Trigeminusneuralgie: Ursachen, Symptome und moderne Behandlungsmethoden

Jahrelang kämpfen Menschen wie Willy Küches gegen extreme Nervenschmerzen im Gesicht, die durch die Trigeminusneuralgie verursacht werden. Oft scheint nichts zu helfen, bis ein neuer Behandlungsansatz endlich Besserung bringt. Die Trigeminusneuralgie ist eine seltene Schmerzerkrankung des Gesichts, die durch den Trigeminusnerv ausgelöst wird und heftige Schmerzen verursacht.

Was ist eine Trigeminusneuralgie?

Die Trigeminusneuralgie ist ein Gesichtsschmerz im Versorgungsbereich des gleichnamigen Nervs (Nervus trigeminus = 5. Hirnnerv), meist im Versorgungsgebiet des II. oder III. Trigeminusastes. Sie verursacht plötzliche, blitzartig einschießende, heftigste Schmerzattacken im Gesicht über Sekunden, selten länger (< 2 Minuten) anhaltend. Die Attacken treten spontan oder durch Reize getriggert auf. Häufige Auslöser sind das Kauen, Sprechen, Schlucken, Zähneputzen, die Berührung im Gesicht, ein kalter Luftzug, sowie die Bewegungen der Gesichtsmuskulatur. Zwischen den Attacken besteht in der Regel Beschwerdefreiheit. Die Attacken treten mehrmals pro Tag über Wochen, manchmal 3 bis 4 mal pro Minute, und über Monate auf. Zu Beginn sind auch wochen- bis monatelange schmerzfreie Intervalle möglich. In der Regel ist der Verlauf progredient. Die Schmerzen erreichen auf einer Schmerzskala von 1-10 (VAS) in der Selbsteinschätzung durch den Patienten fast immer den höchsten Wert. Begleitend zu den Schmerzen können sich Teile der Gesichtsmuskulatur zusammenziehen (Tic douloureux = gelegentlich den Schmerz begleitendes reflektorisches Zucken der Gesichtsmuskulatur), ferner treten Hautrötung und Augentränen auf.

Ursachen und Risikofaktoren

Nicht immer können die Auslöser eindeutig ausgemacht werden. In den meisten Fällen findet man aber ein benachbartes Blutgefäß, das auf den Trigeminusnerven drückt - in der medizinischen Fachsprache wird das als neurovaskuläre Kompression (NVC) bezeichnet. In der Folge büßt der Nerv im Bereich der Druckstelle seine schützende Myelin-Hülle ein. Ein solcher Gefäß-Nerven-Konflikt geht mit 70 bis 80% am häufigsten auf die Arteria cerebelli superior (SCA) zurück - eine das Kleinhirn versorgende Arterie. Nur selten können beispielsweise auch Venen Druck auf den Trigeminusnerven.

Die Erkrankung wird in der Regel von einem Neurologen anhand der klinischen, vom Patienten meist gut beschriebenen Symptome diagnostiziert. Weitere Untersuchungen, zum Beispiel bildgebende Verfahren, helfen bei der Suche nach der Ursache der Trigeminusneuralgie. Bei gut einem Viertel der Menschen besteht ein Kontakt zwischen dem Trigeminusnerv und einem Hirngefäß. In der Regel verursacht dieser Kontakt keine Probleme und bleibt ein Leben lang unbemerkt. Das Pulsieren des Gefäßes kann den Trigeminusnerv aber auch reizen und Schmerzsignale auslösen. Mediziner nennen das einen "Nerv-Gefäß-Konflikt". Liegt ein solcher Konflikt vor, wird das Krankheitsbild als klassische Trigeminusneuralgie bezeichnet.

Tritt eine Trigeminusneuralgie infolge anderer Erkrankungen wie einer Multiplen Sklerose oder eines Hirntumors auf, spricht man von einer sekundären Trigeminusneuralgie. Ist die Ursache unklar, liegt eine idiopathische Trigeminusneuralgie vor. Die Ursachen sind bis heute nicht vollständig verstanden. Klar aber ist: Der Schmerz im Gesicht kann die Lebensqualität Betroffener enorm beeinträchtigen.

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Emotionaler Stress kann die Symptomatik einer Trigeminusneuralgie verstärken.

Symptome

Die Trigeminusneuralgie ist ein sehr intensiver, plötzlich einschießender Schmerz, der vom Charakter her als „brennend“, „stromstoßartig“ oder „elektrisierend“ beschrieben wird. Er dauert meist nur wenige Sekunden, kann aber bis zu 100-mal täglich auftreten. Die Lebensqualität der Betroffenen ist stark eingeschränkt.

