Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die das extrapyramidal-motorische System und die Basalganglien betrifft. Schlafstörungen, Delir und andere neuropsychiatrische Symptome sind häufige Begleiterkrankungen, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Parkinson-Behandlung und geht insbesondere auf die Rolle von Rivotril (Clonazepam) und anderen Medikamenten bei der Bewältigung von Schlafstörungen und Delir ein.
Parkinson-Syndrome: Eine Übersicht
Parkinson-Syndrome werden in vier Hauptgruppen unterteilt:
- Idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS): Die häufigste Form, auch bekannt als Parkinson-Krankheit (PK) oder Morbus Parkinson.
- Genetische Formen des Parkinson-Syndroms: Seltene, autosomal vererbte Formen mit Mutationen in verschiedenen Genen.
- Symptomatische Parkinson-Syndrome (SPS): Verursacht durch andere Ereignisse, Erkrankungen oder Arzneimittel, die die zentralnervösen Strukturen schädigen.
- Atypische Parkinson-Syndrome (APS): Parkinson-Syndrome im Rahmen anderer neurodegenerativer Krankheiten.
Die Leitsymptome der Parkinson-Syndrome sind Bradykinese (Bewegungsverlangsamung), Rigor (Muskelsteifigkeit), Tremor (Zittern) und posturale Instabilität (Gleichgewichtsstörungen). Diese Symptome treten oft in Kombination mit sensiblen, vegetativen, psychischen und kognitiven Störungen auf.
Schlafstörungen bei Parkinson
Schlafstörungen sind ein häufiges Problem bei Parkinson-Patienten und können in allen Stadien der Erkrankung auftreten. Zu den häufigsten Beschwerden gehören:
- Einschlafstörungen: Schwierigkeiten beim Einschlafen.
- Durchschlafstörungen: Schwierigkeiten beim Durchschlafen.
- REM-Schlafverhaltensstörung (RBD): Vermehrte Bewegungen im Traumschlaf, die zu Verletzungen des Patienten oder des Bettpartners führen können.
- Restless-Legs-Syndrom (RLS): Kribbeln oder Schmerzen in den Beinen mit einem ausgeprägten Bewegungsdrang, vor allem beim Einschlafen.
- Frühmorgendliche Dystonien: Schmerzhafte Verkrampfungen der Muskeln, vor allem gegen Morgen.
- Tagesmüdigkeit: Vermehrtes Einschlafen tagsüber.
Die Ursachen für Schlafstörungen bei Parkinson sind vielfältig und können sowohl durch die Erkrankung selbst als auch durch die Medikamente bedingt sein.
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Behandlung von Schlafstörungen
Die Behandlung von Schlafstörungen bei Parkinson erfordert eine genaue Erfassung der Beschwerden und der einzelnen Symptome. Zu den möglichen Behandlungsstrategien gehören:
- Dopaminhaltige Medikamente mit langer Wirksamkeit (Retard-Präparate): Können gegen nächtliche Bewegungsverlangsamung und Starre sowie frühmorgendliche Krämpfe helfen.
- Kurzwirksame Schlafmittel oder niedrig dosierte Antidepressiva: Können bei Einschlafstörungen hilfreich sein.
- Clonazepam: Kann gegen die heftigen Bewegungen der Traumschlafverhaltensstörung verabreicht werden.
- Dopaminhaltige Medikamente oder Opiate in kleinen Dosierungen: Können bei Restless-Legs-Beschwerden helfen.
- Nächtliches Beatmungsgerät (CPAP): Kann bei nächtlichen Atemaussetzern (Schlafapnoe) angepasst werden.
Delir bei Parkinson
Das Delir ist ein akut auftretendes Syndrom organischen Ursprungs, das durch eine Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörung mit begleitender Störung des Gedächtnisses, der Orientierung, der Sprache und der Auffassung gekennzeichnet ist. Es stellt eine besondere Herausforderung bei Parkinson-Patienten dar, da dopaminantagonistisch wirkende Neuroleptika kontraindiziert sind.
Risikofaktoren für ein Delir
Es gibt prädisponierende und präzipitierende Risikofaktoren für das Delir. Zu den prädisponierenden Faktoren gehören:
- Höheres Lebensalter (≥ 65 Jahre)
- Kognitive Störungen bzw. Demenz
- Parkinson-Erkrankung selbst
Zu den präzipitierenden Faktoren gehören:
- Infekte
- Metabolische Störungen
- Schmerzen
- Polypharmazie (insbesondere Psychopharmaka)
- Elektrolytstörungen
- Sensorische Störungen (Seh- bzw. Hörvermögen)
Diagnose und Behandlung des Delirs
Die Diagnose eines Delirs bei Parkinson erfordert die Abgrenzung von IPS-immanenten Symptomen und der deliranten Symptomatik. Dies umfasst motorische Symptome wie Hypokinese und nichtmotorische Symptome wie Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Apathie, Bewegungsunruhe, Insomnie und schlafassoziierte Verhaltensstörungen.
