Rehabilitation nach Schlaganfall: Dauer, Phasen und Therapieansätze

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das für Betroffene und deren Umfeld eine große Herausforderung darstellt. Die Rehabilitation spielt eine entscheidende Rolle, um verlorene Fähigkeiten wiederzuerlangen und den Alltag möglichst selbstständig zu gestalten. Die Dauer und Häufigkeit der Rehabilitation hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art und Schwere des Schlaganfalls, das Alter des Patienten und das Vorliegen von Begleiterkrankungen.

Grundlagen der Schlaganfall-Rehabilitation

Das menschliche Gehirn besitzt die Fähigkeit zur Plastizität und Anpassung, die in der Rehabilitation genutzt wird. Die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, wobei die funktionelle Therapie und die individuelle Anpassung an die Bedürfnisse des Patienten im Vordergrund stehen.

Phasen der Erholung nach Schlaganfall

Basierend auf Bildgebungsstudien (fMRT) lassen sich drei Phasen der Erholung nach einem Schlaganfall unterscheiden:

  • Reha-Phase 1: Behandlung direkt nach dem Schlaganfall. In dieser frühen Phase befindet sich das Gehirn in einem "Schockzustand". Eine funktionsorientierte Rehabilitation ist in dieser Phase wenig sinnvoll, da eine zu starke Aktivierung sogar schädlich sein kann. Die Therapie konzentriert sich auf die Überwachung der Funktionen, die Verhinderung von Komplikationen und die Unterstützung der Patienten bei der Pflege. Diese Phase findet meist auf einer speziellen Schlaganfallstation statt, wo Ärzte einen erneuten Schlaganfall verhindern können.

  • Reha-Phase 2: Hyperaktivierung des Gehirns. In dieser Phase beginnt die Mobilisierung und die ersten funktionsorientierten Reha-Maßnahmen. Es ist wichtig, die psychische Reaktion der Patienten und Angehörigen zu berücksichtigen und gegebenenfalls unterstützende Maßnahmen wie Gespräche oder Antidepressiva einzusetzen. Viele Patienten werden in dieser Phase bereits für die Rehabilitation in einer Reha-Klinik angemeldet.

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  • Reha-Phase 3: Funktionelle Therapie. In dieser Phase nähert sich die Aktivierung des Gehirns wieder einem normalen Niveau an. Eine modellbasierte, auf die Funktion ausgerichtete Therapie ist in dieser Phase sinnvoll und hat einen nachhaltigen Effekt. Die Rehabilitation kann in einer Reha-Klinik oder ambulant erfolgen.

Faktoren, die die Dauer der Rehabilitation beeinflussen

Die Dauer einer Schlaganfall-Rehabilitation ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Ort der Schädigung: Die Lokalisation des Schlaganfalls im Gehirn beeinflusst die Art und den Schweregrad der resultierenden Beeinträchtigungen und somit die Dauer der Rehabilitation.
  • Schweregrad der Symptome: Je stärker die Symptome ausgeprägt sind, desto länger dauert in der Regel die Rehabilitation.
  • Auftreten von Neglect: Neglect ist eine Aufmerksamkeitsstörung, bei der Patienten eine Körperseite oder einen Teil des Raumes vernachlässigen. Das Vorliegen eines Neglects kann die Rehabilitation erschweren und verlängern.
  • Begleiterkrankungen und Risikofaktoren: Begleiterkrankungen wie Hypertonus, Übergewicht, zerebrale Mikroangiopathie, Parkinson oder Normaldruckhydrozephalus können den Rehabilitationsprozess beeinflussen.
  • Soziales Netzwerk: Die Unterstützung durch das soziale Umfeld des Patienten spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg der Rehabilitation.
  • Vorbildung: Die Vorbildung und das Bildungsniveau des Patienten können die Fähigkeit zur Kompensation von Defiziten beeinflussen.
  • Depression: Viele Patienten und Angehörige entwickeln im Verlauf der Rehabilitation eine Depression, die behandelt werden muss.

Therapieansätze in der Schlaganfall-Rehabilitation

Die Schlaganfall-Rehabilitation umfasst verschiedene Therapieansätze, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden:

