Nervus Radialis: Anatomie, Funktion, Erkrankungen und Behandlung

Der Nervus radialis, auch Speichennerv genannt, ist ein bedeutender peripherer Nerv des Armnervensystems. Er spielt eine entscheidende Rolle für die Motorik und Sensorik des Arms und der Hand. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, Funktion und klinische Bedeutung des Nervus radialis, einschließlich möglicher Erkrankungen wie das Supinaterkanalsyndrom oder die Radialislähmung.

Anatomie des Nervus Radialis

Ursprung und Verlauf

Der Nervus radialis entspringt dem Plexus brachialis, einem Nervengeflecht an der Halswirbelsäule, aus dem sämtliche Fasern für die Innervation der Arme hervorgehen. Genauer gesagt, stammt er aus dem Fasciculus posterior des Plexus brachialis und enthält Fasern aus den Segmenten C5 bis Th1. Er setzt den Faszikel direkt fort.

Ursprünglich liegt der Nerv dorsal der A. axillaris. Er verläuft dann hinter der A. axillaris und schraubt sich im Sulcus nervi radialis um den Humerus herum zur Außenseite des Oberarms. Vor dem Septum intermusculare laterale, einer Faszienschicht, die als Ursprung für mehrere Oberarmextensoren dient, verläuft er gemeinsam mit der A. profunda brachii im Sulcus n. radialis. Gemeinsam durchstoßen sie das Septum, anschließend verläuft der große Armnerv im Radialistunnel. Diese Struktur verläuft zwischen M. brachioradialis und M. brachialis.

Aufteilung des Nervs

Im weiteren Verlauf teilt sich der N. radialis in zwei Hauptäste:

  • Ramus profundus (tiefer Ast): Dieser Ast zieht durch den Musculus supinator (der u.a. die Auswärtsdrehung des Unterarms bewirkt) und innerviert die Unterarm- sowie Handmuskulatur. Im Supinatorkanal verläuft der Ramus profundus durch den M. supinator und läuft durch den sogenannten Supinatorkanal in die Tiefe des Unterarms, um als N. interosseus antebrachii posterior zu enden.
  • Ramus superficialis (oberflächlicher Ast): Dieser Ast enthält überwiegend sensible Fasern und zieht zum Handrücken. Er bleibt oberflächlicher und verläuft entlang des M. brachioradialis gemeinsam mit der A. radialis. Erst im unteren Drittel des Unterarms gelangt er zwischen Radius und M. brachioradialis auf die Streckseite, um zu seinem sensiblen Versorgungsgebiet zu kommen.

Versorgungsgebiet des Nervus Radialis

Der Nervus radialis ist sowohl für die motorische als auch für die sensible Versorgung des Arms zuständig.

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Motorische Versorgung:

Der Nervus radialis versorgt die Streckmuskulatur des gesamten Armes. Dazu gehören:

  • Musculus triceps brachii (Strecker des Ellenbogens)
  • Musculus anconeus (unterstützt die Ellenbogenstreckung)
  • Musculus brachioradialis (beugt und supiniert den Unterarm)
  • Musculus extensor carpi radialis longus und brevis (strecken und abduzieren das Handgelenk)
  • Alle Unterarmextensoren:
    • M. supinator
    • M. extensor digitorum
    • M. extensor digiti minimi
    • M. extensor carpi ulnaris
    • M. abductor pollicis longus
    • M. extensor pollicis longus
    • M. extensor pollicis brevis
    • M. extensor indicis

Sensible Versorgung:

Darüber hinaus leitet er (sensibel) Gefühlsreize wie Berührungs- und Temperaturempfindungen aus bestimmten Hautarealen des Arms an das Gehirn weiter. Der Nervus radialis versorgt die Haut des distalen dorsalen Teils des Unterarms, den Handrücken, den Daumen, den Zeige- und Mittelfinger sowie den lateralen Teil des Ringfingers. Zum Versorgungsgebiet des R. superficialis des N. radialis gehört unter anderem ein etwa Daumengroßer Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger am Handrücken. Während sich normalerweise die sensiblen Versorgungsgebiete der Nerven an den Armen überschneiden, ist dieses Gebiet autonom dem Nervus radialis zugeordnet und wird nur von ihm Versorgt.

Die sensiblen Äste des Nervus radialis sind:

  • N. cutaneus brachii superior (Haut am hinteren medialen Oberarm)
  • N. cutaneus brachii lateralis inferior (Haut am hinteren seitlichen Oberarm)
  • N. cutaneus antebrachii posterior (Haut von Ellenbogen bis zum hinteren Unterarm)
  • Rr. digitales dorsales (Haut des dorsalen Daumens, Zeige- und Mittelfinger, ohne Fingerendglieder II und III)

Engstellen

Entlang des Verlaufs des Nervus radialis gibt es mehrere Engstellen, die auf anatomische Gegebenheiten zurückzuführen sind. Eine primäre Engstelle befindet sich im Sulcus radialis des Oberarms. Darüber hinaus liegt eine Engstelle am Übergang vom Ober- zum Unterarm, wenn der Nerv durch den Supinatorkanal tritt.

