Die postzosterische Neuralgie (PZN) ist eine gefürchtete Komplikation nach einer Gürtelrose (Herpes zoster), die durch anhaltende, oft quälende Nervenschmerzen gekennzeichnet ist. Während die konventionelle Medizin verschiedene Therapieansätze bietet, suchen viele Betroffene auch in der Homöopathie nach Linderung. Dieser Artikel beleuchtet die homöopathischen Behandlungsmöglichkeiten der PZN und gibt einen Überblick über weitere naturheilkundliche Ansätze.
Gürtelrose und Postzosterische Neuralgie: Ein Überblick
Beim Herpes zoster (Gürtelrose) handelt es sich um eine akute Neuralgie, die auf das Innervationsgebiet einer Spinalnervenwurzel (Rückenmarksnerv) oder eines Hirnnervs beschränkt ist. Ausgelöst wird sie durch eine Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV), dem gleichen Virus, das auch Windpocken verursacht. Nach einer überstandenen Windpockeninfektion verbleibt das Virus inaktiv in den Nervenzellen und kann später, häufig durch Immunschwäche oder starken Stress, reaktiviert werden.
Die Gürtelrose beginnt meist mit Schmerzen an einer Hautstelle, entsprechend der segmentalen Ausbreitung der Rückenmarksnerven. Bevorzugt ist dabei ein thorakales Segment (Brustbereich) einer Körperhälfte befallen. Einige Tage später zeigen sich an der dumpf und brennend schmerzenden Hautstelle zunächst gruppiert stehende Knötchen, die sich zu Bläschen entwickeln. Die gruppenförmig angeordneten Bläschen sitzen auf einem geröteten Grund. Anfangs sind die Bläschen prall und durchsichtig, später werden sie milchig trüb, trocknen aus und heilen nach 5 - 10 Tagen mit einer Kruste ab.
Von einer Post-Zoster-Neuralgie (PZN) spricht man, wenn die Schmerzen nach Abheilung des Hautausschlags länger als drei Monate anhalten. Das Risiko, an PZN zu erkranken, steigt mit dem Alter. Post-Zoster-Neuralgie betrifft etwa 10-15 % aller Patienten mit Gürtelrose, wobei ältere Menschen und solche mit geschwächtem Immunsystem besonders gefährdet sind.
Homöopathische Behandlung der Postzosterischen Neuralgie
Die klassische Homöopathie bietet einen individualisierten Ansatz zur Behandlung der PZN. Dabei wird nicht nur auf die Schmerzen, sondern auf die gesamte Konstitution des Patienten eingegangen. Es ist der Homöopathie eigentümlich, dass in jedem Einzelfall individualisiert werden muss. Deshalb kann hier auch keine bestimmte Arznei für diese Erkrankung vorgeschlagen werden.
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Einige homöopathische Mittel, die häufig bei PZN eingesetzt werden, sind:
- Rhus toxicodendron: Bewährt als homöopathisches Mittel hat sich besonders der Giftsumach (Rhus toxicodendron). Hautkontakt mit den Blättern der Pflanze hinterlässt Rötung, Schwellungen und Blasen. Hier trifft der Leitspruch der Homöopathie zu: »Ähnliches möge mit Ähnlichem geheilt werden!«
- Ranunculus bulbosus: Befällt der Herpes zoster ein Brustsegment (Thorax), so ist der knollige Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus) häufig indiziert.
- Mezereum: Der Seidelbast (Mezereum) wird wie die bereits genannten Arzneien in der 6. -12. Dezimalpotenz akut alle 2 Stunden eingenommen. Eine Arzneigabe entspricht 5 Tropfen = 5 Globuli = 1 Tablette. Im weiteren Verlauf seltenere Gaben verordnen und Reaktion beobachten.
- Arsenicum album: Beispielsweise könnte für einen Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, der sich durch seine ängstliche Ruhelosigkeit und eine ausgeprägte nächtliche Verschlechterung (1 bis 2 Uhr) der gesamten Symptomatik auszeichnet, Arsenicum album die richtige Arznei sein. Lokal wird über Juckreiz und außerordentliches Brennen geklagt, unter Umständen besteht Gangränneigung. Vom Patienten werden die Beschwerden oft als absolut unerträglich empfunden, und sie sind völlig verzweifelt bis zu Suizidimpulsen. Auffällige Symptome, über die viele Patienten klagen, denen Arsenicum album guttut, sind noch ein starkes Wärmebedürfnis und ein großer Durst, wobei der Patient immer nur kleine Schlucke trinkt.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Wahl des richtigen homöopathischen Mittels von einem erfahrenen Homöopathen getroffen werden sollte, der die individuellen Symptome und die Krankengeschichte des Patienten berücksichtigt.
