Rückenmark und peripheres Nervensystem: Funktion und Zusammenspiel

Das Nervensystem ist ein übergeordnetes System des menschlichen Körpers, das die Kommunikation mit der Umwelt ermöglicht und gleichzeitig die inneren Mechanismen steuert. Es besteht aus verschiedenen Organen, über die der Organismus mit der Umwelt kommuniziert und gleichzeitig die im Körperinnern ablaufenden Mechanismen steuert. Es gliedert sich in das zentrale Nervensystem (ZNS), bestehend aus Gehirn und Rückenmark, und das periphere Nervensystem (PNS), das alle außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegenden Nervenzellen umfasst. Beide Systeme arbeiten eng zusammen und sind für die vielfältigen Funktionen des Körpers unerlässlich.

Bausteine des Nervensystems: Nervenzellen und Gliazellen

Die Nervenzellen, auch Neuronen genannt, sind die fundamentalen Bausteine des Nervensystems. Sie bestehen aus einem Zellkörper und Zellfortsätzen, die als Axone und Dendriten bezeichnet werden. Diese Fortsätze ermöglichen die Verbindung mit anderen Nervenzellen oder Körperzellen wie Muskel- oder Drüsenzellen.

  • Axone: Leiten Signale von der Nervenzelle weg zu anderen Neuronen oder Zielzellen.
  • Dendriten: Empfangen Signale von anderen Neuronen und leiten sie zum Zellkörper weiter.

Die Länge dieser Fortsätze variiert von wenigen tausendstel Millimetern bis zu über einem Meter. Neben den Neuronen enthält das Nervensystem auch Gliazellen und ein dichtes Netz von Blutgefäßen, das die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellt.

Zentrales Nervensystem (ZNS): Gehirn und Rückenmark

Das zentrale Nervensystem (ZNS) bildet die Steuerzentrale des Körpers und besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark.

Das Gehirn

Das Gehirn ist ein komplexes Organ, das in fünf Hauptabschnitte unterteilt wird:

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  1. Großhirn: Nimmt etwa 80 % der Hirnmasse ein und ist für höhere kognitive Funktionen wie Denken, Lernen und Gedächtnis verantwortlich. Es besteht aus zwei Hälften, die durch den "Balken", einen dicken Nervenstrang, miteinander verbunden sind. Die äußere Schicht des Großhirns bildet die Großhirnrinde (graue Substanz), die für ihre zahlreichen Faltungen und Furchen bekannt ist.
  2. Zwischenhirn: Spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Emotionen, Trieben und der Hormonproduktion.
  3. Mittelhirn: Ist an der Verarbeitung von sensorischen Informationen und der Steuerung von Augenbewegungen beteiligt.
  4. Kleinhirn: Koordiniert Bewegungen und ist für das Gleichgewicht zuständig.
  5. Nachhirn: Reguliert lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck.

Das Gehirn ist von drei Hirnhäuten umgeben, die es schützen. Zwischen der inneren und mittleren Hirnhaut befindet sich Flüssigkeit, die als Stoßdämpfer wirkt. Im Inneren des Gehirns befinden sich vier Hohlräume (Hirnkammern), die ebenfalls mit Gehirnflüssigkeit gefüllt sind. Das Gehirn wiegt etwa 1.400 Gramm, wobei das Gehirn von Männern im Durchschnitt etwas größer und schwerer ist als das von Frauen.

Das Rückenmark

Das Rückenmark ist eine Fortsetzung des Gehirns, die sich innerhalb der Wirbelsäule befindet. Es dient als Hauptkommunikationsweg zwischen dem Gehirn und dem peripheren Nervensystem. Das Rückenmark empfängt sensorische Informationen aus dem Körper und leitet sie zum Gehirn weiter. Umgekehrt leitet es motorische Befehle vom Gehirn zu den Muskeln.

