Ein plötzlich auftretendes Taubheitsgefühl im Ohr kann beunruhigend sein. Es ist wichtig, die möglichen Ursachen zu kennen, um schnell handeln und geeignete Maßnahmen ergreifen zu können. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Ursachen, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten sowie Präventionsmaßnahmen bei plötzlicher Taubheit im Ohr.
Was ist ein Taubheitsgefühl im Ohr?
Als Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Ohr wird ein besonderes und lästiges Gefühl bezeichnet, das zum Kratzen animiert. Hierbei verursacht das unter dem Begriff Parästhesie bekannte Gefühl von Kribbeln in den Ohren meistens ein Taubheitsgefühl im Gehörgang. Es kann in jedem Alter, auch bei Kindern, generalisiert oder lokal an einem bestimmten Bereich auftreten. Dieses Kribbeln oder Jucken im Ohr ist an sich keine Krankheit, sondern nur ein Symptom, und kann durch einer Behandlung der Ursache gelindert werden. Oft handelt es sich hierbei um ein Anzeichen für eine Infektion, Läsion oder Beschädigung von Nerven und generell ein Symptom für eine Reihe sehr unterschiedlicher medizinischer Umstände.
Ursachen von Taubheit im Ohr
Es gibt eine Vielzahl von Ursachen für Taubheit im Ohr. Grundsätzlich ist es möglich, dass die Ursache sowohl im Ohr, vor allem an der Schallempfindung im Innenohr, als auch an den weiteren Stationen der Hörbahn im Gehirn liegt. Auch eine Kombination mehrerer Ursachen ist möglich.
Schallleitungsstörung
Von einer Schall-Leitungsstörung spricht man, wenn der über den äußeren Gehörgang eintreffende Schall nicht normal über das Mittelohr zum Innenohr weitergeleitet wird. Ursache dafür ist meist eine Schädigung der schallverstärkenden Gehör-Knöchelchen im Mittelohr. Eine solche Störung ist bei manchen Menschen angeboren, bei anderen entsteht sie im Laufe des Lebens.
Eine Schall-Leitungsstörung ist zwar eine mögliche Ursache für Schwerhörigkeit - als alleinige Ursache für eine Taubheit allerdings ausgeschlossen. Denn auch ohne die Weiterleitung des Schalls durch die Luft (Luft-Leitung) ist die Wahrnehmung von Schall möglich, da dieser zu einem geringen Teil auch über den Schädelknochen das Innenohr erreicht (Knochen-Leitung).
Lesen Sie auch: Was ist plötzliche Demenz?
Schallempfindungsstörung
Bei einer Schall-Empfindungsstörung ist die Schall-Weiterleitung bis zum Innenohr intakt. Dort aber werden die ankommenden akustischen Signale in der Regel nicht registriert (sensorische Hörstörung). In selteneren Fällen werden die Signale zwar im Innenohr registriert, aber dann nicht an das Gehirn weitergeleitet und dort wahrgenommen - entweder aufgrund einer Störung des Hörnervs (neurale Hörstörung) oder der zentralen Hörbahn (zentrale Hörstörung). Auch eine Schall-Empfindungsstörung ist bei manchen Menschen angeboren, bei anderen erworben.
Psychogene Hörstörung
In seltenen Fällen führen psychiatrische Erkrankungen zu einer Taubheit. Psychische Belastungen stören bei manchen Menschen die Hörempfindung - auch ohne nachweisbare Schäden der Ohren. Mit objektiven Hör-Untersuchungen lässt sich einschätzen, ob noch akustische Signale im Gehirn des Patienten ankommen oder nicht.
Angeborene Taubheit
Es gibt genetisch bedingte Hörstörungen. Ein Hinweis darauf ist das gehäufte Vorkommen von Taubheit in der Familie. Auslöser der genetisch bedingten Taubheit sind Fehlbildungen des Innenohres oder des Gehirns.
Außerdem besteht die Gefahr, dass Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft, zum Beispiel mit Röteln, eine normale Entwicklung des Gehörs beim ungeborenen Kind beeinträchtigen und damit zu einem gestörten Hörempfinden bis hin zu Taubheit führen.
Zusätzlich erhöhen Drogen wie vor allem Alkohol und Nikotin sowie bestimmte Medikamente während der Schwangerschaft das Risiko für eine Hörschädigung beim Kind. Bekannte Beispiele für ohrschädigende (ototoxische) Arzneistoffe sind Thalidomid sowie verschiedene Antibiotika aus den Gruppen der Aminoglykoside, Makrolide und Glykopeptide.
