Polyneuropathie und Rente: Voraussetzungen und Möglichkeiten

Wer aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten, kann unter Umständen eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragen. Dies gilt auch bei Polyneuropathie, einer Erkrankung des peripheren Nervensystems. Die Erwerbsminderungsrente soll finanzielle Sicherheit bieten, wenn die Arbeitsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt ist. Allerdings sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, sowohl medizinischer als auch versicherungsrechtlicher Natur.

Erwerbsminderungsrente: Medizinische Voraussetzungen

Die wichtigste medizinische Voraussetzung für die Erwerbsminderungsrente ist, dass die Erwerbsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Behinderung dauerhaft eingeschränkt ist. Dies bedeutet, dass man weniger als sechs Stunden täglich arbeiten kann. Wer mehr als sechs Stunden täglich arbeiten kann, erhält keine Erwerbsminderungsrente.

Bei Polyneuropathie kann die Erwerbsfähigkeit durch verschiedene Symptome beeinträchtigt sein, wie z.B.:

  • Sensibilitätsstörungen: Kribbeln, Taubheitsgefühle, brennende Schmerzen
  • Motorische Störungen: Muskelschwäche, Gangstörungen
  • Vegetative Störungen: Verdauungsstörungen, Ohnmachtsanfälle
  • Chronische Erschöpfung (Fatigue): Tiefgreifende, dauerhafte Erschöpfung, die sich auch durch Ruhe nicht vollständig lindern lässt

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht allein die Diagnose Polyneuropathie über die Erwerbsminderung entscheidet, sondern die funktionellen Auswirkungen der Erkrankung auf die Fähigkeit, den eigenen Beruf auszuüben. Die Einschränkung muss in der Regel mindestens 50 % betragen, damit die Versicherung eine Rente zahlt.

Die Rolle der medizinischen Gutachten

Die Rentenversicherung überlässt die Einschätzung der medizinischen Situation ärztlichen Gutachtern. Betroffene müssen verschiedene Formulare ausfüllen, die ihre persönliche Gesundheitssituation schildern. Es ist ratsam, sich vor der Antragstellung mit den behandelnden Ärzten zu besprechen. Sie können wertvolle Hinweise geben, da sie die Krankheitsgeschichte, Leistungseinschränkungen und das Restleistungsvermögen kennen.

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei alkoholischer Polyneuropathie

Wenn der Rentenversicherungsträger eine Begutachtung anordnet, sollte man dem Gutachter nicht unvorbereitet gegenübertreten. Versicherte sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Tätigkeiten sie in der Arbeit nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben können und in welchem Zeitraum sie überhaupt noch Arbeiten verrichten können.

Bedeutung der korrekten Dokumentation

Viele Anträge auf Erwerbsminderungsrente scheitern daran, dass die medizinischen Einschränkungen nicht korrekt oder vollständig dokumentiert wurden. Es ist wichtig, die Auswirkungen der Symptome auf den konkreten Beruf darzustellen. Es reicht nicht aus, dass jemand unter Erschöpfung leidet. Vielmehr muss dargelegt werden, wie die Erschöpfung die Ausübung des Berufs beeinträchtigt.

Da die Beschwerden bei Polyneuropathie oft subjektiv sind und sich nicht objektiv messen lassen, ist eine sorgfältige Dokumentation besonders wichtig. Betroffene sollten ihre Symptome frühzeitig fachärztlich abklären und ihre Einschränkungen so umfassend wie möglich dokumentieren. Funktionelle Tests können ebenfalls hilfreich sein, um die Auswirkungen der Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit zu belegen.

Erwerbsminderungsrente: Versicherungsrechtliche Voraussetzungen

Neben den medizinischen Voraussetzungen müssen auch versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten:

  • Wartezeit: Versicherte müssen vor Eintritt der Erwerbsminderung eine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Zu den fünf Jahren zählen vor allem Beitragszeiten.
  • Pflichtbeiträge: In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet worden sein. Dies ist nicht erforderlich bei erfüllter Wartezeit.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird keine Erwerbsminderungsrente gezahlt.