Aufbau des Rückenmarks:

  • Graue Substanz: Befindet sich im Zentrum des Rückenmarks und enthält die Zellkörper der Neuronen. Sie ist in Vorder-, Hinter- und Seitenhörner unterteilt. Das Seitenhorn enthält Nervenzellen des autonomen Nervensystems (vegetative Nervenzellen).
  • Weiße Substanz: Umgibt die graue Substanz und besteht aus Nervenfaserbahnen (Axonen), die Informationen zwischen dem Gehirn und dem Körper transportieren. Die größte vom Gehirn durch das Rückenmark absteigende Bahn ist die Pyramidenbahn.

Am unteren Ende verjüngt sich das Rückenmark zum Conus medullaris und endet als dünner Strang (Filum terminale). Bei Kindern liegt das Ende des Rückenmarks ungefähr in Höhe des vierten Lendenwirbels.

Funktion des Rückenmarks:

  • Informationsübertragung: Leitet sensorische Informationen zum Gehirn und motorische Befehle zu den Muskeln.
  • Reflexe: Steuert Reflexe, schnelle, unwillkürliche Reaktionen auf Reize. Manche Erregungen (Reize) werden von den aufsteigenden Bahnen im Rückenmark gar nicht erst zum Gehirn weitergeleitet, sondern unmittelbar auf derselben oder einer höher gelegenen Rückenmarksebene umgeschaltet. Diesen Weg der Erregungsübertragung nennt man Reflexbogen, und eine so ausgelöste Muskelreaktion nennt man Reflex. Reflexe werden bei jeder körperlichen Untersuchung geprüft. Bei einem Eigenreflex wird ein Muskel durch einen sachten Schlag auf eine Sehne kurz gedehnt. Durch diese Reizung wird der oben beschriebene Reflexbogen ausgelöst, der die betroffene Rückenmarksebene nicht verlässt. Bei der Prüfung der Eigenreflexe wird unter anderem die Stärke dieser Muskelanspannung bewertet. Bei einem Fremdreflex gehören Reizempfänger und Reizbeantworter verschiedenen Organsystemen an. Es werden Sinneszellen in der Haut gereizt und dadurch ein Reflexbogen ausgelöst, der sich über verschiedene Höhen des Rückenmarks (des Hirnstamms) ausbreitet. Beispielsweise kommt es beim Babinski-Reflex durch Bestreichen des Fußsohlenrandes zu einer Streckung von Fuß und Großzehe sowie Spreizung der übrigen Zehen im Sinne einer Fluchtreaktion, die den schädigenden Reiz entfernen soll. Dieses Babinski-Phänomen ist normal für Neugeborene und Kinder im ersten Lebensjahr.

Das Rückenmark wird von den Wirbelarterien und den Segmentarterien mit Blut versorgt.

Spinalnerven:

Vom Rückenmark gehen 31 Spinalnervenpaare aus, die jeweils seitlich aus dem Wirbelsäulenkanal austreten. Der Spinalnerv enthält alle Fasern, aufsteigende (afferente) wie absteigende (efferente), und geht in Nerven des peripheren Nervensystems über. Im Spinalnerv, also kurz vor Eintritt ins / Austritt aus dem Rückenmark, erfolgt die Aufteilung in die Fasern der auf- und absteigenden (afferenten und efferenten) Bahnen.

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Peripheres Nervensystem (PNS): Verbindung zur Peripherie

Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst alle Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Es verbindet das ZNS mit den Sinnesorganen, Muskeln und Drüsen des Körpers. Das PNS ist für die Aufnahme von Informationen aus der Umwelt und die Übertragung von Befehlen vom Gehirn zu den Organen und Muskeln zuständig.

Aufgaben des peripheren Nervensystems:

  • Sensorische Aufnahme: Nimmt Informationen von den Sinnesorganen auf und leitet sie zum ZNS weiter (afferente Nerven). Zum Ohr geht ein Nerv des peripheren Nervensystems, der die Information, dass man etwas gehört hat, an das zentrale Nervensystem weiterleitet.
  • Motorische Steuerung: Überträgt Befehle vom ZNS zu den Muskeln und Drüsen (efferente Nerven). Der Nervus Hypoglossus (Unterzungennerv) ist beispielsweise dafür verantwortlich, dass das Gehirn dem Muskel in der Zunge sagen kann, wie er sich bewegen soll.
  • Regulation autonomer Funktionen: Steuert unwillkürliche Funktionen wie Herzschlag, Verdauung und Atmung.

