Eine Schnittverletzung kann nicht nur die Hautoberfläche betreffen, sondern auch tiefer liegende Strukturen wie Nerven, Sehnen und Blutgefäße schädigen. Infolgedessen kann ein Taubheitsgefühl auftreten, das verschiedene Ursachen haben kann und unterschiedliche Behandlungsansätze erfordert.
Ursachen für Taubheitsgefühl nach einer Schnittverletzung
Ein Taubheitsgefühl nach einer Schnittverletzung kann verschiedene Ursachen haben, die von der Art und dem Ausmaß der Verletzung abhängen:
Nervenverletzung: Bei einer Schnittverletzung können Nervenfasern durchtrennt oder beschädigt werden. Da in der Hand Sehnen, Nerven, Blutgefäße, Muskeln und Knochen in ganz enger räumlicher Nachbarschaft beieinander liegen, kann oft schon ein kleiner Stich zu einer kombinierten Verletzung mehrerer Strukturen führen. Dies führt zu einer Unterbrechung der Reizweiterleitung und somit zu einem Taubheitsgefühl im Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs. Je nach Nerv und Höhe der Nervenschädigung kann es sofort oder verzögert zu Gefühlsausfällen in den dem jeweiligen Nerven zugehörigen Muskeln und Hautabschnitten kommen.
Nervenkompression: Eine Schwellung oder ein Hämatom im Bereich der Verletzung kann auf die umliegenden Nerven drücken und deren Funktion beeinträchtigen (Nervenprellung). Durch die mit der Prellung verbundene Schwellung und Entzündungsreaktion kann sich der Druck im umliegenden Gewebe erhöhen und somit auf die Nerven drücken (Nervenprellung), welche dann in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Es kann mitunter sogar zu einer vollständigen Nervenkompression kommen, bei welcher der Nerv abgeklemmt und die Leitfähigkeit verringert wird.
Durchblutungsstörung: Eine Verletzung von Blutgefäßen kann zu einer verminderten Durchblutung des Gewebes und der Nerven führen. Dies kann ebenfalls ein Taubheitsgefühl verursachen. Blasse und kühle Füße oder Zehen können ein Hinweis darauf sein.
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Narbenbildung: Im Rahmen der Wundheilung kann es zu einer verstärkten Narbenbildung kommen, die auf die Nerven drückt und ein Taubheitsgefühl verursacht.
Symptome und Diagnose
Das Taubheitsgefühl nach einer Schnittverletzung kann von weiteren Symptomen begleitet sein, wie:
- Schmerzen unterschiedlicher Intensität
- Schwellung und Bluterguss (Hämatom)
- Druck- und Berührungsempfindlichkeit
- Einschränkung der Beweglichkeit
- Schwäche in den betroffenen Muskeln
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt, basierend auf der Anamnese (Arztgespräch) und der körperlichen Untersuchung. Der Arzt prüft die Sensibilität, die Motorik und die Reflexe, um das Ausmaß der Nervenschädigung zu beurteilen. In Zweifelfällen können bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden, um die betroffenen Strukturen darzustellen und andere Ursachen auszuschließen. Bei jeder Verletzung, ob offen oder geschlossen, muss die Nervenbeteiligung geprüft werden. Im Idealfall ist eine Nervenverletzung durch die vom Patienten angegebene Taubheit der Haut an einer Stelle zu erkennen. Sind Muskeln durch den verletzten Nerv ausgefallen, ist die Erkennung schwieriger, kann aber durch Prüfung aller einzelnen Muskelfunktionen durch einen Handchirurgen erkannt werden. In Zweifelfällen muss eine Nervenverletzung durch operative Freilegung und mit Lupenbrille ausgeschlossen bzw. bestätigt werden.
Behandlung
Die Behandlung des Taubheitsgefühls nach einer Schnittverletzung richtet sich nach der Ursache und dem Ausmaß der Verletzung.
Konservative Behandlung
- Schonung und Ruhigstellung: Nach einer durchtrennten Finger-Nerv Verletzung ist es wichtig, dem betroffenen Finger ausreichend Ruhe zu gönnen. Durch das Vermeiden von Belastung und Bewegung wird die Heilung gefördert und das Risiko für weitere Komplikationen minimiert.
