Parkinson, auch bekannt als Morbus Parkinson, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die in Deutschland etwa 300.000 bis 400.000 Menschen betrifft. Die Krankheit ist durch den Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet und führt zu einer Vielzahl von Symptomen. Zu den Hauptsymptomen gehören Bewegungsarmut (Bradykinesie), Zittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor) und Gleichgewichtsprobleme. Diese Symptome schränken die Beweglichkeit der Betroffenen zunehmend ein und können den Alltag erheblich erschweren. Neben den motorischen Beeinträchtigungen können auch psychische Probleme wie Depressionen auftreten, die sowohl die Patienten als auch die pflegenden Angehörigen vor große Herausforderungen stellen.
Da es derzeit keine Heilung für Parkinson gibt, konzentrieren sich die Behandlungsansätze darauf, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Neben der medikamentösen Therapie spielen Bewegung und gezielte Übungen eine entscheidende Rolle. Regelmäßige körperliche Aktivität kann Muskelsteifheit reduzieren, Bewegungsabläufe verbessern und das allgemeine Wohlbefinden steigern.
Dieser Artikel bietet eine umfassende Anleitung zu Parkinson-Übungen im Stehen, die Betroffenen helfen können, ihre Mobilität zu erhalten und ihre Lebensqualität zu verbessern. Die Übungen sind darauf ausgerichtet, die Beweglichkeit, das Gleichgewicht, die Kraft und die Koordination zu trainieren. Darüber hinaus werden auch Übungen zur Verbesserung der Mimik und der Atemfunktion vorgestellt.
Die Bedeutung von Bewegung und Übungen bei Parkinson
Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsfürsorge und spielt eine besonders wichtige Rolle im Management der Parkinson-Krankheit. Regelmäßige körperliche Aktivität kann nicht nur die motorischen Symptome lindern, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität der Patienten verbessern.
Viele Menschen mit Parkinson spüren ihre Beschwerden im Ruhezustand weniger und neigen daher dazu, körperliche Anstrengung zu vermeiden. Dies kann jedoch zu einem Teufelskreis führen, da mangelnde Bewegung die Muskelsteifheit und die Störungen des Bewegungsablaufs verstärken kann. Durch Sport und Bewegung können diese Symptome jedoch vermindert werden.
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Es ist wichtig zu beachten, dass die Parkinson-Krankheit sehr individuell verläuft und die Symptome von Person zu Person unterschiedlich sein können. Daher sollte das Übungsprogramm stets an die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten angepasst werden. Eine enge Zusammenarbeit mit Ärzten, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten ist dabei unerlässlich.
Ziele der Übungen im Stehen
Die Übungen im Stehen zielen darauf ab, die folgenden Aspekte zu verbessern:
- Beweglichkeit: Dehnübungen und Lockerungsübungen helfen, die Muskelsteifheit zu reduzieren und die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten.
- Gleichgewicht: Gleichgewichtsübungen verbessern die Stabilität und reduzieren das Sturzrisiko.
- Kraft: Kräftigungsübungen stärken die Muskulatur und verbessern die Körperhaltung.
- Koordination: Koordinationsübungen fördern das Zusammenspiel von Muskeln und Nerven und verbessern die Bewegungsabläufe.
- Mimik: Übungen zur Verbesserung der Mimik helfen, die Ausdrucksfähigkeit zu erhalten und Missverständnisse zu vermeiden.
- Atmung: Atemübungen stärken die Atemmuskulatur und verbessern die Lungenkapazität.
Allgemeine Hinweise zu den Übungen
Bevor Sie mit den Übungen beginnen, sollten Sie die folgenden Hinweise beachten:
- Ärztliche Beratung: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Physiotherapeuten, bevor Sie mit einem neuen Übungsprogramm beginnen.
- Individuelle Anpassung: Passen Sie die Übungen an Ihre individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten an.
- Aufwärmen: Beginnen Sie jede Trainingseinheit mit einem Aufwärmprogramm, um die Muskeln auf die Belastung vorzubereiten.
- Langsame Ausführung: Führen Sie die Übungen langsam und kontrolliert aus.
