Pflegeprobleme bei Demenzpatienten: Herausforderungen und Lösungsansätze

Etwa die Hälfte der Patienten in Allgemeinkrankenhäusern ist älter als 60 Jahre, und etwa 12 Prozent sind von einer Demenzerkrankung betroffen. Da ihr Anteil in Zukunft voraussichtlich erheblich steigen wird, ist es wichtig, sich mit den besonderen Pflegeproblemen auseinanderzusetzen, die diese Patientengruppe mit sich bringt. Wenn Demenzerkrankte wegen eines Bruchs oder einer Herzerkrankung in ein Krankenhaus aufgenommen werden, ist „Demenz“ oft nur eine „Nebendiagnose“. Viele Krankenhäuser sind bisher nicht ausreichend auf Menschen mit Demenz eingestellt.

Herausforderungen im Krankenhaus

Für Demenzerkrankte ist ein Krankenhausaufenthalt eine besondere Situation. Sie können sich in der fremden Umgebung des Krankenhauses kaum zurechtfinden. Dies führt oft zu Angst und Unruhe, was dazu führen kann, dass sie versuchen, die Klinik zu verlassen. Hinzu kommt, dass sie oft keine Krankheitseinsicht haben, keine Auskunft über sich, ihre Beschwerden und Wünsche geben können und bei Diagnose, Behandlung, Körperpflege und Ernährung nicht mitwirken können.

Um die Situation von Demenzerkrankten im Krankenhaus zu verbessern, müssen die Probleme von allen Beteiligten gemeinsam angegangen werden. Besonders wichtig sind Verbesserungen in den folgenden Bereichen:

  • Information über die erkrankte Person und Kooperation mit den Angehörigen
  • Fachwissen über Demenzerkrankungen
  • Angemessene Strukturen und Abläufe in den Krankenhäusern

Information und Kooperation mit Angehörigen

Es ist wichtig, das Krankenhauspersonal explizit darauf hinzuweisen, dass Probleme aufgrund einer Demenzerkrankung auftreten können. Hilfreich ist hierbei der „Informationsbogen für Patienten mit einer Demenz bei Aufnahme ins Krankenhaus“, auf dem besondere Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Erkrankten beschrieben werden können.

Angehörige sollten sich mit anderen Familienmitgliedern und vertrauten Personen abwechseln und nach der Möglichkeit zum Rooming-in fragen, um auch über Nacht in der Klinik bleiben zu können. Wenn ein Arzt die medizinische Notwendigkeit der Begleitung im Krankenhaus bescheinigt, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für das Rooming-in.

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Es ist ratsam, bei den zuständigen Ärzten nachzufragen, falls der Eindruck entsteht, dass es der erkrankten Person plötzlich schlechter geht oder sie sedierende Medikamente erhält. Wenn eine Vollmacht vorliegt oder man vom Gericht als Betreuer bestellt worden ist, besteht ein Recht auf Einsicht in die Krankenunterlagen.

Fachwissen über Demenzerkrankungen

Das Krankenhauspersonal benötigt Fachwissen über Demenzerkrankungen, um die Patienten angemessen versorgen zu können. Dazu gehört das Wissen über die verschiedenen Demenzformen, ihre Symptome und den Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen.

Angemessene Strukturen und Abläufe in Krankenhäusern

Krankenhäuser sollten ihre Strukturen und Abläufe an die Bedürfnisse von Demenzpatienten anpassen. Dazu gehört beispielsweise die Schaffung einer demenzfreundlichen Umgebung, die Vermeidung von Stressfaktoren und die Anpassung der Kommunikation.

Projekte zur Verbesserung der Versorgung

Zahlreiche Projekte haben sich bereits dem Problem angenommen, dass Krankenhäuser nicht immer optimal auf demenziell erkrankte Patienten vorbereitet sind, und Lösungsvorschläge erarbeitet.

