Psychotherapeutische Neurologie Reha: Definition und umfassender Überblick

Die psychotherapeutische neurologische Rehabilitation ist ein interdisziplinärer Ansatz, der darauf abzielt, Patienten mit neurologischen Erkrankungen und den daraus resultierenden psychischen Belastungen zu helfen. Ziel ist es, die Teilhabe am privaten, familiären, sozialen und beruflichen Leben wiederzuerlangen oder zu verbessern.

Einleitung

Neurologische Erkrankungen können weitreichende Folgen haben, die nicht nur die körperlichen Funktionen beeinträchtigen, sondern auch die psychische Gesundheit der Betroffenen stark belasten. Die psychotherapeutische neurologische Rehabilitation berücksichtigt diese Wechselwirkungen und bietet ein umfassendes Behandlungskonzept, das sowohl körperliche als auch seelische Aspekte berücksichtigt.

Neurologische Rehabilitation: Phasen und Ziele

Die neurologische Rehabilitation ist in verschiedene Phasen unterteilt, die jeweils spezifische Ziele verfolgen:

  • Phase A: Akutbehandlung. In dieser Phase steht die Sicherung lebenswichtiger Körperfunktionen im Vordergrund.
  • Phase B: Frührehabilitation. Hier liegt der Fokus auf der intensivmedizinischen Betreuung und der Stabilisierung von Herz, Kreislauf und Atmung. Rehabilitative Maßnahmen beginnen bereits in der Beatmungsphase.
  • Phase C: Postprimäre Rehabilitation. Ziel ist das Wiedergewinnen von Alltagsfähigkeiten und die Förderung der Beweglichkeit.
  • Phase D: Anschlussheilbehandlung (AHB). In dieser Phase werden die Alltagsfähigkeiten weiter gesteigert, um eine weitgehende Selbstständigkeit zu ermöglichen.
  • Phase E: Soziale und berufliche Wiedereingliederung. Der Patient ist weitgehend selbstständig, und es werden Maßnahmen zur Wiedereingliederung ergriffen.
  • Phase F: Zustandserhaltende Pflege. Der Patient ist aufgrund fehlender Rückbildungstendenz dauerhaft auf Hilfe angewiesen.

Ab der Rehabilitationsphase C steht das Ziel der Teilhabe im Vordergrund. Es wird angestrebt, für den Patienten ein vollständiges Wohlbefinden im körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Bereich zu erreichen.

Krankheitsbilder in der neurologischen Rehabilitation

Die neurologische Rehabilitation behandelt ein breites Spektrum an Krankheitsbildern, darunter:

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  • Schlaganfall (Hirninfarkt, Hirnblutung, Subarachnoidalblutung)
  • Schädel-Hirn-Trauma (mit und ohne Polytrauma)
  • Multiple Sklerose (MS)
  • Morbus Parkinson und andere Parkinson-Syndrome
  • Epilepsie und epileptische Syndrome
  • Erkrankungen des Rückenmarks und seiner Wurzeln (z.B. nach Bandscheibenoperationen, Spinalkanalstenose)
  • Hirntumore und andere Tumorerkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems
  • Entzündliche Erkrankungen des Nervensystems (z.B. Enzephalitis, Meningitis)
  • Muskelerkrankungen (z.B. Muskeldystrophie, Myasthenia gravis)
  • Polyneuropathien
  • Neurodegenerative Erkrankungen (z.B. Alzheimer, Demenz)
  • Zerebrale und sonstige Lähmungssyndrome

Häufig treten internistische Begleiterkrankungen (Hypertonie, Diabetes mellitus, Herzerkrankungen, Übergewicht) oder psychische und psychiatrische Begleitsymptome (Depression, Verwirrtheit) auf, die in der Rehabilitation mitbehandelt werden.