- Regelmäßigkeit: Führen Sie die Übungen regelmäßig durch, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
- Pausen: Machen Sie zwischen den Übungen kurze Pausen, um sich zu erholen.
- Sicherheit: Achten Sie auf eine sichere Umgebung und vermeiden Sie Stolperfallen.
- Überforderung vermeiden: Überfordern Sie sich nicht und hören Sie auf Ihren Körper.
- Spaß haben: Wählen Sie Übungen, die Ihnen Spaß machen, um die Motivation aufrechtzuerhalten.
Übungsanleitung im Stehen
Die folgenden Übungen können im Stehen durchgeführt werden. Es ist ratsam, sich an einer festen Griffstange, einer Sprossenwand oder der Türklinke (Tür vorher verschließen!) festzuhalten, um die Stabilität zu gewährleisten.
Aufwärmübungen
Bevor Sie mit den eigentlichen Übungen beginnen, sollten Sie Ihren Körper mit den folgenden Aufwärmübungen vorbereiten:
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- Armkreisen: Kreisen Sie die Arme abwechselnd vorwärts und rückwärts.
- Schulterkreisen: Kreisen Sie die Schultern abwechselnd vorwärts und rückwärts.
- Beinpendeln: Pendeln Sie die Beine abwechselnd vorwärts und rückwärts.
- Knieheben: Heben Sie die Knie abwechselnd an.
- Hüftkreisen: Kreisen Sie die Hüfte.
Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit
- Dehnung der Wadenmuskulatur: Stellen Sie ein Bein nach vorne und beugen Sie das Knie. Das hintere Bein bleibt gestreckt. Halten Sie die Dehnung für 20-30 Sekunden.
- Dehnung der Oberschenkelmuskulatur: Ziehen Sie ein Bein nach hinten und fassen Sie den Fuß mit der Hand. Halten Sie die Dehnung für 20-30 Sekunden.
- Dehnung der Brustmuskulatur: Stellen Sie sich aufrecht hin und verschränken Sie die Hände hinter dem Rücken. Ziehen Sie die Schultern nach hinten und halten Sie die Dehnung für 20-30 Sekunden.
- Dehnung der seitlichen Rumpfmuskulatur: Stellen Sie sich aufrecht hin und heben Sie einen Arm über den Kopf. Neigen Sie den Oberkörper zur Seite und halten Sie die Dehnung für 20-30 Sekunden.
- Lockerungsübungen für die Schultern: Schütteln Sie die Schultern locker aus.
- Lockerungsübungen für die Arme: Schütteln Sie die Arme locker aus.
- Lockerungsübungen für die Beine: Schütteln Sie die Beine locker aus.
Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts
- Einbeinstand: Stehen Sie auf einem Bein und versuchen Sie, das Gleichgewicht zu halten. Steigern Sie die Schwierigkeit, indem Sie die Augen schließen oder den Kopf drehen.
- Tandemstand: Stellen Sie einen Fuß direkt vor den anderen, sodass sich Ferse und Zehen berühren. Versuchen Sie, das Gleichgewicht zu halten. Steigern Sie die Schwierigkeit, indem Sie die Augen schließen oder den Kopf drehen.
- Gehen auf einer Linie: Gehen Sie auf einer geraden Linie und versuchen Sie, das Gleichgewicht zu halten.
- Gewichtsverlagerung: Verlagern Sie das Gewicht von einem Bein auf das andere.
- Kniebeugen: Machen Sie leichte Kniebeugen und achten Sie darauf, das Gleichgewicht zu halten.
Übungen zur Verbesserung der Kraft
- Wadenheben: Stellen Sie sich aufrecht hin und heben Sie die Fersen an, sodass Sie auf den Zehen stehen.
- Kniebeugen: Machen Sie Kniebeugen und achten Sie darauf, dass die Knie nicht über die Zehen hinausragen.
- Ausfallschritte: Machen Sie Ausfallschritte nach vorne und achten Sie darauf, dass das vordere Knie nicht über die Zehen hinausragt.
- Armheben: Heben Sie die Arme seitlich oder nach vorne an.