Fallbeispiele aus der Praxis
Die folgenden Fallbeispiele verdeutlichen die Möglichkeiten der homöopathischen Behandlung bei PZN:
- Frau S., 72 Jahre: Erkrankte vor gut einem halben Jahr an einer Gürtelrose im Segment TH 8 links. Sie ging zum schulmedizinischen Hausarzt, der ihr Aciclovir und eine Zinksalbe verschrieb. Da sich die Schmerzen nicht besserten, suchte sie einen naturheilkundlichen Arzt am Wohnort auf. Dem fiel im Vergleich zum Vorbehandler auch nicht viel Besseres ein. Er verordnete homöopathische Mittel und eine andere Salbe, allerdings ohne Erfolg. Inzwischen waren die Bläschen abgetrocknet und auch weitgehend abgefallen. Sie erhielt Bachblüten für das seelische Gleichgewicht, homöopathische Komplexmittel entsprechend den Iriszeichen zur Verbesserung konstitutioneller Schwächen. Quaddeln an die schmerzhaften Stellen mit ähnlichen Medikamenten wie bei Fall 1, nämlich Herpes zoster Nosode, Cutis cps., Injectio antineuralgica, Vaccininum-Nosode, Urtika Kattwiga und einigen anderen Präparaten. Bereits nach drei Behandlungen ließen die Schmerzen nach. Allgemeinbefinden und Freude am Leben wurden zusehends besser, von Lebensmüdigkeit war keine Rede mehr.
- Frau H., 73 Jahre: Rief mich an, weil eine Gürtelrose im Bereich der linken Brust aufgetreten sei. Ein Apotheker habe ihr zu Aciclovir, dem bekanntesten und am häufigsten eingesetzten Virostatikum sowie zu Zinkschüttelmixtur geraten. Da Frau H. mich nicht aufsuchen kann, rate ich ihr, diese Medikamente zu nehmen, verbunden mit dem homöopathischen Mittel Mezereum D6, das oft spezifisch bei Herpes zoster-Erkrankungen wirkt. Die neuralgischen Schmerzen behandelten wir nur zwei Mal mit Quaddeln in dem betroffenen Segment und folgenden Medikamenten: Injectio antineuralgica, Herpes zoster Nosode, Cutis cps. Danach waren die Schmerzen abgeklungen und blieben auch zwei Jahre später noch fast völlig verschwunden.
- Herr F., 65 Jahre: Kommt mit einer zwei Wochen alten Gürtelrose auf der rechten Unterbauch- und Beckenseite. Bisher hat er Aciclovir-Tabletten und Anaesthesin-Salbe bekommen, ohne dass eine wesentliche Besserung eingetreten ist. Auch die rechte Niere tut weh und der Urin ist dunkel. Wir finden bei ihm einen ausgedehnten Befall des Segmentes L5/S1 rechts mit verschorften Pusteln erheblichem Juckreiz und starken lokalen Schmerzen. Ich verordne als erstes eine Darmspülung, eine Colon-Hydro-Therapie. Dazu erhält Herr F. eine Zinksalbe sowie das homöopathische Komplexmittel Ranunculus Oligoplex. An die Nervenwurzel neben der Wirbelsäule im Segment L5 injiziere ich neuraltherapeutisch 6 ml Procain 0,5% zusammen mit je zwei Ampullen Herpes zoster Nosode (Fa. Heel) und Injectio antineuralgica (Fa. Fides). In der 1. Woche wird fast täglich, danach 1 x wöchentlich gequaddelt. Die Medikamente sind Herpes zoster Nosode, CoxsackieA9 bzw. B4 Nosode, Cutis cps. (alle Fa. Heel), Mezereum Homaccord, Grippe Nosode (alle Fa. Heel), Injectio dermatica und Injectio antineuralgica (beides Fa. Fides), Influenzinum Nosode D 30 (Fa. Stauffen) in wechselnder Zusammensetzung, immer ca. 6-7 Ampullen zusammen. Noch ein zweites Mal wird Procain neben die Wirbelsäule an die Nervenwurzel im zuständigen Segment injiziert. Nach vier Wochen Behandlung ist Herr F. völlig beschwerdefrei und auch bisher, nach über drei Jahren, geblieben.
Diese Beispiele zeigen, dass eine homöopathische Behandlung, oft in Kombination mit anderen naturheilkundlichen Verfahren, eine wirksame Option zur Linderung der Beschwerden bei PZN sein kann.
