Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu einer Unterversorgung der Nervenzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Obwohl der Schlaganfall primär eine Krankheit des Alters ist, sind auch jüngere Menschen betroffen. Weltweit ereignet sich etwa ein Viertel aller Schlaganfälle bei Menschen unter 65 Jahren, und jeder siebte Schlaganfallpatient ist jünger als 50. In Deutschland erleiden pro Jahr rund 30.000 Menschen unter 55 Jahren einen Schlaganfall. Diese werden als juveniler Schlaganfall bezeichnet.
Altersgruppen und Geschlechterunterschiede
Die Definition des juvenilen Schlaganfalls ist nicht einheitlich. Manchmal wird das Alter zwischen 18 und 50 Jahren, manchmal das Alter zwischen 18 und 55 Jahren als Altersgrenze genommen. Innerhalb dieser Altersspanne gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen:
- 18 bis 35 Jahre: Frauen sind statistisch gesehen häufiger betroffen als Männer. Risikofaktoren sind hier vor allem die Einnahme der Pille (insbesondere in Kombination mit Rauchen) und Migräne mit Aura, unter der deutlich mehr Frauen als Männer leiden. Auch Schwangerschaften erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall, besonders um die Entbindung herum.
- 35 bis 50 Jahre: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Zunehmende Schlaganfälle bei Jüngeren?
Studien deuten auf einen Anstieg der Schlaganfallzahlen bei jüngeren Menschen hin, während die Gesamtzahl der Schlaganfallpatienten stagniert. Diese Daten basieren zumeist auf Registern, die auf den Diagnosekodierungen der Krankenhäuser beruhen. Ein vermehrtes Auftreten von Schlaganfällen kann aber auch durch veränderte Definitionen und Diagnosemethoden begründet sein. So spielt die MRT-Bildgebung in der Schlaganfalldiagnostik eine immer größere Rolle, wodurch auch Schlaganfälle erkannt werden, die früher unentdeckt geblieben wären. Es scheint also einen Trend zu geben, jedoch lässt sich nicht mit letzter Gewissheit sagen, wie groß der Anstieg tatsächlich ist.
Ursachen für Schlaganfälle bei Jüngeren
Die Ursachen für Schlaganfälle bei jüngeren Menschen unterscheiden sich von denen bei älteren Menschen:
- 18 bis 35 Jahre: Überwiegend andere, meist angeborene Ursachen:
- Herzfehler
- Gerinnungsstörungen
- Gefäßeinrisse (Dissektionen)
- Seltene Syndrome
- Angeborene Fettstoffwechselstörungen, wie ein erhöhtes Lipoprotein (a)
- 35 bis 50 Jahre: Vorwiegend die klassischen Ursachen:
- Gefäßverkalkung
- Durch Herzrhythmusstörung aus dem Herzen eingeschwemmtes Blutgerinnsel
- Typische Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen, geringe körperliche Aktivität
Spontane zervikale Gefäßdissektionen
Spontane zervikale Gefäßdissektionen sind mit 10-25 % eine der häufigsten Ursachen für juvenile Schlaganfälle. Dabei kommt es zu einem Einriss in der Gefäßinnenwand einer Halsarterie. Es bildet sich ein Wandhämatom, das zu einer Engstelle oder sogar einem Gefäßverschluss führt. Die Ursache ist nicht endgültig geklärt, vermutlich spielen genetische Prädisposition und Umweltfaktoren eine Rolle. Die häufigsten Symptome sind Kopf- und Halsschmerzen, ein Horner-Syndrom, Hirnnervenausfälle und ein pulssynchroner Tinnitus. Schlaganfälle treten in klinischen Kohorten in bis zu 90 % der Fälle auf.
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Diagnostischer Goldstandard ist eine MRT-Untersuchung des Halses mit fettsupprimierten T1-Sequenzen. Zur Sekundärprophylaxe werden Thrombozytenfunktionshemmer empfohlen.
Kardial-embolische Ursachen und persistierendes Foramen ovale
Zwischen 5-25 % der juvenilen Schlaganfälle werden auf kardiale Embolien zurückgeführt. Vorhofflimmern ist selten, aber eine intensive Suche danach wird empfohlen. Bei jüngeren Schlaganfallpatienten erfolgt bei initial unklarer Ätiologie zumeist eine transösophageale Echokardiographie (TEE), um Herzklappenvitien, infektiöse und nichtinfektiöse Endokarditiden oder Tumore als Ursachen auszuschließen.
