Ein Schlaganfall kann jeden treffen, auch während der Schwangerschaft. Obwohl Schlaganfälle in der Schwangerschaft relativ selten sind, können sie schwerwiegende Folgen für Mutter und Kind haben. Es ist wichtig, die Ursachen und Risikofaktoren zu kennen, um präventive Maßnahmen ergreifen und im Notfall schnell handeln zu können.
Schlaganfallrisiko während der Schwangerschaft
Das Schlaganfallrisiko ist während der Schwangerschaft und in den ersten Wochen nach der Geburt leicht erhöht. Laut einer Analyse von Eliza Miller von der Columbia University New York erleiden in einem Jahr von 10.000 Schwangeren 14 einen Schlaganfall. Unter den nicht schwangeren Frauen beträgt die Inzidenz jedoch nur 6,4 auf 100.000 Frauen. Frauen erkrankten in diesem Alter mehr als doppelt so häufig an einem Schlaganfall, wenn sie schwanger sind. Miller ermittelt eine relative Inzidenzrate (IRR) von 2,2.
Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Schlaganfälle. Die Inzidenz nimmt allerdings bei nicht schwangeren Frauen stärker zu als bei Schwangeren. Entsprechend fällt die IRR geringer aus. Sie beträgt im Alter von 25 bis 34 Jahren noch 1,6. In dieser Gruppe entfallen noch 20 Prozent aller Schlaganfälle auf Schwangerschaft und Postpartalphase. In der Altersgruppe von 35 bis 44 Jahren treten noch 5 Prozent und im Alter von 45 bis 55 Jahren nur noch 0,05 Prozent aller Schlaganfälle bei Schwangeren auf.
Insgesamt ist die Inzidenz von Schlaganfällen in der Altersgruppe von 45 bis 55 Jahren mit 46,9 pro 100,000 Schwangere sehr viel höher als im Alter von 12 bis 24 Jahren (14/100.000). Schlaganfälle in der Schwangerschaft sind selten: Pro Jahr kommt es in Deutschland zu etwa 200 bis 250 Fällen auf 800.000 Geburten. Weltweit steigt die Inzidenz allerdings an.
Ursachen und Risikofaktoren
Das Schlaganfallrisiko ist während der Schwangerschaft aus verschiedenen Gründen erhöht. Zum einen steigen auch bei einer komplikationsfreien Schwangerschaft Blutdruck und Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Hinzu kommen noch häufige Schwangerschaftskomplikationen wie Hypertonie, Präeklampsie oder Diabetes. Unter den Wehen schließlich können Thromben durch ein offenes Foramen ovale ins Gehirn driften oder Aneurysmen platzen.
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Zu den wichtigsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall während der Schwangerschaft gehören:
- Schwangerschaftsbedingte Hypertonie (Gestationshypertonie): Eine Schwangerschaftshypertonie erhöht das Risiko eines Schlaganfalls erheblich. Eine Analyse schwedischer Patientenregister ergab eine adjustierte Hazard Ratio von 1,82 (1,67-1,98).
- Präeklampsie: Diese Erkrankung, die durch hohen Blutdruck und Proteinurie gekennzeichnet ist, ist eine der Hauptursachen für Schlaganfälle während der Schwangerschaft.
- Gestationsdiabetes: Schwangerschaftsdiabetes erhöht ebenfalls das Schlaganfallrisiko. Die adjustierte Hazard Ratio lag in der schwedischen Studie bei 1,86 (95-%-Konfidenzintervall 1,69-2,04).
- Alter: Jüngere Frauen haben ein erhöhtes Risiko während einer Schwangerschaft oder post partal einen Schlaganfall zu erleiden.
- Migräne: Frauen, die an Migräne leiden, haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko während der Schwangerschaft.
- Kardiovaskuläre Risikofaktoren: Klassische Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes oder chronische Nierenerkrankung erhöhen das Risiko zusätzlich.
- Infertilitätstherapie: Eine retrospektive Kohortenstudie zeigte, dass die Inzidenz von Schlaganfällen zwölf Monate postpartal nach einer assistierten Befruchtung gegenüber einer Spontanschwangerschaft um 66 % anstieg.
- Andere Risikofaktoren: Angeborene Herzfehler, Herzflimmern, Sichelzellenanämie und angeborene Gerinnungsstörungen können das Risiko ebenfalls erhöhen.
Arten von Schlaganfällen
Jeder zweite Schlaganfall bei einer Schwangerschaft ist eine intrazerebrale Blutung.
