Polyneuropathie-Spezialisten in Bayern: Ein umfassender Überblick

Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die durch Schädigung mehrerer Nerven gekennzeichnet ist. In Bayern gibt es zahlreiche Spezialisten und Einrichtungen, die sich auf die Diagnose und Behandlung dieser komplexen Erkrankung spezialisiert haben. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Polyneuropathie, ihre Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und Therapiemöglichkeiten, sowie Informationen zu Selbsthilfegruppen und spezialisierten Zentren in Bayern.

Was ist Polyneuropathie?

Der Begriff Polyneuropathie (PNP) stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Erkrankung vieler peripherer Nerven". Es handelt sich dabei um eine systemische Erkrankung, die sich auf das periphere Nervensystem auswirkt. Die peripheren Nerven sind wie feine Verästelungen eines Baumes, die aus dem Rückenmark entspringen und den Kontakt zu Muskeln, Haut und inneren Organen herstellen. Sie leiten Informationen zwischen dem Gehirn und dem Körper weiter. Sind diese Nerven geschädigt oder zerstört, ist der Informationsfluss gestört. Polyneuropathie ist keine eigenständige Krankheit, sondern eine Beschreibung für eine Vielzahl von Erkrankungen, die unterschiedliche Ursachen haben können. Schätzungsweise leiden fünf Millionen Deutsche unter Polyneuropathie, was sie zu einer Volkskrankheit macht.

Je nach Ursache werden entweder die Nervenkabel selbst (Axone) oder deren Hüllschicht (Myelinschicht) geschädigt. Der Verlauf kann akut (rasch fortschreitend), chronisch (schleichend) oder schubförmig sein. In einigen Fällen können auch Hirnnerven betroffen sein, die direkt aus dem Gehirn abgehen und beispielsweise die Gesichtsmuskulatur oder Augenmuskelbewegungen steuern. Der Verlauf und die Schwere einer Polyneuropathie können von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein.

Symptome der Polyneuropathie

Die Symptome der Polyneuropathie sind vielfältig und komplex, da sie von der Art und dem Ausmaß der Nervenschädigung abhängen. Sie können sensorische, motorische und autonome Funktionen beeinträchtigen. Häufige Symptome sind:

  • Missempfindungen: Taubheit, Kribbeln, Brennen, Temperaturmissempfindungen (kalte oder warme Beine) an Beinen oder Armen. Diese Gefühlsstörungen treten meist symmetrisch auf, beginnen an den Zehen und Füßen und nehmen dann aufsteigend zu. Frau Ambaur, eine 68-jährige Patientin, beschreibt beispielsweise, dass sie sich fühlt, als würde sie "wie ein Storch im Salat" gehen oder sich "wie auf rohen Eiern fortzubewegen". Sie klagt über schmerzhafte Missempfindungen, als ob "Tausende von Tieren an ihren Unterschenkeln entlang krabbeln würden".
  • Schmerzen: Neuropathische Schmerzen, die durch eine Überempfindlichkeit der Schmerzrezeptoren entstehen. Diese Schmerzen können auch durch minimale Reize ausgelöst werden und sind oft nachts intensiver.
  • Muskelschwäche und Lähmungen: Bei Fortschreiten der Erkrankung kann es zu körperfernen Beinlähmungen und einer Beeinträchtigung der Fußhebung kommen. Eine von Beginn an und nur mit Lähmungen einhergehende Polyneuropathie ist meist erblich oder autoimmun-entzündlich bedingt.
  • Vegetativ-trophische Störungen: Störungen des autonomen Nervensystems, die sich in verminderter Schweißsekretion (trockene Füße), Temperaturregulierungsstörungen (warme oder sehr kalte Beine) oder Wundheilungsstörungen äußern können.
  • Verminderte Muskeleigenreflexe: Ausfall des Achillessehnenreflexes.
  • Weitere Symptome: Muskelkrämpfe, Zuckungen, Muskelschwund, Veränderungen an Haut, Haaren und Nägeln, Verdauungsstörungen.

In seltenen Fällen können Polyneuropathien auch asymmetrisch und körperstammnah verlaufen oder die Hirnnerven betreffen.

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Ursachen der Polyneuropathie

Die Ursachen für Polyneuropathie sind vielfältig und reichen von erworbenen über erbliche bis hin zu ungeklärten Fällen. Da es sehr viele mögliche Ursachen zu bedenken gibt, ist eine Abklärung manchmal aufwendig. Es kann sich auch lohnen, bei zunächst ungeklärter Ursache diese in bestimmten Zeitabständen zu wiederholen.

