Post-Zoster-Neuralgie und Schwerbehinderung: Ein umfassender Überblick

Die Post-Zoster-Neuralgie (PZN) ist eine häufige und oft schmerzhafte Komplikation nach einer Gürtelrose (Herpes Zoster). Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der PZN, von den Ursachen und Symptomen bis hin zu Behandlungsmöglichkeiten und der Frage, inwieweit eine Schwerbehinderung aufgrund der PZN anerkannt werden kann.

Was ist Post-Zoster-Neuralgie?

Gürtelrose wird durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht, demselben Virus, das auch Windpocken auslöst. Nach einer Windpockeninfektion verbleibt das Virus inaktiv in bestimmten Nervenknoten (Ganglien) im Gehirn und Rückenmark. Wenn das Immunsystem geschwächt ist, kann das Virus reaktiviert werden und eine Gürtelrose verursachen: ein schmerzhafter Hautausschlag im Bereich der entsprechenden Nervenbahnen.

Bei den meisten Menschen klingen der Hautausschlag und die Schmerzen nach zwei bis vier Wochen ab. Bei etwa jedem zehnten Betroffenen mit einer Gürtelrose schmerzen die Nervenbahnen jedoch weiterhin. Bestehen drei Monate nach der Abheilung des Hautausschlags immer noch Schmerzen an den betroffenen Körperstellen, sprechen Fachleute von einer Post-Zoster-Neuralgie (PZN).

Ursachen der Post-Zoster-Neuralgie

Einige Varicella-Zoster-Viren überdauern nach einer akuten Windpocken-Infektion in bestimmten Nervenknoten (Ganglien) im Gehirn und Rückenmark. Ein intaktes Immunsystem hält die Viren in Schach. Wird es durch bestimmte Erkrankungen, Medikamente oder zunehmendes Lebensalter geschwächt, können die Viren aktiv werden und sich vermehren. Sie wandern entlang der Nervenbahnen in die Haut und schädigen mitunter die Nervenzellen.

Bei der akuten Gürtelrose verursachen vor allem die entzündlichen Verletzungen der Nervenstrukturen die Schmerzen. Diese Nervenstrukturen können geschädigt werden und vernarben. Die Folge: Nach der Krankheitsphase kommt es zu einem gestörten Schmerzempfinden mit den Symptomen einer Post-Zoster-Neuralgie.

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Symptome der Post-Zoster-Neuralgie

Die Post-Zoster-Neuralgie-Symptome variieren je nach betroffener Nervenregion:

  • Anhaltende brennende oder bohrende Schmerzen
  • Plötzlich einschießende Schmerzen
  • Heftige Schmerzen bei Berührung
  • Missempfindungen wie Juckreiz oder Taubheitsgefühle

Schmerzen und Missempfindungen treten im Bereich der vorangegangenen Gürtelrose auf: am Rumpf, manchmal auch an einem Arm oder im Gesicht. Der Schmerz kann intensiver werden und sich über die Stellen des ursprünglichen Ausschlags ausbreiten.

Die Haut ist an diesen Stellen überempfindlich und jede Berührung schmerzhaft. Menschen mit einer Post-Zoster-Neuralgie haben häufig Probleme, diese Hautregionen zu waschen, sich im Bett zu drehen oder sich zu umarmen.

Risikofaktoren für die Entwicklung einer Post-Zoster-Neuralgie

Das Risiko, an einer Post-Zoster-Neuralgie zu erkranken, hängt von mehreren Faktoren ab. Nur nach einer akuten Gürtelrose kann es zu einer Post-Zoster-Neuralgie kommen. Die Gürtelrose ist wiederum die Spätfolge einer Varicella-Zoster-Infektion, die sich oft im Kindesalter als Windpocken zeigt. Ohne vorangegangene Windpocken ist keine Gürtelrose möglich. Im Gegenteil gilt: Auch, wenn die Windpocken seit Jahrzehnten vergangen, mild verlaufen und längst vergessen sind, besteht das Risiko für eine Gürtelrose.

  • Alter: Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Während das Risiko bei den 55- bis 59-Jährigen bei 30 Prozent der Herpes-Zoster-Fälle liegt, bleiben die Schmerzen bei der Hälfte der Betroffenen über 60 Jahren länger bestehen und sogar bei zwei Dritteln der über 70-Jährigen.
  • Geschlecht: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
  • Betroffene Körperstelle: Das Risiko ist nach einer Gürtelrose im Gesicht, an den Augen sowie am Steißbein erhöht.
  • Starke Schmerzen zu Beginn der Gürtelrose: Wenn die Betroffenen bereits zu Beginn der Gürtelrose - teilweise noch vor dem Ausschlag - starke Schmerzen haben, steigt das Risiko.