Funktion des Nervus Radialis

Die Bedeutung des N. radialis liegt in seiner vielfältigen Funktion:

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  • Motorik: Ermöglicht die Streckung des Arms, das Heben der Hand sowie die Streckung der Finger.
  • Sensorik: Leitet Empfindungen aus definierten Bereichen des Arms an das Gehirn weiter, wie z.B. Berührungs- und Temperaturempfindungen.

Erkrankungen des Nervus Radialis

Schmerzen und Entzündungen des Nervus radialis können durch verschiedene Ursachen wie traumatische Verletzungen, übermäßige Druckbelastung, entzündliche Prozesse oder anatomische Anomalien verursacht werden.

Radialisparese

Die Radialisparese bezeichnet eine Lähmung des Nervus radialis. Auch eine Verletzung, beispielsweise durch einen Unfall oder eine Operation, kann Auslöser sein. In der Folge lassen sich die vom Nerv versorgten Muskeln nicht mehr richtig ansteuern. Durch ein Trauma, beispielsweise den Bruch des Oberarms (Humerusfraktur), kann der Nervus radialis geschädigt werden und es kommt zu einer Radialisparese (Lähmung). Die Folge ist der Ausfall der gesamten Streckmuskulatur von Arm und Hand. Typisch ist das Bild einer schlaff herabhängenden Hand (Fallhand). Die Handgelenk und Finger können nicht mehr gestreckt werden. Bei Schädigungen, die weiter oben am Arm lokalisiert sind, kann auch der Trizeps gelähmt sein, sodass kein Ellenbogenstreckung mehr möglich ist. Darüber hinaus ist eine Störung der Gefühlswahrnehmung im seitlichen Ober- und Unterarm sowie dem Handrücken (Daumen bis Mittelfinger) möglich. Einige Reflexe am Arm können abgeschwächt sein. Die Schädigung des Nervs kann sehr früh in seinem Verlauf auftreten, d.h. an der Oberseite der Schulter bzw. des Oberarms (Oberarmbruch oder Achselverletzung) oder an der Unterseite des Unterarms (Einklemmen durch eine zu enge Armbanduhr). Kommt es dagegen nur zu einer Sensibilitätsstörung, also nur zu „Gefühlsausfällen“, spricht man vom sog. Wartenberg-Syndrom.

Ursachen:

Die Radialisparese kann auf unterschiedliche Weise entstehen. Meistens wird der Nerv im Arm eingeklemmt oder geschädigt, z.B. bei einer ungünstigen Schlafposition. An bestimmten anatomischen Lokalisationen ist das Risiko für eine Radialisschädigung erhöht. Im Bereich der Axilla tritt sie häufiger bei Menschen auf, die Unterarm-Gehstützen benutzen, sich die Schulter ausgekugelt oder den Oberarm gebrochen haben. Im mittleren Drittel des Oberarms liegt der Nerv dem Knochen sehr eng an und ist besonders bei Knochenbrüchen gefährdet. Die sog. Schlaf- oder Parkbanklähmung tritt häufig im Tiefschlaf unter Alkoholeinwirkung auf, wenn Betroffene für längere Zeit auf dem Arm liegen oder ihn ungünstig auf der Bettkante auflegen. Eine andere Prädilektionsstelle ist der sog. Radialtunnel, wo der Nerv das Ellenbogengelenk überkreuzt. Auch im Bereich des Unterarms und des Handgelenkes kann der Nerv eingeklemmt werden, z. B. durch zu enge Armbänder oder auch Handschellen. Daher stammt auch die Bezeichnung des Syndroms als „Arrestantenlähmung" oder „Fesselungslähmung".

Symptome:

  • Fallhand (Unfähigkeit, Handgelenk und Finger zu strecken)
  • Mögliche Lähmung des Trizeps (eingeschränkte Ellenbogenstreckung bei höherliegenden Schädigungen)
  • Störung der Gefühlswahrnehmung im seitlichen Ober- und Unterarm sowie Handrücken (Daumen bis Mittelfinger)
  • Abgeschwächte Reflexe am Arm

Diagnostik:

Von ärztlicher Seite besteht in der Regel kein Problem, die Diagnose zu stellen. Die Krankengeschichte und eine einfache Untersuchung reichen normalerweise aus. Manchmal ist die Diagnose dennoch schwierig, z. B. bei Schmerzen im Ellenbogen. In diesem Fall ist die Radialisparese nur schwer von einem Tennisarm zu unterscheiden. Bei Unsicherheit in Bezug auf die Diagnose oder bei einem schlechten Genesungsprozess ist möglicherweise eine MRT-Untersuchung des Arms zu empfehlen. In Ausnahmefällen können auch Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit und der Muskelfunktion erforderlich sein.

