Das Gehirn ist ein faszinierendes und komplexes Organ, das eine zentrale Rolle für unsere Wahrnehmung, unser Verhalten und unser Überleben spielt. Es steuert Körperprozesse, Bewegungen, Sensibilität, verarbeitet Wahrnehmungen und speichert Informationen. Wusstest du, dass das menschliche Gehirn im Durchschnitt 1.400 Gramm schwer ist und etwa 100 Milliarden Nervenzellen enthält? Sein Aufbau fasziniert die Wissenschaft seit jeher. In Ägypten gab es bereits 1500 v. u. Z. Aufzeichnungen über den Aufbau des Gehirns. Angesichts seiner Bedeutung und Empfindlichkeit verfügt das Gehirn über mehrere Schutzeinrichtungen, die es vor Schäden bewahren. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über diese Schutzmechanismen.
Einführung in das Gehirn
Das Gehirn ist ein hochkomplexes Organ, das unter anderem Sinneswahrnehmungen verarbeitet und Bewegungen koordiniert. Es gilt als Alleinstellungsmerkmal der Wirbeltiere. Das menschliche Gehirn unterscheidet sich in seinem Aufbau nicht wesentlich von den Gehirnen anderer Wirbeltiere. Während der pränatalen (vorgeburtlichen) Entwicklung ist die Gliederung des Gehirns besonders gut zu erkennen. Für jeden Abschnitt des Gehirns existiert in der Gehirnanlage des Embryos je ein Hirnbläschen. Mit fortschreitender Entwicklung des Embryos vergrößern und differenzieren sich die Hirnbläschen.
Das Gehirn ist die Steuerzentrale des gesamten Organismus. Es nimmt Sinneswahrnehmungen und Reize auf, verarbeitet sie und löst Reaktionen aus, die den Organismus am Leben erhalten. Über elektrochemische Prozesse werden Informationen über die Nerven an das Gehirn und vom Gehirn über die Nerven an Organe, Gewebe oder Muskeln weitergeleitet. Viele dieser Prozesse geschehen unbewusst wie zum Beispiel Reaktionen des Körpers zur Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen, die über das vegetative Nervensystem gesteuert werden. Bewusstsein, Denken, Fühlen und Erinnern sind die Folge komplexer Prozesse im Großhirn.
Das Gehirn ist das aktivste Organ des Menschen und verbraucht etwa ein Fünftel der gesamten vom Blut transportierten Sauerstoffmenge. Wird die Sauerstoffzufuhr für länger als zehn Sekunden unterbrochen, wird der Mensch bewusstlos, nach wenigen Minuten der Unterversorgung entstehen bleibende Hirnschäden oder es tritt der Hirntod ein. Die Hirnaktivität misst man mithilfe der Elektroenzephalographie.
Der knöcherne Schädel: Äußerster Schutzwall
Das menschliche Gehirn befindet sich im Kopf, umgeben von der knöchernen Schädeldecke. Am Hinterkopf ist der Übergang zwischen den beiden Bestandteilen des zentralen Nervensystems, dem Gehirn und dem Rückenmark.
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Die äußerste Schutzschicht stellt der knöcherne Schädel dar. Dieser wird in Gesichts- und Hirnschädel unterteilt, wobei der größere Hirnschädel das Gehirn umgibt. Er dient vor allem als Schutz vor mechanischen Einwirkungen. Der Schädel ist eine robuste Struktur, die das Gehirn vor direkten Schlägen, Stößen und anderen mechanischen Einwirkungen schützt.
Die Hirnhäute: Mehrschichtiger Schutz
Im Inneren des Schädels wird unser Gehirn von einem speziellen Bindegewebe umgeben, den Hirnhäuten. Zwischen Gehirn und Schädel befinden sich zudem drei verschiedene Hirnhäute. Die Hirnhäute sind drei dicht aneinander liegende Hüllen um unser Gehirn. Zwischen ihnen befindet sich Liquor (Hirn-Rückenmarksflüssigkeit) und verlaufen Blutgefäße. Die Hirnhäute bilden einen Schutz für das Gehirn vor mechanischen Einflüssen und vor größeren Temperaturschwankungen. Die drei Hirnhäute sind:
- Dura mater (harte Hirnhaut): Die Dura mater ist die äußerste der drei Hirnhäute und recht straff. Sie kleidet die Schädelhöhle aus und besteht aus zwei Schichten: aus Bindegewebe und einer niedrigen, inneren Epithelschicht. Die äußere Schicht, in der Gefäße verlaufen, die den Schädelknochen versorgen, ist gleichzeitig die Knochenhaut (Periost) des Schädelknochens. Die Dura mater bildet auch Duplikaturen, die trennend zwischen die beiden Großhirnhälften und zwischen Großhirn und Kleinhirn vorspringen: die Hirnsichel (Falx cerebri), die Kleinhirnsichel (Falx cerebelli) und das Kleinhirnzelt (Tentorium cerebelli).
