Die Lumbalpunktion (LP), auch Liquorpunktion genannt, ist ein diagnostisches Verfahren zur Entnahme von Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) aus dem Wirbelkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Analyse des Liquors im Labor ermöglicht die Diagnose von Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks. Obwohl der Eingriff mit gewissen Risiken verbunden ist, ist er ein wichtiges Instrument zur Erkennung und Behandlung verschiedener neurologischer Erkrankungen.
Was ist eine Lumbalpunktion?
Bei einer Lumbalpunktion wird mit einer dünnen Punktionsnadel Nervenwasser aus dem Wirbelkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule entnommen. Die Lendenwirbel werden als Lumbalwirbel bezeichnet, daher der Name Lumbalpunktion. Das Nervenwasser umhüllt Gehirn und Rückenmark und schützt sie vor Erschütterungen. Die gewonnene Flüssigkeit wird im Labor auf verschiedene Parameter untersucht, die Hinweise auf Erkrankungen geben können.
Indikationen für eine Lumbalpunktion
Eine Lumbalpunktion wird bei Verdacht auf verschiedene Erkrankungen des Nervensystems durchgeführt, darunter:
- Entzündungen des Nervensystems: Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis (Hirnentzündung), Myelitis (Rückenmarkentzündung), Multiple Sklerose. Bei einer Infektion enthält der Liquor viele Entzündungszellen oder bestimmte Antikörper gegen die Erreger.
- Blutungen: Subarachnoidalblutung. Ist das Nervenwasser rötlich verfärbt, deutet dies auf eine frische Blutung hin. Eine gelbliche Verfärbung deutet wiederum auf eine ältere Blutung.
- Normaldruckhydrozephalus: Eine Form des Hydrozephalus, bei dem der Liquordruck erhöht ist. Der Normaldruckhydrocephalus kommt hauptsächlich im höheren Lebensalter vor und äußert sich durch die Symptomtrias Demenz, Inkontinenz und Gangstörung.
- Pseudotumor cerebri: Eine Erkrankung, die durch erhöhten Liquordruck und Sehstörungen gekennzeichnet ist und vor allem bei jungen, adipösen Frauen auftritt.
- Unklare Kopfschmerzen: In manchen Fällen kann eine Lumbalpunktion helfen, die Ursache von unklaren Kopfschmerzen zu finden.
- Hirn- und Rückenmarkstumore: Die Liquordiagnostik kann helfen, Tumorzellen im Nervenwasser nachzuweisen.
- Demenzerkrankungen: Bei bestimmten Demenzformen kann die Zusammensetzung des Hirnwassers verändert sein.
Die Lumbalpunktion kann auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, z. B. zur Medikamentengabe bei Chemotherapien oder zur Schmerzstillung bei chirurgischen Eingriffen (Lumbalanästhesie oder Spinalanästhesie).
Kontraindikationen für eine Lumbalpunktion
Eine Lumbalpunktion sollte nicht durchgeführt werden bei:
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- Erhöhter Blutungsneigung: Patienten mit Gerinnungsstörungen oder Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten haben ein erhöhtes Risiko für Blutungen im Bereich der Punktion.
- Erhöhtem Hirndruck: In diesem Fall kann die Punktion zu einer gefährlichen Hirnverschiebung führen. Eine Entlastungspunktion erfolgt in solchen Fällen daher erst nach einer absichernden, bildgebenden Analyse mithilfe von Computertomografie (CT) und/oder Magnetresonanztomografie (MRT).
- Entzündungen der Haut oder des Gewebes in der Nähe der Punktionsstelle: Um eine Ausbreitung der Infektion zu vermeiden.
- Fehlender Einwilligung des Patienten: Eine Lumbalpunktion darf nur mit dem Einverständnis des Patienten durchgeführt werden.
Vorbereitung auf eine Lumbalpunktion
Vor einer Lumbalpunktion muss der Patient über den Ablauf, die Risiken und den Nutzen des Eingriffs aufgeklärt werden. Der Patient muss eine schriftliche Einwilligung geben. Vor der Punktion sollte der Arzt prüfen, ob die Blutgerinnung normal ist. Gegebenenfalls müssen blutverdünnende Medikamente abgesetzt werden. Um erhöhten Hirndruck auszuschließen, wird in der Regel eine Bildgebung des Kopfes (CT oder MRT) durchgeführt. Der Patient sollte vor der Punktion die Blase entleeren, da er nach dem Eingriff für einige Zeit liegen muss.
Ablauf einer Lumbalpunktion
Die Lumbalpunktion wird in der Regel von einem Arzt in einer Klinik oder einer neurologischen Praxis durchgeführt. Der Patient sitzt auf der Bettkante oder liegt in Embryonalstellung auf der Seite, um den Rücken zu krümmen und die Wirbelzwischenräume zu öffnen. Der Arzt tastet die Darmbeinkämme als Landmarken und identifiziert den Fortsatz des Lendenwirbelkörpers 4 (LWK 4). Die Punktion erfolgt in der Regel unterhalb dieser Linie, da das Rückenmark in etwa auf Höhe des LWK 2 endet. Die Haut an der Punktionsstelle wird desinfiziert und örtlich betäubt.
