Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das besonders im hohen Alter weitreichende Folgen haben kann. Die Behandlung von Schlaganfällen bei älteren Menschen erfordert eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren, um die bestmöglichen Therapieansätze zu wählen und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.
Thrombolyse bei älteren Schlaganfallpatienten
Die Thrombolyse, eine Behandlung zur Auflösung von Blutgerinnseln, kann auch bei Schlaganfallpatienten über 80 Jahren sinnvoll sein. Dies wird durch eine aktuelle Auswertung des internationalen Patientenregisters SITS-ISTR („Safe Implementation of Treatment in Stroke - International Stroke Thrombolysis Register“) der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) bestätigt. In diesem Register sind Daten von über 20.000 Patienten aus 476 Kliniken in 31 Ländern gespeichert, darunter 1.831 Patienten über 80 Jahre und 99 Patienten über 90 Jahre. Diese Plattform ermöglicht es Kliniken, ihre Behandlungsergebnisse mit denen anderer Zentren zu vergleichen.
Altersbegrenzung und individuelle Heilversuche
Bisher lag die Altersbegrenzung für die Thrombolyse bei 80 Jahren, da ältere Patienten von Zulassungsstudien ausgeschlossen waren. Da jedoch bereits heute ein Drittel der Betroffenen über 80 Jahre alt ist und immer häufiger auch über 90-Jährige in Kliniken eingeliefert werden, haben einige Zentren begonnen, die Lyse auch bei über 80-Jährigen im Rahmen eines individuellen Heilversuchs durchzuführen.
Wichtige Vorsichtsmaßnahmen
Wie bei jüngeren Patienten ist die Therapie nur in den ersten Stunden nach Auftreten der Schlaganfallsymptome möglich. Zudem müssen Ärzte sicherstellen, dass die Patienten kein erhöhtes Risiko für Hirnblutungen haben. Unter diesen Vorsichtsmaßnahmen ist die Behandlung auch jenseits des 80. Lebensjahres sicher.
Vorteile und Komplikationen
Im hohen Alter verlaufen Schlaganfälle häufiger tödlich. Bei Patienten, die bereits vor dem Schlaganfall in ihrer Unabhängigkeit stark eingeschränkt sind, sollte man mit der Lysebehandlung zurückhaltend sein. Die Studie zeigt jedoch, dass hochbetagte Patienten prinzipiell genauso von der Lyse profitieren können wie jüngere Patienten. Komplikationen traten nicht häufiger auf als bei jüngeren Betroffenen.
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Einzelfallentscheidung und Zulassungserweiterung
Die Therapie sollte eine Einzelfallentscheidung sein und derzeit nur im Rahmen eines individuellen Heilversuchs erfolgen. Es ist zu hoffen, dass sich dies ändert und es in Anbetracht der aktuellen Daten zu einer Erweiterung der Zulassung kommt.
Ethische Aspekte und Therapiezielfindung
Wie weit soll und darf die pflegerische und medizinische Behandlung nach einem Schlaganfall im hohen Alter gehen? Auf diese Frage gibt es meist keine einfachen Antworten, was Entscheidungen in der klinischen Praxis herausfordernd macht. Ärzte und Pflegekräfte haben oft unterschiedliche Perspektiven, wodurch moralische Konflikte entstehen können.
Interprofessioneller Diskurs
Auf dem 1. deutschen Schlaganfallkongress, dem DSG25, fand ein Symposium zum Thema „Ethik und Therapiezielfindung bei hochbetagten Patienten“ statt. Experten aus unterschiedlichen Disziplinen referierten und luden zur Diskussion ein. Fallbeispiele wurden im interprofessionellen Diskurs aus der Sicht der Pflege und der Ärzteschaft vorgestellt.
Rehabilitationsfähigkeit und pflegeethische Grundlagen
PD Dr. Peter Nydahl vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein setzte sich mit der Rehabilitationsfähigkeit hochbetagter Menschen auseinander und zeigte auf, von welchen Maßnahmen der Frühmobilisierung auch sehr alte Patienten noch profitieren können. Dr. Marco Bonacker befasste sich mit pflegeethischen Grundlagen und deren praktischer Relevanz. Anna Sommer stellte Versorgungsmodelle vor, die speziell auf Hochbetagte zugeschnitten sind.
