Spektrum der Wissenschaft: Alzheimer – Ursachen, Risikofaktoren und neue Therapieansätze

Unsere Gesellschaft altert, wodurch die gesundheitlichen Folgen dieses Prozesses immer stärker in den Fokus rücken. Im Zentrum steht dabei die Alzheimerdemenz, eine Erkrankung, die den Verlust des Erinnerungsvermögens zur Folge hat. Dieses Spektrum-Spezial fasst den aktuellen Wissensstand zu dieser heimtückischen Krankheit zusammen und untersucht, welche Möglichkeiten zur Prophylaxe von Alzheimer bestehen. Die Artikel stammen größtenteils aus dem Wissenschaftsjournal "Nature" und seinen Schwesterzeitschriften.

Einführung in die Alzheimerdemenz

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz. In Deutschland leiden daran etwa 750.000 Patienten, und die Zahl wird in den nächsten Jahrzehnten erheblich ansteigen - mit Konsequenzen für Angehörige, Ärzte, Kliniken sowie das Gesundheits- und Sozialsystem. Forscher und Mediziner stehen unter großem öffentlichem Druck, wirksame Medikamente und Therapien zu finden. Kann es eine Impfung geben? Wann werden Medikamente verfügbar sein? Was bringt eine Früherkennung? Welche Rolle spielt Veranlagung? Wie bewahrt man Lebensqualität? Welche Hilfen können Angehörige bekommen?

Was ist ein E-Book?

Ein E-Book ist ein digitales Buch, zu dessen Nutzung spezielle Software für Computer, Tablets und Smartphones oder ein E-Book-Reader benötigt wird. E-Books werden in verschiedenen Formaten angeboten, darunter EPUB (mit und ohne DRM) und PDF (mit und ohne DRM). Bei DRM-geschützten Formaten ist ein kostenloser Adobe® Digital Editions Account erforderlich. Nach dem Herunterladen eines E-Books, das Adobe® Digital Editions benötigt, erhält man eine ASCM-Datei, die zu Digital Editions hinzugefügt und mit dem Account verknüpft werden muss. Da E-Books nur für eine begrenzte Zeit herunterladbar sind, sollte stets eine Sicherheitskopie auf einem Dauerspeicher (Festplatte, USB-Stick oder CD) erstellt werden.

E-Books bieten einige Vorteile gegenüber gedruckten Büchern. Sie sind jederzeit und an jedem Ort verfügbar und bieten interaktive Möglichkeiten und Funktionen. Mit einem E-Book-Reader können Sie Ihre Lieblingsbücher stets parat haben. Anstelle herkömmlicher LCD-Displays wird eine sogenannte E-Ink-Technologie verwendet, die ein augenschonendes Lesen ermöglicht. E-Books sind vorwiegend über das Internet erhältlich, was eine ständige Online-Verbindung erfordert.

Risikofaktoren der Alzheimerkrankheit

Die Demenzforschung hat 14 Risikofaktoren identifiziert, die die Entstehung der Krankheit begünstigen. Diese Faktoren belasten die Gefäße oder den Stoffwechsel, fördern Entzündungen oder Ablagerungen im Hirn und schwächen die Widerstandskraft des Gehirns gegenüber Schäden.

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Lebensstilbedingte Risikofaktoren

Ein hoher Cholesterinspiegel, Diabetes Typ 2, starkes Übergewicht sowie Bluthochdruck erhöhen erwiesenermaßen das Demenzrisiko. Alle vier Faktoren können durch die Ernährung beeinflusst werden: wenig Zucker, wenig Fett, wenig Fleisch, viele Ballaststoffe. Hier hat sich die Mittelmeerküche bewährt, die reich an Olivenöl und pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen ist. Rotes Fleisch und stark verarbeitete Produkte sind dort kaum zu finden, stattdessen gibt es viele frische Kräuter und ab und zu Fisch und Meeresfrüchte.

Rauchen schadet nicht nur Herz, Kreislauf und Lunge, sondern hat auch negative Auswirkungen auf Gefäße und Gehirn und kann so Demenzerkrankungen verursachen. Wer Nichtraucher wird, hat nach einigen Jahren kein höheres Demenzrisiko als Menschen, die nie geraucht haben. Auch übermäßiger Alkoholkonsum begünstigt Demenz.

Bewegungsmangel kann zu Demenz führen, da das Gehirn schlechter durchblutet wird, Nervenzellen angegriffen werden und der geistige Abbau beschleunigt wird. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt daher mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche, idealerweise in Gesellschaft. Denn auch soziale Isolation und Einsamkeit erhöhen das Demenzrisiko. Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten halten das Gehirn fit und leistungsstark.