Diagnose der Post-Zoster-Neuralgie

Um eine Post-Zoster-Neuralgie zu diagnostizieren, ist die Krankengeschichte wichtig. Wie lange dauern die Schmerzen bereits an? Hatten Sie vor einigen Wochen oder Monaten an der entsprechenden Stelle bereits einen schmerzhaften Hautausschlag - eine Gürtelrose? Auch Fragen nach dem Impfstatus sowie nach der Intensität der Schmerzen gehen in eine Diagnose von Arzt oder Ärztin ein.

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Eventuell erhalten Sie einen standardisierten Fragebogen, in dem Sie die Schmerzen mittels einer Skala einschätzen. Anschließend untersucht die medizinische Fachperson das betroffene Hautareal nach Rötungen, Pusteln oder Narben und prüft, wie berührungsempfindlich die Haut ist. In unklaren Fällen ermittelt Arzt oder die Ärztin mithilfe einer Blutuntersuchung die Entzündungswerte und eventuell spezielle Antikörper gegen das Varicella-Zoster-Virus. Wenn noch andere Ursachen für die Nervenschmerzen in Frage kommen, erhalten Sie eine Überweisung in eine Fachpraxis für Neurologie.

Im Idealfall waren Sie bereits mit der Gürtelrose in ärztlicher Behandlung, was die Diagnose erleichtert. Mit einer Behandlung der Gürtelrose kann sich das Risiko für eine Post-Zoster-Neuralgie und andere Komplikationen verringern.

Behandlung der Post-Zoster-Neuralgie

Bei einer Post-Zoster-Neuralgie zielt die Therapie darauf ab, die Schmerzen zu lindern, Missempfindungen zu unterdrücken und die Lebensqualität zu verbessern. In vielen Fällen werden die Symptome mit der Zeit schwächer. Es kann aber auch zu einem chronischen Verlauf kommen, bei dem die Beschwerden zwar nachlassen, aber immer wieder auftreten.

Die Behandlung richtet sich danach, wie schwer die Symptome sind. Es kann sein, dass Sie nach ärztlicher Rücksprache mehrere Wirkstoffe und Dosierungen ausprobieren müssen, bis Sie die passende Post-Zoster-Neuralgie-Therapie finden. Dabei gibt es unterschiedlichen Wirkstoffe:

  • Schmerzpflaster: Wirken gezielt an den betroffenen Stellen. Lidocain-haltige Pflaster können ebenfalls eingesetzt werden.
  • Antikonvulsiva: Medikamente gegen Krampfanfälle, die die Nervenzellen weniger erregbar machen und sich seit Jahren in der Schmerztherapie bewährt haben. Gabapentin und Pregabalin sind gängige Beispiele.
  • Antidepressiva: Verhindern unter anderem, dass Schmerzsignale im Rückenmark weitergeleitet werden. Trizyklische Antidepressiva sind hier oft wirksam.
  • Schmerzmittel: Können einzeln oder mit anderen Therapieverfahren kombiniert werden und die Schmerzen dämpfen. Opioide können in manchen Fällen erforderlich sein.
  • Nervenblockaden: Eine neuere Therapieoption für schwer zu behandelnde Schmerzen sind sogenannte Nervenblockaden, bei denen bestimmte Nerven mit lokal angewendeten Betäubungsmitteln oder Steroiden „abgeschaltet“ werden. Diese Therapie einer Post-Zoster-Neuralgie führen ausschließlich spezialisierte Schmerzärzte und -ärztinnen durch.
  • Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Bei der mithilfe von Elektroden auf der Haut die Nerven mit Stromimpulsen angesprochen werden. Wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit dieses Verfahrens fehlen allerdings noch.
  • Capsaicin: Anwendungen des Nervenreizstoffes Capsaicin können manchen Betroffenen helfen.

Heilbar ist die Post-Zoster-Neuralgie mit keiner der Therapien. Alle Behandlungen lindern jedoch die Schmerzen und verringern so den Leidensdruck.

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Post-Zoster-Neuralgie und Schwerbehinderung

Damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können, gibt es für sie sogenannte Nachteilsausgleiche. Als schwerbehindert gelten Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder mehr. Auch mit einer schweren chronischen Erkrankung kann man diesen GdB erreichen.

Grad der Behinderung (GdB) bei chronischen Schmerzen

Bei chronischen Schmerzen kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Er richtet sich in der Regel nach der Grunderkrankung. Bei chronischen Schmerzen, die nicht oder nur in geringem Maße durch körperliche Schädigungen erklärt werden können und durch ein Zusammenspiel von körperlichen, seelischen und sozialen Ursachen entstehen, wird der GdB interdisziplinär, also in Zusammenarbeit von Fachleuten aus verschiedenen Bereichen, festgestellt. Bei Schmerzen als Begleitsymptom einer psychischen Gesundheitsstörung (z.B. Depressionen, Angststörungen) kann der GdB ebenfalls entsprechend höher ausfallen.