Lesen Sie auch: Prävention von Demenz nach Sturzereignissen
Sauerstoff-Mangel und Hirn-Blutungen während der Geburt führen bei manchen Kindern ebenfalls zur Taubheit. So haben frühgeborene Kinder, die häufig aufgrund einer unzureichenden Lungenreife kurz nach der Geburt an Sauerstoff-Mangel leiden, ein erhöhtes Risiko für eine Hörstörung.
Studien haben gezeigt, dass auch eine entwicklungsbedingte Verzögerung der Hörbahn-Reifung zu Schwerhörigkeit führen kann. In diesem Fall verbessert sich das Hörvermögen häufig im Laufe des ersten Lebensjahrs. Manchmal bleibt aber auch eine ausgeprägte Schwerhörigkeit oder Taubheit bestehen.
Erworbene Taubheit
Häufigste Ursache für eine erworbene Taubheit ist eine längere Infektion des Ohres. Diese schädigt in schweren Fällen sowohl das Mittelohr (Schall-Leitung) als auch das Innenohr (Schall-Empfindung). Auch Infektionen der Hirnhäute (Meningitis) oder des Gehirns (Enzephalitis) ziehen manchmal Taubheit nach sich.
Einige Medikamente, wie bestimmte Krebs-Medikamente (Chemo-Therapeutika), gewisse Entwässerungsmittel (Diuretika) und eine ganze Reihe von Antibiotika, haben eine ohrschädigende Wirkung. Auch das gebräuchliche Schmerz- und Fiebermittel Acetylsalicylsäure wirkt ototoxisch - allerdings deutlich geringer als bei den zuvor genannten Arzneistoffen.
Weitere Ursachen für erworbene Taubheit sind Tumore, Lärm-Schäden, Durchblutungsstörungen, ein Hörsturz oder auch chronische Erkrankungen des Ohres wie beispielsweise die sogenannte Otosklerose. Seltener führen auch Industrie-Schadstoffe (zum Beispiel Kohlenmonoxid) und Verletzungen zu Taubheit.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Taubheit im linken Bein
Weitere mögliche Ursachen
- Mittelohrentzündung (Otitis media): Eine Virus- oder Bakterieninfektion im Mittelohr kann zu einer Entzündung führen, die sich mit Schleim und Flüssigkeit verschließt. Symptome sind Schmerzen, Fieber, Schwerhörigkeit, Übelkeit, Kribbeln und Taubheitsgefühl.
- Verengung oder Verschluss der Eustachischen Röhre: Wenn sich die Eustachische Röhre aufgrund einer Entzündung verengt oder verschließt, kann sich eine Mittelohrentzündung mit gängigen Symptomen wie Schmerzen, Fieber, Kribbeln und Taubheitsgefühl entwickeln.
- Ohrenschmalzpropf: Ohrenschmalz erfüllt wichtige Aufgaben, kann aber bei übermäßiger Produktion zu einem Propf führen, der Juckreiz und Taubheit verursachen kann.
- "Surferohr": Eine Entzündung des äußeren Gehörgangs, die mit Schmerzen, Rötung und Kribbeln einhergeht.
- Herzerkrankungen: Eine diagonale Falte am Ohrläppchen kann ein Hinweis auf eine Herzkrankheit sein.
- Periphere Neuropathie bei Diabetikern: Ein Schaden des peripheren Nervensystems kann ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl im Gesicht und in den Ohren verursachen.
- Hörsturz: Ein akuter, schmerzloser Hörverlust auf einem Ohr, der von einem Taubheitsgefühl begleitet sein kann.
Diagnose von Taubheit im Ohr
Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) ist der richtige Ansprechpartner, um Taubheit zu diagnostizieren.
Anamnese
Im Gespräch zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) wird der Arzt vor allem nach dem Grund für den Verdacht auf Taubheit, nach Risikofaktoren für Hörstörungen und bisherigen Auffälligkeiten fragen.
Laut der amerikanischen Fachgesellschaft ASHA (American Speech Language Hearing Association) sind folgende Auffälligkeiten bei Kindern ernst zu nehmen, weil sie auf eine Hörstörung oder Taubheit hinweisen können:
- Das Kind reagiert oft nicht auf Ansprache oder auf Rufen.
- Anweisungen werden nicht korrekt befolgt.
- Oft wird mit “Wie?” oder “Was?” nachgefragt.
