Barfußlaufen und Polyneuropathie: Studien und Erkenntnisse

Das Barfußlaufen erfreut sich wachsender Beliebtheit. Es wird nicht mehr nur als angenehme Freizeitbeschäftigung am Strand oder im Garten betrachtet, sondern auch als Möglichkeit, die Fußgesundheit und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Insbesondere im Zusammenhang mit Erkrankungen wie Polyneuropathie rückt das Barfußlaufen in den Fokus.

Die Bedeutung des Barfußlaufens für die Fußgesundheit

Orthopäde Matthias Manke aus Bochum erklärt, dass Barfußlaufen die Fußmuskulatur trainiert, insbesondere die Muskeln an der Fußsohle. Diese Muskeln verkümmern, wenn sie nicht regelmäßig beansprucht werden. Zudem befinden sich in den Füßen viele freie Nerven, die durch das Barfußlaufen stimuliert werden und positive Impulse an den Körper senden können. Dies kann sich beispielsweise in einer Linderung von Nacken-, Rücken- oder Lendenwirbelsäulenschmerzen äußern. Auch der Entstehung eines Fersensporns, einer oft schmerzhaften Verknöcherung an der Ferse, kann durch Barfußlaufen entgegengewirkt werden, da dieser häufig durch eine untrainierte Fußmuskulatur verursacht wird.

Kleine Kinder sollten idealerweise so oft wie möglich ohne Lauflernschuhe oder Socken laufen, um eine natürliche Entwicklung ihrer Füße zu gewährleisten.

Barfußlaufen: Für wen geeignet?

Grundsätzlich ist Barfußlaufen für fast jeden geeignet. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie beispielsweise Menschen mit Polyneuropathie, bei denen das Empfinden an den Füßen reduziert oder nicht mehr vorhanden ist. In solchen Fällen ist die Verletzungsgefahr erhöht, da Schäden am Fuß möglicherweise nicht sofort bemerkt werden.

Wer nicht regelmäßig barfuß läuft, sollte langsam beginnen und den Fuß zunächst auf Rasen oder am Sandstrand an diese andere Art des Gehens gewöhnen.

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Barfußschuhe als Alternative

Für den Alltag gibt es spezielle Barfußschuhe mit sehr dünner und flexibler Sohle, die den Füßen ermöglichen, sich natürlich zu bewegen und die Fußmuskulatur zu stärken. Es ist nicht notwendig, ausschließlich barfuß zu laufen, aber ein Wechselspiel zwischen dem Tragen von Schuhen und dem Barfußgehen ist empfehlenswert.

Barfußlaufen und das Nervensystem

Das Barfußgehen, oft als „Earthing“ oder „Grounding“ bezeichnet, hat positive Auswirkungen auf das Nervensystem. Die Fußsohlen verfügen über Tausende feiner Sensoren, die durch das Gehen ohne Schuhe ungedämpfte Reize erhalten.

Sensorisches Erwachen

Barfußgehen ermöglicht ein Sinneserwachen, bei dem Unebenheiten, Temperaturveränderungen und Feuchtigkeit intensiver wahrgenommen werden. Diese Eindrücke sind für die Füße von großer Bedeutung.

Propriozeption und Stabilität

Studien belegen, dass sensorische Informationen für die Gleichgewichtsfähigkeit und Bewegungskoordination wichtig sind. Barfußlaufen trainiert die Propriozeption, da jede kleine Unebenheit vom Gehirn verarbeitet werden muss. Eine Studie im Journal of Bodywork and Movement Therapies (2017) zeigte, dass ältere Erwachsene nach einer Phase des barfüßigen Trainings eine bessere Stabilität und Balance aufwiesen.

Fußmuskulatur und Koordination

Ein Forschungsprojekt im Journal of Gait & Posture (2019) ergab, dass Barfuß-Übungen die Fußmuskulatur kräftigen und die Koordination im Gehen verbessern.

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Auswirkungen auf Stress

Eine Publikation im Journal of Alternative and Complementary Medicine (2012) stellte die Hypothese auf, dass Barfußgehen Cortisol-Werte senken und Stress reduzieren könnte.

Stimulation der Nervenleitbahnen

Barfußlaufen stimuliert die Nervenleitbahnen und kann dem „sensorischen Decline“ im Alter entgegenwirken. Eine Studie im Bereich Sportwissenschaft (Human Movement Science, 2016) zeigte, dass Barfußläufer präzisere Bewegungsmuster und eine höhere Muskelaktivität in den Füßen aufwiesen.

Praktische Tipps für das Barfußlaufen

  • Geeignete Untergründe wählen: Beginnen Sie mit weichen Böden wie Rasenflächen, Waldböden oder Parkwegen.
  • Zeitlich begrenzen: Beginnen Sie mit kurzen Einheiten von etwa einer Viertelstunde pro Tag.
  • Fußpflege: Kontrollieren Sie Ihre Füße nach jeder Barfuß-Einheit auf Verletzungen.
  • Auf die Schritte achten: Achten Sie auf eine sanfte Abrollbewegung.
  • Kurze Strecken im Alltag nutzen: Integrieren Sie das Barfußgehen in Ihren Alltag, beispielsweise im Garten oder auf dem Balkon.