Erworbene Ursachen

  • Diabetes mellitus: Eine der häufigsten Ursachen für Polyneuropathie. Ein schlecht eingestellter Blutzuckerspiegel kann die Nerven schädigen.
  • Alkoholmissbrauch: Alkohol kann das Nervengewebe schädigen und wird häufig mit Ernährungsmängeln in Verbindung gebracht, die zu Neuropathie beitragen.
  • Weitere Stoffwechselstörungen: Leber-Nierenerkrankung, Schilddrüsenunterfunktion, Porphyrie, Amyloidose.
  • Bindegewebserkrankungen: Kollagenosen, z.B. Lupus erythematodes.
  • Gefahrenstoffe: Alkohol, Gifte, Medikamente (vor allem Chemotherapien).
  • Vitaminmangel: Insbesondere Vitamin B12-Mangel.
  • Infektionskrankheiten: Borreliose, Lues, AIDS, Mononukleose, Diphtherie. Auch COVID-19 kann nachweislich das Nervensystem schädigen.
  • Paraproteininämien oder Krebserkrankungen: Als sogenanntes paraneoplastisches Syndrom.
  • Autoimmunologisch bedingt: Guillain-Barré-Syndrom, Miller-Fisher-Syndrom, chronisch inflammatorisch demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIDP), Churg-Strauss-Syndrom. Hier greift das Immunsystem den Körper an und schädigt so die Nerven und andere Bereiche.
  • Toxische Neuropathie: Kann durch die Exposition gegenüber industriellen Chemikalien wie Arsen, Blei, Quecksilber und Thallium verursacht werden.

Erbliche Ursachen

  • Vererbbare (hereditäre) Polyneuropathien: Zum Beispiel Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung.

Unklare Ursachen

  • Idiopathische Polyneuropathien: Wenn keine klare Ursache gefunden werden kann.

Diagnostik der Polyneuropathie

Die Diagnostik der Polyneuropathie kann sehr umfangreich sein. Ziel ist es, die Art der Schädigung (Nervenfortsätze oder der umhüllenden Markscheiden) und mögliche Ursachen zu identifizieren. Die Diagnostik ist die Aufgabe von niedergelassenen Neurologen und Nervenärzten.

  • Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese): Die Anamnese liefert die wichtigsten Informationen über Verteilung, Art und Dynamik der Schädigung. Es werden Ursachen wie ein erblicher Hintergrund, eine Stoffwechselerkrankung, ein Vitaminmangel, eine Schädigung durch Medikamente oder eine bestimmte Ernährungs- und Lebensweise sowie ein Kontakt mit bestimmten Gefahrenstoffen (Toxinen) im Berufsleben erfragt.
  • Klinisch-neurologische Untersuchung: Mithilfe der klinischen Untersuchung wird die Diagnose gestellt. Sie hilft auch, das Schädigungsmuster festzustellen und dadurch Rückschlüsse auf die Schädigungsursache zu ziehen. Manchmal gelingt es auch, klinisch nicht ersichtliche Nervenschäden bereits frühzeitig durch die Nervenmessung aufzudecken.
  • Blutabnahme: Es wird eine ganze Palette an Werten bestimmt. Ein Basislabor beinhaltet: Blutzucker (mit HbA1C), Differential-Blutbild, Nieren-Leberwerte, Elektrolyte, Schilddrüsenwerte, differenzierte Eiweißbestimmung (Eiweißelektrophorese), Vitamine, Folsäure und ggf. bestimmte Rheumafaktoren und Antikörper.
  • Nervenwasser (Liquor): Die Lumbalpunktion ist immer dann angemessen, wenn eine entzündliche Ursache vermutet wird. Zum Beispiel bei der Neuroborreliose oder der Vaskulitis.
  • Haut-Nerven-Muskelbiopsie: Diese kommt heute nurmehr als Ultima Ratio in Betracht und ist vor allem dann sinnvoll, wenn eine (autoimmun vermittelte) entzündliche Erkrankung, eine Erkrankung der kleinsten Nervenendigungen (Small Fiber Polyneuropathie) oder eine bestimmte Stoffwechselerkrankung (Amyloidose) vermutet wird.
  • Untersuchung der Muskeln: Mit einer Nadelelektrode.
  • Molekulargenetische Untersuchung: Bei Verdacht auf eine hereditäre Neuropathie stehen Multi-Gen-Panel und Exom-Sequenzierung zur Verfügung.

Therapie der Polyneuropathie

Die Therapie der Polyneuropathie richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Je früher die Diagnose erfolgt, desto besser lassen sich Beschwerden lindern und der Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

  • Therapie der Ursache: Ist der schädigende Mechanismus aufgeklärt, gilt es in erster Linie, die Grunderkrankung zu therapieren. Hierzu gehört das Beheben eines Vitaminmangels, die Therapieoptimierung einer stoffwechselbedingten Erkrankung z.B. des Diabetes mellitus oder der Verzicht auf Alkohol.
  • Immunmodulierende Therapien: Bei immunvermittelten Ursachen (zum Beispiel das Guillain-Barré-Syndrom und andere immunvermittelte Neuropathien) werden immunmodulierende Therapien wie Immunglobuline oder Plasmaaustausch oder der Einsatz von Chemotherapeutika eingesetzt.
  • Schmerztherapie: Hier werden neben üblichen Schmerzmitteln meist Medikamente gegen neuropathische Schmerzen verwandt, die in andere Dosierungen eingesetzt werden, um Epilepsien oder Depressionen zu behandeln (z.B. Pregabalin, Gabapentin, Amitryptilin, Duloxetin, Tramadol).
  • Weitere Maßnahmen: Hautschädigungen und Wundheilungsstörungen müssen vermieden werden. Gangtraining im Rahmen einer intensivierten Physiotherapie und durch Eigenübungen ist ebenfalls sinnvoll, um Stürzen und deren Folgen vorzubeugen. Hilfsmittelversorgung und -optimierung sind fester Bestandteil in der Versorgung von Patienten mit Neuropathien, um die Mobilität, Selbstständigkeit in Alltag und Beruf zu unterstützen und zu erhalten.

