Polyneuropathie ist eine Nervenkrankheit, die oft mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einhergeht. Betroffene leiden unter einer gestörten Reizweiterleitung, was zu motorischen Einschränkungen und sensorischen Missempfindungen führen kann. Um auf diese seltene und schwerwiegende Erkrankung aufmerksam zu machen und Betroffenen eine Plattform zum Austausch zu bieten, wurde in Essen die erste Selbsthilfegruppe gegründet.
Was ist Polyneuropathie?
Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der die Nerven, die Informationen zwischen dem Gehirn und dem Rest des Körpers übertragen, geschädigt sind. Dies führt zu einer Vielzahl von Symptomen, die von Taubheitsgefühl und Kribbeln bis hin zu Schmerzen und Muskelschwäche reichen können. Die Erkrankung ist oft ein schleichender Prozess, bei dem Funktionsstörungen wie motorische Einschränkungen oder sensorische Missempfindungen an Armen, Beinen und Füßen nach und nach entstehen. Betroffene nehmen Sinneseindrücke entweder gar nicht mehr oder zu intensiv wahr.
Es gibt verschiedene Ursachen für Polyneuropathie. In den meisten Fällen sind Diabetes oder hoher Alkoholkonsum die Hauptursachen. Seltener können Stoffwechselerkrankungen, autoimmune Entzündungen, Bluterkrankungen, HIV oder erbliche Veranlagungen zugrunde liegen. In einigen Fällen bleibt die Ursache jedoch völlig ungeklärt. Hartmut van de Wetering, Vorsitzender der Essener Selbsthilfegruppe, beschreibt die Krankheit als "Schmarotzer-Krankheit, die sich irgendwo draufsetzt".
Die Selbsthilfegruppe Polyneuropathie in Essen: Ein Lichtblick für Betroffene
Die erste Selbsthilfegruppe Polyneuropathie in Essen wurde im Jahr 2015 auf Initiative von Hartmut van de Wetering gegründet. Van de Wetering, selbst von der Krankheit betroffen, erkannte den Bedarf an einem Austausch für Betroffene im Raum Essen. „Bisher suchte man eine Möglichkeit zum Austausch über die Polyneuropathie im Raum Essen vergebens“, sagt er. „Dabei tut es so gut, jemanden zu haben, mit dem man sich über das komplexe Krankheitsbild austauschen kann.“
Gründung und Zielsetzung
Die Anregung zur Gründung der Selbsthilfegruppe gab ein Vortrag zum Thema "Selbsthilfegruppen" der Patientenhochschule am Katholischen Klinikum Essen. In Zusammenarbeit mit Wiese e.V., der Essener Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen, und dem Katholischen Klinikum Essen wurde der erste Besprechungstermin organisiert.
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Die Selbsthilfegruppe bietet Betroffenen und ihren Angehörigen eine Plattform, um sich über ihre Erfahrungen auszutauschen, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und sich gegenseitig zu unterstützen. Ziel ist es, den Genesungsprozess zu beschleunigen und den Betroffenen im Alltag individuellen Rückhalt zu geben.
Angebote und Aktivitäten
Die Selbsthilfegruppe Polyneuropathie in Essen bietet eine Vielzahl von Angeboten und Aktivitäten für ihre Mitglieder:
- Regelmäßige Treffen: Die Gruppe trifft sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch. Die Treffen finden jeden 4. Dienstag im Monat im Marienhospital Altenessen und tags darauf im Philippusstift Borbeck statt (außer im August und Dezember).
- Vorträge und Informationsveranstaltungen: Experten werden eingeladen, um über verschiedene Aspekte der Polyneuropathie zu informieren, darunter Ursachen, Therapien und Ernährung.
- Symposien: Die Selbsthilfegruppe veranstaltet regelmäßig Symposien, bei denen Referenten, Betroffene, Mitglieder und Interessierte zusammenkommen, um sich über die neuesten Entwicklungen in der Behandlung von Polyneuropathie auszutauschen.
- Gemeinsame Ausflüge und Aktivitäten: Die Gruppe organisiert gemeinsame Ausflüge und Aktivitäten, um die Lebensfreude der Mitglieder zu fördern und den Zusammenhalt zu stärken.
Jubiläum und Anerkennung
Am Dienstag, 22. Juli, feierte die 1. Essener Polyneuropathie Selbsthilfegruppe NRW ihr 10-jähriges Jubiläum in Altenessen-Süd. Oberbürgermeister Thomas Kufen überbrachte Glückwünsche im Namen der Stadt Essen und würdigte das Engagement der Gruppe: "Ein Jahrzehnt engagierte Selbsthilfe ist keine Selbstverständlichkeit - sondern ein herausragendes Zeichen von Zusammenhalt, Mut und Ausdauer."
Alltagstaugliche Unterstützung für ein komplexes Krankheitsbild
Da Polyneuropathie meist eine Folge anderer Grunderkrankungen ist, steht die Behandlung dieser Grunderkrankungen im Vordergrund. Medikamentöse Therapien, die speziell auf die Polyneuropathie abzielen, gibt es in der Regel nicht. Dies bedeutet für die Patienten oft eine längerfristige Therapie und eine Einschränkung ihrer Lebensqualität.
Die Selbsthilfegruppe bietet hier eine wichtige Ergänzung zur medizinischen Behandlung. Durch den Austausch mit anderen Betroffenen können Patienten lernen, besser mit ihren Symptomen umzugehen und ihren Alltag aktiv zu gestalten.
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Tipps für den Umgang mit Polyneuropathie
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen, insbesondere B-Vitamine, B12 und Folsäure.
- Mäßiger Alkoholkonsum: Vermeiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum.
- Bewegung und Koordination: Trainieren Sie regelmäßig Ihre Bewegung und Koordination.
- Vermeidung von Extremtemperaturen: Meiden Sie eisige Kälte und große Hitze, da beides die Symptome verstärken kann.
- Schmerztherapie: Bei Bedarf kann eine Schmerztherapie helfen, die Beschwerden zu lindern.
Das zweite Essener Polyneuropathie-Symposium
Am Samstag, 7. Juli, fand im Marienhospital Altenessen das zweite Symposium der Selbsthilfegruppe Polyneuropathie (PNP) in Essen statt. Experten referierten über Ursachen und neue Therapieansätze, Arzneimitteleinsatz, Ernährung und Bewegung bei PNP. Die Veranstaltung bot den Teilnehmern die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und Fragen an die Referenten zu stellen.
Themen und Referenten des Symposiums
- Ursachen und neue Therapieansätze: Privatdozent Dr. med. Tim Hagenacker, Direktor der Klinik für Neurologie an der Uniklinik Essen
- Arzneimitteleinsatz bei PNP: Claudia Daniel, Fachapothekerin für Klinische Pharmazie
- Rolle der Nahrungsmittel und richtige Ernährung bei PNP: Privatdozent Dr. Hans-Georg Krengel, Leitender Arzt der Geriatrie, Gastroenterologie und Inneren Medizin am Marienhospital Altenessen (MH) und St. Vincenz Krankenhaus
- Bewegung bei PNP: Claudia Lang, Physikalische Therapie am MH
Weitere Anlaufstellen und Initiativen
Mittlerweile gibt es im Essener Stadtgebiet drei Gruppen als Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige. Neben der Selbsthilfegruppe engagieren sich auch andere Institutionen und Initiativen für Menschen mit Polyneuropathie. Die Patientenhochschule am Katholischen Klinikum Essen spielt eine wichtige Rolle bei der Aufklärung über die Krankheit und der Unterstützung von Betroffenen.
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