Specht Zunge Gehirn Aufbau Funktion: Wie Spechte und Schleuderzungensalamander ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten nutzen

Spechte sind bekannt für ihr lautes Hämmern auf Bäumen, während Schleuderzungensalamander mit unglaublicher Präzision ihre Zunge auf Beute schleudern. Beide Tiere haben bemerkenswerte Anpassungen entwickelt, um diese Fähigkeiten auszuführen, ohne sich selbst zu verletzen. Dieser Artikel untersucht den Aufbau und die Funktion von Gehirn und Zunge von Spechten und Schleuderzungensalamandern, um zu verstehen, wie sie diese außergewöhnlichen Leistungen vollbringen.

Der Specht: Ein Meister des Hämmerns

Hacken, hämmern, klopfen und fulminante Trommelsalven, das sind die typischen Lautäußerungen unserer Spechte, die uns im Frühlingswald auf Schritt und Tritt begleiten. Spechte sind wahre "Zimmermänner des Waldes". Mit ihren kräftigen Schnäbeln klopfen Spechte Insekten aus dem Holz oder Samen aus den Zapfen, zimmern Bruthöhlen in Baumstämme und schlagen zur Revierabgrenzung weithin ratternde Trommelwirbel. Dabei trifft der Schnabel bis zu zwanzig Mal pro Sekunde auf das Holz und das je nach Spechtart bis zu 12000-mal am Tag. Ein trommelnder Spechtkopf erreicht Geschwindigkeiten von bis zu sieben Metern pro Sekunde. Wird diese Geschwindigkeit beim Auftreffen entschleunigt, entspricht das einem Menschen, der aus vollem Sprint gegen eine Wand läuft. Schon lange stellen sich die Fragen, wie Spechtschädel und das Gehirn dies unbeschadet aushalten und weshalb trommelnde Spechte keine Kopfschmerzen bekommen.

Aufbau des Spechtschädels und Gehirns

Lange meinte man, Kopf und Schnabel funktionierten wie ein Stoßdämpfer, doch diese verbreitete Ansicht gilt aufgrund einer neuen Studie als überholt. Kopf und Schnabel haben keinerlei stoßdämpfenden Funktionen, sondern bilden zusammen biomechanisch einen hocheffektiven Hammer. Ansonsten bräuchten Spechte wesentlich mehr Kraft, um ins Holz einzudringen. Spechtgehirne sind relativ klein und leicht sowie gekippt und so kompakt in den Schädelknochen gelagert, dass ihnen die einwirkende Energie nichts anhaben kann. Erst wenn Spechte mit der vierfachen Stärke auf Holz schlagen, würden sie eine Gehirnerschütterung erleiden.

Um das Gehirn vor der ständigen Erschütterung zu schützen, schwimmt dieses in einer sehr zähen Flüssigkeit. Die Muskeln um den Schädel wirken, sind sie angespannt, quasi als Stoßdämpfer, genauso wie als federnde Verbindung zwischen Schnabel und Schädel. Die knöcherne Hülle des Gehirns ist stark ausgeprägt, und das Gehirn ist von wenig Gehirnflüssigkeit umgeben.

Die Zunge des Spechts

Findet der Specht im Inneren des Baums Nahrung, kommt die Zunge zum Einsatz. Es ist eine etwa zehn Zentimeter lange Zunge, deren Spitze harpunenförmig ausgebildet ist. Zusätzlich ist die Zunge mit kleinen Widerhaken und klebrigem Speichel bedeckt. So gelingt das Herausschleudern der Zunge und Aufspießen der Nahrung mit Leichtigkeit. Insekten, wie zum Beispiel Käferlarven, bleiben am Speichel kleben.