  • Im Saarland haben sich fünf katholische Krankenhäuser an dem Modellprojekt Dem-i-K (Demenz im Krankenhaus) beteiligt, das eine bessere Versorgung von Demenzpatienten in Akutkrankenhäusern zum Ziel hat. Es wurden Konsiliar- und Liaisondienste eingerichtet, welche mit Fachärzten für Geriatrie, Psychiatrie und Neurologie sowie mit einer Fachaltenpflegekraft für Psychiatrie ausgestattet sind. Im Zentrum stand der Aufbau eines demenzbezogenen Hintergrundwissens beim ärztlichen und pflegerischen Personal sowie ärztliche Konsile zur Erkennung und besseren Behandlung von Demenzen und Delirien. Dieses Projekt wurde 2013 mit „Dem-i-k plus“ fortgeführt, das sich auf die sektorübergreifende Versorgung demenzkranker Patientinnen und Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt durch aufsuchende und trägerübergreifende Dienste konzentrierte.
  • In Nordrhein-Westfalen wird das Programm „Förderung der Umsetzung demenzsensibler Versorgungsprojekte“ / „Blickwechsel Demenz NRW“ vom Paritätischen NRW durchgeführt.
  • Die Alzheimer Gesellschaft Niedersachsen e.V. und die Landesvereinigung für Gesundheit und Sozialmedizin e.V. haben seit 2006 Tagungen zum Thema veranstaltet.
  • Das Projekt „Doppelt hilft besser bei Demenz“ wurde vom Krankenhaus Lübbecke sowie der regionalen Alzheimergesellschaft Leben mit Demenz - Alzheimergesellschaft Kreis Minden-Lübbecke e.V. durchgeführt.

Unterstützung und Betreuungsmöglichkeiten außerhalb des Krankenhauses

Die Betreuung eines an Demenz erkrankten Menschen ist eine der größten Herausforderungen, die Angehörige meistern können. Es gibt verschiedene Betreuungsmöglichkeiten, von der stundenweisen Unterstützung bis hin zur stationären Pflege.

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Häusliche Betreuung

  • Ambulante Pflegedienste: Sie bieten Unterstützung bei der Betreuung zu Hause und entlasten pflegende Angehörige im Alltag.
  • Stundenweise Betreuung: Sie bietet flexible Unterstützung, ohne dass der Angehörige komplett in die Hände Dritter gegeben werden muss.
  • Tagesstruktur: Eine feste Tagesstruktur gibt Menschen mit Demenz Halt und Orientierung.
  • Seniorenbetreuer: Sie sorgen für Entlastung durch Hilfestellungen im Haushalt, als Seniorenbegleitung zum Einkaufen oder als Unterhaltung im Alltag.

Teilstationäre Betreuung

  • Tagespflege: Die betroffene Person wird tagsüber in einer spezialisierten Einrichtung betreut, während sie weiterhin überwiegend zu Hause lebt.
  • Betreuungsgruppen: Hier können sich Demenzkranke in einem geschützten Rahmen wohlfühlen und an vielfältigen Aktivitäten teilnehmen.

Stationäre Betreuung

  • 24-Stunden-Betreuung: Pflegehilfskräfte ermöglichen es Demenzerkrankten, weiterhin in den eigenen vier Wänden zu leben.
  • Betreutes Wohnen: Ambulant betreute Wohngemeinschaften bieten eine Alternative zum klassischen Pflegeheim.
  • Demenzpflegeheime: Sie bieten Schutz und Orientierung für Menschen mit Demenz, deren Zustand sich verschlechtert oder herausfordernde Verhaltensweisen häufiger auftreten.

Finanzielle Hilfen

Um finanzielle Hilfen der Pflegeversicherung beanspruchen zu können, benötigt die demenzerkrankte Person einen Pflegegrad. Die Pflegeversicherung bietet verschiedene Leistungen, die je nach Pflegegrad in Anspruch genommen werden können. Dazu gehören Pflegesachleistungen, Pflegegeld, der Entlastungsbetrag und Leistungen für Kurzzeit- oder Verhinderungspflege.

Tipps für die Pflege zu Hause

Die Pflege bei Demenz ist eine Herausforderung, sowohl für Erkrankte als auch für Angehörige. Die folgenden Tipps können helfen, den Pflegealltag zu strukturieren und sich wertvolle Auszeiten zu verschaffen:

  1. Information: Angehörige sollten sich direkt nach der Diagnose über die Erkrankung und den Umgang damit informieren.
  2. Frühzeitige Organisation der Pflege: Es sollte für ausreichend Unterstützung gesorgt werden, um eine Überforderung der pflegenden Angehörigen zu vermeiden.
  3. Unterwegs mit Demenz: Ausflüge und Spaziergänge sollten auf vertrauten Strecken und in vertrauter Umgebung stattfinden, um die Betroffenen nicht zu irritieren.