Lesen Sie auch: Aktuelle Forschung zu Polyneuropathie und psychosomatischen Ursachen

Teilweise Erwerbsminderung

Wer weniger als sechs Stunden am Tag, aber mehr als drei Stunden am Tag trotz Krankheit arbeiten kann, erfüllt die Voraussetzung für die Teilzeitrente und erhält die teilweise Rente wegen Erwerbsminderung. Die teilweise Erwerbsminderungsrente beträgt die Hälfte der Rente, die bei voller Erwerbsminderung gezahlt werden würde.

Zurechnungszeit

Durch die frühe Erwerbsminderung fehlen Betroffenen oft viele Jahre bis zum Beginn der regulären Altersrente und damit auch viele Beträge in die gesetzliche Rentenversicherung. Dafür erhalten sie für diesen Zeitraum einen Ausgleich in Form einer sogenannten Zurechnungszeit. Hier wird rechnerisch so vorgegangen, als hätte der Erwerbsgeminderte weitergearbeitet und Pflichtbeiträge gezahlt.

Ursachen für Erwerbsminderung

Im Jahr 2023 waren die meisten Krankheiten, welche die Voraussetzung zur Erwerbsminderungsrente erfüllt haben, psychischer und neurologischer Natur. Ebenfalls häufig führten Krebs und bösartige Geschwüre (Neubildungen) zur verminderten Erwerbsfähigkeit. Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates sowie Krankheiten des Herzens bzw. des Gefäßsystems gehören ebenso zu den Ursachen der Erwerbsminderung wie Stoffwechsel- und Verdauungsstörungen.

Ablehnung des Antrags

Etwa jeder zweite Antrag auf Erwerbsminderungsrente in Deutschland wird abgelehnt. Der häufigste Grund für einen abgelehnten Antrag ist das Nichterfüllen der gesundheitlichen Voraussetzungen. Aber auch Lücken bei der Wartezeit oder fehlende Mitwirkung bei der Antragsbearbeitung können zur Ablehnung führen.

Wenn der Rentenantrag abgelehnt wird, kann Widerspruch eingelegt werden. Es besteht sogar die Möglichkeit, gebührenfrei vor dem Sozialgericht zu klagen. Unterstützung erhält man dabei z. B. von Sozialverbänden oder Sozialrechtfachanwälten.

Lesen Sie auch: Polyneuropathie und Demenz: Was Sie wissen sollten

Polyneuropathie und Berufsunfähigkeit

Polyneuropathie kann nicht nur zur Erwerbsminderung, sondern auch zur Berufsunfähigkeit führen. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn man seinen zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit oder Unfall zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben kann.

Ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt, hängt von den individuellen Umständen und den im Versicherungsvertrag vereinbarten Bedingungen ab. Bei der Beurteilung spielen die Art der Tätigkeit, die körperlichen und geistigen Anforderungen sowie die noch vorhandenen Therapiemöglichkeiten eine Rolle.

Berufsunfähigkeitsversicherung als private Vorsorge

Die Erwerbsminderungsrente reicht oft nicht aus, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Daher ist es wichtig, selbst vorzusorgen. Eine Möglichkeit ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt eine monatliche Rente, wenn man aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf für mindestens 6 Monate zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben kann. Diese Rente kann helfen, weiterhin die Rechnungen zu bezahlen und den Lebensstandard zu halten, auch wenn man nicht mehr arbeiten kann.

Je früher man eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, desto besser. Denn der Beitrag richtet sich unter anderem auch danach, in welchem Alter man die Versicherung abgeschlossen hat und wie der Gesundheitszustand zu dieser Zeit war.

Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist eine vorgezogene Altersrente. Sie wird gezahlt, wenn eine Schwerbehinderung (Grad der Behinderung von mindestens 50) vorliegt. Für schwerbehinderte Menschen entfällt die sonst übliche Prüfung der gesundheitlichen Voraussetzungen.

tags: #Polyneuropathie #Rente #Voraussetzungen