- Arachnoidea (Spinngewebshaut): Die Spinnengewebshaut ist die mittlere Hirnhaut. Ihr Bau unterscheidet sich von den anderen Hirnhäuten. Sie besteht aus Bindegewebe mit kollagenen Fasern. Diese Strukturen erscheinen wie Spinnenweben. Die Arachnoidea besteht aus Bindegewebe, ist gefäßlos und verbindet sich auf der Innenseite über kleine Bälkchen und Häutchen mit der darunter liegenden, inneren Hirnhaut, der weichen Pia mater. Nach außen hin, zur Dura mater, bildet die Arachnoidea eine Abschlussmembran für den Liquor, der diese Grenze nicht passieren kann. Die Arachnoidea liegt glatt auf der Hirnoberfläche auf, sie übergeht die Furchen und Vertiefungen des Gehirns im Bereich der gesamten gewölbten Schädelkalotte. Nur an der Hirnbasis bilden sich, bedingt durch knöcherne Erhebungen und Vertiefungen, zisternenähnliche Erweiterungen. Die Arachnoidea bildet zottenartige bindegewebige, gefäßlose Auswüchse (Arachnoidalzotten), die in die Dura mater, in Venen und auch in den Schädelknochen reichen. Über diese Arachnoidalzotten wird der Liquor aus dem Subarachnoidalraum resorbiert und ins Blut abgegeben.
- Pia mater (weiche Hirnhaut): Die innerste Schicht ist die zarte Hirnhaut, die direkt am Gehirn anliegt. Die dritte Schicht der Hirnhäute, die Pia mater, liegt direkt auf dem Gehirn auf, folgt den Furchen und Vertiefungen des Groß- und Kleinhirns und führt die Gefäße und Nerven, die in das Gehirn hineinführen. Die Pia mater reicht auch in die Hirnkammern hinein.
Die Hirnhäute schützen das Gehirn nicht nur vor mechanischen Einwirkungen, sondern auch vor größeren Temperaturschwankungen.
Der Liquor: Stoßdämpfer und Nährstofflieferant
Tiefer im Gehirn liegt das Liquorsystem. Es besteht aus vier mit Flüssigkeit gefüllten Hohlräumen (Ventrikel). Liquor erfüllt wichtige Aufgaben in der Entsorgung von Stoffwechselprodukten, die im Gehirn anfallen. Außerdem dient er als Polsterung für das Gehirn, da er dieses umgibt und in Flüssigkeit einbettet.
Die einzelnen Gehirnteile sind in Flüssigkeit, dem sogenannten Liquor, gelagert und dadurch zusätzlich vor Stößen geschützt. Im Inneren des Gehirns hat das Gehirn flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, die Ventrikel, die einen zusätzlichen Puffer darstellen.
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Der Liquor wird von den Plexus choroidei gebildet. Die Plexus choroidei sind Bildungen der Pia mater, die in die Hirnventrikel hineinragen. Der Liquor zirkuliert in den Ventrikeln und im Subarachnoidalraum, dem Raum zwischen Arachnoidea und Pia mater. Über die Arachnoidalzotten wird der Liquor aus dem Subarachnoidalraum resorbiert und ins Blut abgegeben.
Der Liquor dient nicht nur als Stoßdämpfer, sondern auch als Transportmittel für Nährstoffe und Abfallprodukte. Er versorgt das Gehirn mit wichtigen Substanzen und transportiert Stoffwechselprodukte ab.
Die Blut-Hirn-Schranke: Selektive Barriere
Da die Nervenzellen des Gehirns sehr empfindlich sind, muss sichergestellt werden, dass Krankheitserreger, Zellen und Schadstoffe aus dem Blut nicht ins Gehirn gelangen und für die empfindlichen elektrochemischen und biochemischen Vorgänge der Nervenzellen ein gleichbleibendes inneres Milieu sichergestellt wird. Und genau dafür gibt es die Blut-Hirn-Schranke.
Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus den Wänden der Blutgefäße im Gehirn. Sie sind durch Bänder aus Membranproteinen (Tight junctions) und von Astrozyten umgeben. Anders als an anderen Stellen im Körper sind die kleinsten Blutgefäße dicht. Diese abgedichteten Endothelzellen der Blutgefäße bilden gemeinsam mit Perizyten und Astrozyten die Blut-Hirn-Schranke.
