Schlaganfall Lebenserwartung: Statistik, Prognose und Einflussfaktoren

Der Schlaganfall ist in Deutschland nach Herz- und Krebserkrankungen die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter. Jährlich sind rund 200.000 Männer und Frauen neu betroffen, etwa 66.000 erleiden zum wiederholten Mal einen Schlaganfall. Die durchschnittliche Lebenserwartung nach einem Schlaganfall ist ein Thema, das viele Betroffene und Angehörige beschäftigt. Die gute Nachricht ist, dass dank moderner Behandlungsmethoden und flächendeckender Schlaganfalleinheiten (Stroke Units) die durchschnittliche Lebenserwartung nach einem Schlaganfall gestiegen ist.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall, auch Apoplex genannt, ist ein medizinischer Notfall, der eine schnelle Behandlung erfordert. Er entsteht durch eine Schädigung von Teilen des Gehirns, die sich in plötzlichen neurologischen Symptomen äußert. Ursache ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu einem Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen führt. In der Folge sterben Nervenzellen ab, wodurch es zu Ausfallerscheinungen kommt.

Man unterscheidet hauptsächlich zwei Arten von Schlaganfällen:

  • Ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt): Hierbei kommt es durch den Verschluss eines Blutgefäßes, meist durch ein Blutgerinnsel, zu einer Durchblutungsstörung.
  • Hämorrhagischer Schlaganfall (Hirnblutung): Hierbei kommt es zu einer Blutung im Gehirn, die das umliegende Gewebe schädigen kann. Ursachen können hoher Blutdruck, veränderte Gefäßwände oder Gefäßmissbildungen sein.

Schweregradeinteilung beim Schlaganfall

Die Schweregradeinteilung beim Schlaganfall wird häufig sowohl durch den NIH Stroke Scale (NIHSS) als auch die modifizierte Rankin-Skala (mRS) vorgenommen.

  • NIH Stroke Scale (NIHSS): Eine Skala, die von medizinischem Fachpersonal verwendet wird, um das Ausmaß der neurologischen Beeinträchtigung bei einem Schlaganfallpatienten zu bewerten. Sie umfasst 11 Rubriken, die verschiedene neurologische Funktionen abdecken. Jede Funktion wird auf einer Skala von 0 (keine Beeinträchtigung) bis 4 (schwere Beeinträchtigung) bewertet, wobei höhere Punktzahlen eine schwerere Beeinträchtigung anzeigen.
  • Modifizierte Rankin-Skala (mRS): Diese Skala bewertet den Grad der Behinderung oder die Abhängigkeit von Patientinnen und Patienten im täglichen Leben nach einem Schlaganfall.

Ein frühzeitiges und genaues Assessment mit Instrumenten wie dem NIHSS und dem mRS kann somit wesentlich zur Prognosebestimmung dienen.

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Überlebenschancen nach einem Schlaganfall

Die Überlebenschancen nach einem Schlaganfall haben sich in Deutschland dank moderner Behandlungsmethoden und flächendeckender Schlaganfalleinheiten (Stroke Units) verbessert.

  • 93 % der Patienten überleben die ersten 30 Tage.
  • 75-83 % überleben das erste Jahr.
  • Etwa 55 % überleben die ersten fünf Jahre nach einem Schlaganfall.
  • Jüngere Menschen unter 45 Jahren haben eine Überlebensrate von 98 %.

Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass diese Zahlen Durchschnittswerte sind und die individuelle Prognose von verschiedenen Faktoren abhängt.

Eine Studie der FAU und der Universität Würzburg hat neue Erkenntnisse über die Sterblichkeit und die Wiederholungsraten nach einem ischämischen Schlaganfall gewonnen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten Krankheitsverläufe über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg verfolgen. Die Studie zeigte hohe Raten sowohl für die Sterblichkeit als auch die Wiederholungsfälle: Fast jeder zweite Patient bzw. jede zweite Patientin stirbt innerhalb von fünf Jahren nach dem ersten Schlaganfall, jeder fünfte bzw. jede fünfte erleidet einen erneuten Schlaganfall innerhalb von fünf Jahren. Das Langzeitüberleben und die Wiederholungsrate unterschieden sich jedoch erheblich je nach Ursache des ersten Schlaganfalls: So haben Patientinnen und Patienten, deren Schlaganfall durch den Verschluss kleiner Arterien ausgelöst wurde, die höchste Überlebenswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren.

Was die Zahlen auch zeigen: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Erlangen die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem ischämischen Schlaganfall deutlich verbessert - und zwar über alle Schlaganfall-Subtypen hinweg. Dies steht im Einklang mit der bundesweiten Entwicklung.

