Die Lumbalpunktion, auch bekannt als Hirnwasserpunktion, ist ein häufiger medizinischer Eingriff, der sowohl diagnostische als auch therapeutische Zwecke erfüllt. Obwohl sie in der Regel sicher ist, kann eine der häufigsten Nebenwirkungen das Auftreten von Kopfschmerzen nach der Punktion sein, die als postpunktionelle Kopfschmerzen (PDPH) bezeichnet werden. Dieser Artikel befasst sich eingehend mit den Ursachen von Kopfschmerzen nach Lumbalpunktion, den verschiedenen Aspekten des Liquorverlustsyndroms und den verfügbaren Behandlungsstrategien.
Einführung
Die Lumbalpunktion ist ein Verfahren, bei dem eine Nadel in den Wirbelkanal eingeführt wird, um Liquor cerebrospinalis (CSF) zu entnehmen. Dies kann zur Diagnose von Infektionen des Nervensystems, zur Messung des Liquordrucks oder zur Verabreichung von Medikamenten direkt in das Hirnwasser erfolgen. Trotz der sorgfältigen Durchführung kann es in einigen Fällen zu Komplikationen kommen, insbesondere zu postpunktionellen Kopfschmerzen.
Ursachen von Kopfschmerzen nach Lumbalpunktion
Die Hauptursache für Kopfschmerzen nach einer Lumbalpunktion ist der Verlust von Liquor durch ein Leck in der Dura, der Membran, die das Rückenmark umgibt. Dieses Leck entsteht durch die Punktion der Dura mit der Nadel. Der resultierende Unterdruck im Gehirn führt zu einer Reihe von Symptomen, die als Liquorverlustsyndrom bekannt sind.
Liquorverlustsyndrom
Das Liquorverlustsyndrom, auch als Liquorleck bezeichnet, tritt auf, wenn Liquor schneller verloren geht, als er vom Körper nachgebildet werden kann. Dies führt zu einem Unterdruck im Gehirn, der sich besonders in aufrechter Körperposition bemerkbar macht.
Wie entsteht der Liquorverlust?
- Punktion der Dura: Die häufigste Ursache ist die Punktion der Dura während einer Lumbalpunktion.
- Knochensporne: In einigen Fällen können kleine Knochensporne an der Wirbelsäule, die durch Reibung der Wirbel entstehen, die Dura durchstechen.
- Trauma: Auch ein (Bagatell-)Trauma wie eine Prellung kann zu einem kleinen Einriss der Rückenmarkshaut führen.
Pathophysiologie
Die genaue Pathogenese der PDPH ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass der Liquorverlust zu einer Abnahme des Liquorvolumens und -drucks führt. Dies kann eine arterielle und venöse Gefäßdilatation verursachen oder schmerzempfindliche Strukturen mechanisch stimulieren.
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Risikofaktoren
Die Wahrscheinlichkeit, eine PDPH zu entwickeln, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Größe und Art der Punktionsnadel: Dünnere Nadeln (≥ 25 Gauge) und atraumatische Nadeln reduzieren das Risiko.
- Punktionstechnik: Eine atraumatische Punktion, bei der der Schliff der Nadel parallel zu den Durafasern ausgerichtet wird, minimiert das Risiko.
- Persönliche Eigenschaften: Alter, Body-Mass-Index (BMI) und Schwangerschaft können ebenfalls eine Rolle spielen.
Symptome des Liquorverlustsyndroms
Die Symptome des Liquorverlustsyndroms können variieren, aber die typischsten sind:
- Orthostatische Kopfschmerzen: Kopfschmerzen, die sich im Stehen oder Sitzen verschlimmern und im Liegen bessern.
- Nackensteifigkeit: Ein steifer oder schmerzender Nacken.
- Übelkeit und Erbrechen: Übelkeit und Erbrechen können als Begleitsymptome auftreten.
- Schwindel: Ein Gefühl von Benommenheit oder Drehschwindel.
- Tinnitus: Ohrgeräusche oder Klingeln im Ohr.
- Hör- und Sehstörungen: Veränderungen im Hör- oder Sehvermögen.
- Licht- und Geräuschempfindlichkeit: Erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Licht und Geräuschen.
