Parkinson und Krebs: Eine komplexe Verbindung

Die Wechselwirkung zwischen Parkinson und Krebs ist ein faszinierendes und komplexes Forschungsgebiet. Während Menschen mit Parkinson seltener bestimmte Krebsarten entwickeln, besteht ein erhöhtes Risiko für bestimmte Formen von Hautkrebs, insbesondere das maligne Melanom. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten auf molekulare Verbindungen zwischen diesen beiden Erkrankungen hin, was neue Wege für die Prävention und Therapie eröffnet.

Erhöhtes Melanomrisiko bei Parkinson-Patienten

Studien haben gezeigt, dass Parkinson-Patienten ein mehr als doppelt so hohes Risiko haben, an schwarzem Hautkrebs (malignes Melanom) zu erkranken. Eine retrospektive Kohortenstudie, die auf Daten des Rochester Epidemiology Project basiert, bestätigte diese Beobachtung. Die Studie ergab, dass Parkinson-Patienten eine 3,8-fach höhere Wahrscheinlichkeit hatten, an Hautkrebs zu erkranken, während Melanompatienten ein 4,2-fach höheres Risiko hatten, an Parkinson zu erkranken. Die Kaplan-Meier-Analyse zeigte ein kumulatives 35-Jahres-Risiko von etwa 12 % für Melanom bei Parkinson-Patienten im Vergleich zu etwa 3 % in der Kontrollgruppe.

Molekulare Verbindungen: Alpha-Synuclein im Fokus

Forscher haben nach molekularen Verbindungen gesucht, die Parkinson und Krebs miteinander verbinden könnten. Ein vielversprechender Kandidat ist das Protein alpha-Synuclein, das in der frühen Phase der Parkinson-Erkrankung zu Oligomeren zusammenlagert und vermutlich toxisch auf Dopamin-produzierende Nervenzellen wirkt. Interessanterweise konnten solche alpha-Synuclein-Oligomere auch in Melanomzellen nachgewiesen werden.

Alpha-Synuclein scheint im Schwarzen Hautkrebs in fortgeschrittenen Stadien ein wichtiger Regulator für die Autophagie zu sein, einem zellulären Recyclingprozess, bei dem Zellen „Müll“ abbauen und wiederverwerten. Aggressive Melanomzellen sind stark von der Autophagie abhängig, um Nährstoffmangel zu vermeiden.

Anle138b: Ein potenzieller Wirkstoff gegen beide Erkrankungen?

Die Entdeckung, dass alpha-Synuclein in Melanomzellen vorhanden ist und eine Rolle bei der Autophagie spielt, führte zur Untersuchung von Substanzen, die die Bildung von alpha-Synuclein-Oligomeren hemmen. Ein solcher Wirkstoff ist Anle138b, der von Forscherteams um Christian Griesinger und Armin Giese entwickelt wurde.

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In Tests an Mäusen konnte Anle138b das Fortschreiten der Proteinablagerungen und der Nervenzellschädigung bei Parkinson verzögern. Überraschenderweise wirkte Anle138b auf Melanomzellen zerstörerisch, indem es ihre Vermehrung hemmte und ihren Zelltod auslöste. Dies deutet darauf hin, dass Anle138b Melanomzellen an einem empfindlichen Punkt trifft, indem es die Autophagie stört.

Die Forscher hoffen, dass Anle138b in Kombination mit anderen molekularen Hemmstoffen gegen Tumoren ein möglicher Therapieansatz für den Schwarzen Hautkrebs sein könnte. Derzeit wird Anle138b von der MODAG AG, einer Ausgründung der LMU und der Max-Planck-Gesellschaft, auf klinische Studien zur möglichen Behandlung von Parkinson und weiteren neurodegenerativen Erkrankungen vorbereitet.

Weitere Faktoren und Forschungsansätze

Neben alpha-Synuclein und Autophagie werden auch andere Faktoren untersucht, die möglicherweise eine Rolle bei der Verbindung zwischen Parkinson und Krebs spielen. Dazu gehören:

  • Genetische Faktoren: Obwohl bisherige Studien keinen direkten genetischen Zusammenhang zwischen Morbus Parkinson und Schwarzem Hautkrebs gefunden haben, könnten bestimmte genetische Variationen das Risiko für beide Erkrankungen beeinflussen.
  • Immunreaktionen: Veränderungen im Immunsystem könnten sowohl bei Parkinson als auch bei Krebs eine Rolle spielen.
  • Umwelteinflüsse: Bestimmte Umweltfaktoren könnten das Risiko für beide Erkrankungen erhöhen.
  • Kernkörperchen und mTOR-Signalweg: Studien haben gezeigt, dass defekte Kernkörperchen in Dopamin-produzierenden Nervenzellen zu oxidativem Stress und Parkinson-ähnlichen Symptomen führen können. Dies geschieht durch die Drosselung des Enzyms mTOR, einem zentralen Regler aller innerzellulären Signalwege.

Bedeutung für die klinische Praxis

Die Erkenntnisse über die Verbindung zwischen Parkinson und Krebs haben wichtige Implikationen für die klinische Praxis. Ärzte sollten bei der Behandlung von Patienten mit einer der beiden Erkrankungen auf Symptome der anderen achten. Eine frühzeitige Diagnose und individualisierte Behandlungsstrategien können die Therapieergebnisse verbessern.

Innovative medizinphysikalische Ansätze

Im LOEWE-Schwerpunkt ADMIT (Advanced Medical Physics in Imaging and Therapy) arbeiten die drei mittelhessischen Hochschulen THM, UMR und JLU gemeinsam an innovativen medizinphysikalischen Ansätzen, um Krebserkrankungen und neurodegenerativen Leiden wie Parkinson zu begegnen. Ziel ist es, bildgesteuerte Therapien zu verbessern und patientenfreundlicher zu gestalten.

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Die Rolle des Geruchssinns

Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass bestimmte Krankheiten, einschließlich Parkinson und Krebs, am Geruch erkannt werden können. Tiere und sogar Menschen können subtile Veränderungen im Körpergeruch wahrnehmen, die auf eine Erkrankung hindeuten. Dies könnte in Zukunft zur Früherkennung beitragen.

Leben mit Parkinson und Krebs: Eine persönliche Perspektive

Susanne Wagner, eine Betroffene, die sowohl mit Parkinson als auch mit Krebs lebt, zeigt, wie man mit diesen Herausforderungen umgehen kann. Trotz schwerer persönlicher Rückschläge hat sie ihren Lebensmut nicht verloren und engagiert sich in einer Parkinson-Selbsthilfegruppe. Ihre Geschichte macht Mut und gibt Zuversicht.

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