  • Physiotherapie / Krafttraining: Durch gezielte Übungen werden Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer trainiert, um die Mobilität und Selbstständigkeit der Patienten zu verbessern.
  • Ergotherapie: Ergotherapie zielt darauf ab, die Fähigkeiten zu verbessern, die für ein möglichst selbstständiges Leben notwendig sind. Dazu gehören das Training von Alltagsfertigkeiten wie Anziehen oder selbstständig essen, aber auch Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen.
  • Logopädie: Logopädie behandelt Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen, die häufig nach einem Schlaganfall auftreten.
  • Neuropsychologische Therapie: Neuropsychologische Therapie wurde speziell für Menschen mit Hirnverletzungen entwickelt. Damit lassen sich unter anderem Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung trainieren. Es geht aber auch darum zu lernen, mit den Einschränkungen im Alltag umzugehen und sie emotional zu bewältigen.
  • Spiegeltherapie: Beim Spiegeltraining bewegt der Patient seine gesunde Hand und beobachtet dies in einem Spiegel, so dass es aussieht, als ob er die gelähmte Hand bewegt. Dies erzeugt die Illusion eines visuellen Feedbacks und kann die motorische Funktion der betroffenen Hand verbessern.
  • Forced-Use Therapy: Die Forced-Use Therapy beinhaltet ein intensives Training der betroffenen Hand oder des betroffenen Beins bei gleichzeitigem "Verbot", die gesunde Hand für alltägliche Tätigkeiten einzusetzen.
  • Aktivierende Pflege: Eine aktivierende Pflege unterstützt beim Essen, Waschen, An- und Auskleiden. Außerdem zeigen die Pflegekräfte, wie man sich dabei trotz Einschränkungen selbst helfen kann.
  • Psychosoziale Hilfen: Psychologische und pädagogische Angebote in der Reha-Klinik können helfen, die verfolgten Behandlungsziele zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.

Dauer und Verlauf der Rehabilitation

Die Krankenhausbehandlung nach einem Schlaganfall dauert etwa sieben bis zehn Tage. Nach diesem Krankenhausaufenthalt sind weiterführende Reha-Maßnahmen sinnvoll. Die Rehabilitation beginnt idealerweise bereits im Krankenhaus und kann anschließend in einer Rehaklinik und zu Hause fortgesetzt werden. Die Dauer des Aufenthalts in einer Reha-Klinik beträgt meist 4 bis 6 Wochen, kann aber bei Bedarf verlängert werden.

Frührehabilitation

Die Frührehabilitation (Frühreha) beginnt so früh wie möglich nach dem Schlaganfall und zielt darauf ab, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen und Folgeschäden zu verringern.

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Neurologische Rehabilitation

Die neurologische Rehabilitation ist eine spezielle Form der Rehabilitation, die sich auf die Behandlung neurologischer Erkrankungen wie Schlaganfall konzentriert. Sie beinhaltet ein intensives Training, das zwischen 120 und 300 Minuten täglich beträgt.

Geriatrische Rehabilitation

Ältere Schlaganfall-Patienten haben unter Umständen einen Rechtsanspruch auf eine sogenannte geriatrische Rehabilitation. Eine geriatrische Rehabilitation wird maximal für 20 Tage genehmigt.

Ambulante Rehabilitation

In leichteren Fällen kann auch eine ambulante Rehabilitation in einer Tageseinrichtung infrage kommen. Voraussetzung für eine teilstationäre oder ambulante Reha ist, dass man sich entweder selbst versorgen kann oder die Versorgung durch andere gesichert ist.

Wiederholte Rehabilitation

In der Regel können Patienten nach vier Jahren eine weitere Reha beantragen. Reha-Anträge in kürzeren Zeitabständen haben weniger Aussicht, bewilligt zu werden. Dennoch gibt es Fälle, in denen bereits vor Ablauf der vier Jahre ein Reha-Aufenthalt nötig ist, beispielsweise wenn eine besonders große medizinische Erfordernis gegeben ist.

Ziele der Rehabilitation

Das Ziel der Rehabilitation ist, verlorengegangene Funktionen so weit wie möglich wiederherzustellen oder - wo das nicht möglich erscheint - mit dem Patienten Kompensationsstrategien einzuüben. Die Ziele sollten sich jedoch immer am Lebensalltag des Patienten orientieren, d.h. er soll so gut es geht in sein gewohntes Leben zurückkehren können. Ein weiteres Ziel der Reha ist es, Patienten bei einer notwendigen Umstellung des Lebensstils zu unterstützen, um einen wiederholten Schlaganfall zu vermeiden.

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Nachsorge und langfristige Perspektive

Nach einem Reha-Aufenthalt erfolgt die Schlaganfall-Nachsorge durch einen Neurologen. Gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt wird unter Umständen auch der Lebensstil angepasst. Zum Beispiel wird hierbei die Ernährung umgestellt oder mehr körperliche Aktivität in den Alltag gebracht.

Es ist wichtig, über die Therapiestunden in der Reha hinaus selbstständig zu trainieren und die Übungen regelmäßig zu wiederholen. Viele Menschen erlangen durch eine Rehabilitation wichtige Fähigkeiten wieder. Die meisten Verbesserungen zeigen sich normalerweise in den ersten sechs Monaten nach dem Schlaganfall. Vor allem bei Jüngeren lassen sich die Einschränkungen auch danach noch deutlich lindern. Aber auch einige ältere Menschen können sich Jahre nach dem Schlaganfall noch erholen.

Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Sowohl für Schlaganfall-Patienten selbst als auch für deren Angehörige können Schlaganfall-Selbsthilfegruppen eine große Unterstützung sein, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Schlaganfalls zu leben. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.

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