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Verschiedene Spechtarten in Deutschland

In Deutschland gibt es neun unterschiedliche Spechtarten, von denen die bekanntesten vorgestellt werden. Der Buntspecht (Dendrocopos major) ist in Wäldern, Parks und Gärten zu finden. Er besitzt eine auffällige Färbung aus schwarz-weiß gestreiften Deckfedern. Der Bauch ist weiß bis hellbraun gefärbt mit einem deutlichen roten Fleck im unteren Bereich. Die Männchen besitzen zusätzlich einen roten leuchtenden Genickfleck, woran man Weibchen und Männchen gut unterscheiden kann. Der Grünspecht lebt in den Bäumen und am Boden. Du erkennst ihn am grünen Federkleid mit roter Haube. Um die Geschlechter zu unterscheiden, betrachte die Schnabelwinkel. Beim Männchen sind diese rot, beim Weibchen schwarz. Der Schwarzspecht ist einer der größten Spechte. Er kann so groß wie eine Krähe werden. Er hüllt sich in ein schwarzes Federkleid.

Lebensweise und Ernährung

Buntspechte leben dort, wo es Bäume gibt: in Wäldern und Parks oder auch in baumreichen Ortschaften und Gärten. Bäume beheimaten viele Insekten, die Nahrung der Spechte, und dienen den Vögeln auch als Nest. Die Spechte sind aktive Höhlenbrüter, die ihre Nester meist selbst in Baumstämme zimmern und so Baumhöhlen erschaffen. In dem Nest werden auf Sägespänen bis zu acht Eier gelegt und beim Buntspecht innerhalb von zwei Wochen ausgebrütet. Die Spechtküken sind dabei nackt und blind und zählen zu den Nesthockern. Die Eltern führen eine intensive Brutpflege. Das bedeutet, dass sie die Küken füttern, schützen und wärmen. Nach etwa drei Wochen sind die Kleinen flügge und verlassen das Nest.

Der Buntspecht frisst wie die meisten Spechte Insekten, die unter den Baumrinden oder in den etwas tiefer liegenden Jahresringen leben. Besondere Favoriten auf seinem Speiseplan sind Bock- und Borkenkäferlarven. Ansonsten bedient er sich beispielsweise auch an Schmetterlingen, Wespen und Bienen. Um hartschalige Nahrungsmittel wie Zapfen besser bearbeiten zu können, klemmen Spechte diese oft in Baumlöcher, Felsspalten oder Gemäuer. So können sie mit ihrem Schnabel an die essbaren Bestandteile kommen. Grünspechte fressen besonders gerne Ameisen.

Die Spechtschmiede

Um hartschalige Nahrungsmittel wie Zapfen besser bearbeiten zu können, klemmen Spechte diese oft in Baumlöcher, Felsspalten oder Gemäuer. So können sie mit ihrem Schnabel an die essbaren Bestandteile kommen. Unter einer einzigen "Buntspechtschmiede" wurden schon mehr als 4.000 Zapfen gefunden! Lassen Sie sich bei Ihrer Suche nach Spechten nicht nur von Ihrem Gehör leiten, denn auch durch die Spuren einer Spechtschmiede kann man den Wohnort dieser Vögel finden.

Der Schleuderzungensalamander: Ein Präzisionsjäger

Wer einem Schleuderzungensalamander bei der Jagd zuschaut, dem wird die blitzschnelle Geschwindigkeit genauso faszinieren, wie die eindrucksvolle Treffsicherheit, mit der diese Amphibien ihre Zunge auf das Beutetier schnellen lassen. Bisher war man immer davon ausgegangen, dass das Beutefangverhalten von Amphibien auf der instinktiven Erkennung sehr einfacher Strukturen und Merkmale beruht.

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Das Gehirn des Schleuderzungensalamanders

Wissenschaftler an der Universität Bremen sind da allerdings ganz anderer Meinung. Sie haben sich Bau und Funktion der winzigen Hirne von Schleuderzungensalamandern genauer angeschaut und fanden heraus, dass sie dem unseren in einigen Leistungen erstaunlich ähnlich sind. Wolfgang Wiggers, Mitarbeiter am Institut für Hirnforschung erzählt, dass die Schleuderzungensalamander durchaus in der Lage sind, sowohl die Position als auch die genaue Entfernung eines Beutetieres zu erfassen. Selbst schnell vorbei fliegende Insekten haben kaum eine Chance, zumal die Salamander sogar deren Flugbahn vorhersehen können. Je nachdem steuern sie ihre bis zu fünf Zentimeter lange und mit einem klebrigen Polster besetzte Zunge haargenau ins Ziel. Wiggers ist sich sogar sicher, dass die kleinen Amphibien Geschmack besitzen: sie wissen was gut schmeckt. Das Gehirn der Schleuderzungensalamander ist gerade einmal zwischen drei und zehn Millimeter lang und besteht aus etwa einer Million Nervenzellen. Zum Vergleich: das menschliche Gehirn hat rund 500 Milliarden, das der Katze immerhin noch drei Milliarden Neuronen. Umso erstaunlicher ist, dass das kleine Gehirn des Salamanders zu derartigen Leistungen fähig ist.

