Eine Operation an der Ohrspeicheldrüse (Parotis), auch Parotidektomie genannt, kann notwendig sein, um verschiedene Erkrankungen zu behandeln. Dazu gehören gutartige und bösartige Tumore, chronische Entzündungen oder immer wiederkehrende Schwellungen, die beispielsweise durch Speichelsteine verursacht werden. Obwohl die moderne Chirurgie darauf abzielt, Risiken zu minimieren, können nach einer solchen Operation Begleiterscheinungen auftreten, darunter ein Taubheitsgefühl im Operationsbereich. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für dieses Taubheitsgefühl und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten.
Die Ohrspeicheldrüse und ihre Funktion
Die Ohrspeicheldrüse ist die größte der drei paarigen Kopfspeicheldrüsen und befindet sich beidseits vor und unterhalb der Ohren. Ihr Ausführungsgang mündet in der Wangenschleimhaut. Sie produziert Speichel, der für die Befeuchtung der Mundhöhle, die Erleichterung des Schluckens und den Schutz der Zähne vor Karies unerlässlich ist. Erkrankungen der Ohrspeicheldrüse können die Speichelproduktion beeinträchtigen und somit die Mundgesundheit negativ beeinflussen.
Ursachen für ein Taubheitsgefühl nach Parotis OP
Ein Taubheitsgefühl nach einer Parotis OP ist eine häufige, wenn auch oft vorübergehende, Begleiterscheinung. Die Hauptursache liegt in der Nähe des Gesichtsnervs (Nervus facialis), der durch die Ohrspeicheldrüse verläuft.
Schädigung oder Reizung des Gesichtsnervs
Der Gesichtsnerv ist für die Steuerung der Gesichtsmuskulatur verantwortlich. Bei der Operation muss der Chirurg den Nerv sorgfältig schonen, um eine Beeinträchtigung der Mimik zu vermeiden. Trotz modernster Techniken, wie dem Neuromonitoring, das während der Operation die Nervenfunktion überwacht, kann es zu einer Reizung oder Schädigung des Nervs kommen. Eine Beeinträchtigung des Nervs während der Operation kann zu Bewegungseinschränkungen im gesamten oder nur in einem Teil des Gesichts führen. Ist der Nerv durch die Operation nur gereizt worden, bessern sich die Mimikstörungen unter Medikamentengabe (Kortison) sowie intensivem Gesichtsbewegetraining zumeist restlos auf. Sollte es während der Operation aber zu einer Teilentfernung des Nervs gekommen sein, so verbleibt eine Lähmung der betreffenden Gesichtshälfte. Aber auch hier kann dem Mimikdefizit durch intensives Gesichtsbewegetraining entgegengewirkt werden. In sehr seltenen Fällen ist eine spätere operative Rekonstruktion vonnöten.
Durchtrennung von Nervenbahnen
Auch wenn der Gesichtsnerv selbst nicht direkt geschädigt wird, können kleinere Nervenbahnen im Operationsgebiet durchtrennt werden. Diese Nerven sind für die Sensibilität der Haut verantwortlich, und ihre Durchtrennung führt zu einem Taubheitsgefühl.
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Narbenbildung
Im Verlauf der Narbenbildung können sich Nervenbahnen verändern oder eingeklemmt werden, was ebenfalls zu einem Taubheitsgefühl führen kann.
Symptome des Taubheitsgefühls
Das Taubheitsgefühl kann sich unterschiedlich äußern. Einige Patienten beschreiben ein leichtes Kribbeln oder ein pelziges Gefühl, während andere eine vollständige Gefühllosigkeit im Operationsbereich verspüren. Das betroffene Gebiet kann sich auf die Wange, das Ohr oder den Halsbereich erstrecken. In manchen Fällen kann das Taubheitsgefühl auch mit Schmerzen oder Missempfindungen einhergehen.
Diagnose
Die Diagnose des Taubheitsgefühls erfolgt in der Regel durch eine körperliche Untersuchung. Der Arzt wird die Sensibilität im Operationsgebiet prüfen und gegebenenfalls weitere Untersuchungen anordnen, um die Ursache des Taubheitsgefühls zu ermitteln. Dazu gehören:
- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Nervenfunktion im Gesichtsbereich.