Das Versorgungsamt, Amt für Soziale Angelegenheiten oder Amt für Soziales und Versorgung richtet sich bei der Feststellung des Grads der Behinderung (GdB) nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (= Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung). Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des GdB.

Der GdB/GdS bei chronischen Schmerzen orientiert sich in der Regel an der zugrunde liegenden Krankheit sowie an der durch die Schmerzen vorliegenden Funktionseinschränkung. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen jedoch eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Das kommt z.B. bei Kausalgien und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen (Stumpfnervenschmerzen, Phantomschmerzen) in Betracht.

Beantragung eines Schwerbehindertenausweises

Menschen mit Behinderungen, die einen GdB von mindestens 50 haben, gelten als schwerbehindert und können einen Schwerbehindertenausweis beantragen, in dem der GdB sowie ggf. Merkzeichen aufgeführt sind.

Der Antrag auf Schwerbehinderung wird beim zuständigen Versorgungsamt gestellt. Ob die Kriterien einer Schwerbehinderung erfüllt sind, wird in jedem einzelnen Fall geprüft. Fällt die Entscheidung positiv aus, erteilt die Behörde einen Feststellungsbescheid. Darin sind die einzelnen Behinderungen, der festgestellte GdB und das Merkzeichen aufgeführt.

Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung

Ein Schwerbehindertenausweis kann verschiedene Nachteilsausgleiche ermöglichen, darunter:

  • Steuerliche Vorteile: Steuerfreibetrag im Rahmen der Einkommenssteuer.
  • Arbeitsrechtliche Vorteile: Bevorzugte Einstellung bzw. Beschäftigung, Kündigungsschutz, Begleitende Hilfen im Arbeitsleben, eine Woche Zusatzurlaub, vorgezogene Altersrente.
  • Mobilitätshilfen: Unter bestimmten Voraussetzungen können Parkerleichterungen gewährt werden.
  • Weitere Vergünstigungen: Vergünstigte Eintritte z.B. in Museen und Theater oder bei Konzerten, vergünstigte Mitgliedsbeiträge.

Merkzeichen

Zusätzlich zum GdB können Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden, die weitere Nachteilsausgleiche ermöglichen. Einige wichtige Merkzeichen sind:

  • G (Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr): Voraussetzung: mind. GdB 50 bei Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule (LWS) und/oder der unteren Gliedmaßen oder anderen Krankheiten (z. B. Herzleiden). Nachteilsausgleich: Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke oder KFZ-Steuerermäßigung.
  • aG (Außergewöhnliche Gehbehinderung): Voraussetzung: Man kann sich nur mit fremder Hilfe, oder nur mit großer Anstrengung außerhalb des Kraftfahrzeugs bewegen. Nachteilsausgleiche: Unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr in ganz Deutschland, KFZ- Steuerbefreiung, Parkerleichterung.
  • B (Berechtigung für eine ständige Begleitung): Voraussetzung: Bei schwer behinderten Menschen, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Nachteilsausgleich: Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson im öffentlichen Nah- und Fernverkehr.
  • H (Hilflos): Hilfe muss nötig sein bei regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz (z. B. Körperpflege…), ab 2 Std. Grundpflege täglich. Nachteilsausgleiche: unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr und Befreiung von der KFZ-Steuer.

Vorbeugung der Post-Zoster-Neuralgie

Eine Impfung gegen Windpocken reduziert auch das Risiko, später an Gürtelrose zu erkranken und eine Post-Zoster-Neuralgie zu entwickeln. Impfungen gegen die Windpocken gehören seit dem Jahr 2004 zu den empfohlenen Impfungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Säuglinge und Kleinkinder. Vor einer geplanten Schwangerschaft sollten Frauen, die in ihrem Leben noch keine Windpocken hatten, ebenfalls gegen Windpocken geimpft werden.

Auch wer schon einmal an Windpocken erkrankt war, kann sich später gegen Gürtelrose impfen lassen, um sein Risiko zu reduzieren. Die STIKO empfiehlt eine Herpes-zoster-Impfung für Menschen ab 60 Jahren, die nicht gegen Windpocken geimpft sind, sowie für besonders gefährdete Menschen (wie etwa chronisch Kranke) ab 50 Jahren. Die Kosten für diese Impfung übernimmt die Krankenkasse.

Darüber hinaus ist es wichtig, eine Gürtelrose frühzeitig und adäquat behandeln zu lassen, um das Risiko für eine PZN zu minimieren.

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