Anschließend führt der Arzt eine dünne Hohlnadel zwischen zwei Lendenwirbeln in den Subarachnoidalraum ein, der das Nervenwasser enthält. Sobald die Nadel richtig positioniert ist, tropft das Nervenwasser heraus und wird in Röhrchen aufgefangen. In der Regel werden 10 bis 15 Milliliter Nervenwasser entnommen. Zum Schluss wird die Nadel entfernt und die Einstichstelle mit einem Pflaster versorgt. Die Lumbalpunktion selbst dauert etwa 15 Minuten.
Was passiert nach einer Lumbalpunktion?
Nach der Lumbalpunktion sollte der Patient mindestens eine Stunde flach liegen, um Kreislaufschwierigkeiten und Kopfschmerzen vorzubeugen. Es wird empfohlen, sich in den folgenden 24 Stunden zu schonen und ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Die Einstichstelle wird auf Blutungen oder andere Komplikationen überwacht.
Risiken und Nebenwirkungen einer Lumbalpunktion
Eine Lumbalpunktion ist ein relativ sicherer Eingriff, birgt aber wie jede medizinische Prozedur gewisse Risiken:
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- Postpunktionelle Kopfschmerzen: Dies ist die häufigste Nebenwirkung und tritt bei bis zu 30 % der Patienten auf. Sie entstehen durch den Verlust von Nervenwasser und den daraus resultierenden Druckabfall im Schädel. Die Kopfschmerzen sind meist lageabhängig und bessern sich im Liegen. Sie können mit Schmerzmitteln, Koffein oder Theophyllin behandelt werden. In seltenen Fällen ist ein sogenanntes "Blutpflaster" (Blood-Patch) erforderlich, bei dem Eigenblut in den Epiduralraum gespritzt wird, um das Leck zu verschließen.
- Rückenschmerzen an der Punktionsstelle: Diese sind meist mild und vorübergehend.
- Blutungen oder Blutergüsse: Im Bereich der Punktionsstelle können Blutungen oder Blutergüsse auftreten, insbesondere bei Patienten mit Blutgerinnungsstörungen.
- Infektionen: In seltenen Fällen kann es zu einer Infektion der Hirnhäute (Meningitis) oder des Rückenmarks kommen.
- Nervenverletzungen: Eine Verletzung von Nervenwurzeln ist selten, kann aber zu vorübergehenden oder dauerhaften Taubheitsgefühlen oder Lähmungen führen.
- Kreislaufprobleme: In seltenen Fällen kann es zu Kreislaufproblemen mit Übelkeit, Schwindel und niedrigem Blutdruck kommen.
Wann sollte man nach einer Lumbalpunktion einen Arzt aufsuchen?
Nach einer Lumbalpunktion sollte man einen Arzt aufsuchen, wenn folgende Beschwerden auftreten:
- Starke oder anhaltende Kopfschmerzen
- Fieber
- Nackensteifigkeit
- Neurologische Ausfälle (z. B. Taubheitsgefühle, Lähmungen)
- Starke Schmerzen an der Punktionsstelle
- Anzeichen einer Infektion (z. B. Rötung, Schwellung, Eiter)
Was zeigt die Untersuchung des Hirnwassers?
Die Analyse des Nervenwassers kann wichtige Informationen über verschiedene Erkrankungen liefern:
- Zellzahl: Eine erhöhte Zellzahl, insbesondere von weißen Blutkörperchen (Leukozyten), deutet auf eine Entzündung hin.
- Proteine: Eine erhöhte Proteinkonzentration kann auf verschiedene Erkrankungen hinweisen, z. B. Multiple Sklerose oder Entzündungen.
- Glukose: Eine niedrige Glukosekonzentration kann auf eine bakterielle Infektion hindeuten.
- Laktat: Eine erhöhte Laktatkonzentration kann ebenfalls auf eine bakterielle Infektion hinweisen.
- Erreger: Im Nervenwasser können Bakterien, Viren oder Pilze nachgewiesen werden, die eine Infektion verursachen.
- Antikörper: Der Nachweis von Antikörpern gegen bestimmte Erreger kann auf eine Infektion oder eine Autoimmunerkrankung hinweisen.
- Tumorzellen: Im Nervenwasser können Tumorzellen nachgewiesen werden, die auf einen Krebsbefall der Hirnhäute oder Hirnkammern hindeuten.
- Biomarker: Bei bestimmten Erkrankungen, wie z. B. Alzheimer-Demenz, können spezifische Biomarker im Nervenwasser nachgewiesen werden.
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