- Die Sprachentwicklung ist nicht altersgemäß.
- Die Verständlichkeit der Sprache ist durch eine schlechte Artikulation erschwert.
- Beim Fernsehen oder Musik hören stellt das Kind besonders hohe Lautstärken ein.
Diese Hinweise lassen sich auch auf betroffene Erwachsene übertragen, wobei allerdings die Artikulation bei Erwachsenen, die nicht seit der Kindheit taub sind, relativ normal ist.
Untersuchungen und Tests
Nach der Anamnese folgen verschiedene Untersuchungen und Tests, um den Verdacht auf Taubheit abzuklären. Die verschiedenen Hör-Tests erlauben aber zumeist nur in Kombination eine Aussage über das Hörvermögen. Die genaue Untersuchung des Hörvermögens und Sprach-Verständnisses dient auch dazu, den Grad der Hör-Behinderung oder bei Erwachsenen der Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen.
Ohrspiegelung (Otoskopie)
Zunächst wird der Arzt das Ohr des Betroffenen mit einer Lupe mit integrierter Lichtquelle, einem sogenannten Otoskop, untersuchen. Dabei sieht er, ob das Trommelfell intakt ist und ob sich dahinter gegebenenfalls ein Erguss im Mittelohr befindet. Diese Untersuchung liefert allerdings nur Aussagen über die Anatomie, nicht über die Hörleistung.
Weber- und Rinne-Test
Der Weber- und der Rinne-Test geben wichtige Hinweise auf die Art und den Ort der Hör-Schädigung. Der Arzt bringt dazu eine Stimmgabel zum Schwingen und hält das Ende der Stimmgabel an verschiedene Stellen im Bereich des Kopfes:
- Weber-Test: Der Arzt setzt dem Patienten die Stimmgabel auf die Mitte des Kopfes und fragt, ob der Patient den Ton auf einem Ohr besser hört als auf dem anderen. Normalerweise ist das Hörvermögen auf beiden Ohren gleich. Hört aber der Patient auf einer Seite den Ton lauter (Lateralisation), weist dies entweder auf eine Schall-Leitungs- oder Schall-Empfindungsstörung hin. Hört der Patient den Ton auf dem erkrankten Ohr lauter, spricht dies für eine Schall-Leitungsstörung. Empfindet der Patient andererseits den Ton auf der gesunden Seite lauter, spricht dies für eine Schall-Empfindungsstörung im erkrankten Ohr.
- Rinne-Test: Bei diesem Test wird die Stimmgabel auf den Knochen hinter dem Ohr aufgesetzt, und zwar so lange, bis der Ton nicht mehr hörbar ist. Dann wird die meist noch schwingende Stimmgabel vor das Ohr gehalten. Bei normalem Hörvermögen wird der Ton wieder wahrgenommen, da die Luft-Leitung besser als die Knochen-Leitung ist.
Hör-Tests: Subjektive Methoden
Subjektive Methoden eines Hör-Tests erfordern die Mitarbeit des Patienten. So lässt sich der gesamte Weg des Hör-Prozesses überprüfen.
- Tonschwellen-Audiometrie: Bei der Tonschwellen-Audiometrie wird die Hörbarkeit von Tönen über Kopfhörer oder Knochenleitungs-Kopfhörer zur Bestimmung der frequenzabhängigen Hörschwelle genutzt. Die Hörschwelle wird in Dezibel angegeben. Sie markiert die untere Grenze der Lautstärke, von der an Patienten den Ton gerade noch wahrnehmen.
- Sprach-Audiometrie: Eine Ergänzung zur Tonschwellen-Audiometrie ist die Sprach-Audiometrie. Statt Tönen werden den Patienten Wörter oder Laute vorgespielt, die sie erkennen und nachsprechen müssen. Auf diese Weise wird auch das Verständnis von Sprache getestet. Dies hat für den Alltag einen besonders großen Stellenwert und hilft beispielsweise auch, Hörgeräte richtig einzustellen.
Die Ergebnisse der Tonschwellen-Audiometrie werden in einem sogenannten Audiogramm bildlich dargestellt. Auf diesem sieht der Arzt, bei welchen Frequenzen der Patient Einbußen seiner Hörleistung hat. Dies liefert ihm Hinweise auf mögliche Ursachen der Hörschädigung.
