Taubheitsgefühl im Unterleib bei Frauen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Taubheitsgefühle im Unterleib können für Frauen sehr belastend sein und verschiedene Ursachen haben. In den meisten Fällen sind sie harmlos und verschwinden nach kurzer Zeit von selbst. Wenn die Missempfindungen jedoch zum regelmäßigen Begleiter werden, sollte man den Ursachen auf den Grund gehen. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Ursachen von Taubheitsgefühlen im Unterleib bei Frauen, von harmlosen Auslösern wie ungünstigen Sitzpositionen bis hin zu komplexeren Erkrankungen wie dem Restless-Genital-Syndrom oder gynäkologischen Problemen.

Was ist ein Taubheitsgefühl?

In der Fachsprache wird das Taubheitsgefühl in bestimmten Körperteilen und damit verbundenen Beschwerden wie Kribbeln oder Fehlempfindungen als Parästhesie bezeichnet, wörtlich mit "Fehlempfindung" zu übersetzen. Es handelt sich um Empfindungen, die sich nicht durch einen äußeren Reiz erklären lassen, sondern auf der Reizung oder Schädigung von Nervenfasern beruhen. Sind die Missempfindungen unangenehm bis schmerzhaft, ohne dass es einen offensichtlichen Grund für die Schmerzen gibt, handelt es sich definitionsgemäß um Dysästhesien. Steht das Taubheitsgefühl im Vordergrund, spricht man von einer Hypästhesie oder verminderter Berührungsempfindlichkeit. Das Gegenteil der Hypästhesie stellt die Hyperästhesie dar - eine erhöhte Empfindlichkeit der Haut gegenüber verschiedenen Sinnesreizen, z. B. Berührung, Druck oder Temperatur.

Mögliche Ursachen von Taubheitsgefühlen im Unterleib

Die Ursachen für Taubheitsgefühle im Unterleib bei Frauen sind vielfältig. Sie reichen von vorübergehenden, harmlosen Auslösern bis hin zu ernsthaften Erkrankungen, die eine medizinische Behandlung erfordern. Im Folgenden werden einige der häufigsten Ursachen näher erläutert:

Neurologische Ursachen

  • Restless Genital Syndrome (RGS): Das ‚Syndrom der unruhigen Genitalien‘ ist eine seltene Erkrankung, die durch Parästhesien und Beschwerden im Genitalbereich gekennzeichnet ist und dem Restless-Legs-Syndrom (RLS) ähnelt, weshalb es zu den atypischen Formen des RLS gezählt wird. Gekennzeichnet ist das RGS durch sensorische Symptome wie Dysästhesie, Parästhesie und Allodynie im Genitalbereich. Manche Patienten mit RGS beschreiben Empfindungen wie einen bevorstehenden Orgasmus ohne sexuelles Verlangen oder Stimulation, andere RGS-Patienten berichten über Symptome wie Kribbeln, Brennen oder Schmerzen. Diese Symptome können durch physische Stimulation oder psychischen Stress ausgelöst werden.
  • Eingeklemmter Nerv: Ein eingeklemmter Nerv im Beckenbereich kann zu Taubheitsgefühlen im Unterleib führen. Dies kann durch ungünstige Liegepositionen, Verletzungen oder andere Faktoren verursacht werden.
  • Multiple Sklerose (MS): MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die verschiedene Symptome verursachen kann, darunter auch Taubheitsgefühle.
  • Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule kann auf Nervenwurzeln drücken und Taubheitsgefühle im Unterleib verursachen.
  • Polyneuropathie: Hier kommt es zu Schäden an den peripheren Nerven - also den Nerven, die weit entfernt von Gehirn und Rückenmark liegen. Vor allem die ganz kleinen Nervenenden an den Händen und Füßen sind häufig früh betroffen. Typische Symptome sind Kribbeln, Ameisenlaufen und Taubheitsgefühle. Die Missempfindungen breiten sich oft handschuh- oder sockenförmig an beiden Gliedmaßen aus.