Die Patienten leiden erheblich unter den heftigen, oft spontanen Schmerzattacken, die vor allem im Bereich der Wangen, Lippen, Zunge und Kaumuskulatur auftreten. Die Frequenz einzelner Attacken mit stromstoßartig einschießenden Schmerzen reicht individuell bis zu Hunderten pro Tag. Die Häufigkeit, Dauer und Intensität kann sich mit der Zeit verändern und auch deutlich zunehmen. Zwischen den einzelnen Attacken sind die meisten Patienten beschwerdefrei, einige beschreiben jedoch auch dumpfe, niedrigschwellige Dauerschmerzen.

Einzelne Schmerzattacken halten für einige Sekunden, oft auch bis rund 2 Minuten an. Für viele Patientinnen und Patienten sind bei einer Trigeminusneuralgie alltägliche Aktivitäten, wie das Gesicht zu waschen, oft äußerst schmerzhaft eingeschränkt. Und da die Schmerzepisoden über längere Zeiträume hinweg bestehen bleiben oder immer wiederkehren, kommt oft eine hohe emotionale Belastung hinzu.

Die Beschwerden können beispielsweise auch getriggert werden, z. B. durch Sprechen, Kauen und Schlucken, Zähneputzen oder bloße Berührungen im Versorgungsbereich des Trigeminusnervs.

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Diagnose

Für die Diagnose sind Ihre individuelle Geschichte der Gesichtsschmerzen und eine ausführliche klinische Untersuchung entscheidend. So lassen sich die beschriebenen Kompressionen durch eine dreidimensionale (3D) Time-of-Flight-Magnetresonanz-Angiografie (3D TOF MRA) in Kombination mit einer hochauflösenden T2-gewichteten Bildgebung (HR T2WI) - die von besonders hoher Signalintensität ist - erkennen. Wichtig ist auch die Abgrenzung von anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel einer Trigeminusneuropathie. Bei einer Neuropathie ist der Trigeminusnerv selbst geschädigt.

Differenzialdiagnosen

Mögliche Differentialdiagnosen der Trigeminusneuralgie sind beispielsweise die postzosterische Neuralgie, der Cluster-Kopfschmerz, die kraniomandibuläre Dysfunktion oder die Trigeminusneuropathie (mit Dauerschmerz und Gefühlsstörungen, kein Triggereffekt, oft nach Gesichtsverletzungen).

Behandlungsmöglichkeiten

Im Vordergrund der klassischen Trigeminusneuralgie steht eine medikamentöse Therapie. Meist kommen Antiepileptika zum Einsatz. Sie sollen die Leitfähigkeit der Nervenbahnen und dadurch die Schmerzattacken reduzieren. Zusätzlich können Patienten Schmerzmittel erhalten. Viele Betroffene können so gut behandelt werden. Doch es gibt auch Schattenseiten. Antiepileptika belasten den Kreislauf und können starke Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel haben. Häufiger Schmerzmittelkonsum belastet Organe wie Leber und Niere.

Inzwischen wird auch eine Behandlung mit Botulinumtoxin in den Leitlinien zur Behandlung der Trigeminusneuralgie aufgeführt. Das Nervengift soll bestimmte, an der Schmerzweiterleitung beteiligte Botenstoffe blockieren. Hierfür wird das Nervengift in mehreren Sitzungen in die betroffenen Äste des Trigeminusnervs gespritzt. Eine Übernahme der Kosten muss bei der Krankenkasse beantragt werden.

Halten die Schmerzen auch bei höherer Dosierung der Medikamente an, können operative Verfahren infrage kommen. Bei der mikrovaskulären Dekompression wird der Kontakt des Trigeminusnervs mit dem störenden Blutgefäß behoben und ein Puffer dazwischengesetzt, um sie dauerhaft zu trennen. Kommen destruktive Verfahren zum Einsatz, wird der Trigeminusnerv chemisch, mechanisch oder thermisch, also mit Hitze behandelt. Dabei sollen Nervenfasern zerstört werden, um keine Schmerzreize mehr weiterleiten zu können.

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Der Trigeminusnerv kann auch nicht-invasiv radiochirurgisch mit einer Bestrahlung behandelt werden. Auch damit soll die Reizweiterleitung des Nervs unterbunden werden. Die Wirkung tritt allerdings erst nach einigen Wochen ein. Alle Verfahren haben eines gemeinsam: Es besteht das Risiko, dass die Schmerzen nach einiger Zeit zurückkehren.

