Pudendusneuralgie: Heilung, Symptome und Behandlungsansätze

Die Pudendusneuralgie, auch bekannt als Pudendus-Neuropathie oder Alcock-Syndrom, ist eine seltene, chronische Schmerzerkrankung, die den Dammbereich betrifft - den Bereich zwischen After und Genitalien. Der Nervus pudendus, auch Schamnerv genannt, spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung der Beckenbodenmuskulatur und der Sensibilität im Genitalbereich. Eine Reizung oder Einklemmung dieses Nervs kann zu starken Schmerzen führen, die oft beim Sitzen stärker werden.

Was ist Pudendusneuralgie?

Die Pudendusneuralgie ist eine neuropathische Erkrankung, was bedeutet, dass sie durch eine Schädigung oder Funktionsstörung eines Nervs verursacht wird. In diesem Fall ist der Nervus pudendus betroffen, der für die sensible Wahrnehmung von After, Damm und Genitalien zuständig ist. Er steuert auch die Muskulatur des Beckenbodens und den äußeren Afterschließmuskel, was ihn wichtig für die Kontrolle von Harn und Stuhl sowie für die Sexualfunktion macht.

Weniger als 1 % der Bevölkerung sind von der Pudendusneuralgie betroffen. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Risikogruppen sind Frauen nach der Geburt, Menschen nach Beckenoperationen und ältere Menschen, bei denen das Gewebe im Becken an Elastizität verliert. Auch Berufstätige mit langem Sitzen können gefährdet sein.

Symptome der Pudendusneuralgie

Die Symptome der Pudendusneuralgie sind vielfältig und können sich schleichend entwickeln. Charakteristisch sind Schmerzen im Beckenbereich, die beim Sitzen stärker werden und sich durch Stehen oder Liegen bessern. Die Schmerzen können als brennend, stechend oder drückend empfunden werden. Auch Taubheitsgefühle oder Kribbeln im Bereich des Beckens können auftreten.

Weitere Symptome können sein:

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Pudendusneuralgie

  • Einseitige Schmerzen
  • Schmerzen im Genitalbereich
  • Schmerzen in der Dammregion
  • Störungen der Blasen- und Darmkontrolle
  • Störungen der Sexualfunktion

Viele Patienten berichten, dass sie sich im Liegen oder Stehen wohler fühlen, während das Sitzen kaum zu ertragen ist. Ein gefüllter Enddarm kann die Schmerzen verstärken, die sich nach dem Stuhlgang bessern können.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen der Pudendusneuralgie sind vielfältig und reichen von mechanischen Belastungen bis hin zu Verletzungen oder Narbenbildung. Oft ist es eine Kombination aus verschiedenen Faktoren, die den Nerv reizen oder einklemmen.

Häufige Ursachen sind:

  • Mechanische Kompression: Druck auf den Nerv, z.B. durch langes Sitzen, Fahrradfahren oder Operationen
  • Verletzungen: Beckenfrakturen, Schuss- oder Stichverletzungen, Gewalteinwirkung im Bereich des Beckens
  • Gynäkologische Erkrankungen: Endometriose
  • Schwere Geburt
  • Gefäßerkrankungen: Thrombosen, Krampfadern im Beckenbereich
  • Bindegewebige Verengung des Alcock-Kanals
  • Weitere Erkrankungen: Herpes zoster (Gürtelrose), Tumoren im Becken, Diabetes mellitus

Diagnose der Pudendusneuralgie

Die Diagnose der Pudendusneuralgie kann eine Herausforderung sein, da die Symptome oft unspezifisch sind und leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können. Häufig dauert es Monate oder sogar Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird.

Typische Untersuchungen sind:

Lesen Sie auch: Diagnose und Therapie der Pudendusneuralgie

  • Körperliche Untersuchung: Abtasten des Beckenbereichs, um Druckschmerzpunkte zu identifizieren
  • MRT oder CT: Um andere Ursachen auszuschließen, z.B. Tumoren oder Bandscheibenvorfälle
  • Pudendusnerv-Blockade: Injektion eines Lokalanästhetikums in die Nähe des Nervs, um zu testen, ob der Pudendusnerv die tatsächliche Ursache der Schmerzen ist
  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit: Um Schädigungen des Nervs nachzuweisen

Es ist wichtig, andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen, wie z.B. Hautentzündungen, Diabetes mellitus, Tumoren der Nerven und des Rückenmarks oder psychologische Erkrankungen.

Behandlungsmöglichkeiten der Pudendusneuralgie

Es gibt verschiedene Ansätze für die Behandlung der Pudendusneuralgie. Je nach Ursache und Schweregrad der Symptome können konservative Methoden wie Physiotherapie und Schmerzmittel helfen. In schweren Fällen ist eine operative Behandlung ratsam.