Psychosomatische Aspekte in der neurologischen Reha

Psychosomatische Erkrankungen entwickeln sich immer mehr zu einer Volkskrankheit. Stress, Überlastung, Unterforderung, fehlende oder mangelhafte Bewältigungsstrategien sowie fehlgesteuerte psychische Prozesse führen zu körperlichen Leiden. Die enge Verbindung zwischen Psyche und Körper spielt eine zentrale Rolle bei vielen Erkrankungen. Psychische Belastungen, wie Angst oder Stress, können direkte körperliche Reaktionen hervorrufen - etwa einen beschleunigten Puls, erhöhten Blutdruck oder vermehrtes Schwitzen. Diese Reaktionen verdeutlichen, wie stark Emotionen das körperliche Wohlbefinden beeinflussen können. Belastende Erfahrungen, sei es aus der Kindheit oder im Erwachsenenalter, etwa durch Probleme in der Familie oder am Arbeitsplatz, können nicht nur psychische Beschwerden hervorrufen, sondern auch körperliche Symptome auslösen. Häufige Beispiele sind Bauchschmerzen, Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen, die durch anhaltenden Stress oder emotionale Überforderung verursacht werden. Auch körperliche Erkrankungen können durch psychische Faktoren beeinflusst werden. Angst und depressive Verstimmungen können den Verlauf schwerer körperlicher Erkrankungen verschlechtern und ihre Heilung erschweren. In der psychosomatischen Rehabilitation wird genau diese Wechselwirkung berücksichtigt. Hier steht nicht nur die körperliche Symptomatik im Vordergrund, sondern auch die seelischen Ursachen und Folgen der Beschwerden.

Therapieansätze in der psychotherapeutischen neurologischen Reha

Das übergeordnete Ziel der Reha ist die Reintegration in das vertraute Umfeld, was sowohl die Wohnsituation als auch das soziale und berufliche Leben einschließt. Die Reha soll dazu befähigen, den gewohnten Alltag wieder wahrnehmen zu können. Das Gesamtbehandlungskonzept gliedert sich in:

  • Spezifische ärztlich geleitete Rehabilitation: Die ärztliche Grundversorgung orientiert sich an nationalen und internationalen Standards (Leitlinien) der Medizin. Regelmäßige Visiten und die kontinuierliche Prüfung und Überwachung der rehabilitativen Behandlung durch neurologische Fachärzte sind selbstverständlich.
  • Spezifische therapeutische Versorgung: Ein interdisziplinäres Team aus Psychologen, Logopäden, Ergotherapeuten, Krankengymnasten und physikalischen Therapeuten arbeitet gemeinsam mit der Pflege, der Ernährungsberatung und dem Sozialdienst an der Besserung des Zustandes.
    • Neuropsychologie: Behandlung von Einschränkungen der höheren Hirnfunktionen wie logisches Denken, Aufmerksamkeit, Sprechen und Erinnern. Therapie basiert auf Restitution, Kompensation und Adaptation.
    • Logopädie: Sprach-, Sprech- und Schlucktherapie bei neurologisch bedingten Störungen des Sprachsystems, des Sprechens, des Schluckens sowie bei Stimmstörungen oder Lähmungen im Gesichts- und Mundbereich.
    • Ergotherapie: Ziel ist es, funktionelle Bewegung wieder näher zu bringen, Sensomotorik und kognitive Fähigkeiten zu stärken. Es werden verschiedene neurophysiologische Behandlungstechniken angewendet.
    • Physiotherapie: Anwendung verschiedenster Techniken, um die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des Körpers zu erhalten oder wiederherzustellen und Kraft und Ausdauer zu verbessern.
    • Physikalische Therapie: Schmerzbekämpfung und Erhaltung und Verbesserung der Funktion des Bewegungsapparates durch Kälte- und Wärmetherapie, Elektrotherapie, manuelle Lymphdrainage und Massagen.
  • Pflege: Co-Therapeuten organisieren Untersuchungen, übernehmen pflegerische Maßnahmen und assistieren bei Einzel- und Gruppentherapien.
  • Sozialdienstliche Betreuung: Fachliche Hilfen für Patienten, die persönliche und soziale Probleme im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung haben. Beratung über mögliche soziale Leistungen, berufliche Wiedereingliederung und Sicherstellung der Lebensgrundlagen.
  • Ernährungsberatung: Unterstützung bei einer langfristigen Änderung des Essverhaltens. Vermittlung von Wissenswertem zur gesunden Ernährung und praktische Anwendung in der Lehrküche.
  • Weitere Angebote: Therapiefördernde und schulende Gespräche mit Angehörigen, Aphasiker-Zentrum, konfessionelle Hilfe.

