Plötzliche Demenz nach Sturz: Ursachen, Risiken und Prävention

Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene neurophysiologische Erkrankungen, von denen die Alzheimer-Krankheit die häufigste ist. Gedächtnisstörungen, Orientierungsprobleme und Verhaltensauffälligkeiten sind typische Symptome, die je nach Stadium und betroffenem Hirnbereich variieren können. Ein Sturz kann bei älteren Menschen eine Reihe von gesundheitlichen Problemen auslösen, darunter auch plötzliche Verwirrtheitszustände oder eine beschleunigte Demenzentwicklung.

Vaskuläre Demenz als Folge von Durchblutungsstörungen

Die vaskuläre Demenz ist mit etwa 15 % aller Demenzerkrankungen die zweithäufigste Form nach der Alzheimer-Demenz. Sie entsteht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die durch Ablagerungen in Blutgefäßen, Blutgerinnsel oder Hirnblutungen verursacht werden können. Diese Störungen führen zu einer Unterversorgung von Hirnzellen mit Sauerstoff, was deren Schädigung oder Absterben zur Folge haben kann. Risikofaktoren für vaskuläre Demenz sind Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf-Systems und Bluthochdruck. Zu Beginn können vor allem Probleme mit Aufmerksamkeit, verlangsamtem Denken und Persönlichkeitsveränderungen auftreten, begleitet von Gangstörungen, Kontrollverlust der Blase und Sprachproblemen.

Sturz als Auslöser für Delir und Demenz

Ein Sturzereignis kann besonders bei älteren Menschen mit bereits bestehenden kognitiven Einschränkungen wie Demenz ein Delir auslösen. Ein Delir ist eine akute Störung des Bewusstseins, die sich durch plötzliche Verwirrtheit, Halluzinationen, Gedächtnisstörungen und eine sprunghafte Gesprächsführung äußert. Es entsteht meist als Folge einer akuten Erkrankung, wie z. B. einer Infektion, oder durch die Belastung eines Krankenhausaufenthalts.

Risikofaktoren für ein Delir nach Sturz

  • Hohes Alter
  • Vorherige kognitive Einschränkungen (z. B. Demenz)
  • Schwere körperliche Erkrankungen
  • Krebserkrankungen
  • Organversagen
  • Blutvergiftung (Sepsis)
  • Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Sedativa, Diuretika, Anticholinergika)

Die tückische Natur des Delirs

Das Delir ist tückisch, da es eine nachhaltige Schädigung auslösen und das Risiko für zusätzliche Erkrankungen erhöhen kann. Es kann zu erneuten Stürzen, Mangelernährung und Selbstverletzungen führen, was die Sterblichkeitsrate erhöht. Zudem können bis zu 40 % der Delirpatienten auch nach 12 Monaten noch Einschränkungen in ihrer Hirnleistung aufweisen.

Krankenhausbedingte Verwirrung

Ein Krankenhausaufenthalt kann selbst bei geistig klaren älteren Menschen zu Verwirrung und Abbau führen. Dies kann durch verschiedene Faktoren bedingt sein:

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  • Medikamente: Schmerzmittel, Beruhigungsmittel und andere Medikamente können zu Verwirrtheitszuständen führen oder diese verstärken.
  • Infektionen: Harnwegsinfekte, die häufig durch Katheter verursacht werden, können Verwirrung auslösen.
  • Krankenhausroutine: Untersuchungen, Schlafmangel, Lärm, fremde Umgebung und ständige Personalwechsel können ältere Menschen stark belasten.

Langzeitfolgen von Schädel-Hirn-Traumata

Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT), das durch einen Sturz, Verkehrsunfall oder Schlag gegen den Kopf verursacht werden kann, erhöht langfristig das Risiko, an Alzheimer oder anderen Demenzen zu erkranken. Das Risiko steigt mit der Schwere und Häufigkeit der Verletzungen. Bereits ein leichtes Trauma kann das Demenzrisiko deutlich erhöhen. Studien zeigen, dass das Demenzrisiko nach einem einzigen gravierenden Trauma um 33 % steigt, nach einer Gehirnerschütterung um 17 %. Bei wiederholten Verletzungen steigt das Risiko rasant an:

  • Nach einem Trauma: 33 % erhöhtes Risiko
  • Nach zwei bis drei Traumata: 33 % erhöhtes Risiko
  • Nach vier Traumata: 61 % erhöhtes Risiko
  • Nach fünf oder mehr Verletzungen: 183 % erhöhtes Risiko

Besonders besorgniserregend ist, dass das Demenzrisiko für Menschen, die in jungen Jahren ein SHT erleiden, besonders hoch ist.

Sturzursachen im Alter: Ein multifaktorielles Problem

Stürze im Alter sind ein häufiges und schwerwiegendes Problem, das oft durch eine Kombination mehrerer Faktoren verursacht wird. Es ist wichtig zu verstehen, dass die meisten Stürze im Alter ohne Bewusstseinsstörungen in Situationen auftreten, die keine besonderen Anforderungen an die Balance stellen. Die Ursachen liegen oft im stürzenden Menschen selbst und in seiner verringerten Fähigkeit zur sicheren Fortbewegung.

