Parkinson und Krebs am Geruch erkennen: Fortschritte in der Forschung

Die Fähigkeit, Krankheiten am Geruch zu erkennen, hat in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit erlangt. Was einst als kurioses Phänomen abgetan wurde, entwickelt sich nun zu einem vielversprechenden Ansatz für die Früherkennung von Krankheiten wie Parkinson und möglicherweise sogar Krebs.

Die verborgene Welt der Krankheitsgerüche

Krankheiten können subtile Veränderungen im Körper hervorrufen, die sich in unserem Geruch widerspiegeln. Unser Körper ist eine Art "Geruchsfabrik", die pausenlos flüchtige chemische Verbindungen an die Umgebung abgibt. Diese Substanzen, die sich in unserem Atem und auf unserer Haut befinden, variieren je nach Alter, Ernährung und Gesundheitszustand.

Schon lange ist bekannt, dass bestimmte Krankheiten einen charakteristischen Geruch verursachen können. So kann der Urin von Diabetikern nach verrottenden Äpfeln riechen, während Typhus dem Körpergeruch der Kranken einen Hauch von gebackenem Brot verleiht. Diese Erkenntnisse sind jedoch alles andere als banal, da sie das Potenzial für eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von Krankheiten bergen.

Der Fall Joy Milne: Eine Frau, die Parkinson riechen kann

Besondere Aufmerksamkeit erlangte der Fall von Joy Milne, einer schottischen Frau, die die Parkinson-Krankheit am Geruch erkennen kann, lange bevor die ersten motorischen Symptome auftreten. Ihr Mann, Les Milne, erhielt 1986 die Diagnose Parkinson, aber Joy bemerkte bereits etwa zehn Jahre zuvor einen veränderten Geruch an ihm, den sie als "holzig" und "moschusartig" beschrieb.

Erst Jahre später, als sie ihn zu einer Selbsthilfegruppe für Parkinsonerkrankte begleitete, fiel ihr auf, dass alle Erkrankten ähnlich rochen. Sie erwähnte dies gegenüber Tilo Kunath, einem Parkinsonforscher in Edinburgh, der zunächst skeptisch war.

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Um Milnes Fähigkeiten zu testen, führten Kunath und seine Kollegen einen T-Shirt-Blindversuch durch. Milne roch an durchgeschwitzten T-Shirts von Menschen mit Parkinson und einer gesunden Kontrollgruppe. Sie erkannte alle sechs Parkinson-Patienten korrekt und ordnete sogar eine der Kontrollpersonen fälschlicherweise der Patientengruppe zu. Drei Monate später erhielt diese Person ebenfalls die Diagnose Parkinson.

Die Suche nach den Biomarkern des Parkinson-Geruchs

Inspiriert von Milnes außergewöhnlicher Fähigkeit begannen Forscher, die chemischen Verbindungen zu identifizieren, die für den Parkinson-Geruch verantwortlich sind. Perdita Barran vom Manchester Institut für Biotechnologie leitet ein Team, das mit biochemischen Verfahren versucht, den Geruch von Parkinson zu identifizieren und einen Geruchstest für die Krankheit zu entwickeln.

Die Forscher konzentrierten sich auf Talg, eine lipidreiche Flüssigkeit, die von speziellen Drüsen in der Haut gebildet wird, insbesondere in Regionen mit hoher Talgproduktion wie Stirn und oberem Rücken. Sie entnahmen Talgproben von Parkinson-Patienten und einer Kontrollgruppe und analysierten die flüchtigen Moleküle mittels Gaschromatographie und Massenspektroskopie.

Dabei entdeckten sie, dass im Talg von Parkinson-Patienten bestimmte Moleküle vermehrt vorkommen, darunter Eicosan, Hippursäure und Octadecanal (Stearylaldehyd). Es wird vermutet, dass diese Substanzen in Kombination den charakteristischen Geruch von Parkinson verursachen.

Hunde als Parkinson-Detektive

Neben der chemischen Analyse werden auch Hunde zur Geruchserkennung von Parkinson eingesetzt. Hunde haben bekanntermaßen einen ausgezeichneten Geruchssinn und können trainiert werden, bestimmte Krankheiten am Geruch zu erkennen.

