden und diese aktivieren.
  • MAO-B-Hemmer: Medikamente, die den Abbau von Dopamin im Gehirn hemmen und so die Dopaminkonzentration erhöhen.
  • COMT-Hemmer: Medikamente, die den Abbau von Dopamin im Gehirn hemmen und so die Dopaminkonzentration erhöhen.
  • Amantadin: Ein Medikament, das die Dopaminfreisetzung im Gehirn fördert und die Symptome von Parkinson lindern kann.

Alternative und komplementäre Therapieansätze

Neben der konventionellen medizinischen Behandlung gibt es auch alternative und komplementäre Therapieansätze, die bei Borreliose-bedingten Parkinson-Symptomen eingesetzt werden können. Dazu gehören:

  • Phytotherapie: Einige Arzneipflanzen, wie z.B. der Einjährige Beifuß (Artemisia annua), haben eine antibiotische Wirkung und können bei der Behandlung der Borrelieninfektion unterstützend eingesetzt werden.
  • Immunstimulation: Immunstimulierende Maßnahmen können helfen, das Immunsystem zu stärken und die Abwehr gegen die Borrelien zu verbessern.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukten kann das Immunsystem unterstützen und die Entzündungsreaktionen im Körper reduzieren.
  • Entgiftung: Entgiftungsmaßnahmen können helfen, die durch die Borrelieninfektion freigesetzten Toxine aus dem Körper zu entfernen.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und Koordination zu verbessern und die Beweglichkeit zu erhalten.
  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, die Alltagsfähigkeiten zu verbessern und die Selbstständigkeit zu erhalten.
  • Logopädie: Logopädie kann helfen, die Sprech- und Schluckfunktion zu verbessern.
  • Psychotherapie: Psychotherapie kann helfen, die psychischen Belastungen durch die Erkrankung zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.

Es ist wichtig zu beachten, dass alternative und komplementäre Therapieansätze nicht als Ersatz für die konventionelle medizinische Behandlung angesehen werden sollten, sondern diese lediglich ergänzen können. Vor der Anwendung von alternativen und komplementären Therapieansätzen sollte immer ein Arzt oder Heilpraktiker konsultiert werden.

Prophylaxe

Um einer Borreliose vorzubeugen, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Schutz vor Zeckenstichen: Tragen von geschlossener Kleidung, Auftragen von Zeckenschutzmitteln, Absuchen des Körpers nach Zecken nach Aufenthalten im Freien.
  • Schnelle Entfernung von Zecken: Zecken sollten so schnell wie möglich mit einer Pinzette oder einem Zeckenentferner entfernt werden.
  • Beobachtung der Einstichstelle: Die Einstichstelle sollte in den folgenden Wochen auf Veränderungen (z.B. Wanderröte) beobachtet werden.

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