Kontrovers diskutiert wird die Rolle eines persistierenden Foramen ovale (PFO), einem Relikt aus der Embryonalzeit, das bei 30-50 % der juvenilen Schlaganfälle nachgewiesen wird. Es könnte als Ursache eines kardialen Rechts-Links-Shunts dienen, bei dem Thrombusmaterial aus dem venösen System in das arterielle System übertritt. Zur Sekundärprophylaxe werden Thrombozytenfunktionshemmer empfohlen. Als individueller Heilversuch kann ein PFO-Verschluss diskutiert werden, insbesondere wenn der Patient jung und eine paradoxe Embolie wahrscheinlich ist.
Klassische vaskuläre Risikofaktoren
Die Bedeutung klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren nimmt mit dem Lebensalter deutlich zu. Auch bei den juvenilen Schlaganfallpatienten kommt es ab dem 40. Lebensjahr immer häufiger zu Fällen von Makro- und Mikroangiopathie. Die wesentlichen Risikofaktoren sind arterielle Hypertonie, Zigarettenrauchen, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus.
Andere, seltene und sehr seltene Ursachen
Eine Schwangerschaft, insbesondere die Phase vor der Geburt und die ersten Wochen danach, ist mit einer erhöhten Rate von Schlaganfällen assoziiert. Eine Migräne, insbesondere eine Migräne mit Aura, erhöht das Schlaganfallrisiko. Beobachtungsstudien legen einen Zusammenhang zwischen Östrogen und der Schlaganfallinzidenz nahe. Der Konsum illegaler Substanzen kann eine Ursache von Schlaganfällen sein.
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Der kryptogene Schlaganfall
Schlaganfälle, für die man keine definitive Ursache findet, machen bis zu 50 % der juvenilen Schlaganfälle aus. Wenn man keine eindeutige Ursache findet, ist das Wiederholungsrisiko wesentlich geringer.
Symptome eines Schlaganfalls
Die Symptome eines Schlaganfalls kommen plötzlich und sind vielfältig. Es ist wichtig, die Symptome zu kennen und schnell zu handeln. Zu den klassischen Symptomen gehören:
- Plötzlich auftretende halbseitige Lähmungserscheinungen
- Gefühlsstörungen
- Schwindel
- Sprach- und Sehstörungen
- Bei einem Gefäßeinriss an der Halsschlagader klagen Betroffene oft über Halsschmerzen.
Der FAST-Test (Face, Arms, Speech, Time) hilft, die Symptome schnell zu erkennen:
- Face (Gesicht): Die Person bitten zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.
- Arms (Arme): Die Person bitten, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.
- Speech (Sprache): Die Person bitten, einen einfachen Satz nachzusprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
- Time (Zeit): Nicht zögern, unverzüglich die 112 wählen und die Symptome schildern.
Akuttherapie
Bei einem Gefäßverschluss erfolgt eine Akuttherapie mittels Thrombolyse, bei der ein Medikament über die Vene verabreicht wird, das das Gerinnsel auflösen soll. Reicht das nicht aus, erfolgt eine Thrombektomie, bei der das Gerinnsel im Gehirn über einen Katheter entfernt wird.
Rehabilitation
Je nach Ausmaß des Schlaganfalls sind nach der Behandlung umfassende Maßnahmen zur Rehabilitation nötig. Motorische Ausfälle und neurologische Folgeschäden wie Lähmungen oder Gleichgewichtsstörungen werden mit Physio- und Ergotherapie behandelt, Sprach- und Stimmstörungen mit Logopädie.
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Prävention
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einem Schlaganfall vorzubeugen:
- Gesunder Lebensstil:
- Ausreichende Bewegung
- Gesunde Ernährung
- Nichtrauchen
- Vermeidung von Übergewicht
- Kontrolle der Risikofaktoren:
- Blutdruck senken
- Blutzuckerwerte kontrollieren
- Fettstoffwechselstörungen behandeln
- Regelmäßige ärztliche Kontrollen
Zukunftsaussichten
Junge Menschen erholen sich körperlich oft besser von einem Schlaganfall, weil das Gehirn noch anpassungsfähig ist, um Defizite zu kompensieren. Bei schnellstmöglicher Behandlung lassen sich die bleibenden Folgen sehr oft verhindern. Die Überlebenschancen eines jungen Menschen sind deutlich besser als bei älteren Menschen.
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