Weitere Untersuchungen
Insbesondere bei Kindern werden neben der Audiometrie auch andere Hör-Tests genutzt, um das Hörvermögen zu überprüfen. Wenn das Tragen von Kopfhörern abgelehnt oder nicht möglich ist, werden Lautsprecher genutzt. Dieses Verfahren erlaubt zwar keine seitengetrennte Untersuchung der Ohren, liefert aber dennoch Hinweise auf die Hörfähigkeit. Weitere spezielle Verfahren für diese Fälle sind Verhaltens-Audiometrie, Reflex-Audiometrie, visuelle Konditionierung und konditionierte Spiel-Audiometrie.
Zusätzlich liefern Tests wie der sogenannte SISI- (Short Increment Sensitivity Index) oder der Fowler-Test Hinweise darauf, ob die Ursache der Schwerhörigkeit/Taubheit in der Schall-Registrierung in der Hörschnecke (Cochlea) oder aber in den sich anschließenden Nervenbahnen (Hörbahn) zu finden ist.
Hör-Tests: Objektive Methoden
Die objektiven Hör-Test-Verfahren erfordern nur eine sehr geringe Mitarbeit des Patienten. Durch Untersuchung von Teilabschnitten der Hörbahn helfen sie, Art und Ausmaß der Hörstörung festzustellen. Zumeist sind sie auch verwendbar, wenn subjektive Verfahren bei einem Patienten nicht möglich sind.
- Tympanometrie: Die Tympanometrie (Impendanz-Audiometrie) ist eine sehr wichtige Untersuchung, die bei jedem Kind mit Verdacht auf eine Hörstörung zum Einsatz kommt: Schallwellen, die in das Ohr eintreten, erreichen durch den äußeren Gehörgang das Trommelfell (Tympanon). Das Tympanon ist eine dünne Haut, die durch die Schallwellen bewegt wird. Diese Bewegung löst eine Bewegung der nachgeschalteten Gehör-Knöchelchen aus und setzt so die Kaskade der Schall-Wahrnehmung in Gang. Bei der Tympanometrie führt der Arzt eine Sonde in das Ohr ein und schließt es damit luftdicht ab. Die Sonde sendet einen Ton aus und misst kontinuierlich den Widerstand des Trommelfells und damit den auch der nachgeschalteten Gehör-Knöchelchen. Das gibt Aufschlüsse über die Funktionalität des Mittelohrs.
- Messung des Stapedius-Reflexes: Der Stapedius-Reflex ist eine Reaktion auf lauten Schall. Der sogenannte Stapedius ist ein Muskel, der den dritten Gehör-Knöchel durch Zusammenziehen so verkantet, dass der Schall vom Trommelfell weniger stark ins Innenohr weitergeleitet wird. Dieser Muskel schützt das Innenohr somit vor hoher Lautstärke. Bei der Messung des Stapedius-Reflexes wird die Reflex-Schwelle bestimmt, also der Lautstärke-Wert, ab dem der Reflex ausgelöst wird. Durch diese Untersuchung lässt sich feststellen, ob die Gehör-Knöchelchen im Mittelohr normal beweglich sind.
- Neugeborenen-Screening: Seit 2009 werden alle Neugeborenen auf Taubheit untersucht. Ziel ist es, Hörstörungen bis zum dritten Lebensmonat frühzeitig zu erkennen und bis zum sechsten Lebensmonat die Therapie einzuleiten. Die beiden folgenden Methoden werden auch bei diesem Neugeborenen-Screening eingesetzt.
- Messung der otoakustischen Emissionen: Ein schmerzloses Verfahren zur Funktionsprüfung der Hörschnecke. Die Emissionen sind sehr leise Echos, die aus dem Innenohr kommen. Die äußeren Haarzellen im Innenohr senden als Antwort auf eine eintretende Schallwelle dieses Echo aus.
- Hirnstamm-Audiometrie (BERA): Sie untersucht die Nerven- und Gehirn-Bereiche, die für das Hören verantwortlich sind. Mithilfe der auf der Kopfhaut gemessenen elektrischen Impulse lässt sich abschätzen, ob der Schall nicht nur im Innenohr registriert, sondern auch über die angeschlossenen Nervenbahnen weitergegeben und im Gehirn verarbeitet wird.
Dem Patienten wird dazu ein Kopfhörer aufgesetzt, der einen Ton aussendet. Auf der Kopfhaut angebrachte Elektroden messen dann die Form der elektrischen Erregungen und die Zeit zwischen Ton und elektrischer Antwort in den Nerven und im Gehirn.