Gynäkologische Ursachen

  • Gebärmutterlageveränderungen: Eine angeborene Rückwärtsknickung (Retroreflexio) der Gebärmutter, eine Retroversio uteri (Neigung der gesamten Gebärmutter nach hinten) oder ein Retroflexio uteri (Abknickung der Gebärmutter gegen den Gebärmutterhals) können Kreuzschmerzen verursachen, die sich bis in den Unterleib ausdehnen können.
  • Gebärmuttersenkung: Bei einer Gebärmuttersenkung können Frauen unter uncharakteristischen Kreuzschmerzen leiden, die durch den Zug der abgesenkten Organe am Halteapparat der Gebärmutter entstehen.
  • Myome: Gutartige Wucherungen in oder an der Gebärmutter können abhängig von ihrer Lage Ursache für Kreuzschmerzen sein.
  • Eierstockzysten und -krebs: Bösartige Tumore (Eierstockkrebs) oder gutartige Zysten an den Eierstöcken können ab einer gewissen Größe Kreuzschmerzen verursachen.
  • Endometriose: Bei der Endometriose siedeln sich versprengte Inseln von Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter an, was zu zyklusabhängigen starken Schmerzen während und vor der Periode führen kann.
  • Entzündungen im Beckenbereich: Eine Entzündung der Organe des kleinen Beckens kann zu Rückenschmerzen führen.
  • Menstruationsbeschwerden: Rückenschmerzen sind ein mögliches Begleitsymptom krampfartiger Unterleibsschmerzen in den ersten Tagen der Menstruation.

Durchblutungsstörungen

  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK): Bei der PAVK ist der Blutfluss in den Beingefäßen behindert, was sich durch Schmerzen und Missempfindungen äußern kann.
  • Raynaud-Syndrom: Hier lösen zum Beispiel Kälte oder Stress Gefäßkrämpfe aus. Dies führt zu anfallsartigen Durchblutungsstörungen, vor allem in den Händen, manchmal auch an den Füßen.

Weitere Ursachen

  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B1, B9 oder B12 sowie ein Eisen- oder Magnesiummangel kann Missempfindungen in den Armen oder Beinen verursachen.
  • Medikamente und Umweltgifte: Vergiftungen, zum Beispiel mit Schwermetallen, haben mitunter chronische Schäden an den Nerven zur Folge, die zu Missempfindungen führen. Kribbeln und Taubheitsgefühle treten bisweilen auch als unerwünschte, aber meist vorübergehende Nebenwirkung einiger Medikamente auf.
  • Psychische Störungen: Angstzustände, Panikattacken oder somatoforme Störungen können ebenfalls Taubheitsgefühle im Unterleib verursachen.
  • Wechseljahre: Rund jede vierte Frau in den Wechseljahren entwickelt Parästhesien. Die verringerte Konzentration von Östrogen und Progesteron, die beide wichtige Botenstoffe im Gehirn sind, kann zu Irritationen bei der Weiterleitung von Nervenimpulsen führen. In Folge kann es zu Kribbeln und Brennen kommen und manchmal auch zu Taubheitsgefühlen.

Diagnose von Taubheitsgefühlen im Unterleib

Um die Ursache von Taubheitsgefühlen im Unterleib zu finden, ist eine sorgfältige Diagnose erforderlich. Diese umfasst in der Regel die folgenden Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt wird zunächst ein ausführliches Gespräch mit der Patientin führen, um die genauen Beschwerden, Begleitsymptome und die Krankengeschichte zu erfragen.
  2. Körperliche Untersuchung: Eine allgemeine körperliche Untersuchung sowie eine neurologische Untersuchung können Hinweise auf die Ursache der Beschwerden liefern.
  3. Gynäkologische Untersuchung: Bei Verdacht auf eine gynäkologische Ursache ist eine Untersuchung durch einen Gynäkologen erforderlich.
  4. Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, Vitaminmängel, Entzündungen oder andere Erkrankungen festzustellen. Gemessen werden zum Beispiel der Blutzuckerspiegel und die Menge bestimmter Vitamine und Mineralstoffe.
  5. Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie Ultraschall, MRT oder CT erforderlich sein, um die Ursache der Beschwerden zu finden.
  6. Elektrophysiologische Untersuchungen: Elektrophysiologische Untersuchungen der unteren Extremitäten können durchgeführt werden, um Nervenschäden festzustellen.