Diagnose des Liquorverlustsyndroms
Die Diagnose des Liquorverlustsyndroms umfasst in der Regel:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere ob kürzlich eine Lumbalpunktion oder ein Trauma stattgefunden hat.
- Körperliche Untersuchung: Beurteilung der Symptome und neurologischer Funktionen.
- Bildgebende Verfahren:
- MRT: Magnetresonanztomographie des Gehirns und der Wirbelsäule, um Hinweise auf einen Liquoraustritt oder ein Absinken des Gehirns zu erkennen.
- CT-Myelogramm: Computertomographie nach Injektion eines Kontrastmittels in den Wirbelsäulenkanal, um die genaue Stelle des Lecks zu identifizieren.
- Liquordruckmessung: Gegebenenfalls vorsichtige Lumbalpunktion zur Messung des Liquordrucks. Ein niedriger Liquordruck (< 60 cm H2O im Liegen) kann ein Hinweis auf ein Liquorverlustsyndrom sein.
Behandlung von Kopfschmerzen nach Lumbalpunktion
Die Behandlung von Kopfschmerzen nach Lumbalpunktion zielt darauf ab, den Liquorverlust zu stoppen und die Symptome zu lindern.
Konservative Maßnahmen
- Bettruhe: Liegen kann helfen, den Druck im Gehirn zu reduzieren.
- Flüssigkeitszufuhr: Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme unterstützt die Regeneration des Liquors.
- Schmerzmittel: Schmerzmittel können zur Linderung der Kopfschmerzen eingesetzt werden.
- Koffein: Koffein kann helfen, die Blutgefäße im Gehirn zu verengen und die Kopfschmerzen zu reduzieren.
Invasive Maßnahmen
- Blutpatch: Ein epiduraler Blutpatch ist die Therapie der Wahl, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend helfen. Dabei wird eine kleine Menge Eigenblut in den Epiduralraum injiziert, um das Leck abzudichten.
- Operativer Verschluss: In seltenen Fällen kann ein minimalinvasiver Eingriff erforderlich sein, um das Loch in der Dura operativ zu verschließen und Knochensporne zu entfernen.
- Lokaler CT-gestützter Blutpatch: Wenn über die Lendenwirbelsäule durchgeführte Blutpatches zu keiner Beschwerdebesserung führen, kann der Blutpatch lokal, direkt auf Höhe der Leckage durchgeführt werden. Dabei wird ein Blut-Kontrastmittel-Gemisch unter CT-Navigation an den Ort des Rückenmarkshautdefektes appliziert.
Medikamentöse Therapie
Neben Schmerzmitteln können auch andere Medikamente zur Behandlung von PDPH eingesetzt werden:
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- Theophyllin: Orales Theophyllin kann helfen, die Kopfschmerzen zu lindern.
- Hydrocortison: Intravenöses Hydrocortison kann ebenfalls wirksam sein.
- Gabapentin: Orales Gabapentin kann bei chronischen Kopfschmerzen helfen.
- Adrenocorticotropes Hormon (ACTH): Intravenöses oder intramuskuläres ACTH kann in einigen Fällen wirksam sein.
Prävention von Kopfschmerzen nach Lumbalpunktion
Obwohl nicht immer vermeidbar, gibt es Maßnahmen, die das Risiko von Kopfschmerzen nach Lumbalpunktion reduzieren können:
- Verwendung einer dünnen Punktionsnadel: Die Verwendung einer Nadel mit einem Durchmesser von ≥ 25 Gauge kann das Risiko eines Liquorlecks verringern.
- Atraumatische Punktionstechnik: Eine sorgfältige Punktionstechnik, bei der der Schliff der Nadel parallel zu den Durafasern ausgerichtet wird, kann das Risiko minimieren.
- Vermeidung wiederholter Punktionen: Jede erneute Punktion kann das Risiko eines erneuten Liquorlecks erhöhen.
Chronische Verläufe und psychische Belastung
Es ist wichtig zu beachten, dass PDPH in einigen Fällen chronisch werden kann. Eine chronische oder persistierende PDPH (pPDPH) kann Monate bis Jahre andauern und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Die lange Krankheitsdauer, frustrierende Arztkontakte, Fehldiagnosen und unzureichende Therapien können auch eine erhebliche psychische Belastung darstellen. In solchen Fällen ist eine umfassende Behandlung erforderlich, die sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte berücksichtigt.
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