Depressionen, vor allem im mittleren und höheren Alter, erhöhen ebenfalls das Demenzrisiko. Betroffene sollten etwas dagegen unternehmen - mit Medikamenten, Psychotherapie oder einer Kombination aus beidem.

Sensorische und traumatische Risikofaktoren

Schlechtes Hören reduziert die Reize zur Verarbeitung für das Gehirn und erhöht den Energieaufwand, um Gesprochenes zu verstehen. Zudem steigt bei eingeschränkter Hörfähigkeit die Gefahr von sozialem Rückzug und Einsamkeit. Ein Hörgerät unterstützt nicht nur das Gehör, sondern schützt auch das Gehirn. Auch gutes Sehen ist wichtig, da nachlassendes Sehvermögen oft zu sozialem Rückzug und Reizverlust für das Gehirn führt.

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Schwere und wiederholte Kopfverletzungen erhöhen das Risiko für Demenzerkrankungen, besonders wenn sie in jungen Jahren auftreten und häufiger vorkommen, etwa bei Sportarten wie Boxen, Karate oder Eishockey. Auch Kopfballduelle im Fußball können Gehirnerschütterungen auslösen, die Entzündungen verursachen und die Ablagerung gefährlicher Eiweißklumpen fördern.

Bildungsbezogene und umweltbedingte Risikofaktoren

Geringe Bildung kann Demenz begünstigen. Geistige Anregung in jungen Jahren schützt das Gehirn, indem sogenannte "kognitive Reserven" aufgebaut werden, die die Widerstandskraft des Hirns stärken. Auch im Erwachsenenalter ist es hilfreich, Neues zu lernen und den Geist herauszufordern. Besonders wirksam ist geistige Anregung im Alltag und Beruf: viel Lesen und Spielen, Musik hören oder machen, ein neues Hobby ausprobieren oder eine Fremdsprache lernen. Dies schützt das Gehirn besser als punktuelle Trainingsmethoden wie Gehirnjogging oder Kreuzworträtsel.

Auch die Luftverschmutzung ist ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor für Demenz, da eingeatmete Stoffe in den Körper und sogar in das Gehirn gelangen und dort Entzündungen und Zellschäden auslösen können. Vor allem Feinstaub und Mikroplastikpartikel stellen ein Problem für das Gehirn dar.

Prävention von Alzheimer

Die Prävention von Alzheimer, Demenz und Parkinson erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Durch einen gesunden Lebensstil, regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und aktive soziale Interaktionen kann das Risiko, an diesen Krankheiten zu erkranken, erheblich reduziert werden.

Der Artikel „Klar im Kopf - Neue Forschung: Wie wir Alzheimer und Parkinson vorbeugen können“ von Jörg Blech im Nachrichtenmagazin Der SPIEGEL (Ausgabe Nr. 25 vom 15.06.2024) zeigt auf, dass die Gesundheit des Gehirns eng mit der Gesundheit des gesamten Körpers verbunden ist. Ein Forschungsteam unter der Leitung der Neurologin Daniela Berg vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein untersucht, wie eine gestörte Darmflora den Verlauf der Parkinson-Krankheit beeinflussen kann. Ungleichgewichte in der Darmflora, verursacht durch falsche Ernährung, Schadstoffe oder häufige Antibiotikaeinnahme, können zu Entzündungen und Veränderungen in der Darmwand führen. Diese Prozesse ermöglichen es Schadstoffen, ins Blut und schließlich ins Gehirn zu gelangen, was zur Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen beitragen kann. Solche Zusammenhänge gelten inzwischen nicht nur für Parkinson, sondern auch für Alzheimer und andere Formen des geistigen Verfalls als erwiesen.

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Der SPIEGEL-Artikel befasst sich ausführlich mit den „Big 12“, den 12 Haupt-Risikofaktoren für neurodegenerative Erkrankungen, die von 28 renommierten Experten in einem Übersichtsartikel in der Fachzeitschrift „THE LANCET“ im Jahr 2020 zusammengefasst wurden. Zu diesen Faktoren zählen Bluthochdruck, Rauchen, Fettleibigkeit, geringe Bildung, Depressionen, Diabetes Typ 2, körperliche Inaktivität, Schwerhörigkeit, soziale Isolation, exzessiver Alkoholkonsum, traumatische Hirnverletzungen und Luftverschmutzung.

Besondere Warnung gilt hochverarbeiteten Lebensmitteln, die mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden sind. Diese Produkte enthalten selten Ballaststoffe und bestehen hauptsächlich aus Zucker, Fett und zahlreichen chemischen Substanzen wie Antioxidationsmitteln, Geschmacksverstärkern und Konservierungsstoffen. Zu diesen industriell hergestellten Nahrungsmitteln gehören Fast-Food-Burger, Tütensuppen, Mikrowellen-Fertiggerichte, zusammengepresste Fisch- oder Hähnchen-Nuggets und Energydrinks.