Akuttherapie und Schlaganfall-Stationen
Je schneller und effizienter ein Patient nach einem Schlaganfall behandelt wird, desto mehr Nervenzellen im Gehirn können „gerettet“ werden. Sofern ein Schlaganfall-Patient schnelle ärztliche Versorgung bekommt und in speziellen klinischen Schlaganfall-Stationen untergebracht wird, ist das Spektrum an Therapie- und Rehamaßnahmen sehr groß.
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„Time is brain“
Bei einem akuten Schlaganfall gilt der Leitsatz „Time is brain“ (Zeit ist Gehirn). Das heißt, jede Minute zählt! Die Diagnose wird unter anderem mittels CT und MRT in wenigen Minuten gestellt. Steht die Ursache des Schlaganfalls fest, folgt die weitere Behandlung.
Thrombolyse und Thrombektomie
Nach einem akuten Schlaganfall versuchen Ärzte zunächst, die Schäden im Gehirn des Patienten möglichst zu minimieren. In vielen Kliniken gibt es spezielle Abteilungen für Schlaganfall-Patienten, sogenannte „Stroke Units“, die auf die multidisziplinäre Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert sind. Hat ein Blutgerinnsel den Schlaganfall ausgelöst, erfolgt - wenn möglich - die Thrombolyse oder „Lyse-Therapie“. Dabei werden dem Patienten Medikamente verabreicht, die das Blutgerinnsel auflösen sollen. Diese Therapie ist in Einzelfällen bis zu neun Stunden nach dem Auftreten erster Symptome möglich.
Als weitere Methode steht die Thrombektomie zur Verfügung, wenn größere Blutgefäße im Gehirn verschlossen sind. Hierbei handelt es sich um ein katheterbasiertes Verfahren, bei dem ähnlich wie bei einer Herzkatheteruntersuchung versucht wird, das verschlossene Gefäß wieder zu eröffnen. Hierzu wird der Katheter über die Leistenarterie eingeführt. Wenn möglich, versuchen Ärzte, beide Verfahren (Thrombolyse und Thrombektomie) zu kombinieren. Die Erfolgsaussichten sind umso größer, je früher nach Auftreten der Symptome die Behandlung erfolgt.
Hirnblutung und Intensivüberwachung
Ist der Schlaganfall Folge einer Hirnblutung, so wird der Patient möglicherweise am offenen Gehirn operiert. Dieses Verfahren kommt jedoch nicht bei allen Hirnblutungen zur Anwendung, sondern hängt von der Art und Lokalisation der Blutung ab. In der Regel erfolgt die Überwachung auf der „Stroke Unit“, um den Blutdruck rasch zu senken und Komplikationen früh zu erkennen und zu behandeln. Bewusstlose oder beatmungspflichtige Patienten kommen direkt auf die Intensivstation und werden ganzheitlich überwacht. Blutdruck und Blutzucker des Schlaganfall-Patienten müssen exakt eingestellt werden. Ist ein Blutgefäß verstopft, versuchen Ärzte, das Gerinnsel aufzulösen und/oder zu entfernen.
Rehabilitation nach Schlaganfall
Das Risiko, nach einem Schlaganfall einen weiteren Schlaganfall zu erleiden, ist groß. Eine besonders schwerwiegende Komplikation bei einem sehr großen Schlaganfall ist das Hirnödem. Es gibt durchaus Schlaganfall-Patienten, die sich vollkommen erholen und keine schweren Folgeschäden davontragen. Jüngere Patienten (unter 70 Jahren) haben eine größere Chance, einen Schlaganfall vollkommen auszuheilen beziehungsweise etwaige Einschränkungen durch eine Rehabilitation vollkommen zu beseitigen.
