Schwankender Blutdruck nach Schlaganfall: Ursachen, Risiken und Management

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das oft mit einer Vielzahl von Folgeerscheinungen verbunden ist. Neben den offensichtlichen körperlichen Beeinträchtigungen können auch unsichtbare Symptome wie Schwindel und kognitive Probleme auftreten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Blutdruck, der nach einem Schlaganfall häufig Schwankungen aufweist. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für schwankenden Blutdruck nach einem Schlaganfall, die damit verbundenen Risiken und die verschiedenen Managementstrategien.

Blutdruck nach Schlaganfall: Ein komplexes Zusammenspiel

Etwa drei Viertel aller Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall weisen bei der Aufnahme ins Krankenhaus einen deutlich zu hohen Blutdruck auf. Die Frage, ob dieser dann schnell und aggressiv gesenkt werden sollte, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Beobachtungsstudien haben hierzu in der Vergangenheit widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Eine frühe Senkung des Blutdrucks mit Candesartan zeigte in der SCAST-Studie keinen klaren Nutzen.

Die CATIS-Studie untersuchte den Nutzen einer Blutdrucksenkung bei über 4000 Patienten mit ausschließlich ischämischem Infarkt. Die Hälfte der Patienten erhielt innerhalb von 48 Stunden nach Symptombeginn eine antihypertensive Therapie mit dem Ziel, den Blutdruck in den folgenden 24 Stunden um zehn bis 25 Prozent zu senken. Die andere Hälfte wurde ohne Blutdrucksenker behandelt. Nach sieben Tagen lag der systolische Druck in der Interventionsgruppe im Schnitt bei 137 mmHg, in der Kontrollgruppe etwa neun mmHg höher. Allerdings führte die erfolgreiche Drucksenkung nicht zu einer besseren Prognose.

Ursachen für schwankenden Blutdruck nach Schlaganfall

Mehrere Faktoren können zu einem schwankenden Blutdruck nach einem ischämischen Schlaganfall beitragen:

  • Gestörte neurogene Kreislaufkontrolle: Der Schlaganfall kann die Bereiche im Gehirn beeinträchtigen, die für die Steuerung des Blutdrucks verantwortlich sind.
  • Autonome Dysregulation: Das autonome Nervensystem, das unwillkürliche Körperfunktionen wie den Blutdruck steuert, kann durch den Schlaganfall aus dem Gleichgewicht geraten.
  • Baroreflexversagen: Der Baroreflex ist ein Mechanismus, der den Blutdruck stabilisiert. Ein Schlaganfall kann diesen Reflex beeinträchtigen.
  • Stressphänomene: Der Schlaganfall selbst und die damit verbundenen emotionalen Belastungen können Stressreaktionen auslösen, die den Blutdruck beeinflussen.
  • Medikamenteneinnahme: Insbesondere bei chronischem Bluthochdruck ist es wichtig, Medikamente zur Blutdruckregulierung sorgfältig und regelmäßig einzunehmen. Bei schwankendem Bluthochdruck sollte die Medikation nicht ohne ärztliche Absprache selbst angepasst werden.
  • Lebensstilfaktoren: Eine unausgewogene Ernährung, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum, Rauchen und psychischer Stress können ebenfalls zu Blutdruckschwankungen beitragen.
  • Tageszeitliche Schwankungen: Der Blutdruck unterliegt einem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus.

Hypertensive Krise und Notfall

Eine hypertensive Krise liegt vor, wenn der Blutdruck schlagartig auf Werte über 180/110 mmHg ansteigt, ohne dass eine akute körperliche Belastung vorliegt. Sie kann sich zu einem hypertensiven Notfall ausweiten, bei dem es zu Organschäden an Herz, Hirn oder Nieren kommt. Häufig tritt eine hypertensive Krise auf, wenn Patienten mit Bluthochdruck ihre Medikamente nicht wie verschrieben einnehmen. Sie kann aber auch bei Menschen auftreten, deren Blutdruck sich sonst im Normbereich befindet, wenn vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden.

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Symptome einer hypertensiven Krise können Kopfschmerzen, Druckgefühl im Kopf, ein geröteter Kopf, Übelkeit und Erbrechen, Nasenbluten sowie Zittern und Schwindelgefühl sein. Auch Brustschmerzen, Atembeschwerden, Lähmungserscheinungen und Krampfanfälle können auftreten.

Bei einem hypertensiven Notfall ist es entscheidend, dass der Blutdruck nicht zu schnell absinkt, um eine Achterbahnfahrt des Blutdrucks zu vermeiden. Er sollte sich jedoch in 30 bis 60 Minuten wieder auf einem unkritischen Niveau befinden, wenn keine anderen Erkrankungen vorliegen, wie beispielsweise ein Schlaganfall.