Unterteilung des peripheren Nervensystems:

Das periphere Nervensystem lässt sich weiter in zwei Hauptkomponenten unterteilen:

  1. Somatisches Nervensystem: Steuert die willkürlichen Bewegungen der Skelettmuskulatur. Es ist dafür zuständig, dass man die Hand gezielt bewegen kann oder für das Sprechen.
  2. Autonomes Nervensystem (vegetatives Nervensystem): Regelt unwillkürliche Funktionen wie Herzschlag, Verdauung und Atmung. Es steuert die Drüsen, Blutgefäße, die inneren Organe und einige Muskeln und hält den Körper in einem inneren Gleichgewicht. Das autonome Nervensystem besteht aus zwei Bereichen, dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem, die in entgegengesetzter Weise auf die Organe einwirken.

Hirnnerven und Spinalnerven:

Das PNS besteht aus Hirnnerven und Spinalnerven:

  • Hirnnerven: Zwölf Nervenpaare, die direkt aus dem Gehirn entspringen und hauptsächlich für den Kopf- und Halsbereich zuständig sind. Der Nervus Opticus (Sehnerv) teilt zum Beispiel dem Gehirn mit, was man mit den Augen sieht, der Nervus Olfactorius (Riechnerv) was man mit der Nase riecht. Eine Ausnahme stellt der Nervus Vagus dar, der eine Vielzahl von Organen im Körperinneren innerviert.
  • Spinalnerven: 31 Nervenpaare, die aus dem Rückenmark entspringen und den Rest des Körpers versorgen. Sie sind dabei paarig angeordnet (ein Nerv geht in die linke und einer in die rechte Körperseite) und anhand des Abschnitts der Wirbelsäule, aus dem sie entspringen, benannt.

Autonomes Nervensystem: Sympathikus, Parasympathikus und enterisches Nervensystem

Das autonome Nervensystem (ANS) überwacht und steuert die Funktionen der inneren Organe. Es besteht aus drei Hauptkomponenten:

  1. Sympathisches Nervensystem (Sympathikus): Bereitet den Körper auf Aktivität und Stress vor. Es sorgt dafür, dass das Herz schneller und kräftiger schlägt, erweitert die Atemwege, damit man besser atmen kann, und hemmt die Darmtätigkeit. Die Nerven des Sympathikus werden aktiv, wenn der Körper leistungsfähig sein muss, zum Beispiel in Gefahren- und Stresssituationen, aber auch beim Sport. Es werden Herzschlag und Atmung erhöht, die Durchblutung der Muskulatur nimmt zu.
  2. Parasympathisches Nervensystem (Parasympathikus): Fördert Ruhe und Entspannung. Es aktiviert die Verdauung, kurbelt verschiedene Stoffwechselvorgänge an und sorgt für Entspannung. Der Gegenspieler des Sympathikus ist der Parasympathikus. Die Nerven des Parasympathikus aktivieren in Ruhesituationen die Organe, die der Speicherung von Reservestoffen und der Erholung dienen. Die Durchblutung des Darms wird erhöht und damit wird die Verdauung gefördert. Der Herzschlag wird hingegen ebenso wie die Durchblutung der Muskulatur verringert.
  3. Enterisches Nervensystem: Reguliert die Funktionen des Verdauungstrakts.

Sympathikus und Parasympathikus wirken im Körper meist als Gegenspieler.