Einschränkungen und Risiken

  • Diabetes: Menschen mit Diabetes sollten ihre Füße regelmäßig inspizieren und Verletzungen ernst nehmen.
  • Orthopädische Einlagen: Bei Fußfehlstellungen kann Barfußgehen dennoch sinnvoll sein, um die Fußmuskulatur zu kräftigen. Ein Arzt kann beurteilen, inwieweit Einlagen zeitweise weggelassen werden können.
  • Übergewicht: Bei Übergewicht sollte man langsam mit dem Barfußgehen beginnen, um Knie, Hüften und Fußgelenke nicht zu überlasten.
  • Verletzungsgefahr: Achten Sie auf Glasscherben oder scharfe Steine.
  • Hygiene: Achten Sie auf Sauberkeit und waschen Sie Ihre Füße regelmäßig.
  • Kälte: In kälteren Monaten kann Barfußgehen unangenehm sein.

Psychische Komponente des Barfußgehens

In vielen Kulturen gibt es Rituale, bei denen Menschen barfuß gehen, um eine engere Verbindung zur Erde herzustellen. Studien deuten darauf hin, dass Barfußgehen Stress reduzieren und die Stressresistenz erhöhen kann.

Integration des Barfußgehens in den Alltag

  • Wohnung und Büro: Laufen Sie in der Wohnung barfuß.
  • Minimal- oder Barfußschuhe: Nutzen Sie diese Schuhe, um das Barfußgefühl zu simulieren.
  • Fußübungen und Massagen: Unterstützen Sie den Übergang zum Barfußgehen durch gezielte Fußgymnastik.
  • Achtsames Gehen: Nutzen Sie das Barfußlaufen, um Ihr Gehtempo zu verlangsamen und auf Ihren Atem zu achten.

Polyneuropathie und Barfußlaufen

Polyneuropathie ist eine Nervenerkrankung, die sich durch Kribbeln, Brennen und Taubheit in den Füßen und Beinen äußert. Die Ursache liegt in Schäden an den langen Nerven, die Informationen zwischen Gehirn, Rückenmark und dem Rest des Körpers übertragen.

Symptome und Ursachen

Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, können unterschiedliche Beschwerden auftreten. Die Ursache der Polyneuropathie ist oft unklar.

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Diagnose

Zur Diagnose werden verschiedene Tests durchgeführt, wie die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, die Prüfung des Vibrationsempfindens mit einer Stimmgabel, die Quantitative Sensorische Testung und die Thermode zur Messung des Temperaturempfindens. In einigen Fällen wird eine Gewebeprobe entnommen, um die Ursache der Polyneuropathie zu finden.

Small-Fiber-Neuropathien

Bei einer Untergruppe der Neuropathien sind insbesondere die dünnen, kleinen Nervenfasern der Haut betroffen. Für die Diagnose ist die Quantitative Sensorische Testung mit Messung des Temperaturempfindens entscheidend.

Behandlung

Die Behandlung der Polyneuropathie richtet sich nach der Ursache. Bei Diabetes ist eine gute Blutzuckereinstellung wichtig. Alkohol und Medikamente sollten vermieden werden. Zur Schmerzbekämpfung werden Antidepressiva, Antikonvulsiva und Capsaicin-Pflaster eingesetzt. Auch Elektrotherapie und Gleichgewichtstraining in der Physiotherapie können helfen.

Barfußlaufen bei Polyneuropathie: Vorsicht geboten

Menschen mit Polyneuropathie sollten beim Barfußlaufen besonders vorsichtig sein, da ihr Empfinden an den Füßen reduziert sein kann. Die Verletzungsgefahr ist erhöht, da Schäden am Fuß möglicherweise nicht sofort bemerkt werden. In einigen Fällen ist Barfußlaufen nur in sicheren Innenräumen empfehlenswert.

Elektronische Socke zur Früherkennung von Fußproblemen bei Diabetes

Ein neues Verfahren mithilfe einer elektronischen Socke soll helfen, Fußprobleme bei Menschen mit Diabetes frühzeitig zu erkennen. Die Socke misst die Herzfrequenz und die Druckverteilung am Fuß.

Vorteile des Barfußlaufens

Barfußlaufen stärkt die Füße, verbessert die Nerven-Sensorik, verbessert Balance und Stressabbau. Es ist eine einfache, aber hochwirksame Methode, um das Nervensystem zu aktivieren, die Füße und Beinmuskeln zu stärken und ein tieferes Gespür für den Körper zu entwickeln. Studien deuten darauf hin, dass Barfußlaufen die Propriozeption verbessert, die Fußmuskulatur kräftigt und sich positiv auf Balance und Stabilität auswirkt.

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