- Rudern mit Theraband: Befestigen Sie ein Theraband an einem festen Gegenstand und ziehen Sie es wie beim Rudern nach hinten.
Übungen zur Verbesserung der Koordination
- Arm- und Beinbewegungen: Führen Sie gleichzeitig verschiedene Arm- und Beinbewegungen aus, z.B. einen Arm vorwärts und ein Bein rückwärts schwingen.
- Zielwurf: Werfen Sie einen Ball auf ein Ziel.
- Ballprellen: Prellen Sie einen Ball auf dem Boden.
- Tanzen: Tanzen Sie zu Ihrer Lieblingsmusik.
Übungen zur Verbesserung der Mimik
- Augenbrauen heben und senken: Heben Sie die Augenbrauen und senken Sie sie wieder.
- Stirn runzeln: Runzeln Sie die Stirn.
- Nase rümpfen: Rümpfen Sie die Nase.
- Lippen spitzen: Spitzen Sie die Lippen wie für einen Kuss.
- Lippen breit ziehen: Ziehen Sie die Lippen breit wie für ein Lächeln.
- Gesichtsausdrücke üben: Üben Sie verschiedene Gesichtsausdrücke vor dem Spiegel, z.B. Freude, Angst, Erschrecken.
Übungen zur Verbesserung der Atmung
- Tiefe Bauchatmung: Legen Sie eine Hand auf den Bauch und atmen Sie tief in den Bauch ein, sodass sich die Hand hebt. Atmen Sie langsam wieder aus.
- Brustkorbatmung: Legen Sie die Hände auf den Brustkorb und atmen Sie tief in den Brustkorb ein, sodass sich die Hände heben. Atmen Sie langsam wieder aus.
- Atemgymnastik: Führen Sie verschiedene Atemübungen durch, z.B. die Lippenbremse (beim Ausatmen die Lippen leicht aufeinander pressen) oder das Ausatmen gegen einen Widerstand (z.B. durch einen Strohhalm).
Spezielle Übungen nach Fastner und Ebersbach
Die von Desitin in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Ebersbach entwickelten Übungen sollen Menschen mit Parkinson helfen, so lange wie möglich beweglich und aktiv im täglichen Leben zu bleiben. Diese Übungen können einfach und ohne Hilfsmittel im Stehen oder Sitzen durchgeführt werden. Es ist wichtig, im Vorfeld einzuschätzen, ob die leichten oder die schweren Übungen die richtigen für Sie sind.
Bewegungstraining nach dem Universitätsklinikum Erlangen
Das Universitätsklinikum Erlangen bietet ein spezielles Bewegungstraining für Parkinson-Patienten an, das in verschiedenen Folgen aufgeteilt ist. Die einzelnen Folgen konzentrieren sich auf unterschiedliche Schwerpunkte, wie z.B. Übungen im Freien, Übungen im Sitzen, Übungen mit Handtuch, Mimik und Stimme, Dehnübungen, Tai Chi und Rhythmus.
Weitere Tipps für den Alltag
Neben den gezielten Übungen gibt es noch weitere Tipps, die Ihnen im Alltag helfen können:
- Gestalten Sie den Wohnraum sicher: Entfernen Sie Stolperfallen wie Teppichkanten oder herumliegende Kabel. Sorgen Sie dafür, dass Sie barrierefrei wohnen und mit einem Rollator sicher durch die Räume navigieren können.
- Nehmen Sie einen Pflegekurs in Anspruch: Viele Krankenkassen bieten ihren Versicherten Pflegekurse für Angehörige an.
- Weihen Sie eine Vertrauensperson ein: Bitten Sie eine Ihnen nahestehende Person, ein Auge auf Ihre Situation zu haben.
- Nutzen Sie Hilfsmittel: Es gibt eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die Ihnen den Alltag erleichtern können, z.B. Gehhilfen, Essbesteck, Anziehhilfen oder Pflegehilfsmittel.
- Suchen Sie den Austausch mit anderen Betroffenen: In Parkinson-Selbsthilfegruppen können Sie sich mit anderen Patienten und Angehörigen austauschen und wertvolle Tipps erhalten.
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