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Zusammenspiel von ZNS und PNS: Ein Beispiel

Das Zusammenspiel von ZNS und PNS lässt sich am Beispiel einer Person verdeutlichen, die eine Schlange sieht:

  1. Sinneswahrnehmung: Die Sinneszellen des Auges nehmen die Schlange wahr.
  2. Signalübertragung: Die Informationen werden über die somatischen Nervenzellen des PNS zum ZNS (Gehirn) weitergeleitet.
  3. Verarbeitung im Gehirn: Das Gehirn verarbeitet die Information und gleicht sie mit Erfahrungen und Situationen aus dem Gedächtnis ab.
  4. Reaktion: Das Gehirn sendet Signale über das PNS, die unterschiedliche Reaktionen auslösen. Zum einen kann dies die Reaktion "Schreien" durch das somatische Nervensystem sein, zum anderen die Aktivierung des Sympathikus. Herzschlag und Atmung werden schneller, um den Körper auf eine Flucht vorzubereiten.

Erkrankungen des Nervensystems

Erkrankungen des Nervensystems können vielfältige Ursachen haben und sowohl das ZNS als auch das PNS betreffen.

Erkrankungen des zentralen Nervensystems:

Zu den häufigsten Erkrankungen und Schädigungen zählen Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Alzheimer oder auch Querschnittslähmungen. Bei einem Schlaganfall kann es zu Durchblutungsstörungen im Gehirn kommen, die Lähmungen oder Sprachprobleme bedingen können.

Erkrankungen des peripheren Nervensystems:

Eine Schädigung des peripheren Nervensystems kann zu einer Vielzahl von Störungen führen, die als periphere Neuropathien bekannt sind. Diese können sensorische Ausfälle, Muskelschwäche oder sogar Lähmungen zur Folge haben. Die Diagnose solcher Erkrankungen ist oft komplex und erfordert eine Kombination aus klinischen Untersuchungen und diagnostischen Tests. Darüber hinaus können bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) eingesetzt werden, um Strukturen im ZNS und in den peripheren Nerven sichtbar zu machen.

Läsionen der Motoneurone:

  • Läsion des ersten Motoneurons: Kann zu einer Mehrzahl an Defiziten führen, die nach einer Schädigung eines ersten Motoneurons (z. B. Schlaganfall) auftreten können. Anzeichen sind neurologische Untersuchung, Spastik und Klonus.
  • Läsion des zweiten Motoneurons: Kann zu einer Mehrzahl an Defiziten führen, die nach einer Schädigung eines zweiten Motoneurons (z. B. Trauma oder Impingement) auftreten können. Anzeichen und Symptome können Lähmung oder Parese, Muskelatrophie, Areflexie und Fibrillationen umfassen.

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS):

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine sporadisch auftretende oder vererbte neurodegenerative Erkrankung der ersten und zweiten Motoneurone. Gastrointestinale Motilität führen. Die Diagnose wird klinisch gestellt.

Schädigung des Rückenmarks:

Das Rückenmark beziehungsweise die auf- und absteigenden Bahnen im Rückenmark können zum Beispiel durch einen Tumor geschädigt werden, der auf bestimmte Regionen im äußeren (peripheren) Bereich des Rückenmarks drückt oder der sich sogar im Mark, also innerhalb (zentral) dieser Bahnen befindet.

  • Lähmungen von Muskeln: Dieses Phänomen wird unter anderem für die Entstehung einer spastischen Lähmung verantwortlich gemacht. Wenn, umgekehrt, in den auf- oder absteigenden Bahnen zu viel gehemmt wird, erhalten die Muskelzellen zu wenige erregende Impulse und es entsteht eine schlaffe Lähmung.
  • Spinale Querschnittslähmung: Eine komplette spinale Querschnittslähmung kann zum Beispiel durch einen Tumor im Rückenmark ausgelöst werden, der durch sein Ausmaß den Querschnitt eines gesamten Rückenmarksabschnittes schädigt, so dass alle auf- und absteigenden Bahnen unterbrochen werden. Entsprechend kann eine Schädigung im hohen Halsmark, das heißt in Höhe des ersten bis vierten Halswirbelkörpers, die Erregungsleitung von und zu allen darunter liegenden Körpersegmenten wie Zwerchfell, Armen, Beinen, Blase und Mastdarm unterbrechen. Dies führt zu Atemlähmung, Lähmungen und Gefühlsausfällen aller vier Gliedmaßen und der Blasen- und Mastdarmfunktion führt.

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