Faktoren, die die Lebenserwartung beeinflussen

Die Lebenserwartung nach einem Schlaganfall wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst:

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  • Art und Schwere des Schlaganfalls: Ein schwerer Schlaganfall mit ausgeprägten neurologischen Defiziten hat in der Regel eine schlechtere Prognose als ein leichter Schlaganfall. Die schlechteste durchschnittliche Lebenserwartung bei einem ischämischen Schlaganfall besteht bei einem „malignen Mediainfarkt“. Bei einer Hirnblutung ist ein wichtiger Parameter für die Lebenserwartung die Wachheit-Skala “Glasgow Coma Scale” (GCS).
  • Alter: Je älter der Patient, desto geringer ist die Lebenserwartung.
  • Vorerkrankungen: Vorerkrankungen wie Diabetes (Zuckerkrankheit), Bluthochdruck, Vorhofflimmern oder eine Karotisstenose können die Prognose verschlechtern.
  • Rehabilitation: Eine frühzeitige und konsequente Rehabilitation kann dieFunktionalität der Extremitäten und Rumpfkontrolle verbessern und die Lebenserwartung positiv beeinflussen.
  • Lebensstil: Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung und dem Verzicht auf Rauchen kann das Risiko für einen weiteren Schlaganfall senken und die Lebenserwartung erhöhen.
  • Soziales Umfeld: Unterstützung durch die Familie und das Setzen realistischer, motivierender Rehabilitationsziele fördern die Genesung.

Schlaganfallrezidive

Das Risiko, nach einem ersten Schlaganfall einen weiteren zu erleiden, ist erhöht. Laut Prof. Dr. Schäbitz liegt die Zahl der Rezidiv-Schlaganfälle bei rund 50.000 bis 70.000 pro Jahr. Eine Studie auf Basis von GKV-Routinedaten zeigt ein Rezidivrisiko von 1,2 % nach 30 Tagen, von 3,4 % nach 90 Tagen, von 7,4 % nach einem Jahr sowie 19,4 % nach fünf Jahren. Um das Rezidivrisiko zu minimieren, ist es wichtig, die Ursachen des ersten Schlaganfalls zu erforschen und eine gute Sekundär-Prävention aufzubauen. Dabei gelten die selben Präventionsmaßnahmen wie vor Erstschlaganfällen: gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, kein Diabetes, kein Bluthochdruck usw.

Rehabilitation nach Schlaganfall

Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist ein komplexer und individuell angepasster Prozess. Sie sollte bereits 24 Stunden nach Schlaganfall, wenn möglich, beginnen. Einen positiven Faktor ist vor allem die als schnell einsetzende Besserung innerhalb der ersten drei Monate nach Schlaganfall. Weiters werden auch kognitive Reserven mit einbezogen. So haben Patienten ohne vorherige Demenz und mit wenigen subkortikalen arteriellen Enzephalopathien (SAE) bessere kognitive Voraussetzungen für die Rehabilitation. Auch das soziale Umfeld spielt eine maßgebliche Rolle in der Rehabilitationsqualität. Unterstützung durch die Familie und das Setzen realistischer, motivierender Rehabilitationsziele fördern die Genesung.

Prävention von Schlaganfällen

Um das eigene Schlaganfall-Risiko so gering wie möglich zu halten, ist es wichtig, Risikofaktoren zu vermeiden. Die Hauptrisikofaktoren sind Bluthochdruck und Vorhofflimmern. Andere relevante Risikofaktoren sind Diabetes, Rauchen, Bewegungsmangel und Fettstoffwechselstörung. Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind letztendlich immer die Vermeidung von Risikofaktoren. Das heißt: Maßnahmen, die effektiv einem Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und letzten Endes auch Diabetes vorbeugen und verhindern. Dazu gehört im ersten Schritt, dass man sich vernünftig ernährt, das heißt eine balancierte, ausgewogene zum Beispiel mediterrane Diät zu sich führt. Also überwiegend Gemüse, nicht zu viel Fleisch, nicht zu viel Alkohol. Alkohol ist zwar nicht komplett verboten, aber nur in sehr geringen Mengen. Und natürlich ist ausreichende Bewegung sehr wichtig. 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, ist ideal. Und wenn Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck vorliegen, sollte man die natürlich auch behandeln. Die Deutsche Schlaganfall Gesellschaft bietet auf ihrer Seite einen Schlaganfall-Risikotest an, mit dem Personen ihr persönliches Schlaganfall-Risiko einschätzen können.

Was tun im Notfall?

Wenn eine Person in Ihrer Familie, im Freundeskreis oder Umfeld einen Schlaganfall erleidet und Sie einen solchen erkennen, rufen Sie sofort die 112. Das Wichtigste ist, dass der Rettungsdienst alarmiert wird und so schnell wie möglich Hilfe eintrifft. Sie können denjenigen natürlich beruhigen und darauf achten, dass er nicht stürzt, falls er eine Gangstörung hat. Aber all das sind Dinge, die dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Die Erstversorgung in einer Stroke Unit ist essentiell. In Deutschland wird heutzutage auch der Großteil - ich will nicht sagen alle Schlaganfall-Patienten - auf solchen Stroke Units behandelt.

Fortschritte in der Schlaganfallforschung

Die Schlaganfallforschung macht stetig Fortschritte. Ein Bereich der Forschung dreht sich aktuell um die Verbesserung der Akuttherapie. Mit der Thrombektomie gibt es eine sensationell wirksame neue Therapiemethode. Auf dem Gebiet der Schlaganfall-Früherkennung wird natürlich auch viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht. Warum treten Schlaganfälle zum Beispiel in manchen Familien häufiger auf als in anderen? Woran kann man eine Art Veranlagung erkennen? An diese und ähnlichen Fragen wird stark geforscht. Zuletzt gibt es auch viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall.

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