Die Trigeminusneuralgie ist eine äußerst schmerzhafte Nervenerkrankung, die durch blitzartig einschießende Gesichtsschmerzen gekennzeichnet ist. Konventionelle Schmerzmittel sind oft wirkungslos, aber Medikamente, die ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt wurden, können Linderung verschaffen. Eine Operation nach Jannetta kann eine dauerhafte Lösung für Patienten darstellen, die an dieser chronischen Schmerzerkrankung leiden.
Was ist Trigeminusneuralgie?
Bei einer Trigeminusneuralgie handelt es sich um attackenartige Gesichtsschmerzen im Bereich des Trigeminusnerven. Es wird zwischen einer klassischen (ausgelöst durch Gefäß-Nerven-Kontakt) und einer symptomatischen (als Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung) Trigeminusneuralgie unterschieden.
Der Trigeminusnerv ist der wichtigste sensible Nerv des Kopf- und Gesichtsbereichs. Er unterteilt sich in drei große Äste:
- N. ophtalmicus
- N. maxillaris
- N. mandibularis
Jeder der drei Äste leitet die Empfindungen eines Gesichtsdrittels an das Gehirn weiter.
Symptome
Betroffene leiden unter schlagartig auftretenden, extremen Gesichtsschmerzen, die wenige Sekunden bis Minuten anhalten. Diese Schmerzen können durch einen Reiz (Berührung, Schlucken, Zähneputzen) oder spontan auftreten und sich bis zu hundert Mal pro Tag wiederholen. Meist ist der zweite oder der dritte Trigeminusast, also das mittlere oder untere Gesichtsdrittel betroffen. Da es einen linken und einen rechten Trigeminusnerven gibt und normalerweise nur einer davon betroffen ist, sind die Schmerzen einseitig.
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Zu Beginn der Erkrankung sind von der klassischen Form betroffene Personen zwischen den Attacken schmerzfrei. Später können sich auch dann Missempfindungen oder ein dumpfer Schmerz einstellen. Bei der symptomatischen Form bestehen oft auch außerhalb der Attacken Schmerzen oder Sensibilitätsstörungen im Bereich des Nerven.
Ursachen
Bei der klassischen Form besteht ein pathologischer Kontakt zwischen dem Trigeminusnerven und einem Blutgefäß, das diesen komprimiert. In 80 % der Fälle handelt es sich dabei um die Arteria superior cerebelli, eine Arterie, die das Kleinhirn versorgt, aber auch andere Arterien oder Venen können die Ursache sein.
Oft ist das Gefäß arteriosklerotisch verändert und verlängert, wodurch die Komprimierung des Nerven möglicherweise erst zustande kommt. Das könnte erklären, warum der Häufigkeitsgipfel der Erkrankung im hohen Lebensalter, zwischen 70 und 80 Jahren liegt, da Arteriosklerose im höheren Alter häufiger ist. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Die symptomatische Trigeminusneuralgie tritt als Begleiterscheinung anderer Erkrankungen auf, häufig bei Multipler Sklerose oder Tumoren in unmittelbarer Nähe zum Trigeminusnerv. Krankheitsbedingt wird in diesen Fällen die Myelinscheide, eine den Nerv umgebende fettreiche Schicht, aufgelöst und die Nervenfasern gereizt.
Diagnose
Die Diagnose einer Trigeminusneuralgie wird in erster Linie klinisch gestellt:
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- Anamnesegespräch
- Klinisch-neurologische Untersuchungen
Sind festgelegte klinische Kriterien erfüllt, wird die Diagnose gestellt:
- Schmerzen:
- Anfallsartige Attacken
- Dauer von maximal 2 Minuten
- Betreffen mindestens das Gebiet eines Astes des Nervus Trigeminus
- Erfüllen mindestens eines der folgenden Charakteristika: heftig, scharf, oberflächlich, stechend, durch Triggerfaktor oder Triggerzone ausgelöst
- Gleichbleibendes Attackenmuster bei einer betroffenen Person
Während für die Diagnose der klassischen Trigeminusneuralgie kein neurologisches Defizit und keine Schmerzen zwischen den Attacken bestehen dürfen, ist dies bei der symptomatischen Form möglich.
Um mögliche Ursachen einer symptomatischen Trigeminusneuralgie, wie Tumore oder Multiple Sklerose, auszuschließen, beziehungsweise nachzuweisen, wird eine MRT-Untersuchung des Schädels durchgeführt. Bei der symptomatischen Form muss eine auslösende Grunderkrankung nachgewiesen werden. Sind die diagnostischen Kriterien erfüllt und können nicht auf eine andere Erkrankung zurückgeführt werden, besteht eine klassische Trigeminusneuralgie.
Bei der symptomatischen Trigeminusneuralgie gilt es, die Grunderkrankung zu behandeln. Die klassische Trigeminusneuralgie kann auf verschiedene Arten therapiert werden.
