Das Gehirn ist ein hochkomplexes und lebenswichtiges Organ, das Sinneswahrnehmungen verarbeitet und Bewegungen koordiniert. Es ist das Alleinstellungsmerkmal der Wirbeltiere. Um seine vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können, benötigt das Gehirn etwa 20 Prozent des Sauerstoffs und der Energie des Körpers, obwohl es nur etwa 2 Prozent der Körpermasse ausmacht. Als zentrales Organ benötigt das Gehirn besonderen Schutz vor mechanischen Einwirkungen und Krankheitserregern. Dieser Schutz wird durch verschiedene anatomische Strukturen und physiologische Mechanismen gewährleistet.
Äußere Schutzeinrichtungen
Der knöcherne Schädel
Die äußerste Schutzschicht des Gehirns bildet der knöcherne Schädel. Er wird in Gesichts- und Hirnschädel unterteilt, wobei der größere Hirnschädel das Gehirn vollständig umschließt. Der Schädel dient vor allem als Schutz vor mechanischen Einwirkungen wie Stößen und Schlägen.
Die Hirnhäute (Meningen)
Zwischen dem Schädel und dem Gehirn befinden sich drei Hirnhäute, die das Gehirn zusätzlich schützen:
Dura mater (harte Hirnhaut): Die Dura mater ist die äußerste und straffste der drei Hirnhäute. Sie liegt direkt unter dem Schädelknochen und bietet Schutz vor Verletzungen und Temperaturschwankungen. Die Dura mater besteht aus zwei Schichten: einer äußeren Schicht aus Bindegewebe, die gleichzeitig die Knochenhaut des Schädelknochens darstellt, und einer inneren Epithelschicht. Die Dura mater bildet Duplikaturen, die trennend zwischen die beiden Großhirnhälften (Hirnsichel), zwischen Großhirn und Kleinhirn (Kleinhirnzelt) vorspringen. Diese Septen stabilisieren die Lage der Gehirnteile im Schädel.
Arachnoidea (Spinnengewebshaut): Die Arachnoidea ist die mittlere Hirnhaut. Sie besteht aus Bindegewebe mit kollagenen Fasern, die wie Spinnenweben aussehen. Die Arachnoidea ist gefäßlos und verbindet sich über kleine Bälkchen und Häutchen mit der darunterliegenden Pia mater. Sie bildet eine Abschlussmembran für den Liquor.
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Pia mater (weiche Hirnhaut): Die Pia mater ist die innerste und weichste Hirnhaut. Sie liegt dem Gehirn direkt an und folgt seinen Furchen und Windungen. Die Pia mater führt die Gefäße und Nerven, die in das Gehirn hineinführen. Sie reicht auch in die Hirnkammern hinein.
Zwischen der Arachnoidea und der Pia mater befindet sich der Subarachnoidalraum, der mit Gehirnflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) gefüllt ist.
Liquor cerebrospinalis (Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit)
Der Liquor cerebrospinalis ist eine klare Flüssigkeit, die das Gehirn und das Rückenmark umgibt. Er befindet sich im Subarachnoidalraum zwischen der Arachnoidea und der Pia mater sowie in den Hirnkammern (Ventrikel). Der Liquor hat mehrere wichtige Funktionen:
- Schutz: Er dient als Polster und schützt das Gehirn vor Stößen und Erschütterungen.
- Transport: Er transportiert Nährstoffe und Stoffwechselprodukte.
- Homöostase: Er trägt zur Aufrechterhaltung eines konstanten Milieus im Gehirn bei.
Der Liquor wird in den Plexus choroidei, speziellen Strukturen in den Hirnkammern, produziert und über die Arachnoidalzotten in das Blut abgegeben.
Innere Schutzeinrichtungen
Die Blut-Hirn-Schranke
Die Blut-Hirn-Schranke ist eine physiologische Barriere, die das Gehirn vor schädlichen Substanzen im Blut schützt. Sie wird durch die Endothelzellen der Hirnkapillaren, Astrozyten und Perizyten gebildet. Die Endothelzellen sind durch Tight junctions (dichte Verbindungen) miteinander verbunden, die den Durchtritt von Substanzen zwischen den Zellen verhindern. Astrozyten und Perizyten umgeben die Kapillaren und tragen zur Aufrechterhaltung der Barrierefunktion bei.
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Die Blut-Hirn-Schranke ist selektiv durchlässig. Sie lässt lebensnotwendige Substanzen wie Sauerstoff, Glukose und Aminosäuren passieren, während sie schädliche Substanzen wie Toxine und Krankheitserreger zurückhält. Allerdings können auch fettlösliche Substanzen wie Alkohol und Nikotin die Blut-Hirn-Schranke überwinden.