Weitere Naturheilkundliche Ansätze
Neben der Homöopathie gibt es weitere naturheilkundliche Verfahren, die bei PZN eingesetzt werden können:
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- Neuraltherapie: Die Neuraltherapie nach Huneke, welche hier mit der auch nicht treffenderen Bezeichnung "Blockaden" umschrieben wird, kann einen beginnenden Herpes zoster sofort beenden.
- Enzymtherapie: Schon lange, ehe es Aciclovir gegeben hat, war bekannt, daß eine Enzymtherapie bei Herpes zoster von großem Nutzen sein kann.
- Blutegeltherapie: Diese hat sich vor allem beim Herpes zoster und der Post-Zoster-Neuralgie bewährt.
- Ernährung: Streichen Sie stark zuckerhaltige Produkte vom Speiseplan und ersetzen Sie diese durch frisches Obst und Gemüse, um Ihr Immunsystem zu stärken.
- Bewegung: Leichte Bewegung kann dabei helfen, Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose und allgemeine Neuralgien zu lindern. Hier eignen sich Yoga, Tai Chi oder Qigong für einen sanften Einstieg.
- Entspannungstechniken: Eine ausgewogene Ernährung, wenig Stress und Entspannungstechniken für die Psyche (autogenes Training oder progressive Muskelentspannung) sind sinnvolle Ergänzungen, um Nervenschmerzen zu lindern.
- Lokale Behandlungen: Lokale Behandlung mit Spanischem Pfeffer bzw. Capsaicin (täglich 2 - 4 mal über 4 - 6 Wochen). Einreibungen mit Aconitöl und weiteren, ätherischen Ölen wie Nelkenöl, Rosmarinöl, Minzöl
- Vitamin-C-Infusionen: In der Akutphase sind v.a. hochdosierte Vitamin-C-Infusionen (gegen die Zoster-Viren) hilfreich.
- Akupunktur: Akupunktur wird vielseitig eingesetzt.
- Lymphdrainage und Bindegewebsmassage: Lymphdrainage, Bindegewebsmassage und andere manuelle Verfahren.
- Eigenblutbehandlung: Bei der gefürchteten postherpetischen Neuralgie mit brennendem Nachschmerz, empfiehlt sich die Reinjektion von Eigenblut. Dazu werden 10 ml Blut aus der Ellenbeugenvene entnommen und unmittelbar in den Gesäßmuskel gespritzt. Die intragluteale Injektion sollte von einem darin erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Die Eigenblutbehandlung kann je nach Stärke der Beschwerden im Abstand von zwei bis drei Tagen mehrmals wiederholt werden.
Es ist ratsam, sich von einem erfahrenen Naturheilkundler beraten zu lassen, um die geeigneten Therapien auszuwählen.
Schulmedizinische Behandlungen
Die schulmedizinische Therapie der Gürtelrose und der PZN umfasst in der Regel:
- Virostatika: Bei einer Gürtelrose verordnet der Arzt gegebenenfalls Medikamente zum Einnehmen gegen das Virus (Virostatika, z.B. Aciclovir)
- Schmerzmittel: Analgetika, Antidepressiva, Einreibungen, Infiltrationen und TENS-Stimulationen.
- Lidocain- und Capsaicin-Pflaster: Schmerz-dämpfende Pflaster mit Lidocain (Lokalbetäubungsmittel) oder Capsaicin (Chili-Extrakt).
Die Bedeutung einer Ganzheitlichen Betrachtung
Die Behandlung der PZN sollte immer ganzheitlich erfolgen und sowohl körperliche als auch psychische Aspekte berücksichtigen. Die klinische Erfahrung, dass bei der über die Akutphase hinaus anhaltenden Neuralgie nach Zoster eine antidepressive (thymoleptische) Medikation erfolgreich ist, weist auf eine plurikausale Genese dieses Schmerzsyndroms hin. Es zeigte sich, daß diese psychischen "Folgen" des Schmerzerlebens in der Akutphase zugleich auch "Auslöser" oder bestimmende Faktoren für das Auftreten erneuter Schmerzen und deren Chronifizierung waren.
Vorbeugung der Postzosterischen Neuralgie
Da nicht eindeutig geklärt ist, wie es infolge einer Gürtelrose zu Nervenschmerzen kommt, die chronisch verbleiben, gibt es für diese Art der Komplikation leider keine Möglichkeit der Vorbeugung. Allerdings ist seit 2018 eine neue Impfung vorhanden, die vor der Gürtelrose selbst schützen soll. Sie wird für alle Menschen ab 60 sowie für Personen mit einem geschwächten Immunsystem oder mit Krankheiten wie Diabetes mellitus bereits ab 50 Jahren empfohlen, um das Risiko einer Reaktivierung der Viren zu mindern.
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