Diagnostik in der neurologischen Reha

Für die Erreichung der bestmöglichen Therapieziele ist eine umfassende Diagnostik notwendig. Folgende diagnostische Verfahren werden angeboten:

  • Allgemeine Diagnostik am Aufnahmetag (Patientengespräch, körperliche und neurologische Untersuchung, EKG)
  • Bewertung bisheriger diagnostischer Befunde, ggf. Kontaktaufnahme zu vorbehandelnden Ärzten und Therapeuten
  • Erhebung von Assessment-Skalen und Scores, um Störungen in Funktion und Teilhabe genau zu erfassen
  • Apparative Diagnostik (Ruhe-EKG, Langzeit-EKG, Ultraschall, EEG, Evozierte Potentiale, Neurographie, Elektromyographie, Radiologische Schluckdiagnostik)
  • Spezielle Diagnostik (Basislabor, Neuropsychologische Testdiagnostik, Aphasiologische Diagnostik)
  • Diagnostik in Kooperation mit umliegenden Krankenhäusern und Praxen (Herzkatheter, Endoskopische Magen-/Darmdiagnostik, Urologische Diagnostik, Bildgebung, Belastungs-EKG etc.)

Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung

Bei Reha-Verfahren über die Deutsche Rentenversicherung erfolgt als Ergebnis des Reha-Aufenthaltes eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung. Hier wird ein Abgleich zwischen Funktionseinschränkungen und Befähigungen gegenüber dem persönlichen Leistungsprofil in der beruflichen Tätigkeit getroffen. Kann die bisherige Tätigkeit nicht wieder aufgenommen werden, werden Alternativen und Unterstützungsmöglichkeiten (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) angeboten.

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Entlassmanagement und Nachsorge

Neben dem Entlassbericht wird jedem Rehabilitanden eine Entlassmitteilung ausgehändigt. Bei Menschen im erwerbsfähigem Alter wird die Entlassart mitgeteilt, das heißt in wie weit die Einrichtung arbeitsfähig oder arbeitsunfähig verlassen wird. Während des Reha-Verlaufes wird in Richtung nachgehender Leistungen beraten (ambulante Reha-Nachsorge zur Lasten der DRV, IRENA). Sollte im Falle längerer Arbeitsunfähigkeit eine stufenweise Wiedereingliederung möglich sein, wird die Sozialberatung gemeinsam mit dem Patienten Kontakt zum Arbeitgeber aufnehmen, um den schrittweisen Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen. Nach der Reha gibt es verschiedene Angebote zur Nachsorge, um den Erfolg der Rehabilitationsbehandlung zu stärken und fortzuführen:

  • Psy-RENA (DRV): 25 wöchentliche Gesprächstermine in einer Gruppe
  • DE-RENA: Digitales Reha-Nachsorgeprogramm für Patient:innen mit depressiven Störungen
  • LiVi-RENA: Digitale Gruppennachsorge, die sich konzeptionell an Psy-Rena anlehnt
  • Einzelpsychotherapie
  • Selbsthilfegruppen

Antragstellung und Kostenübernahme

Ein Anspruch auf eine stationäre oder ambulante psychosomatische Reha besteht, wenn eine psychosomatische Erkrankung diagnostiziert wurde und die Behandlung medizinisch notwendig ist. Die stationäre Reha empfiehlt sich vor allem bei schwereren Erkrankungen, die ambulante Reha bei leichteren Fällen oder wenn eine Behandlung im gewohnten Umfeld möglich ist. Eine psychosomatische Reha wird in der Regel für fünf Wochen bewilligt. Die Kosten werden in der Regel von den Kostenträgern, also vorrangig den Krankenversicherungen und Rentenversicherungen, getragen. Alle Versicherten müssen beim Heilverfahren 10 Euro am Tag zuzahlen, wenn das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht von der Zuzahlung befreit sind.

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