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In einer Studie an der University of Bristol wurden Hunde darauf trainiert, den spezifischen Geruch von Parkinson im Sebum zu erkennen. Die Hunde erreichten Sensitivitäten von 70 % bzw. 80 % und Spezifitäten von 90 % bzw. 98 % bei der Unterscheidung zwischen Parkinson-Patienten und gesunden Kontrollen.

Die Bedeutung der Früherkennung von Parkinson

Die Parkinson-Krankheit wird meist erst spät diagnostiziert, oft erst wenn bereits die Hälfte der Dopamin produzierenden Gehirnzellen verloren gegangen ist. Eine frühe Diagnose ist jedoch entscheidend, da sie die Therapiechancen verbessert und es ermöglicht, den körperlichen Begleiterscheinungen der Krankheit frühzeitig vorzubeugen.

Die Entdeckung von Biomarkern wie dem Parkinson-Geruch könnte der Schlüssel zu einer frühen und einfachen Diagnose sein. Ein einfacher Früherkennungstest, der auf der Analyse von Talgproben oder der Verwendung von trainierten Hunden basiert, könnte dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen mit Parkinson erheblich zu verbessern.

Andere Krankheiten, die am Geruch erkannt werden können

Parkinson ist möglicherweise nicht die einzige Krankheit, die sich durch den Geruch verraten könnte. Joy Milne hat auch einen einzigartigen Geruch bei Menschen mit Alzheimer, Krebs und Tuberkulose festgestellt. Forscher arbeiten nun daran, spezifische Geruchssignaturen für diese Krankheiten zu identifizieren.

Die Zukunft der Krankheitserkennung am Geruch

Die Forschung zur Krankheitserkennung am Geruch steht noch am Anfang, aber die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Mit weiteren Fortschritten in der Technologie und einem besseren Verständnis der chemischen Prozesse, die für Krankheitsgerüche verantwortlich sind, könnte die Geruchserkennung in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Früherkennung und Behandlung verschiedener Krankheiten spielen.

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Die Rolle von Biomarkern

Biomarker, also messbare Parameter biologischer Prozesse, sind der Schlüssel zu einer frühen und einfachen Diagnose. Im Fall von Parkinson könnte der Geruch von PatientInnen ein solcher Biomarker sein. Bisher ist dies die einzige Möglichkeit, eine Diagnose vor Auftreten der Symptome zu stellen.

Alpha-Synuclein-Seed-Amplification-Assay (αSyn-SAA)

Im Rahmen der PPMI-Studie (der Parkinson’s Progression Markers Initiative) ist es gelungen, anhand eines biologischen Testes die Erkrankung nachzuweisen, noch bevor erste Symptome auftreten. Mit dem neuen Test, dem so genannten Alpha-Synuclein-Seed-Amplification-Assay (αSyn-SAA), konnte das bei Parkinson fehlgefaltete Protein Alpha-Synuclein im Nervenwasser der Studienteilnehmer*innen nachgewiesen werden.

Die Bedeutung des Riechkolbens

Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsstelle für Neurogenetik in Frankfurt und der Universität Auckland in Neuseeland haben Riechkolben von Parkinson-Patienten untersucht und mit Proben von nicht betroffenen Menschen verglichen. Dabei haben sie festgestellt, dass der Anteil an funktionalen Einheiten dieses Hirnareals - die sogenannten Glomeruli - bei Menschen mit Parkinson nur halb so groß ist wie bei gesunden Menschen.

Sebum als molekulare Informationsquelle

Zwei aktuelle Studien aus Großbritannien haben das Potenzial von Sebum als leicht zugänglicher Biomarker für Parkinson untersucht. Eine Studie analysierte Sebumproben mittels Thermodesorptions-Gaschromatographie-Massenspektrometrie (TD-GC-MS) und identifizierte 55 signifikante Merkmale, deren Konzentrationen bei iRBD-Patienten meist zwischen denen gesunder Kontrollen und Parkinson-Patienten lagen. Eine andere Studie untersuchte, ob Hunde den spezifischen Geruch von Parkinson im Sebum erkennen können. Die Hunde erzielten Sensitivitäten von 70 % bzw. 80 % und Spezifitäten von 90 % bzw. 98 %.

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