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Individuelle Reha-Maßnahmen
Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist stets individuell, denn letztlich gleicht kaum ein Schlaganfall dem anderen. Der Krankenhausaufenthalt nach einem Schlaganfall dauert etwa sieben bis zehn Tage an. Nach diesem Krankenhausaufenthalt sind weiterführende Reha-Maßnahmen sinnvoll. Eine besondere Form der Rehabilitation ist die neurologische Reha.
Frührehabilitation
Oberstes Ziel der Frührehabilitation (kurz: Frühreha) nach einem Schlaganfall ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den Körperfunktionen, die durch den Schlaganfall womöglich geschädigt wurden. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen und Übungen umgesetzt werden, desto eher können die Schlaganfall-Symptome behandelt und schwerere Folgeschäden verringert werden. Viele Reha-Maßnahmen werden heute bereits ambulant, aber auch in stationären geriatrischen oder neurologischen Reha-Kliniken angeboten.
Rechtsanspruch auf Rehabilitation
Leider erhalten nicht alle Schlaganfall-Patienten eine Reha - Krankenkassen argumentieren oft mit den hohen Kosten. Doch seit 2007 haben viele ältere Patienten einen Rechtsanspruch auf eine geriatrische Rehabilitation. Fragen Sie Ihren Arzt beziehungsweise den Ihres Angehörigen gezielt nach der Verordnung einer „geriatrischen Rehabilitation“. Außerdem können Sie ihn darum bitten, dass er alle akuten und chronischen Krankheiten und Einschränkungen von Ihnen beziehungsweise Ihrem Angehörigen auflistet. Häufig koordinieren auch die Hausärzte von Schlaganfall-Patienten die weitere Behandlung nach der Klinik-Entlassung. Ziel hierbei ist es, das gewohnte Alltagsleben - so weit wie möglich - wiederherzustellen.
Trainingsmaßnahmen und Hilfsmittel
Vor allem in den ersten sechs Monaten nach einem Schlaganfall sollte besonders viel trainiert werden. Je nach Bedarf beziehungsweise dem Ausmaß der verbliebenen Schäden können dabei verschiedene Maßnahmen sowie Therapien zur Anwendung kommen, die ärztlich verordnet werden können. Je nach Bedarf kann Ihnen Ihr Arzt auch geeignete Hilfsmittel verschreiben, die Ihren Alltag unter Umständen erleichtern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und Ihrem Umfeld möglichst offen über alle Herausforderungen in Ihrer Alltagsgestaltung, die Sie seit Ihrem Schlaganfall begleiten. Nur so erhalten Sie an entsprechender Stelle die so wichtige Unterstützung. Wichtig aus dem Grund, weil verlorengegangene Fähigkeiten unter Umständen wieder vollständig erlernt werden können. Schlaganfall-Patienten müssen auf jeden Fall eine Menge Geduld aufbringen. Viele Betroffene müssen das Gehen und Sprechen wieder neu lernen und das dauert einfach seine Zeit. Wie lange der Reha-Aufenthalt nach einem Schlaganfall dauert, richtet sich nach mehreren Faktoren. Welcher Kostenträger für die Rehabilitation nach einem Schlaganfall zuständig ist, richtet sich nach bestimmten Faktoren im Einzelfall.
Umgang mit den Folgen eines Schlaganfalls
Ein Schlaganfall ist für Betroffene und deren Umfeld zunächst häufig ein großer Schock. Der Weg zurück ins normale Alltagsleben kann je nach Schwere des Schlaganfalls ganz unterschiedlich aussehen und alle Beteiligten auf andere Art und Weise herausfordern. Gerade nach einem schweren Schlaganfall kann die Situation sowohl mental als auch körperlich sehr belastend sein. Es ist wichtig, dass Sie füreinander da sind. Halten Sie an allen Erfolgen fest - so klein diese manchmal auch scheinen. Scheuen Sie sich nicht davor, ärztlichen Rat einzuholen und nach weiteren Unterstützungsmöglichkeiten zu suchen. Prüfen Sie auch Ihren möglichen Anspruch auf Pflegeleistungen der Pflegeversicherung. Grundvoraussetzung hierfür ist ein anerkannter Pflegegrad. Jeder Schlaganfall ist ein kritisches Lebensereignis.