Gliazellen
Die Nervenzellen im Gehirn sind eingebettet in ein stützendes Gewebe aus Gliazellen. Gliazellen haben verschiedene Funktionen, darunter:
- Stützfunktion: Sie geben dem Gehirn Struktur und Halt.
- Ernährungsfunktion: Sie versorgen die Nervenzellen mit Nährstoffen.
- Schutzfunktion: Sie schützen die Nervenzellen vor schädlichen Einflüssen.
- Regulation der neuronalen Aktivität: Sie beeinflussen die Erregbarkeit der Nervenzellen.
Aufbau des Gehirns im Überblick
Das menschliche Gehirn lässt sich grob in fünf Hauptabschnitte gliedern:
- Großhirn (Telencephalon): Das Großhirn ist der größte Teil des Gehirns und besteht aus zwei Hälften (Hemisphären), die durch den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden sind. Die äußere Schicht des Großhirns ist die Großhirnrinde (Cortex cerebri), die für höhere kognitive Funktionen wie Denken, Lernen, Sprache und Gedächtnis zuständig ist. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, wodurch ihre Oberfläche vergrößert wird. Man unterscheidet vier Lappen: Stirnlappen (Frontallappen), Scheitellappen (Parietallappen), Schläfenlappen (Temporallappen) und Hinterhauptlappen (Okzipitallappen).
- Zwischenhirn (Diencephalon): Das Zwischenhirn befindet sich zwischen dem Großhirn und dem Mittelhirn. Es besteht unter anderem aus dem Thalamus, dem Hypothalamus und der Hypophyse. Der Thalamus ist eine wichtige Schaltstelle für Sinnesinformationen, der Hypothalamus steuert wichtige Körperfunktionen wie Körpertemperatur, Hunger, Durst und Schlaf-Wach-Rhythmus, und die Hypophyse ist eine Hormondrüse.
- Mittelhirn (Mesencephalon): Das Mittelhirn verbindet das Zwischenhirn mit dem Kleinhirn. Es ist an der Steuerung von Augenbewegungen, Reflexen und der Schmerzwahrnehmung beteiligt.
- Kleinhirn (Cerebellum): Das Kleinhirn befindet sich unterhalb des Großhirns und ist für die Koordination von Bewegungen, das Gleichgewicht und die Feinmotorik zuständig.
- Hirnstamm: Der Hirnstamm ist der älteste Teil des Gehirns und verbindet das Gehirn mit dem Rückenmark. Er besteht aus dem Mittelhirn, der Brücke (Pons) und dem verlängerten Rückenmark (Medulla oblongata). Der Hirnstamm steuert lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzfrequenz und Blutdruck.
Funktionelle Organisation der Großhirnrinde
Die Großhirnrinde ist in verschiedene funktionelle Areale unterteilt, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind. Man unterscheidet sensorische, motorische und Assoziationsareale.
- Sensorische Areale: Diese Areale verarbeiten Informationen aus den Sinnesorganen. Die primäre Sehrinde im Okzipitallappen verarbeitet visuelle Informationen, die primäre Hörrinde im Temporallappen verarbeitet akustische Informationen, und die primäre somatosensorische Rinde im Parietallappen verarbeitet Informationen über Berührung, Schmerz und Temperatur.
- Motorische Areale: Diese Areale steuern die willkürlichen Bewegungen des Körpers. Die primäre motorische Rinde im Frontallappen steuert die Muskeln direkt, während andere motorische Areale die Bewegungsplanung und -koordination übernehmen.
- Assoziationsareale: Diese Areale sind für höhere kognitive Funktionen wie Denken, Lernen, Gedächtnis, Sprache und Entscheidungsfindung zuständig. Sie integrieren Informationen aus verschiedenen sensorischen und motorischen Arealen.
Erkrankungen der Hirnhäute
Trotz der vielfältigen Schutzeinrichtungen können die Hirnhäute erkranken. Eine häufige Erkrankung ist die Hirnhautentzündung (Meningitis), die durch Bakterien, Viren oder Pilze verursacht werden kann. Bei einer Meningitis entzünden sich die Hirnhäute, was zu Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Fieber und Bewusstseinsstörungen führen kann. Eine Meningitis kann lebensbedrohlich sein und muss schnell behandelt werden.
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Weitere Erkrankungen der Hirnhäute sind:
- Epidurales Hämatom: Eine Blutung zwischen der Dura mater und dem Schädelknochen, meist nach einer Schädelverletzung.
- Subdurales Hämatom: Eine Blutung zwischen der Dura mater und der Arachnoidea, oft durch Venenrisse.
- Subarachnoidalblutung: Eine Blutung im Subarachnoidalraum, oft durch das Reißen eines Aneurysmas.
- Arachnoidalzysten: Fehlbildungen der Arachnoidea mit Flüssigkeitsansammlungen.
- Meningeome: Tumoren, die von den Hirnhäuten ausgehen können.
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