Intrinsische Risikofaktoren (vom Menschen selbst ausgehend)

  • Hohes Alter (> 80 Jahre)
  • Hilfebedarf bei täglichen Aktivitäten (ADL)
  • Allgemeine Kraftdefizite am Muskel- und Skelettsystem (durch Inaktivität)
  • Probleme an den Füßen
  • Geh- und Balancestörungen (verlangsamte Gehgeschwindigkeit, Trippelschritte, Störungen bei Drehungen)
  • Erhöhte Körperschwankungen
  • Sehbeeinträchtigungen und Störungen des Lagesinns
  • Kognitive Störungen, Depressionen, affektive Störungen, Demenzen
  • Einnahme bestimmter Medikamente (Psychopharmaka, Sedativa, Diuretika)
  • Vorherige Sturzereignisse

Extrinsische Risikofaktoren (von der Umgebung ausgehend)

  • Schlechte Beleuchtung
  • Steile Treppen
  • Mangelnde Haltemöglichkeiten
  • Glatte Böden
  • Stolperfallen (Teppichkanten, Türschwellen, herumliegende Gegenstände)
  • Ungeeignetes Schuhwerk (Slipper, Schuhe ohne Halteriemen)
  • Schlechte Wetterverhältnisse (Glatteis, Schnee)

Sturzfolgen: Mehr als nur Knochenbrüche

Stürze können eine Vielzahl von körperlichen und psychischen Folgen haben:

  • Hüftfrakturen (häufigste schwere Sturzfolge)
  • Prellungen, Verstauchungen, Hämatome, Handgelenksbrüche, Platzwunden
  • Einschränkungen von Bewegung und körperlichen Aktivitäten
  • Verlust der Selbstständigkeit
  • Notwendigkeit des Umzugs in ein Senioren- oder Pflegeheim
  • Tod (in den USA eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen ab 65 Jahren)
  • Verlust des Selbstvertrauens und Angst vor erneuten Stürzen
  • Bewegungseinschränkungen und Reduzierung der Alltagsaktivitäten

Prävention von Stürzen und deren Folgen

Maßnahmen zur Sturzprävention

  • Bewegung und körperliche Aktivität: Regelmäßiges Training zur Verbesserung von Kraft, Balance und Koordination.
  • Anpassung des Wohnumfelds: Beseitigung von Stolperfallen, gute Beleuchtung, Anbringen von Haltegriffen im Bad und an Treppen.
  • Geeignetes Schuhwerk: Tragen von Schuhen mit guter Passform und rutschfesten Sohlen.
  • Überprüfung der Medikamente: Vermeidung von Medikamenten, die das Sturzrisiko erhöhen können.
  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Überprüfung von Sehvermögen, Gleichgewicht und neurologischen Funktionen.
  • Hilfsmittel: Verwendung von Gehhilfen bei Bedarf.
  • Ernährung: Ausgewogene Ernährung zur Stärkung von Muskeln und Knochen.
  • Vermeidung von Alkoholkonsum: Alkohol kann das Gleichgewicht beeinträchtigen und das Sturzrisiko erhöhen.
  • Schulung und Beratung: Teilnahme an Sturzpräventionsprogrammen.

Maßnahmen bei einem Delir

  • Früherkennung: Achten Sie auf Anzeichen von Verwirrtheit, Unruhe und Desorientierung.
  • Ursachensuche: Suchen Sie nach möglichen Auslösern wie Infektionen, Medikamenten oder Schmerzen.
  • Behandlung: Behandeln Sie die Grunderkrankung und sorgen Sie für eine ruhige und strukturierte Umgebung.
  • Reorientierung: Geben Sie dem Patienten immer wieder Informationen über Ort, Zeit und Situation.
  • Unterstützung: Bieten Sie dem Patienten Sicherheit und Geborgenheit.

Maßnahmen nach einem Krankenhausaufenthalt

  • Medikamentenüberprüfung: Lassen Sie die Medikamente des Patienten von einem Arzt oder Apotheker überprüfen, um mögliche Neben- und Wechselwirkungen zu erkennen.
  • Häusliche Betreuung: Sorgen Sie für eine angemessene Betreuung des Patienten zu Hause, um Stürze zu vermeiden und die Selbstständigkeit zu fördern.
  • Aktivitäten: Fördern Sie die körperliche und geistige Aktivität des Patienten, um die kognitiven Funktionen zu verbessern und die Muskelkraft zu erhalten.
  • Geduld und Zuwendung: Zeigen Sie Geduld und Zuwendung gegenüber dem Patienten und unterstützen Sie ihn bei der Bewältigung der neuen Situation.

Fallbeispiel: Kirstin Puchner und ihr Mann mit vaskulärer Demenz

Kirstin Puchner pflegt seit Jahren ihren Ehemann, der an vaskulärer Demenz leidet. Sie berichtet, dass die Erkrankung mit unpassenden Worten begann und sich im Laufe der Zeit verstärkte. Durch eine feste Tagesstruktur, viel Bewegung, eine Ernährungsumstellung und Ergotherapie haben sie ihren Alltag gut an die Erkrankung angepasst. Kirstin Puchner betont die Bedeutung von Vertrauen, Wertschätzung und dem Aufbau von Automatismen im Alltag. Sie rät Betroffenen und Angehörigen, erste Anzeichen ernst zu nehmen, sich gut zu informieren und trotz der Erkrankung die Lebensqualität zu erhalten.

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