Harninkontinenz und Selbsthilfegruppen
Nach einem Schlaganfall leiden Betroffene häufig an einer Harninkontinenz. Wenn Sie selbst betroffen sind, sprechen Sie also am besten mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden und denken Sie dabei immer daran: Sie sind mit Ihren Kontinenzproblemen nicht allein. Gemeinsam können Sie über die Behandlungsmöglichkeiten sprechen. Sowohl für Schlaganfall-Patienten selbst als auch für deren Angehörige können Schlaganfall-Selbsthilfegruppen eine große Unterstützung sein, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Schlaganfalls zu leben. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.
Gedächtnistraining und Ernährung
Trainieren Sie mit dem Betroffenen, seine Gedächtnisleistung zu verbessern. Eine besondere Ernährung nach einem Schlaganfall kann eine gute Prävention sein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. Mit einer gesunden Ernährung im Alter können Risikofaktoren wie zu hohe Cholesterin- oder Zuckerwerte durchaus in Schach gehalten werden, die als Ursache für einen Schlaganfall gelten können. Orientieren Sie sich an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: Eine Mischkost aus viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotem Fleisch.
Schluckstörungen und Mangelernährung
Ein Schlaganfall führt bei etwa der Hälfte der Betroffenen zu einer akuten Schluckstörung, rund ein Viertel der Betroffenen leidet an einer chronischen Schluckstörung (Dysphagie). Ein gestörter Schluckreflex muss immer behandelt werden. Zum einen, weil der Betroffene sonst Gefahr läuft, mangelernährt zu werden. Zum anderen, weil Nahrungsreste in die Lunge gelangen können.
Autofahren und Fliegen
Darf man nach einem Schlaganfall wieder selbst Auto fahren? Ein Blick in die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung lohnt sich. Aber: „Nach erfolgreicher Therapie kann, abhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles, angenommen werden, dass der Betreffende bedingt wieder in der Lage ist, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu führen. Ob Sie nach einem Schlaganfall wieder Auto fahren können, sollten Sie zunächst mit Ihrem Arzt besprechen. Zur Überprüfung Ihrer Eignung können Sie sich bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde Ihrer Kommune melden. Die Behörde wird dann entscheiden, welche Untersuchung für Sie in Frage kommt. Sofern Personen mobil sind und der zuständige Arzt die Erlaubnis gegeben hat, dürfen sie nach einem Schlaganfall fliegen.
Thrombolyse und Spezialisten
Bei einem ischämischen Schlaganfall (Hirnschlag) folgt meist die sogenannte „Thrombolyse“ oder „Lyse-Therapie“. Die systemische Thrombolyse ist bis ca. 4,5 Stunden nach Symptombeginn möglich, die lokale Thrombolyse bis ca. 6 Stunden. Spezialist für alle Erkrankungen des Gehirns und der Nerven ist ein Facharzt für Neurologie.
Neurologische Rehabilitation und Nachsorge
Neurologische Rehabilitation: Hier trainieren Schlaganfall-Patienten intensiv. Das heißt, zwischen 120 und 300 Minuten täglich. Die besondere Form der Rehabilitation kommt nicht für jeden Patienten in Frage. Leider genehmigen die Krankenkassen nicht für alle Schlaganfall-Patienten eine Rehabilitation. Ältere Schlaganfall-Patienten haben unter Umständen einen Rechtanspruch auf eine sogenannte geriatrische Rehabilitation. Eine geriatrische Rehabilitation wird maximal für 20 Tage genehmigt. Nach einem Reha-Aufenthalt erfolgt die Schlaganfall-Nachsorge durch einen Neurologen. Gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt wird unter Umständen auch der Lebensstil angepasst. Zum Beispiel wird hierbei die Ernährung umgestellt oder mehr körperliche Aktivität in den Alltag gebracht.
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