Weitere Untersuchungen bei Taubheit
Vor allem bei plötzlicher Taubheit sucht der Arzt nach speziellen Ursachen, wie zum Beispiel einem den Gehörgang verstopfenden Fremdkörper, schweren Infektionen und der Anwendung bestimmter Medikamente.
Bildgebende Verfahren kommen zum Einsatz, wenn der Patient ein Cochlea-Implantat erhält oder aber der Verdacht auf eine Krebs-Erkrankung oder eine Fehlbildung als Ursache für die Taubheit besteht. Dabei wird mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) oder der Computertomografie (CT) das Gehirn beziehungsweise das Ohr detailliert abgebildet.
Blut-Untersuchungen sind meist nicht aufschlussreich bei Verdacht auf Taubheit. Sie sind nur in bestimmten Fällen hilfreich, etwa zur Abklärung von Infektionen oder bei Hinweisen auf eine Stoffwechsel-Erkrankung. Manchmal entsteht eine Schwerhörigkeit oder Taubheit durch eine wiederholte Erkrankung des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs infolge von erhöhter Infektanfälligkeit. Eine Blut-Untersuchung kann hier helfen, eine Erklärung dafür zu finden.
Eventuell sind bei Taubheit weitere Untersuchungen erforderlich, etwa Untersuchungen beim Augenarzt oder Neurologen. In bestimmten Fällen, vor allem bei genetischen Ursachen oder familiärer Taubheit wird eine humangenetische Beratung durchgeführt. Humangenetiker sind Spezialisten für die Analyse von genetischen Informationen und Erkrankungen.
Behandlung von Taubheit im Ohr
Die Behandlung eines Taubheitsgefühls im Ohr hängt immer von der Ursache ab. Diese Beschwerden werden im Falle einer Entzündung oft mit Antibiotika behandelt und können so stark sein, dass sie einen chirurgischen Eingriff erfordern. In den meisten Fällen ist das Kribbeln im Ohr nicht schwerwiegend; es kann jedoch auf ein medizinisches Problem hinweisen. Daher lohnt sich immer der Gang zum Facharzt, vor allem wenn das Problem seit einiger Zeit besteht.
Hörsturz
Bei einem Hörsturz werden in der Regel Wirkstoffe aus der Gruppe der Glukokortikosteroide (kurz: Glukokortikoide) angewendet. Das sind kortisonhaltige Medikamente, die entzündungshemmend wirken. Wirkstoffe wie Prednisolon oder Dexamethason werden umgangssprachlich oft unter dem Namen „Kortison“ zusammengefasst. Meist nimmt man die Medikamente als Tabletten ein. Alternativ kann der Wirkstoff direkt ins Ohr gespritzt werden, zum Beispiel, wenn die Behandlung mit Tabletten nicht ausreicht oder starke Nebenwirkungen verursacht. Tabletten und Spritzen ins Ohr können auch kombiniert werden. Selten wird der Wirkstoff auch direkt in eine Vene gespritzt, zum Beispiel am Arm.
Wer Tabletten erhält, nimmt diese einige Tage lang ein. Die Therapie kann verlängert werden, wenn sie die Beschwerden in dieser Zeit nicht ausreichend lindert.
Bei Kortisonspritzen ins Ohr wird dieses zunächst örtlich betäubt. Dazu wird beispielsweise ein Schwämmchen mit Betäubungsmittel getränkt, in den Gehörgang geführt und auf das Trommelfell gelegt. Danach spritzt die Ärztin oder der Arzt den Wirkstoff mit einer feinen Nadel durch das Trommelfell ins Mittelohr. Das dauert wenige Sekunden. Durch den Einstich im Trommelfell entsteht ein Loch, das sich normalerweise rasch wieder von selbst schließt. Der Wirkstoff befindet sich nun nahe des Innenohrs. Damit er gut einwirken kann, ist es wichtig, nach der Behandlung etwa 20 Minuten auf der nicht behandelten Seite liegen zu bleiben.
Oft kann ein Hörsturz ambulant behandelt werden.
Zur Wirksamkeit von Glukokortikoiden bei einem Hörsturz gibt es nicht genügend aussagekräftige Forschung. Bei wie vielen Menschen die Medikamente das Hören verbessern und wie stark, lässt sich deshalb nicht zuverlässig sagen.