Kommunikation mit Demenzpatienten

Die Kommunikation mit Demenzpatienten erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen und spezielle Techniken. Es ist wichtig, den Betroffenen zu verstehen, Stressfaktoren zu minimieren und auf ihre Bedürfnisse einzugehen.

  • Verständnis: Vor der Pflegemaßnahme sollte die Bedürfnislage des Betroffenen ergründet werden.
  • Beziehungsebene: Zu Beginn der Maßnahme sollte eine positive Beziehung aufgebaut werden.
  • Stressfaktoren minimieren: Störquellen wie Radiogeräte oder Fernseher sollten ausgeschaltet werden.
  • Akzeptanz: Ablehnung der Pflegemaßnahme sollte akzeptiert werden, um die Autonomie des Betroffenen zu stärken.
  • Alternativen: Es sollten Alternativen getestet werden, um die Pflege angenehmer zu gestalten.

Türöffnende Handlungsempfehlungen

Der Sozialpsychologe Tom Kitwood hat türöffnende Handlungsempfehlungen für die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz formuliert. Diese können bei fast allen Interaktionen mit dem Betroffenen eingesetzt und genutzt werden.

Persönliche Eigenschaften der Mitarbeiter

Für eine individuelle und personenzentrierte Arbeit mit Menschen mit Demenz sind bestimmte persönliche Eigenschaften der Mitarbeiter notwendig:

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  • Innere Ruhe
  • Empathie
  • Flexibilität
  • Stabilität
  • Ungezwungenheit in der Kontaktaufnahme
  • Belastbarkeit

Umgang mit Belastungen

Viele Angehörige berichten, dass sich während der Pflege ihre körperliche Gesundheit verschlechtert, sie häufiger Medikamente benötigen, Freunde, Bekannte und/oder Familienmitglieder den Kontakt meiden und sie ihren Beruf und ihre Hobbies aufgeben. Es ist wichtig, mit den eigenen Kräften hauszuhalten und sich frühzeitig nach Möglichkeiten der Beratung und Entlastung umzusehen.

Alltaggestaltung mit Demenzpatienten

Der Alltag mit Menschen mit Demenz kann durch eine gut strukturierte Tagesroutine und einen sicheren Haushalt spürbar erleichtert werden.

  • Sicherheit im Haushalt: Der Haushalt sollte auf mögliche Gefahrenquellen überprüft und präventive Maßnahmen getroffen werden, um Unfälle zu vermeiden.
  • Tagesstruktur: Eine feste Tagesstruktur gibt Menschen mit Demenz Halt und Orientierung.
  • Beschäftigung: Einfache Beschäftigungen wie Basteln, Kochen oder Musikhören können dazu beitragen, den Tag zu gliedern und kleine Erfolgserlebnisse zu schenken.

Spezifische Pflegesituationen

Bei der Pflege von Demenzpatienten können spezifische Probleme auftreten, die besondere Maßnahmen erfordern.

Körperpflege

Die Körperpflege sollte den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Bewohners angepasst werden. Der Bewohner soll so weit wie möglich eigenständig durchführen. Die Reihenfolge des Waschens sollte nicht verändert werden.

Ernährung

Es sollte ein Ernährungsplan erstellt werden, der den Vorlieben und Bedürfnissen des Bewohners entspricht. Die Mahlzeiten sollten in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre eingenommen werden.

Inkontinenz

Es sollte auf eine regelmäßige Toilettengang geachtet werden. Die Kleidung sollte leicht zu öffnen sein.

Schlafstörungen

Es sollte eine ruhige und entspannende Schlafumgebung geschaffen werden. Auf koffeinhaltige Getränke und Alkohol sollte verzichtet werden.

Unruhe und Weglauftendenz

Es sollten Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten werden, um die Unruhe zu kanalisieren. Die Umgebung sollte sicher gestaltet werden, um Stürze zu vermeiden.

Enthemmtes Verhalten

Es sollten Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten geschaffen werden. Gleichzeitig sollte auf die richtige Distanz geachtet werden.

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