Behandlung von Taubheitsgefühlen im Unterleib

Die Behandlung von Taubheitsgefühlen im Unterleib richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Einige allgemeine Maßnahmen, die helfen können, die Beschwerden zu lindern, sind:

Lesen Sie auch: Was tun bei Taubheitsgefühl im Schienbein?

  • Anpassung der Sitz- oder Liegeposition: Vermeiden Sie ungünstige Sitz- oder Liegepositionen, die die Durchblutung beeinträchtigen oder Nerven einklemmen können. Wechseln Sie immer wieder die Sitzposition und stehen Sie beim ersten Kribbeln sofort auf, damit das Blut wieder ungehindert fließen kann.
  • Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und kann helfen, Fehlhaltungen und dadurch entstandene Durchblutungsstörungen zu behandeln. Vorbeugend kann regelmäßige Bewegung dabei helfen, Fehlhaltungen und dadurch entstandene Durchblutungsstörungen zu behandeln.
  • Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Verspannungen zu lösen und die Nerven zu beruhigen.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen ist wichtig für die Gesundheit der Nerven. Das gilt insbesondere für die Nervennahrung, an deren Spitze die B-Vitamine stehen. Es sind vor allem die Vitamine B1, B2, B6 und B12 sowie Vitamin C, Niacin und Biotin, die die Funktion des Nervensystems unterstützen. Das Knochenmineral Calcium sorgt ebenso für eine Reizübertragung zwischen den einzelnen Nervenzellen, während Magnesium den Erhalt der psychischen Funktion fördert. Hochwertiges Eiweiß ist für starke Nerven wichtig, um Serotonin, das auch Glückshormon genannt wird, zu bilden. Serotonin beeinflusst verschiedene Prozesse im Körper, unter anderem die Weiterleitung von Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten. Serotonin wird aus der Aminosäure Tryptophan produziert, die in eiweißreichen Nahrungsmitteln vorkommt.
  • Medikamentöse Behandlung: Je nach Ursache können Medikamente zur Schmerzlinderung, Entzündungshemmung oder zur Behandlung der Grunderkrankung eingesetzt werden.

Spezifische Behandlungen für bestimmte Ursachen

  • Restless Genital Syndrome (RGS): In Anlehnung an die Therapie beim RLS können Dopaminagonisten wie Pramipexol eingesetzt werden.
  • Karpaltunnelsyndrom: Bei diesem Syndrom ist der Mittelhandnerv an der Innenseite des Handgelenks eingeklemmt und kann zum Beispiel durch Überbelastung, Entzündungen oder andere Erkrankungen ausgelöst werden. Das nächtliche Kribbeln in den Armen kann sich zu starken Schmerzen ausbreiten und bis in die Schulter ausstrahlen. Eine ärztliche Untersuchung ist hier unbedingt notwendig.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B12 kann die Symptome von Empfindungsstörungen auslösen. Es kommt in großen Mengen in tierischen Produkten wie Weichkäse und Fisch vor und ist an der Bildung der Schutzhülle unserer Nerven beteiligt. Taubheitsgefühle und Kribbeln können die Folge sein, wenn ein Mangel des Vitamins vorliegt.
  • Gynäkologische Ursachen: Je nach Ursache können hormonelle Behandlungen, Operationen oder andere Therapien erforderlich sein.

Was kann man selbst tun?

Neben den ärztlichen Behandlungen gibt es auch einige Dinge, die Frauen selbst tun können, um Taubheitsgefühle im Unterleib zu lindern:

  • Ausschütteln der Arme: Um die Durchblutung wieder anzukurbeln, sollten die Arme ausgeschüttelt werden.
  • Sitz- oder Liegeposition anpassen
  • Greifbewegungen: Sie können dabei helfen, Blut in die Fingerspitzen zu pumpen, indem man die Finger spreizt und sie dann zur Faust ballt.
  • Kühlen: Kaltes Wasser regt die Durchblutung an.
  • Lösen der Verspannungen
  • Wärme: Wärme entspannt die Muskeln

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Taubheitsgefühl in den Füßen

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Knieprellung und Taubheitsgefühl

tags: #Taubheitsgefühl #Unterleib #Frau #Ursachen