Die Forschung zur Raumorientierung

Bei der Untersuchung des Raumorientierungsvermögens der Salamander gehen die Bremer Wissenschafter unter der Leitung von Gerhard Roth und Helmut Schwegler zwei Wege. Bei den neurophysiologischen Untersuchungen geht es um die Aufklärung der Mechanismen, mit denen ein vom Auge wahrgenommener Reiz zu einer gezielten Muskelreaktion führt. Durch das Anfärben von Nervenzellen, und das Messen ihrer Reaktionen auf bestimmte Reize konnten die Neurobiologen Aufbau und Vernetzung jener Hirnteile beschreiben, in denen Informationen wie Größe, Form, Bewegung und Standort der Beute verarbeitet werden. Dabei fanden sie heraus, dass nicht etwa spezialisierte Nervenzellen für bestimmte Reaktionen verantwortlich sind. Vielmehr ergibt sich die Beurteilung ihrer Umwelt aus dem Zusammenspiel größerer Neuronengruppen. Man nennt diese Art der Verarbeitung Populationscodierung, das heißt, auch wenn die einzelnen Hirnteile weitgehend auf bestimmte Aufgaben spezialisiert sind, können wichtige Entscheidungen, wie die Unterscheidung von „Beute“ und „Feind“ oder von „wohl-“ und „schlechtschmeckend“ nur in Zusammenarbeit mehrerer Zentren getroffen werden.

Die Steuerung des Zungenschlags

Die Steuerung der Muskeln, die schließlich den gezielten Zungenschlag auslösen, erfolgt dabei über die Auswertung der Eindrücke, die der Salamander in seinem Gesichtsfeld erkennt. Der Ort der Netzhautreizung wird über den Sehnerv im Mittelhirndach (Tectum opticum) ausgewertet. Dieses visuelle Hauptzentrum der Amphibien zeichnet sich vor allem durch eine sehr genaue Karte des Gesichtsfeldes aus. Von hier aus können die Fortsätze von Nervenzellen direkten Einfluss auf die Motorneurone nehmen, die ihrerseits die Nackenmuskeln des Tieres steuern.

Schwieriger ist es aber, die genaue Entfernung eines Objektes im Gesichtsfeld abzuschätzen. Bei uns Menschen funktioniert die Bestimmung der Entfernung durch die Linsenakkommodation, was dem Scharfstellen eines Kameraobjektives entspricht, und die Augenkonvergenz, das heißt der Fixierung eines Objektes mit beiden Augen. Aufgrund der Anatomie der Salamanderaugen spielen Akkommodation und Konvergenz höchstens eine untergeordnete Rolle, zum stereoskopischen Sehen sind sie aber sehr wohl geeignet.