Die Blut-Hirn-Schranke ermöglicht einen Balanceakt zwischen Versorgung und Abriegelung, indem sie bestimmte Stoffe durchlässt, andere aber am Durchtritt hindert (selektive Durchlässigkeit). Zu den Stoffen, die über verschiedene Mechanismen durch die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn gelangen können, gehören das Blutgas Sauerstoff, Nährstoffe wie Glukose und Aminosäuren, Ionen, kleinere lipophile (fettlösliche) Moleküle, Hormone, aber auch schädliche Stoffe wie Nikotin und Alkohol. Vor diesen kann die Barriere nicht schützen.
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Es gibt im Körper noch weitere Blut-Gewebe-Schranken. Die Blut-Hirn-Schranke ist jedoch besonders „streng kontrolliert“.
Aufbau des Gehirns: Graue und weiße Substanz
Das Gehirn setzt sich aus zwei verschiedenen Gewebeanteilen, der grauen und der weißen Substanz, zusammen. Das Gehirn besteht aus Nervenzellen. In der grauen Substanz des Gehirns befinden sich hauptsächlich die Zellkörper der Nervenzellen, während die weiße Substanz aus den schlauchartigen Nervenfortsätzen der Gehirnzellen, den Axonen, besteht.
Die Großhirnrinde ist 2 bis 3 Millimeter dick und wird auch, wegen ihres Aussehens, als graue Substanz bezeichnet. Ihre graue Farbe erhält die Großhirnrinde von den Zellkörpern der Neurone. Unterhalb der Großhirnrinde befindet sich die weiße Substanz.
Gehirnregionen und ihre Funktionen
Das Gehirn wird orientierungsweise in 5 größere Abschnitte unterteilt. Dies sind das Großhirn, das Zwischenhirn, das Mittelhirn, das Kleinhirn und das Nachhirn. In der beschrifteten Abbildung sind im Querschnitt eines Gehirns die fünf Hirnregionen erkennbar.
- Großhirn (Telencephalon): Das Großhirn nimmt den größten Anteil des Gehirns ein - circa 80 % des Gehirnvolumens. Das Großhirn besteht aus zwei Hälften (Hemisphären), die durch den sogenannten Balken in der Mitte getrennt werden. Der Balken ist ein Strang aus Nervenfasern. Die äußerste Schicht des Großhirns ist die Großhirnrinde. Sie ist nur wenige Millimeter dick, jedoch der wichtigste Bestandteil des Großhirns. Das Großhirn ist für die höheren Gehirnfunktionen wie Lernen, Denken und Verstehen zuständig. Wichtige Funktionen sind die Verarbeitung von Empfindungen, das Lernen, Denken, Verstehen und Erinnern. Auch die Fähigkeit zum Sprechen und das Gedächtnis sind im Großhirn beherbergt. Das Großhirn, dessen Entwicklung den Menschen mit all seinen einzigartigen und vielfältigen Fähigkeiten erst ermöglicht, nimmt 80% der Hirnmasse ein. Es besteht aus einer rechten und einer linken Großhirnhälfte, die durch einen breiten und dicken Nervenstrang (den „Balken“) miteinander verbunden sind.
- Zwischenhirn (Diencephalon): Zwischen dem Großhirn und dem Mittelhirn befindet sich das Zwischenhirn. Wichtige Bestandteile sind der Thalamus und der Hypothalamus. Aufgabe des Thalamus ist es, Sinneswahrnehmungen zu sammeln und an das Großhirn weiterzuleiten. Im Hypothalamus wird der Hormonhaushalt kontrolliert. Viele Funktionen, wie Schlaf-Wach-Rhythmus, Körpertemperatur, Atmung, Kreislauf und Sexualverhalten, werden durch den Hypothalamus gesteuert. Er ist verbunden mit der Hirnanhangsdrüse, der Hypophyse. Diese Hormondrüse steuert gemeinsam mit dem Hypothalamus die Tätigkeit der meisten Hormondrüsen im Körper. Das Zwischenhirn ist das oberste Regulationszentrum des vegetativen Nervensystems. Es überwacht somit alle lebenswichtigen Funktionen wie Atmung, Appetit- und Durstempfinden. Der wohl bekannteste Teil des Zwischenhirns ist der Hypothalamus mit der Hirnanhangsdrüse.