Schlaganfall-Spätfolgen: Schwindel als Herausforderung

Schlaganfall-Spätfolgen können enorm belasten und die Lebensqualität beeinträchtigen. Neben Lähmungen oder Sprachstörungen kann auch Schwindel auftreten. Schwindel ist ein häufig auftretendes Symptom, das sich auch nach einem Schlaganfall entwickeln kann. Dieses subjektiv variierende Gefühl geht beim zentralen und zentral-vestibulären Schwindel zudem oft mit anderen neurologischen Symptomen einher - darunter Sprachstörungen oder Schluckbeschwerden, Koordinationsprobleme, Gleichgewichtsstörungen oder Doppeltsehen (Diplopie). Unsicherheit beim Gehen, Übelkeit, Erbrechen, Nystagmus (unwillkürliche Augenbewegungen), Kopfschmerzen und auch kognitive Veränderungen können damit verbunden sein.

Schwindel entsteht, wenn an die Gleichgewichtszentrale im Kleinhirn oder Hirnstamm widersprüchliche Informationen von verschiedenen Sinnesorganen gesendet werden und das Gehirn diese nicht adäquat verarbeiten kann, sodass sie „übereinstimmen“. Die Informationen stammen vom Gleichgewichtsorgan im Innenohr (Vestibularapparat), von den Augen und den Sensoren in Gelenken, Sehnen und Muskeln.

Besonders häufig tritt Schwindel infolge eines Schlaganfalls im Bereich des Kleinhirns und Hirnstamms auf. Zentrale Hirnläsionen führen wegen der Betroffenheit der Gleichgewichtszentrale oft zu Schwindelformen, die mit einer gestörten Okulomotorik, der muskulär gesteuerten Augenbewegungen und Blickkontrolle, und einer gestörten Haltungsregulation einhergehen.

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Hinter Schwindel, der erst Monate nach dem Schlaganfall neu auftritt, können vielfältige Ursachen stecken. Die genaue Ursache lässt sich nicht immer eindeutig ausmachen. Es spielen Zusammenhänge von mehreren Faktoren eine Rolle, die sich gegenseitig beeinflussen. Es kann auch sein, dass der Schwindel erst im Verlauf wahrgenommen wird, weil in der postakuten Phase schwerwiegendere Symptome und Funktionsstörungen vordergründig waren und die Aufmerksamkeit beanspruchten.

Eine mögliche Erklärung für das verzögerte Auftreten von Schwindel nach einem Schlaganfall hängt mit den Umbauprozessen im Gehirn zusammen. Nach einem Schlaganfall kommt es zu Veränderungen im betroffenen Gehirngewebe, wie Entzündungen, Schwellungen und Umbauprozesse durch die erlittene Schädigung von Strukturen. Diese Veränderungen können auch Funktionen der Gliazellen um die Nervenzellen beeinflussen, die deren Schutz, Nährstoffversorgung und Reparatur unterstützen. Es ist allerdings auch bekannt, dass die Symptome und Funktionsstörungen aufgrund der Eigenschaften der neuronalen Plastizität des Gehirns oft in gewissem Maße reversibel sind. In den ersten Wochen nach einem Schlaganfall liegt eine Phase erhöhter Neuroplastizität vor, in der die stärksten motorischen Verbesserungen auftreten. Dies kann durch gezielte rehabilitative Behandlungen und sensomotorisches Training in dieser Phase besonders gut gefördert werden.

Ebenso können psychische und emotionale Belastungen wie Stress, Unsicherheit, Angst oder Depressionen das Auftreten oder die Schwere des Schwindels beeinflussen.

Diagnostik und Behandlung von Schwindel

Um Schwindel nach einem Schlaganfall abzuklären, eine mögliche Ursache zu diagnostizieren und zu behandeln, sollte eine fachärztliche neurologische Vorstellung erfolgen. Hier erfolgt eine umfassende Anamnese und klinisch-körperliche Untersuchung. Zur Differenzierung werden spezifische Funktions- und Provokationstests durchgeführt (z. B. Lagerungsmanöver, Nystagmus-Test mit der Frenzel-Brille), um dem Verdacht auf das Vorliegen einer bestimmten Form des Schwindels oder Auslösern nachzugehen.

Laborchemische Blut-Untersuchungen können unter anderem Mangelerscheinungen, Stoffwechsel- und Hormonstörungen ausschließen. Anhaltende Blutdruck-Schwankungen und Störungen der hormonellen Regulation müssen mitbedacht werden. Zusätzlich können HNO-ärztliche, Herz- und Gefäßuntersuchungen sowie bildgebende Untersuchungen des Gehirns indiziert sein.