Patienten mit einer Trigeminusneuropathie, also einer Nervenschädigung, kann unter Umständen ein Schmerzschrittmacher helfen. Dabei werden über implantierte Sonden elektrische Impulse direkt an den Trigeminusnerv abgegeben. Der eingesetzte Strom stimuliert den Nerv so weit, dass die anfallenden Schmerzsignale der Trigeminusneuropathie überlagert werden.

Medikamentöse Therapie

Die individuelle medikamentöse Versorgung sollte stets mit Ihren behandelnden Neurologinnen und Neurologen im Detail abgestimmt werden.

Operative Therapien

Bei den operativen Therapien geht es darum, durch Kompression ausgelöste Gesichtsschmerzen so zu behandeln, dass der Trigeminusnerv entlastet wird. Der direkte Kontakt zwischen dem drückenden Blutgefäß und dem Nerven soll also unterbunden werden. Der amerikanische Neurochirurg Peter Joseph Jannetta hat hierfür einen Eingriff entwickelt, der erstmals im Jahr 1966 durchgeführt wurde: die mikrovaskuläre Dekompression (MVD) oder kurz Jannetta-OP. Mögliche Nebenwirkungen bzw. Komplikationen sind unabhängig vom Alter der Patienten beispielsweise eine Hörminderung oder Hörverlust. Nach einer Jannetta-OP sind die Nervenschmerzen im Gesicht in den meisten Fällen verschwunden oder zumindest deutlich gebessert (80 bis 95%), auch die Langzeitergebnisse sind mit ca.

Ist die Jannetta-OP nicht möglich oder durch den Patienten nicht gewünscht, kann eine für mehrere Jahre anhaltende Schmerzlinderung bzw. Schmerzfreiheit durch läsionelle Eingriffe am Ganglion Gasseri erzielt werden. Bei der selektiven Thermokoagulation beispielsweise werden mittels Hitze schmerzleitende Fasern geschädigt, typischerweise mit Temperaturen um 72 bis 75 Grad Celsius. Nachteil der perkutanen Verfahren ist, dass es sich um invasive Methoden handelt. Auch kann die Wirkung im Langzeitverlauf nachlassen, Schmerzattacken später also erneut auftreten.

Robotergeführte Cyberknife-Therapie

Die ambulante radiochirurgische Behandlung mit modernen Robotersystemen, wie z. B. dem CyberKnife und dem ZAP-X, wird bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Trigeminusneuralgie immer häufiger eingesetzt. Neue Erkenntnisse verschiedener Studien belegen für die radiochirurgische Behandlung weniger Komplikationen und eine bessere langfristige Linderung.

Je nach individueller Patientengeschichte und Ursache, kann die Trigeminusneuralgie mithilfe der Hochpräzisions-Technologie des CyberKnife-Systems in nur einer einzigen Sitzung ambulant behandelt werden. Danach kommt es innerhalb von wenigen Wochen zu einer Narbenbildung im Trigeminusnerv und damit einhergehend zur Schmerzlinderung bzw. völligen Schmerzfreiheit. Sollte es zu einem Rezidiv mit Schmerzattacken kommen, kann die erneute radiochirurgische Behandlung der Trigeminusneuralgie Abhilfe schaffen: Im Unterschied zu invasiven Methoden (z. B. Ballonkompression) sinkt nämlich mit dem CyberKnife auch bei einer Behandlung des Rezidivs die Wahrscheinlichkeit für einen optimalen Therapieerfolg mit Reduktion der individuellen Krankheitslast nicht.

Bei etwa 10% der Patienten kann sich nach einer radiochirurgischen Therapie mit dem CyberKnife oder dem ZAP-X eine Taubheit in der behandelten Gesichtshälfte entwickeln. Dies liegt daran, dass die wesentlichen Nervenfasern des Nervus trigeminus das Gefühl der jeweiligen Gesichtshälfte an den Hirnstamm weiterleiten. Typischerweise handelt es sich hier um eine leichte Sensibilitätsstörung, in sehr seltenen Fällen kann es allerdings auch zu einem kompletten Gefühlsverlust der jeweiligen Gesichtshälfte kommen. Die motorische Funktion der Gesichtsmuskeln ist dabei nicht betroffen.

Leben mit Trigeminusneuralgie

Eine Trigeminusneuralgie verursacht leider mit die stärksten Schmerzen überhaupt. Die Patienten leiden erheblich unter den heftigen, oft spontanen Schmerzattacken. Es ist wichtig zu wissen, dass es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten gibt, um die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

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