- Elektrophysiologische Tests: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um Schädigungen des Gesichtsnervs festzustellen.
- Bildgebende Verfahren: MRT oder CT, um andere Ursachen für das Taubheitsgefühl auszuschließen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung des Taubheitsgefühls richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Beschwerden.
Konservative Maßnahmen
- Abwarten: In vielen Fällen verschwindet das Taubheitsgefühl von selbst, da sich die Nerven regenerieren können. Dies kann jedoch einige Wochen oder Monate dauern.
- Physiotherapie: Spezielle Übungen und Massagen können die Durchblutung fördern und die Nervenregeneration unterstützen.
- Medikamente: Schmerzmittel können bei Bedarf eingesetzt werden, um begleitende Schmerzen zu lindern. Kortison kann helfen, wenn der Nerv gereizt ist.
- Narbenpflege: Das Einreiben des Narbenbereichs mit Narben-Öl oder Narben-Salbe kann helfen, die Narbenbildung zu verbessern und das Taubheitsgefühl zu reduzieren.
Invasive Maßnahmen
- Nervenrekonstruktion: In seltenen Fällen, wenn der Gesichtsnerv dauerhaft geschädigt ist, kann eine operative Rekonstruktion des Nervs erforderlich sein. Durch moderne Technik können Chirurg:innen den Nerv allerdings in einer weiteren Operation rekonstruieren.
- Mikrochirurgische Verfahren: Bei Narbenbildung oder Nervenkompression können mikrochirurgische Eingriffe durchgeführt werden, um die Nerven zu entlasten.
Frey-Syndrom (Gustatorisches Schwitzen)
Eine spezielle Komplikation nach Parotis OP ist das Frey-Syndrom, auch gustatorisches Schwitzen genannt. Dabei kommt es beim Essen zu Schweißbildung im Wangenbereich. Dieses Phänomen entsteht durch eine Fehlleitung von Nervenfasern. Für das Frey-Syndrom stehen eine ganze Reihe von Therapieoptionen zur Verfügung.
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Weitere Komplikationen nach Parotis OP
Neben dem Taubheitsgefühl können nach einer Parotis OP weitere Komplikationen auftreten:
- Fazialisparese: Eine Schwäche oder Lähmung der Gesichtsmuskulatur. Ist der Nerv durch die Operation nur gereizt worden, bessern sich die Mimikstörungen unter Medikamentengabe (Kortison) sowie intensivem Gesichtsbewegetraining zumeist restlos auf. Sollte es während der Operation aber zu einer Teilentfernung des Nervs gekommen sein, so verbleibt eine Lähmung der betreffenden Gesichtshälfte. Aber auch hier kann dem Mimikdefizit durch intensives Gesichtsbewegetraining entgegengewirkt werden. In sehr seltenen Fällen ist eine spätere operative Rekonstruktion vonnöten.
- Speichelfistel: Austritt von Speichel aus der Wunde.
- Kauschwitzen: Schweißbildung auf der Wange während des Kauens.
- Beeinträchtigung der Speichelproduktion: Verminderter Speichelfluss, der zu Mundtrockenheit führen kann. Hilfreiche Mittel im Kampf gegen das pappige Gefühl im Mund sind zuckerfreie Kaugummis und eine speichelfördernde Zahnpasta. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßiges Kauen (z. B. zuckerfreier Kaugummi) und eine ausgewogene Ernährung mit frischen, leicht sauren, den Speichelfluss anregenden Lebensmitteln ( z.B. Äpfel) können die Speicheldrüsenfunktion positiv beeinflussen.
- Infektionen: Entzündungen im Operationsgebiet.
Vorbeugung
Obwohl ein Taubheitsgefühl nach einer Parotis OP nicht immer vermeidbar ist, gibt es einige Maßnahmen, die das Risiko reduzieren können:
- Erfahrung des Chirurgen: Die Wahl eines erfahrenen Chirurgen, der mit der Anatomie des Gesichtsnervs bestens vertraut ist, ist entscheidend.
- Neuromonitoring: Der Einsatz von Neuromonitoring während der Operation kann helfen, den Gesichtsnerv zu schonen.
- Schonende Operationstechnik: Eine sorgfältige und gewebeschonende Operationstechnik kann das Risiko von Nervenschädigungen minimieren.
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