Die Simulation des Salamanderhirns

Der Physiker Christian Eurich hat sich deshalb daran gemacht, die Wahrnehmungsmechanismen des Salamanders in Form eines neuronalen Netzwerkes nachzubilden. Das Ergebnis sind zwei Simulationsmodelle mit den treffenden Namen Simulander I und II. Bei diesen Netzwerkmodellen werden den Nervenzellen entsprechende Modellneuronen miteinander verknüpft, das heißt sie können miteinander in Wechselwirkung treten. Der Simulander I soll dabei die Kopfbewegung des Salamanders simulieren, Simulander II hingegen die Ansteuerung der Schleuderzunge, was eine präzise Ermittlung der Objektentfernung voraussetzt. Was die mathematische Simulation mit neuronalen Netzwerken so vorteilhaft macht, ist deren Lernfähigkeit. Im Falle des Simulanders I ist es Christian Eurich auf diese Weise gelungen, die Reaktion der Neuronen so einzustellen, dass der Winkel zwischen der Richtung zur Beute und der Salamanderblickrichtung minimal wurde. Anders ausgedrückt, eine bewegte Beute wird von dem neuronalen Netz erfasst und so verfolgt, dass sie sich zu jeder Zeit im Blickfeld befindet. Immerhin feuerte der Rechner bei einer Schussentfernung von einem bis fünf Zentimetern auf zwei Millimeter genau. Er „wusste“ auch, dass es wenig Zweck hatte, seine fünf Zentimeter lange „Zunge“ auf eine weiter entfernte Beute zu zielen.

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Die wichtigste Erkenntnis dieser Simulationen ist die Bestätigung der neurophysiologisch gewonnenen Erkenntnisse. Die Wechselwirkung der Nervenzellen, das neuronale Netzwerk also, ist auch bei einer geringen Zahl von Neuronen zu sehr komplexen Leistungen fähig. Dem Erkennen der Beute folgt die Ausrichtung des Kopfes, die Abschätzung der Entfernung und, ist die Beute nahe genug, die Auslösung der klebrigen Zunge.

Sport und Gehirnerschütterung: Was können wir von Spechten lernen?

Die Fähigkeit des Spechts, wiederholte Schläge auf einen Baumstamm auszuhalten, ohne eine Gehirnerschütterung zu erleiden, hat das Interesse an der Entwicklung besserer Schutzmaßnahmen für den menschlichen Kopf geweckt. Insbesondere in Kontaktsportarten wie Boxen, American Football und Fußball sind Sportler einem erhöhten Risiko für Gehirnerschütterungen und Schädel-Hirn-Traumata ausgesetzt.

Die Auswirkungen von Kopfbällen im Fußball

Die FIELD-Studie an ehemaligen schottischen Profifußballern zeigte, dass wiederholtes Köpfen auf Dauer im Schnitt zu einem bis zu dreieinhalbmal erhöhten Risiko für Demenz oder andere neurodegenerative Erkrankungen führt. Verteidiger haben sogar ein fünfmal höheres Risiko als der Durchschnitt der Bevölkerung. Als Konsequenz aus diesen Ergebnissen haben die Fußballverbände von Schottland, England und Nordirland das Kopfballspiel im Jugendbereich eingeschränkt.

Chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE)

Bei Sportarten wie American Football, Eishockey oder Boxen kann die Intensität der Stöße gegen den Kopf noch deutlich höher sein als beim Fußball. Manchmal wird das Gehirn so stark beschleunigt, dass es zu einer Gehirnerschütterung oder sogar einem Schädel-Hirn-Trauma kommt, also einer Verletzung des Gehirns, die mit neurologischen Symptomen einhergehen kann. Wiederholte traumatische Schädigungen des Gehirns können zu einer chronisch-traumatischen Enzephalopathie (CTE) führen, einer degenerativen Hirnerkrankung, bei der unter anderem Gedächtnisverlust, Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen oder Probleme beim Sprechen oder Bewegen auftreten.

Die Suche nach besseren Diagnosemethoden und Schutzmaßnahmen

In Helmichs Forschungsstudien zur Gehirnerschütterung sind die meisten Teilnehmer American-Football-Spieler. An ihnen versuchen er und seine Kollegen herauszufinden, wie man mit gleichzeitigen Tests des Gleichgewichts und der Hirnaktivität eine Gehirnerschütterung zuverlässig diagnostizieren kann. Eine schnelle und zuverlässige Diagnose wäre wichtig, um Sportler rechtzeitig vom Platz beziehungsweise aus dem Ring zu nehmen, um größere Schäden zu vermeiden. Die Forschung zur Gehirnerschütterung und ihren langfristigen Folgen ist von entscheidender Bedeutung, um Sportler besser zu schützen und die Auswirkungen von Kopfverletzungen zu minimieren.

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