- Mittelhirn (Mesencephalon): Weiterhin besteht das Gehirn aus dem wesentlich kleineren Mittelhirn. Es verbindet das Zwischenhirn mit dem Kleinhirn. Zusammen mit dem verlängerten Rückenmark und der dazwischenliegenden Brücke bildet es den Hirnstamm. Das Mittelhirn bildet die Verbindung zwischen dem Zwischenhirn und dem Kleinhirn. Es ist der kleinste Abschnitt des Gehirns und befindet sich unterhalb des Zwischenhirns und oberhalb der Brücke. Mittelhirn, Brücke und Nachhirn zusammen bilden den Hirnstamm. Das Mittelhirn ist die Steuerzentrale für den Seh- und Hörnerv und für Reflexe.
- Kleinhirn (Cerebellum): Unterhalb des Großhirns befindet sich das Kleinhirn. Es ist ebenfalls in zwei Hemisphären unterteilt. Das Kleinhirn ist für das Gleichgewicht und Bewegungen unseres Körpers verantwortlich. Das Kleinhirn ist für alle motorischen Abläufe unseres Körpers (Koordination) verantwortlich. Dein Gehirn speichert solche Gewohnheiten im sogenannten Kleinhirn.
- Verlängertes Rückenmark (Nachhirn, Medulla oblongata): Das verlängerte Rückenmark wird auch als Nachhirn bezeichnet. Es ist der am weitesten hinten gelegene Teil des Hirnstamms. Es ist für die Kontrolle grundlegender Funktionen wie Blutzirkulation, Herzschlag und Lungenaktivität zuständig. Das verlängerte Rückenmark bildet die Fortsetzung des Mittelhirns und enthält auch wichtige Anteile zentralnervöser Reflexbahnen. Im verlängerten Rückenmark sitzen außerdem noch der Großteil der sogenannten Hirnnervenkerne. Hirnnerven sind periphere Nerven, die direkt aus dem Gehirn entspringen und eine vielzahl an verschiedenen Aufgaben übernehmen. Die Kerne der zugehörigen Hirnnerven bestehen aus einer Ansammlung von Nervenzellen, die sich auf die spezifische Aufgabe des Nervs spezialisiert haben und diese befinden sich hauptsächlich im verlängerten Rückenmark.
Krankheiten des Gehirns
Sowohl das Gehirn als auch die es umgebenden Hirnhäute können erkranken und Probleme verursachen. Das Gehirn nimmt alle Sinneseindrücke unseres Körpers auf, wie beispielsweise Bilder, Gerüche, Geräusche oder Empfindungen der Haut. Diese Eindrücke werden im Gehirn gespeichert und verarbeitet. Zudem steuert es komplexe Funktionen wie das Denken, das Lernen und Emotionen. Die Weiterleitung von Reizen erfolgt über Nervenzellen.
Zu den Erkrankungen des Gehirns zählen:
- die Gehirnerschütterung als Folge eines Unfalls
- der Schlaganfall, verursacht durch die Verstopfung einer Arterie oder eine Gehirnblutung
- die Hirnhautentzündung und die Hirnentzündung, die durch Bakterien oder Viren, zum Beispiel durch Masern-Viren, ausgelöst werden
- Abbauprozesse im Alter, die unter der Bezeichnung Demenz zusammengefasst werden
- Hirntumoren, die gutartig oder bösartig sein können und die verschiedenen Strukturen des Gehirns befallen können. Zu den Symptomen eines Hirntumors zählen Kopfschmerzen, psychische Veränderungen oder epileptische Anfälle.
Obwohl das Gehirn durch Hirnhäute so gut vor Krankheitserregern geschützt ist, gibt es immer wieder Bakterien und Viren, die diese Barrieren durchdringen können. Sei es durch offene Kopfwunden, über den Blutkreislauf oder durch sich ausbreitende Infektionen aus Nasennebenhöhlen und Mittelohr. Die Erreger dringen in die Hirnhäute ein und verursachen dort eine Hirnhautentzündung (Meningitis).
Das Gehirn ist nicht schmerzempfindlich
Es wird häufig fälschlicherweise angenommen, dass das Gehirn schmerzempfindlich ist. Aber das Gehirn selbst besitzt keine Schmerzrezeptoren.
Künstliche Intelligenz und das Gehirn
Expertinnen und Experten streiten darüber, ob künstliche Intelligenz irgendwann die Komplexität des menschlichen Gehirns erreichen kann. Einige Forscherinnen und Forscher sind optimistisch und glauben, dass wir das Gehirn in naher Zukunft vollständig nachbilden können. Andere warnen, dass die neuronalen Netze und Verbindungen im Gehirn zu komplex sind, um jemals vollständig von Maschinen imitiert zu werden.
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