Langzeitfolgen von Schwangerschaftskomplikationen
Schwangerschaften sind ein Stresstest für den Organismus. Schwangerschaftskomplikationen sind häufig Signal für spätere Herzkreislauferkrankungen. Alle Hazard Ratios blieben sogar 30-46 Jahre nach der Geburt signifikant erhöht (1,2 bis 2,5-fach). Bei den meisten schwächten sich die Hazard Ratios mit der Zeit ab. Die Ausnahme bildete der Gestationsdiabetes.
Schlaganfall bei Kindern
Ein Schlaganfall kann jeden treffen - auch Kinder wie die heute neunjährige Clara. Ein Drittel der Kinder erleiden den Schlaganfall bereits im Mutterleib oder während der Geburt. Für Eltern ist diese Diagnose ein Schock. Und weil Kinder sich oft nicht mitteilen können, ziehen selbst Mediziner die Diagnose oft nicht Betracht. Erst mit der Zeit macht sich bemerkbar, dass ein Kleinkind zum Beispiel einen Arm nicht richtig einsetzt oder Schwierigkeiten hat, laufen zu lernen. Bis dahin ist wertvolle Zeit für die dringend erforderliche therapeutische Versorgung bereits verloren.
Die Ursachen von Schlaganfällen bei Kindern sind in erster Linie altersabhängig (siehe Arten von Schlaganfällen), das heißt, die Ursachen sind bei Feten (Plural von Fetus) und Neugeborenen meist andere als bei Kindern und Jugendlichen. Die Ursachen für einen Schlaganfall in der Perinatalperiode (von der 20. Schwangerschaftswoche bis zum 28. Lebenstag) sind vielfältig.
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Arteriopathien sind die häufigste Ursache von Schlaganfällen im Kindes- und Jugendalter. im Rahmen der so genannten transienten cerebralen Arteriopathie (TCA). Die TCA ist eine der häufigsten Arteriopathien, die bei Kindern einen Schlaganfall auslösen kann. Sie geht vor allem mit Gefäßwandschäden in den großen Gehirnarterien einher, die zu dann zu schweren Minderdurchblutungen in lebenswichtigen Gehirnregionen (Basalganglien) führen. Bei Erkrankungen des Bindegewebes kann es wie bei Gefäßentzündungen nach Infektionen oder im Rahmen von Schädel-Hirn-Verletzungen zu Einrissen und Aufspaltungen (Dissektionen) in Gefäßwänden und in der Folge zu Einblutungen ins Hirngewebe kommen. Diese Einblutungen können auf Blutgefäße in ihrer Umgebung drücken und so wiederum zu akuten Durchblutungsstörungen in der betroffenen Hirnregion führen. Wichtig zu wissen: Kinder und Jugendliche mit Arteriopathien haben ein bis zu 10 % erhöhtes Risiko, wiederholt Schlaganfälle zu erleiden.
Prävention
Schwangerschaftskomplikationen sollten für die betroffenen Frauen und deren Ärzt:innen deshalb ein Anlass sein, nach möglichen vermeidbaren Risikofaktoren zu suchen. Je früher diese Probleme angegangen würden, desto höher seien die Chancen, einen späteren Schlaganfall zu vermeiden.
Neuere Forschungsergebnisse deuten im Übrigen darauf hin, dass das Risiko schwangerschaftsbedingter Komplikationen sich durch gesunde Ernährung und Sport senken lässt. Außerdem könnte niedrig dosierte Acetylsalicylsäure präventiv wirken.
Behandlung
„Besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall in der Schwangerschaft, gilt: ‚Time is two brains‘ und ‚Neurologie first!‘“, sagte Dr. Jungehülsing. Die Bildgebung sollte mit der am schnellsten verfügbaren Methode inklusive Angiografie erfolgen. Die Schwangerschaft ist keine absolute Kontraindikation für eine i.v. Thrombolyse und es scheint auch kein erhöhtes Risiko für den Fetus oder für eine Plazentaablösung zu bestehen. „Wägen Sie die Risiken und Chancen der Lyse ab, aber verlieren sie keine Zeit“, mahnte der Kollege. Bei Großwandverschluss ist die mechanische Thrombektomie, wie bei anderen Schlaganfallpatienten auch, wenn möglich durchzuführen. Vor allem bei einer intrakraniellen Blutung ist eine frühe und schnelle Blutdrucksenkung wichtig, wobei aber eine ausreichende Plazenta-Perfusion zu bedenken ist. Letzteres gilt auch für die Planung der Geburt nach einem erfolgten Schlaganfall. Eine absolute Kontraindikation gegen eine vaginale Geburt besteht nicht, sagte Dr. Jungehülsing. Er empfahl zudem, drei Monate nach der Geburt das kardiovaskuläre Risiko zu prüfen, um gegebenenfalls sekundärpräventive Maßnahmen mit der Patientin besprechen zu können.
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