Therapie:

Die Radialisparese verschwindet normalerweise innerhalb weniger Wochen von selbst. Man bemerkt eine schrittweise Verbesserung der Funktion. In dieser Zeit kann das Tragen einer Schiene sinnvoll sein, die das Handgelenk leicht gestreckt hält, um die Anwendung der Hand zu erleichtern. In seltenen Fällen bleibt die Parese bestehen. Bei langanhaltenden Schmerzen, deren Ursache das Einklemmen des Nervs ist, z. B. im Bereich des Ellenbogens, kann ein operativer Eingriff nötig werden, um für eine Druckentlastung zu sorgen.

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Prognose:

Bei den meisten Betroffenen liegt nur eine milde Form der Nervenläsion vor, die innerhalb einiger Tage bis Wochen ausheilt. Sind Teile des Nervens durchtrennt, so dauert die Genesung mitunter mehrere Monate.

Radialis-Tunnel-Syndrom

Das Radialis-Tunnel-Syndrom beschreibt eine Einengung des Nervus radialis im sogenannten Radialis-Tunnel. In diesem Kanal verläuft der Ramus profundus, der motorische Ast des Nervs, der weiter zur Hand zieht. Ein vollständiger Funktionsverlust bleibt jedoch aus. Es kommt zu Missempfindungen wie Kribbeln oder leichtem Taubheitsgefühl am Handrücken, insbesondere im Bereich des Daumens, eventuell auch von Zeigefinger und halbem Mittelfinger.

Ursachen:

  • Einengung im Supinatorkanal
  • Druckverletzungen
  • Sehnenreizung am Ellenbogen

Symptome:

  • Missempfindungen wie Kribbeln oder leichtem Taubheitsgefühl am Handrücken, insbesondere im Bereich des Daumens, eventuell auch von Zeigefinger und halbem Mittelfinger.

Therapie:

In vielen Fällen bessern sich Druckbeschwerden oder Einklemmungen jedoch auch spontan. Dazu zählen die Schonung und Entlastung des Arms sowie die Gabe von entzündungshemmenden Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Diclofenac, die oft rasch Linderung verschaffen.Physiotherapie unterstützt, indem sie die Muskulatur lockert, Verspannungen löst und dadurch den Nervendruck reduziert.

Übungen bei Nervenschmerzen:

Übungen bei Nervenschmerzen werden als Nervengleitübungen oder Neurodynamik bezeichnet. Der Arm wird seitlich ausgestreckt, die Handfläche und Finger zeigen nach unten. Mit der anderen Hand werden die Finger sanft in Richtung Körper gezogen, bis ein leichtes Ziehen spürbar ist. Dieser Rhythmus wird etwa 15-mal wiederholt.

Weitere Erkrankungen und Verletzungen im Zusammenhang mit dem Nervus Radialis

Neben den oben genannten spezifischen Syndromen kann der Nervus radialis auch im Rahmen anderer Verletzungen oder Erkrankungen in Mitleidenschaft gezogen werden:

  • Humerusfraktur: Da der Nervus radialis im Sulcus radialis um den Humerus verläuft, kann es bei einem Bruch des Oberarmknochens (Humerus) zu einer Schädigung des Nervs kommen.
  • Radiusköpfchenfraktur: Die Radiusköpfchenfraktur ist ein Bruch im ellenbogennahen Anteil des Speichenknochens (Radius). Diese Verletzung entsteht beim Sturz auf die Hand bei gestrecktem oder leicht gebeugtem Arm. Die Unfallenergie wird dabei am Handgelenk aufgenommen und durch den Radius zum Ellenbogen geleitet, wodurch die Verletzung des Radiusköpfchens oder des Radiushalses entsteht.
  • Monteggia-Fraktur: Die Monteggia-Fraktur ist eine spezielle Verletzung des Unterarms. Die Elle ist in der Nähe des Ellenbogens gebrochen und gleichzeitig ist das Radiusköpfchen ausgerenkt. Die Kombination aus Knochenbruch der Ulna und Luxation des Radiuskopfes erfordert jedoch eine exakte Therapie, um Komplikationen wie eine eingeschränkte Funktion, chronische Schmerzen im Ellenbogengelenk und Ellenbogenarthrose zu vermeiden.

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