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Die Behandlungsoptionen bei Schwindel nach einem Schlaganfall sind je nach individueller Situation unterschiedlich. Sie sind zum einen darauf ausgerichtet, Regenerationsprozesse zu unterstützen sowie die Symptome und die damit verbundene Unsicherheit und Belastung durch Beeinträchtigungen im Alltag zu lindern. Dazu können auch Medikamente mit neuroprotektiver Wirkung und zur Kontrolle des Schwindels zum Einsatz kommen.

Wichtig zur Wiedererlangung der Selbstkontrolle, Sicherheit bei den alltäglichen Aktivitäten und Sturzprophylaxe ist das vestibuläre Training. Spezielle physiotherapeutische und ergotherapeutische Übungen, Aufklärung und Anleitung für zuhause haben eine hohe Priorität in der Schwindelrehabilitation.

Ein gezieltes Schwindel-Training integriert eine spezielle Gang- und Standschulung, um die Funktionen und Reflexe im Gleichgewichtssystem zu verbessern, welche die Haltung und Koordination regulieren. Dadurch wird die abgestimmte Zusammenarbeit zwischen den Gleichgewichtsorganen, der visuellen Kontrolle durch die Augen und der zu aktivierenden Muskeln zum Halten des Gleichgewichts unterstützt.

Das Schwindel-Training erfolgt idealerweise unter alltagsbezogenen Bedingungen und nach und nach erhöhtem Schwierigkeitsgrad im Verlauf. Das heißt, zunächst finden Übungen auf ebenem Boden und unter gewohnten, ruhigen Umgebungsbedingungen statt. Später ist eine Steigerung außerhalb der geschützten Therapieräume, auf unebenen Untergründen, im Freien und mit Ablenkung möglich.

Durch kontinuierliches Üben, Trainieren und Feedback unter therapeutischer Begleitung verbessern die Betroffenen ihre Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten. Das Erlernen von Bewältigungsstrategien im Umgang mit dem Schwindel ist ebenso wichtig, um Unsicherheiten, Ängste, Stress und Belastungen zu regulieren.

Blutdruckmanagement nach Schlaganfall: Individuelle Strategien

Die Behandlung des Blutdrucks nach einem Schlaganfall erfordert eine individuelle Herangehensweise, die auf der Art des Schlaganfalls, den Begleiterkrankungen und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten basiert. Generell gilt:

  • Ischämischer Schlaganfall: Bei Patienten mit Lysetherapie oder Antikoagulation darf der systolische Druck 185 mmHg nicht überschreiten. Bei den übrigen Patienten rät die Leitlinie zu einer medikamentösen Normalisierung des Blutdrucks nach zwei bis drei Tagen, falls keine raumfordernde Wirkung des Schlaganfalls zu erwarten ist.
  • Intrazerebrale Blutung: In der Akutphase sollte ein Blutdruckzielwert von systolisch 140-150 mmHg angestrebt werden.
  • Allgemeine Empfehlungen: Eine zu aggressive Blutdrucksenkung von mehr als 20 % bei akutem Schlaganfall sollte vermieden werden. Als Richtwerte für die Blutdruckeinstellung in den ersten Tagen nach einem Schlaganfall können für Patienten mit bzw. ohne Hypertonie 180 mmHg bzw. 160 mmHg systolisch genommen werden.

Die Blutdruckeinstellung kann mit intravenösen Antihypertensiva oder mit peroralen Medikamenten erfolgen. Im weiteren Verlauf sollte die akute Blutdruckbehandlung in eine anhaltende sekundärpräventive Blutdrucktherapie übergehen. Der Zielbereich für die Blutdrucktherapie liegt allgemein etwa bei 120-140 mmHg systolisch bzw. 70-90 mmHg diastolisch, wobei stets eine individuelle Beurteilung vorgenommen werden sollte.

Präventive Maßnahmen und Lebensstiländerungen

Um schwankendem Blutdruck und hypertensiven Krisen vorzubeugen, sind folgende Maßnahmen wichtig:

  • Regelmäßige Medikamenteneinnahme: Bei chronischem Bluthochdruck ist es besonders wichtig, Medikamente zur Blutdruckregulierung sorgfältig und regelmäßig einzunehmen.
  • Gesunder Lebensstil: Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie Stressmanagement können den Blutdruck positiv beeinflussen.
  • Regelmäßige Blutdruckmessungen: Patienten sollten regelmäßig ihren Blutdruck messen und ein Tagebuch führen, das dem Arzt zur Auswertung dient.
  • Vermeidung von Risikofaktoren: Modifizierbare Risikofaktoren für zu hohen Blutdruck sollten angepasst werden.

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