Konservative Behandlung

  • Physiotherapie: Besonders Physiotherapie für den Beckenboden kann oft Linderung verschaffen, da bei einer Pudendusneuralgie oft Beckenbodenschmerzen durch eine verspannte Beckenbodenmuskulatur auftreten.
  • Schmerzmittel: Übliche Schmerzmittel helfen oft nicht. Stärkere Schmerzmittel wie Opioide, Antidepressiva oder Antikonvulsiva können eingesetzt werden.
  • Pudendusblock: Eine Injektion von Betäubungsmitteln in den Bereich des Schamnerves kann kurzfristig schmerzlindernd wirken, ist aber als langfristige Therapie eher nicht geeignet.
  • TENS (Transkutane elektrische Nervenstimulation): Reizstromtherapie zur Verringerung der Schmerzweiterleitung ins Gehirn.
  • SPNS (Subkutane periphere Nervenstimulation): Implantation von Elektroden unter die Haut zur Stimulation der Nerven.
  • Weitere Maßnahmen: Patientenschulungen, psychologische Begleitung

Operative Behandlung

Die operative Therapie zielt darauf ab, den Nerv vom Druck zu entlasten oder aus einer Einklemmung zu befreien (Neurolyse). Dabei wird der Nervus pudendus freigelegt, um jeglichen Druck, z.B. durch Narbengewebe, zu nehmen. Der Zugang kann von hinten durch die Gesäßmuskulatur, durch den Damm oder durch die Scheide erfolgen.

Die Ansprechraten auf operative Eingriffe liegen bei über 70%. Der Effekt zeigt sich jedoch oft erst innerhalb der folgenden Monate.

Weitere Therapieansätze

  • Pudendale Neuromodulation (PNM): Ein noch junges Therapieverfahren zur neuromodulativen Behandlung chronischer Erkrankungen der Harnblase und des Beckens, insbesondere der pudendalen Neuralgie. Hierbei wird eine dauerhafte Schmerzlinderung durch elektrisch herbeigeführte Veränderung und Unterbrechung der Schmerzempfindung und -weiterleitung über den Schamnerven erzielt.
  • TMX® Beckenbodentrigger: Ein Tool für die Triggerpunkttherapie im Bereich des Beckenbodens, das selbstständig zu Hause angewendet werden kann.

Alternative Behandlungsformen

  • Osteopathie und Akupunktur: Können manchen Patienten helfen, die Schmerzen zu lindern.
  • Homöopathische Mittel: Es gibt zahlreiche homöopathische Mittel, die eine Besserung oder Heilung der Schmerzen versprechen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Wirksamkeit alternativer Behandlungsformen wissenschaftlich nicht gesichert ist und diese die schulmedizinische Behandlung allenfalls ergänzen, jedoch nicht ersetzen können.

Lesen Sie auch: Leitfaden zu Übungen bei Pudendusneuralgie

Spezielle Aspekte bei Frauen

Bei Frauen ist die Beschreibung und Zuordnung von Schmerzen im Intimbereich oft nicht einfach. Es ist wichtig, zwischen Schmerzen im Bereich der Vulva (äußere Geschlechtsorgane) und der Scheide (Vagina) zu unterscheiden.

Weitere Erkrankungen, die Schmerzen im Genitalbereich verursachen können, sind:

  • Vulvodynie: Diffuser brennender Schmerz im äußeren Genitalbereich
  • Lichen Sclerosus: Erkrankung, die zu einem "Schwund" des äußeren Genitales führt
  • Vestibulodynie: Schmerzhaft überempfindliche Stelle(n) im Scheideneingangsbereich, die Geschlechtsverkehr fast unmöglich macht (Dyspareunie)
  • Vaginismus (Scheidenkrampf): Schmerzhafte Kontraktion der Scheidenmuskulatur, die das Einführen von Tampons, gynäkologischen Instrumenten oder des Penis erschwert oder unmöglich macht

Chronisches Beckenschmerzsyndrom (CPPS)

Das Chronische Beckenschmerzsyndrom (Chronic Pelvic Pain Syndrome - CPPS) ist ein Sammelbegriff für langandauernde, medizinisch schwer nachweisbare Schmerzen im Beckenbereich, die nicht primär durch Infektionen verursacht sind. Typische Symptome umfassen Brennen, Stechen oder Ziehen in der Penisspitze, Leiste, dem Damm oder der Blase sowie häufigen Harndrang.

Die Ursache des CPPS liegt meist in Verklebungen des Gewebes im Beckenbereich und einem überreizten Nervensystem. Entscheidend ist, beide Hauptursachen - die körperlichen Verklebungen und das überreizte Nervensystem - gleichzeitig zu behandeln.

Prognose der Pudendusneuralgie

Die Prognose der Pudendusneuralgie ist abhängig von der Ursache und dem Zeitpunkt der Behandlung. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine Besserung der Symptome.

Grundsätzlich gilt die Prognose der Pudendusneuralgie als gut, sofern alle verfügbaren Therapieoptionen in das Behandlungsschema miteinbezogen werden. Dennoch gibt es Patienten, die nicht von einem operativen Eingriff profitieren und auch die medikamentöse Therapie nur schlecht anschlägt.

tags: #Pudendusneuralgie #Heilung