Die Jannetta-Operation: Eine wirksame Behandlungsmethode
Die Operation nach Jannetta, auch bekannt als mikrovaskuläre Dekompression (MVD) des Nervus Trigeminus, ist ein neurochirurgischer Eingriff, der darauf abzielt, die Ursache der klassischen Trigeminusneuralgie zu beheben. Diese Operation wurde nach Prof. Dr. Peter Joseph Jannetta benannt, einem Pionier auf dem Gebiet der neurovaskulären Kompressionssyndrome am Hirnstamm. Prof. Jannetta führte im Jahr 1966 die erste mikrovaskuläre Dekompression durch und legte damit den Grundstein für diese erfolgreiche Behandlungsmethode.
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Wann ist die Jannetta-Operation sinnvoll?
Die Jannetta-Operation wird in der Regel empfohlen, wenn:
- Wiederholte medikamentöse Therapieversuche erfolglos geblieben sind.
- Bei der betroffenen Person kein erhöhtes Operationsrisiko besteht.
- Eine spezifische Diagnostik das Vorliegen eines neurovaskulären Konflikts zeigt.
Der Ablauf der Operation
Die mikrochirurgische Operation nach Jannetta wird minimalinvasiv durch eine kleine Schädelöffnung hinter dem Ohr durchgeführt. Ziel des Eingriffs ist es, die Blutgefäße, die pulsierend auf die Trigeminuswurzel drücken, zu verlagern und so den schmerzhaften Druck zu entlasten. Um zu verhindern, dass die Adern in ihre alte Lage zurückwandern, wird ein kleines Stück Kunststoff (meist Teflon-Watte) zwischen Nerv und Gefäß eingebracht. Es findet keine Beschädigung nervaler Strukturen statt.
Die Dekompression des Nervus trigeminus nach Jannetta wird mikroneurochirurgisch mit Hilfe eines hochauflösenden Mikroskops durchgeführt. Obwohl es sich um einen Eingriff mit Schädeleröffnung handelt, sind die Patienten bereits nach wenigen Tagen wieder komplett mobil (stationärer Aufenthalt ca. 4-5 Tage). Die Schmerzfreiheit ist meist direkt am Tag nach der OP gegeben. In der Hand erfahrener Operateure ist das Risiko des Eingriffes gering.
Vorteile der Jannetta-Operation
- Ursächliche Behandlung: Die Jannetta-Operation beseitigt die Hauptursache der klassischen Trigeminusneuralgie, den Konflikt zwischen Gefäß und Nerv.
- Hohe Erfolgsrate: Studien haben gezeigt, dass rund 75 Prozent aller Patient:innen nach der mikrovaskulären Dekompression über einen Zeitraum von zehn bis 20 Jahren schmerzfrei sind.
- Schnelle Schmerzlinderung: Die Operation führt in vielen Fällen unmittelbar zu einem Verschwinden oder einer deutlichen Reduktion der Schmerzattacken.
- Reduzierung der Medikamenteneinnahme: Patienten können nach der Operation oft auf Schmerzmedikamente verzichten oder deren Dosis deutlich reduzieren.
- Verbesserung der Lebensqualität: Durch die Schmerzlinderung können Patienten wieder ein normales, schmerzfreies Leben führen.
Risiken und Komplikationen
Wie bei jedem chirurgischen Eingriff gibt es auch bei der Jannetta-Operation Risiken und mögliche Komplikationen. Diese sind jedoch bei erfahrenen Neurochirurgen relativ gering. Zu den möglichen Komplikationen gehören:
- Verminderte Sensibilität im betroffenen Bereich oder einseitiger Hörverlust (selten)
- Liquorleckage (selten)
- Nachblutungen (selten)
- Infektionen (sehr selten)
- Sterblichkeit (sehr selten, ca. 0,5 %)
Nachsorge
Nach der Operation ist eine eingehende Untersuchung (Computertomografie) erforderlich, um sicherzustellen, dass die Operation erfolgreich war und keine Komplikationen wie Nachblutungen aufgetreten sind. In den meisten Fällen können Patienten die Klinik schon nach wenigen Tagen verlassen.
Alternative Behandlungsmethoden
Neben der Jannetta-Operation gibt es auch andere Behandlungsmethoden für die Trigeminusneuralgie. Dazu gehören:
- Medikamentöse Behandlung: Antiepileptika wie Carbamazepin oder Oxcarbazepin können die Schmerzattacken reduzieren.
- Perkutane Verfahren: Bei diesen Verfahren wird der Trigeminusnerv im Ganglion Gasseri thermisch (Thermokoagulation), chemisch (Glycerinrhizolyse) oder mechanisch (Ballonkompression) geschädigt.
- Strahlentherapie: Die Nervenfasern können einmalig mittels Cyberknife bestrahlt werden, was zeitverzögert einen ähnlichen Effekt wie die Radiofrequenzkoagulation hat.
Spezialisten und Kliniken
Die Jannetta-Operation erfordert medizinisches Spezialwissen und Erfahrung. Betroffene Patienten sollten sich daher an spezialisierte Neurochirurgen und Kliniken wenden. In Deutschland gehört die Neurochirurgische Klinik am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen zu den führenden Zentren für die Behandlung der Trigeminusneuralgie. Hier wird die Jannetta-Operation von einem erfahrenen Ärzteteam durchgeführt, das über eine moderne technische Ausstattung verfügt.
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