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Die Behandlung des Delirs umfasst nichtmedikamentöse und medikamentöse Maßnahmen. Zu den nichtmedikamentösen Maßnahmen gehören:
- Reorientierungsmaßnahmen
- Einhaltung des Tag-Nacht-Rhythmus
- Benutzung von Hilfsmitteln
- Frühzeitige Mobilisierung
- Ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr
- Ruhige Umgebung
- Vermeidung von Kathetern und Zugängen
Die medikamentöse Therapie umfasst die Behandlung potenziell ein Delir verursachender Faktoren, wie akute Infektionen, Schmerzen oder metabolische Störungen. Prodelirogene Medikamente, insbesondere Anticholinergika, sollten wenn möglich abgesetzt werden. Neuroleptika wie Haloperidol, Risperidon, Olanzapin und Aripiprazol sollten bei IPS-Patienten aufgrund ihrer antidopaminergen Eigenschaften nicht angewandt werden. Clozapin und Quetiapin können in bestimmten Fällen eine Option sein, wobei die Evidenzlage für Quetiapin beim Delir im Rahmen des IPS unzureichend ist.
Medikamentöse Therapie der Parkinson-Krankheit
Die medikamentöse Therapie der Parkinson-Krankheit zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Die Hauptstütze der Therapie sind dopaminerge Wirkstoffe, die die Dopaminkonzentration erhöhen oder die Dopaminrezeptoren direkt stimulieren.
Dopaminerge Medikamente
- Levodopa: Der Goldstandard der medikamentösen Therapie. Es wird im Gehirn in Dopamin umgewandelt und ersetzt das fehlende Dopamin im Striatum.
- Dopaminagonisten: Stimulieren die Dopaminrezeptoren direkt und müssen nicht erst in Dopamin umgewandelt werden.
- MAO-B-Hemmer: Hemmen den Abbau von Dopamin und erhöhen so die Dopaminkonzentration im Striatum.
- COMT-Hemmer: Hemmen den Abbau von Levodopa und verlängern so die Wirkdauer von Levodopa.
Nicht-dopaminerge Medikamente
- Anticholinergika: Können Rigor und Tremor verbessern, werden aber aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen heute selten eingesetzt.
- Amantadin: Kann Rigor, Ruhetremor und Müdigkeit verbessern und wird auch zur Behandlung von Levodopa-induzierten Dyskinesien eingesetzt.
Clonazepam (Rivotril)
Clonazepam ist ein Benzodiazepin, das krampflösende, angstlösende, beruhigende und muskelentspannende Wirkungen hat. Es wird in Deutschland hauptsächlich zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt, kann aber auch "off-label" zur Behandlung von Angststörungen, Schlafwandeln und Bewegungsstörungen wie dem Restless-Legs-Syndrom eingesetzt werden.
Bei Parkinson-Patienten kann Clonazepam zur Behandlung der REM-Schlafverhaltensstörung eingesetzt werden, um die heftigen Bewegungen im Traumschlaf zu reduzieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Benzodiazepine wie Clonazepam abhängig machen können und mit der Zeit an Wirkung einbüßen können (Toleranzentwicklung). Daher sollte die Anwendung von Clonazepam bei Parkinson-Patienten sorgfältig abgewogen und nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
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Atypische Parkinson-Syndrome: Differenzialdiagnose und Therapie
Atypische Parkinson-Syndrome (APS) sind neurodegenerative Erkrankungen, die sich von der Parkinson-Krankheit (PK) unterscheiden und oft eine andere Prognose und Therapie erfordern. Zu den wichtigsten APS gehören:
- Demenz mit Lewy-Körperchen (DLK): Gekennzeichnet durch fortschreitende Demenz, Schwanken der kognitiven Leistungsfähigkeit, lebhafte optische Sinnestäuschungen und ein Parkinson-Syndrom.
- Multisystematrophie (MSA): Zeigt zwei unterschiedliche Prädominanztypen - entweder ein Parkinson-Syndrom (MSA-P) oder eine zerebelläre Symptomatik (MSA-C).
- Progressive supranukleäre Blickparese (PSP): Gekennzeichnet durch eine vertikal betonte supranukleäre Blickparese, Fallneigung nach hinten und ein Frontalhirnsyndrom.
- Kortikobasale Degeneration (CBD): Seltenes APS mit kortikalen und basalen Ganglienfunktionsstörungen.
Die Differenzialdiagnose der APS ist oft schwierig und erfordert eine umfassende neurologische Untersuchung, Bildgebung und gegebenenfalls nuklearmedizinische Untersuchungen. Die Therapie der APS ist in der Regel symptomatisch und zielt darauf ab, die motorischen und nicht-motorischen Symptome zu lindern.
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