Nur etwa 10 Prozent der Betroffenen haben eine genetische Prädisposition, was bedeutet, dass bei 90 Prozent der Menschen der Lebensstil und Umweltfaktoren entscheidend sind.

Neue Therapieansätze

Kurz wird auch auf die neuen Antikörper Lecanemab und Donanemab aus den USA eingegangen. Diese Antikörper stellen einen wichtigen Fortschritt dar, sind aber noch nicht der endgültige Durchbruch. Prof. Dorothee Saur von der Universität Leipzig erklärt, dass die Effekte auf die Kognition gering sind und unklar bleibt, ob Patienten im Alltag davon profitieren. Die Behandlung mit Lecanemab erfordert alle zwei Wochen eine einstündige Infusion und birgt Risiken wie Schwellungen oder Blutungen im Gehirn, die regelmäßige Kernspin-Untersuchungen notwendig machen. Darüber hinaus liegen die Behandlungskosten bei etwa 25.000 Euro pro Jahr und müssten vermutlich lebenslang fortgesetzt werden.

Spektrum der Wissenschaft berichtet in seinem Dossier 2/2024 ebenfalls über den aktuellen Stand der Wissenschaft zu Demenz und neuen Medikamenten aus den USA. Die Hildesheimer Wissenschaftsjournalistin Ulrike Gebhardt bietet eine umfassende Analyse der neuen therapeutischen Antikörper Lecanemab und Donanemab, die sich gegen Proteinablagerungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten richten. Diese Medikamente zeigten in klinischen Studien erste ermutigende Ergebnisse, indem sie den kognitiven Abbau statistisch verlangsamen, allerdings auch mit nur bescheidenen Effekten. Zudem sind die Antikörpertherapien teuer, langwierig und mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Insbesondere können sie Hirnschwellungen und -blutungen verursachen, die in einigen Fällen sogar tödlich enden. So bleibt die Wirkung der neuen Antikörper begrenzt und wird von Fachleuten unterschiedlich und höchst kritisch bewertet. Einige Forscher hoffen, dass eine längere Behandlung zu besseren Ergebnissen führen könnte, während andere auf die minimalen therapeutischen Effekte und die großen Gefahren hinweisen.

Frauen profitieren offenbar weniger von der Therapie als Männer. Diese Geschlechtsunterschiede sind von klinischer Bedeutung, wurden aber in den Studienberichten kaum thematisiert.

Das Deutsche Netzwerk Gedächtnisambulanzen hat berechnet, dass sich die Behandlungskosten für alle geeigneten Alzheimer-Patienten in 27 EU-Ländern bei vergleichbaren Preisen wie in den USA auf 133 Milliarden Euro pro Jahr belaufen würden. Für die Gesundheitssysteme in diesen Ländern wäre das finanziell nicht tragbar. Experten wie Linda Thienpont, Leiterin Wissenschaft der Alzheimer Forschung Initiative, sehen daher die Notwendigkeit, weiterhin in unterschiedliche Richtungen zu forschen und nicht nur auf die Amyloid-Hypothese zu setzen. Alzheimer sei eine multifaktorielle Krankheit, die durch eine Vielzahl von genetischen, entzündlichen und infektiösen Prozessen beeinflusst werde.

Nicht-invasive Hirnstimulationsmethoden (NIBS)

Während innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht-invasive Hirnstimulationsmethoden (NIBS) als vielversprechende Therapien für neurodegenerative Erkrankungen gelten, sind sie in den Medien und im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt. Diese Methoden, zu denen die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) und die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) gehören, haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht und sind teilweise längst in klinische Leitlinien aufgenommen worden.

Im Bereich der Alzheimer-Therapie hat besonders die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) an Bedeutung gewonnen. Sie wird mittlerweile, vor allem in Deutschland, aber auch weltweit erfolgreich in der Praxis eingesetzt und auch bei anderen Indikationen intensiv erforscht.

Ist Alzheimer ansteckend?

Als ein Team von Pathologen die obduzierten Gehirne von vier Patienten mittleren Alters untersuchte, stellten die Forscher ungewöhnliche Veränderungen fest: Diese waren typisch für eine Alzheimererkrankung, aber völlig untypisch für Gehirne von Menschen zwischen 40 und 60 Jahren. Nach einer Reihe von Untersuchungen war klar: Die Patienten waren mit Wachstumshormonextrakten aus dem Körper Verstorbener behandelt worden, die ihrerseits mit so genannten Prionen kontaminiert waren. Haben diese Proteine die Krankheit ausgelöst? Die Aufregung unter Wissenschaftlern ist derzeit groß: Könnten neurodegenerative Erkrankungen tatsächlich ansteckend sein? Was würde das bedeuten? Und ist das wirklich schon erwiesen?

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