Therapie bei hereditären Neuropathien

Bis dato sind für die hereditären Neuropathien noch keine medikamentösen Therapien bekannt. Eine Ausnahme ist die Neuropathie bei der hereditären ATTR-Amyloidose. Seit 2011 steht ein Molekülstabilisator (Tafamidis) zur Verfügung und seit 2018 Gene-Silencing-Therapien. Supportiv stehen für die CMT-Neuropathien Physio- und Ergotherapie zur Verfügung, die regelmäßig und fortlaufend erfolgen sollten. Dies dient der Vermeidung sekundärer Komplikationen wie Muskel- und/oder Sehnenverkürzungen und daraus folgender Gelenkkontrakturen und Schmerzen. Bei klinisch häufig im Vordergrund stehender sensibler Gang- und Standataxie sowie diffuser Schwindelsymptomatik ist Physiotherapie mit integrierter Gangschulung und Gleichgewichtstraining einsetzbar.

Spezialisten und Einrichtungen in Bayern

In Bayern gibt es zahlreiche Spezialisten und Einrichtungen, die sich auf die Diagnose und Behandlung von Polyneuropathie spezialisiert haben. Dazu gehören:

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  • Niedergelassene Neurologen und Nervenärzte: Sie sind in der Regel die ersten Ansprechpartner für Patienten mit Verdacht auf Polyneuropathie. Sie führen die ersten diagnostischen Schritte durch und können Patienten bei Bedarf an spezialisierte Zentren überweisen.
  • Neurologische Kliniken: Universitätskliniken und andere Krankenhäuser mit neurologischen Abteilungen bieten umfassende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten für Patienten mit Polyneuropathie.
  • Schön Klinik Bad Aibling Harthausen: Spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von Polyneuropathie.
  • Moderne neurologische Privatpraxen: Bieten in exklusiver Lage umfassende Behandlungen und diagnostische Leistungen an. Ein Beispiel ist die neurologische Privatpraxis in Grünwald, im Süden Münchens.
  • Polyneuropathie Expertin in München: Bietet maßgeschneiderte Behandlungen und begleitet den Patienten durch die verschiedenen Phasen der Erkrankung.

Es ist ratsam, sich bei der Wahl eines Spezialisten oder einer Einrichtung von einem Arzt beraten zu lassen.

Selbsthilfe und Unterstützung

Neben der medizinischen Behandlung ist auch die Selbsthilfe und der Austausch mit anderen Betroffenen von großer Bedeutung. Die Deutsche Polyneuropathie Selbsthilfe e.V. (DPS) wurde im September 2017 in Mönchengladbach gegründet, um eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität und Hilfestellung für Betroffene mit Polyneuropathien in Form von Beratung zu erbringen. Der Landesverband Bayern wurde am 12. September 2025 gegründet. In Bayern gibt es derzeit sechs regionale Selbsthilfegruppen, die sich einmal im Monat treffen. Die regionalen Gruppen sind Untergliederungen der Deutschen Polyneuropathie Selbsthilfe e. V. - Landesverband Bayern.

Die Deutsche Polyneuropathie Selbsthilfe e.V. - Landesverband Bayern plant ein Treffen am [Datum einfügen] ab 16:30 im Schreiberhaus in Regensburg. Ein Hinweis dazu wird auch in der regionalen Presse veröffentlicht.

Ziele der Selbsthilfegruppen:

  • Zusammenbringen von Betroffenen
  • Gegenseitiger Austausch von Wissen über das Krankheitsbild und mögliche Therapien
  • Vermittlung von Informationen zum Krankheitsbild Polyneuropathie
  • Information über Möglichkeiten, die das Leben mit Polyneuropathie erleichtern können

CMT-Register:

Alle Personen mit CMT-Neuropathie in Deutschland und Österreich können sich registrieren unter www.cmt-register.de. Dies ist eine Informationsplattform für alle, die sich registriert haben.

Komplikationen der Polyneuropathie

Ist die Gefühlswahrnehmung durch eine Polyneuropathie deutlich herabgesetzt, kann es unbemerkt zu Verletzungen und Wundheilungsstörungen mit Infektionen kommen. Bei ausgeprägter Polyneuropathie kann sich ein Geschwür (neuropathisches Ulkus) bilden. Der „diabetische Fuß“ ist neben der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) die häufigste Ursache für Amputationen.

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