Bisherige Studien weisen jedoch darauf hin, dass Glukokortikoid-Tabletten und -Spritzen ähnlich wirksam sind. Falls die Behandlung mit Tabletten nicht geholfen hat, können Glukokortikoid-Spritzen ins Mittelohr das Hören aber noch leicht verbessern. Ob es Vorteile hat, beide Methoden zu kombinieren, ist unklar. Ob die Medikamente auch begleitende Beschwerden wie Tinnitus oder Schwindel verringern, wurde bisher nicht untersucht.
Wie jede medikamentöse Behandlung kann die Behandlung mit Glukokortikoiden Nebenwirkungen haben. Es lässt sich anhand bisheriger Studien allerdings nicht sicher sagen, wie oft diese bei Menschen mit Hörsturz auftreten.
Bei Glukokortikoid-Tabletten hängt das Risiko für Nebenwirkungen unter anderem vom Wirkstoff und von der Dosierung ab. Bei einer kurzen Einnahme sind Nebenwirkungen zudem seltener und meist gut zu kontrollieren. Mögliche Nebenwirkungen sind:
- erhöhte Blutzuckerwerte
- Schlafstörungen
- Stimmungsschwankungen
- Appetits- und Gewichtsänderungen
- trockener Mund
Glukokortikoid-Spritzen ins Mittelohr sind meist besser verträglich, weil sie nicht im ganzen Körper wirken. Mögliche Nebenwirkungen sind:
- Schmerzen im Ohr
- vorübergehender Schwindel
- eine Mittelohrentzündung
Sehr selten kann der Körper das Loch, das durch die Spritze im Trommelfell entsteht, nicht selbst schließen. Dies kann Schmerzen verursachen, das Hören beeinträchtigen und das Risiko für Infektionen erhöhen.
Weitere Behandlungsmethoden
Es gibt zahlreiche weitere Behandlungsmethoden, deren Wirksamkeit bei einem Hörsturz allerdings schlecht erforscht ist. Deshalb werden sie nur selten eingesetzt - zum Beispiel, wenn die Behandlung mit Glukokortikoiden nicht ausreicht oder man diese nicht verträgt. Dazu gehören:
- die Sauerstoff-Therapie, bei der man in einer Überdruckkammer reinen Sauerstoff einatmet (hyperbare Oxgenisierung), der schlechter durchblutetes Gewebe mit mehr Sauerstoff versorgen soll, und
- die Therapie mit antiviralen Medikamenten, die die Vermehrung von Viren hemmen oder sie zerstören.
Häufig werden bei einem Hörsturz auch pflanzliche Heilmittel angeboten, für deren Wirksamkeit es jedoch keine Belege gibt.
Früher wurden auch Medikamente eingesetzt, die bewirken, dass das Blut besser durch die Gefäße fließt (sogenannte Rheologika und Vasodilatatoren). Studien konnten jedoch nicht nachweisen, dass sie bei einem Hörsturz helfen. Zudem können sie Nebenwirkungen haben. Daher empfehlen Fachleute sie nicht mehr.
Hörgeräte und Cochlea-Implantate
Wenn die Schwerhörigkeit trotz Behandlung bestehen bleibt, kann ein Hörgerät eine wichtige Hilfe sein. Ist das Hören kaum oder gar nicht mehr möglich, kommt eine „Hörprothese“ (Cochlea-Implantat) infrage.
Psychologische Unterstützung
Mit einem dauerhaften Hörverlust zurechtzukommen, ist oft nicht leicht. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen und Achtsamkeitstraining sowie Stressreduktion können helfen, mit den Einschränkungen umzugehen.
Prävention von Taubheit im Ohr
Da die Ursachen für einen Hörsturz nicht bekannt sind, lässt sich auch nicht sicher sagen, was die Heilung unterstützt oder einem Hörsturz vorbeugt.
Manche Menschen empfinden es als angenehm, das betroffene Ohr zum Beispiel mit einem Wärmekissen oder einer Mütze zu wärmen. Oft wird empfohlen, den Stress im Alltag zu reduzieren und zum Beispiel Entspannungsübungen zu machen sowie ausreichend zu schlafen. Auch nicht (mehr) zu rauchen, könnte hilfreich sein.
Patienten und Patientinnen mit einer chronischen Erkrankung, die den Blutdruck schwanken lässt (zum Beispiel Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen) sollten sich regelmäßig untersuchen lassen und verordnete Medikamente zuverlässig einnehmen. Bei akuten Infektionen - des Gehörgangs oder des ganzen Körpers, wie bei der Grippe - sollte man sich ausreichend schonen.
tags: #plotzliche #taubheit #ohr #ursachen #behandlung