- Schmerztherapie: Schmerzen können mit schmerzlindernden Medikamenten behandelt werden.
- Physiotherapie: Physiotherapie spielt eine essentielle Rolle im Prozess der Heilung nach einer Finger-Nerv Verletzung. Durch gezielte Übungen und Techniken werden die Muskeln gestärkt, die Beweglichkeit verbessert und die sensorische Wahrnehmung im betroffenen Bereich wiederhergestellt. Eine intensive krankengymnastische Behandlung und Ergotherapie kann zur Lösung und Aufdehnung der Verklebungen beitragen.
- Ergotherapie: Zu dem kann bei zurückkehrender Gefühlsempfindung der Behandlungserfolg durch ergotherapeutisches Training verbessert werden.
- Körperbewusstsein trainieren: Entstehen Taubheitsgefühle im Rahmen von Panikattacken oder als Ausdruck einer psychischen Störung, helfen eventuell Übungen zur Verbesserung des Körperbewusstseins.
Operative Behandlung
Eine Operation kann erforderlich sein, wenn:
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- Nerven durchtrennt oder stark beschädigt sind
- Eine Nervenkompression vorliegt, die konservativ nicht behoben werden kann
- Eine Defektüberbrückung durch Nerventransplantation (Verpflanzung eines anderen Nerven z.B. Hautnerv von Unterarm oder Fuß) nötig ist.
- Nervenrekonstruktion: Bei komplexen Nervenverletzungen kann eine umfassendere Rekonstruktion erforderlich sein, um die Funktion des Nervs wiederherzustellen.
- Neurolysen und Neuromresektionen (Befreiung des Nerven aus Vernarbungen und Entfernung von falsch ausgesprossten Nervenfasern) oder gar motorische Ersatzoperationen (Wiederherstellung der Muskelfunktion durch Umlagerung gesunder Muskeln auf die Sehnen gelähmter Muskeln) in Betracht.
Die Operation sollte möglichst bald nach der Verletzung, aber durch handchirurgisch erfahrene ÄrztInnen durchgeführt werden. Der Erfolg der Nervennaht ist vor allem vom Lebensalter aber auch von anderen Risikofaktoren wie z. B. Rauchen abhängig. Durch Versorgung mit einer mikrochirurgischen Nervennaht kann die Funktion der verletzten Nerven oft wiederhergestellt werden. Um die mit sehr feinem Nahtmaterial durchgeführten Nervennähte zu schützen wird nach der Operation zunächst eine Gipsschiene für ca. 2 Wochen angelegt. Bei ausbleibender Heilung kann die Funktion betroffener Muskeln teilweise durch operative Umlagerung anderer Muskeln ersetzt werden. Die fehlende Gefühlsempfindung kann in wichtigen Arealen der Finger z. B.
Heilungsverlauf und Komplikationen
Der Heilungsprozess nach einer Nervendurchtrennung im Finger ist individuell und kann je nach Schwere der Verletzung variieren. In der Regel kann es mehrere Wochen bis Monate dauern, bis die Nervenfasern wieder zusammenwachsen und die Funktion des Nervs teilweise oder vollständig wiederhergestellt ist.
Mögliche Komplikationen nach einer Finger-Nerv Behandlung können sein:
- Verlängerung der Heilungsdauer
- Beeinträchtigung des Genesungsprozesses
- Starke Schmerzen
- Einschränkung der Beweglichkeit
- Wundheilungsstörungen
- Infektionen
- Schmerzhafte Nervenknoten (Neurom)
- Ausbleibende Heilung
Eine regelmäßige Nachsorge und Kontrolluntersuchungen beim Handchirurgen sind wichtig, um den Fortschritt der Heilung zu überwachen und potenzielle Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Vorbeugung
Um Schnittverletzungen und damit einhergehende Nervenschäden zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:
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- Sicherheitsmaßnahmen beachten (z.B. Klingenschutz bei Küchen- oder Gartengeräten)
- Konzentriert arbeiten und Ablenkungen vermeiden
- Schützende Arbeits- oder Gartenhandschuhe tragen
- Barfußlaufen vermeiden, besonders in der Nähe von Altglas-Containern oder Scherben
- Zerbrochenes Glas oder Porzellan nicht mit der bloßen Hand aufsammeln
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